Anwendung nationalen Rechts in der EU: Strafbar!

Die EU ist kein Staat.

Sie tut nur so.

Brüssel verhält sich gegenüber Ungarn und Polen nicht anders als die Ministerpräsidentenkonferenz in Deutschland gegenüber nicht Geimpften.

In beiden Fällen werden „natürliche“ Rechte aufgehoben und der Versuch, sie wahrzunehmen, unter Strafe gestellt und gegebenenfalls mit den Mitteln des unmittelbaren Zwangs zu verhindern versucht.

Der Europäische Gerichtshof wird mehr und mehr zum bloßen Instrument der Kommission um Entscheidungen mächtiger Ratsmitglieder gegenüber Minderheiten im Rat durchzudrücken und damit den sogenannten „Europäischen Einigungsprozess“ mittels künstlich legalisierter Zwangsmaßnahmen, hin auf einen europäischen Einheitsbrei voranzutreiben und die „Eigenheiten“ der Nationalstaaten gewaltsam einzuebnen.

Es ist ja nicht so, dass irgendwo in den Verträgen klipp und klar nachzulesen wäre, dass, wer einmal der EU beigetreten ist, die eigene Verfassung mit Füßen zu treten habe, sollte es der EU gefallen, ein neues Recht setzen zu wollen. Doch für diesen Zweck hat man den Europäischen Gerichtshof geschaffen, der gar nicht anders kann, will er sich nicht selbst ad absurdum führen, als im Zweifel pro-zentralistische Urteile zu fällen.

Worum geht es?

  • Die EU hängt, aus welchen Gründen auch immer, der Lehre von der Klimaschädlichkeit des Spurengases CO2 an und will deshalb den Braunkohleabbau in Polen unterbinden.
    Polen sieht seine Energiesicherheit dadurch bedroht und hält diese für ein höheres Gut als das fiktionale 1,5 Grad Ziel von Paris.
  • Die EU ist der Überzeugung, dass in Polen der Einfluss der Politik auf die Gerichtsbarkeit zu hoch ist.
    Polen schaut nach Deutschland und ist überzeugt, dass weisungsgebundene Staatsanwaltschaften, die Besetzung von Richterstellen durch Justizministerien und die Ernennung der Richter am Verfassungsgericht sich von den polnischen Regeln allenfalls im Detail, nicht aber im Prinzip unterscheiden.
  • Die EU ist der Überzeugung, dass der harte außenpolitische Kurs der Kommission in Bezug auf Russland von keinem Mitgliedsstaat durch bilaterale Kontakte zu Russland aufgeweicht werden dürfe.
    Ungarn hält es für vorteilhaft, hier im eigenen – und letztlich auch im Interesse der EU – aus der Reihe zu tanzen.
  • Die EU befürwortet die fortgesetzte, kontrollierte und unkontrollierte Zuwanderung von Wirtschaftsmigranten und Armutsflüchtlingen und will alle Mitgliedsstaaten zur Aufnahme solcher Menschen zwingen.
    Ungarn und Polen lehnen dies ab und wollen selbst entscheiden, ob, und falls ja, wie viele und aus welchen Herkunftsländern aufgenommen werden.
  • Die EU will das traditionelle Familienbild (Vater ist ein biologischer Mann, Mutter ist eine biologische Frau) aufheben und erklärt das Verbot der Werbung für z.B. Homosexualität zum Diskriminierungstatbestand.
    Ungarn – und auch Polen – halten hingegen an christlichen Wertvorstellungen fest und wollen die Darstellung von Homosexualität und anderen Praktiken aus der Öffentlichkeit und vor allem aus den Schulbüchern heraushalten.

Darum geht es im Wesentlichen, und natürlich auch darum, dass das polnische Verfassungsgericht in Abwägung polnischer Interessen zu dem Schluss gekommen ist, keine höherrangigen Befugnisse des EUGH anerkennen zu können. Garniert werden die Angriffe der EU auf die beiden Mitgliedsstaaten mit Korruptionsvorwürfen und unzureichenden Eingriffen der nationalen Wettbewerbsbehörden.

Dahinter stecken zwei konträre strategische Absichten.

Vordergründig, und von mit Karlspreisen geschmückten Personen vorangetrieben, die Absicht, die EU zur vierten planetaren Großmacht neben den USA, China und Russland aufsteigen zu lassen. Dazu muss das, was in ihren Augen nicht als die „Vielfalt“, sondern als die „Zersplitterung“ der europäischen Staaten wahrgenommen wird, durch stete Verengung der Rechtssetzung und, wo erforderlich, mit totalitären Maßnahmen aufgehoben und die EU ohne Rücksicht auf Verluste zu einem mächtigen, zentralgesteuerten, innnerlich widerspruchsfreien Block zusammengeschmiedet werden. Das ähnelt vom Ziel her durchaus der Schaffung der stalinistsichen Sowjetunion, während die Maßnahmen, dem Zeitgeist entsprechend, deutlich subtiler ausfallen.

Hintergründig geht es darum, das genaue Gegenteil zu erreichen.

Ein Gebilde, das nur auf der eingebildeten Zustimmung der darin eingeschlossenen Völker beruht und daher annimmt, alle seine Maßnahmen würden von der gesamten Bevölkuerung als Segen begrüßt, wird früher oder später feststellen, dass der gesäte Wind zum Sturm geworden ist.

Der ersten kräftigen Böe hat man noch standhalten können. Das griechische Segel, das voll im Wind stand, wurde durch ein Prisenkommando aus EZB, IWF und Kommission, genannt Troika, gerefft und das Schifflein so lange antriebslos dem Spiel der Wellen ausgeliefert, bis die Griechen reumütig und gedemütigt zurückgekrochen kamen.

Doch schon die zweite Böe hat Großbritannien davongeweht. Dort hat man alle Vorteile, das ganze freundlich hingehaltene Zuckerbrot der EU verschmäht, weil man die Peitsche dahinter, die im Verlaufe der Austrittsverhandlungen auch emsig benutzt wurde, sehr wohl erkannt hat.

Wer hat sich wohl am meisten befriedigt die Hände gerieben, als die Briten sich davongemacht haben? Den Chinesen kam es recht. Die Russen mussten ihre Außenpolitik anpassen. Gelacht hat man in Washington. Es war gelungen, den natürlichen Verbündeten aus der EU herauszulösen und wieder enger an sich zu binden. Die EU geschwächt und selbst erstarkt, geht es besser?

Mit der heutigen Entscheidung des EUGH fegt die nächste Böe über die EU hinweg.
Sie rüttelt an Ungarn – und wenn die Ankerkette reißen sollte, treibt es die Ungarn in Richtung Moskau davon.

Dann reibt man sich in Moskau die Hände, ist es doch gelungen, ein ehemaliges Mitglied des Warschauer Paktes heimzuholen und die EU zu schwächen. Geht es besser?

Sie rüttelt an Polen, und wenn sich Polen losreißen sollte, dann wird es Lettland, Estland und Litauen mitreißen. Die vier werden in der NATO bleiben und sich verstärkt den Briten und den USA zuwenden. Da reibt man sich in London und in Washington die Hände, denn es ist gelungen, die EU entscheidend zu schwächen und die geostrategische Position an der russischen Westgrenze ohne Rücksicht auf Brüssel besetzt halten und ausbauen zu können.

Die verblendeten Anhänger der Theorie, bei den 450 Millionen Menschen aus den 27 EU-Staaten handle es sich um eine Art Knetmasse, die man mit dem erforderlichen Druck und unter Zugabe von bindungslösenden Ingredienzen nach den eigenen Vorstellungen beliebig formen könne, sehen inzwischen ihre Felle davonschwimmen und vermehren ihre untauglichen Anstrengungen.

Einigkeit erreicht man aber nicht durch Zwang und Strafandrohung, nicht durch die Zerstörung gewachsener Wertehierarchien und kultureller Eigenheiten, sondern durch die Freiheit, sich selbst für das Gute, das Sinnvolle und Nützliche zu entscheiden, und durch die Einhaltung des gewachsenen Rechts.

Nur wer Freiheit und Recht missachtet, ist auf Zwang und Strafandrohung angewiesen. Die vermeintliche Notwendigkeit, den natürlichen Prozess einer durchaus möglichen Einigung abkürzen zu müssen, um „irgendetwas“ rechtzeitig zu erreichen, ist dafür keine Entschuldigung.

Es gilt für die Festigung der EU, was für alle Schrauben gilt:

Der Superlativ von „fest“ heißt „abgerissen“.