Treffpunkt in Wuppertal

Dienstag, 22. November 2022

Thomas hatte den Zettel, der ihm in die Hand gedrückt worden war, schnell in seiner Jackentasche verschwinden lassen. Zuhause angekommen, faltete er das Papier auseinander. Es stand nicht nur eine Adresse drauf, sondern eine ganze Reihe von Verhaltensregeln.

Wir müssen vorsichtig sein. Sprich mit niemandem über diese Einladung. Mit niemandem!

  • Wenn es geht, komm zu Fuß, Fahrrad geht auch, aber keinesfalls mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Es gibt zu viele Überwachungskameras.
  • Falls du mit dem Auto fährst, dann nur eines, das älter als fünf Jahre ist. Der „Notruf-Chip“ in neueren Fahrzeugen kann ebenfalls verwendet werden, um Bewegungsprofile zu erstellen. Stell‘ das Fahrzeug mindestens zwei Blocks von der Adresse entfernt ab.
  • Du hast weder ein Smartphone noch ein Tablet oder einen Laptop dabei. Überhaupt nichts, was mit dem Internet Kontakt aufnehmen kann.
  • … und bring ein bisschen Geld mit. Wir sind auf Spenden angewiesen.

Thomas hatte sich die Adresse angesehen und festgestellt, dass er von zuhause aus zu Fuß nicht mehr als eine halbe Stunde brauchen würde. Also zog er sich um halb acht den Mantel über, schloss die Wohnungstüre zu und machte sich im leichten Nieselregen des Novemberabends auf den Weg. Er ging mit schnellen Schritten und erreichte den wohl noch aus den 1970er Jahren stammenden, schmucklosen Wohnblock ein paar Minuten vor acht. Das angegebene Klingelschild „Mike & Elli“ war leicht zu finden, zweites von unten in der linken Reihe.

Die Haustür surrte und gab seinem Druck nach. Thomas nahm die Treppe in den ersten Stock, in der halboffenen Türe stand eine der beiden Frauen, die er schon bei Antonio gesehen hatte.

„Hallo, Thomas, schön dass du da bist, ich bin übrigens Elli. Und nun schnell rein mit dir. Bloß keinen Nachbarn neugierig machen.“

Durch einen schmalen Flur gelangte Thomas in den Raum, der wohl einst als Wohnzimmer gedient hatte. Jetzt war er vollgestellt mit Stuhlreihen. Vorne gab es ein improvisiertes Rednerpult.

„Komm‘ erst mal mit in die Küche. Es gibt vorneweg ein paar Häppchen und Getränke.“

In der Küche, die etwas mehr als halb so groß war wie der bestuhlte Raum, drängte sich bereits ein gutes Dutzend Leute um den in der Mitte stehenden Tisch, auf dem ein Stapel Käse- und Schinkenbrötchen angerichtet war, dazu ein Kasten mit Softdrinks. Thomas erkannte den Mann, mit dem er bei Antonio gesprochen hatte, drängte sich zu ihm durch und fragte: „Gehe ich recht in der Annahme, dass du Mike bist?“  

„Leider nein. Ich hatte bei Elli kein Glück. Ich bin Ralf, Mike steht da hinten am Fenster. Du hast ihn ja auch schon gesehen.“

Immer wieder klingelte es an der Tür und immer wieder kamen neue Leute in die Küche. Thomas kam sich im Gedränge ein bisschen verloren vor, den meisten anderen schien es allerdings ähnlich zu gehen. Es war viertel nach acht geworden, die Bude war voll und in der Küche konnte man sich kaum noch umdrehen, als Mike die Gäste aufforderte, nach drüben zu kommen und Platz zu nehmen. „Wir fangen jetzt an. Unser Sprecher ist soeben angekommen.“

„Hallo, Hajo! Willkommen in unserem heutigen Stützpunkt. Wir haben dir viel Arbeit mitgebracht, insgesamt vierzehn Immune, die wir aufspüren konnten. Du darfst gleich anfangen.“

Der Mann, der als Hajo begrüßt wurde, war von massiger Gestalt. Jeder Arzt hätte Adipositas diagnostiziert, doch Hajos Bewegungen waren flink und geschmeidig, mühelos quetschte er sich in den schmalen Raum zwischen Pult und Wand, richtete sich auf – und schwieg. Die Gäste auf den eng zusammengestellten Stühlen spürten eine gewaltige Präsenz und schauten wie gebannt auf diesen Hajo, der seinerseits alle Blicke erwiderte und jedem das Gefühl gab, Hajo sei ganz alleine mit ihm im Raum.

Nach vielleicht einer Minute begann Hajo zu sprechen.

Guten Abend.

Ich habe unter Ihnen, den heute hier zusammengekommenen Interessenten, fünf Frauen und neun Männer gezählt. Das ist ein gutes Ergebnis unseres Rekrutierungsteams. Vielen Dank dafür.

Noch mehr Dank aber Ihnen, die sie sich nach einer sonderbaren, ja befremdlichen Inszenierung, mit der wir mit Ihnen Kontakt aufgenommen haben, nicht gescheut haben, hierher, an diesen verwunschenen Ort zu kommen. Gleich vorweg: Diesen Treffpunkt wird es morgen nicht mehr geben. Versuchen Sie also gar nicht, jemanden hierher zu führen. Die Wohnung ist gut vermietet, voll möbliert und es gibt nicht den geringsten Hinweis mehr darauf, dass sie als konspirativer Treff genutzt wurde. Mike und Elli haben hier nie gewohnt.

Mike hat vorhin, als er mich begrüßte, ein Schlüsselwort verwendet, das bei einigen von Ihnen sicherlich Fragen ausgelöst hat. Mike hat von vierzehn Immunen gesprochen – und das will ich Ihnen zuerst erläutern.

Sie alle, fünf Frauen und neun Männer, gehören zu jenem kleinen Teil der Bevölkerung, der gegen eine verheerende Psychodroge immun ist. Eine Psycho-Droge, die das Ego, das Selbstbewusstsein, das Selbstwertgefühlt zerstört und eine willenlose, duldsame, ja demütige Kreatur erzeugt, die mit dem Menschen, mit all seinem Wollen, seinen Gefühlen und Werten, die ihn einst auszeichneten, nichts mehr zu tun hat.

Sie kann ich fragen, ob Sie lieber von Schaumgebäck sprechen, oder den Negerkuss trotzig weiterhin Negerkuss nennen. Und ich bin mir sicher, dass Ihnen der Negerkuss lieber ist als das Schaumgebäck, denn Sie haben bereits bewiesen, dass Sie immun sind.

Die Droge, von der ich spreche, ist seit Jahren im Einsatz. Ihre Wirkung klingt nicht ab, schon die erste Dosis erfüllt ihren Zweck. Sie sediert, stellt ruhig, lähmt den Willen. Jede weitere Dosis, die verabreicht wird, verstärkt die Wirkung. Ich will Sie nicht mit Details langweilen, auch weil ich selbst den Wirkprozess nicht vollständig verstanden habe. Auf den Punkt gebracht: Dieses Gift macht jeden, der damit in Berührung gekommen ist, zum willfährigen Untertanen eines jeden, der gewohnt ist, sich andere mit Befehlen und Angst vor dem Versagen gefügig zu machen.

Jeden, außer jenen, die durch einen genetischen Zufall immun sind. Sie alle hier im Raum, tragen diese spezielle genetische Besonderheit in sich. Sie sind immun. Um dies herauszufinden, und Sie für uns gewinnen zu können, haben wir Ihnen jene Komödie vorgespielt, die dazu führte, dass Sie am Ende unsere Einladung für diesen Abend in der Tasche hatten.

Sie wissen selbst, und Sie haben sich längst Ihre Gedanken darüber gemacht, dass unsere Welt, unser Land von Jahr zu Jahr mehr in eine Art Wahnsinn verfällt, der sich in vielen unterschiedlichen Formen manifestiert, aber einen gemeinsamen, Plan von stetig eskalierenden Ereignissen und Wertewandeln erkennen lässt.

Von der Genderseite her werden die Geschlechterrollen, die in Jahrmillionen der Evolution gewachsen sind, zu bloßen Konstrukten herabgewürdigt.

Sprachlich war dem zu folgen, mit kuriosen Verhunzungen, wie es z. B. an einigen Universitäten Plicht geworden ist, einen Professor als „Herr Professorin“ anzusprechen. Doch statt eines Aufschreis der Empörung erlebten wir, dass scheinbar vernunftbegabte Menschen sich dem Wahnsinn unterordneten und ihn von da an selbst propagierten. Nein, es gibt keine Lehrer mehr, nur noch Lehrende, keine Mitarbeiter, sondern Mitarbeitende und aus dem Rednerpult wurde ein Redepult.

Dann kam die Klimakatastrophe über uns. Der Mensch sei verantwortlich für eine in wenigen Jahrzehnten drohende, unabwendbare Katastrophe, es sei denn, es würde auf Nutzung fossiler Energiequellen verzichtet. Kinder, angeführt von einer sechzehnjährigen Autistin verweigerten die Schule und traten hüpfend für das Klima ein.

Parallel dazu wurden die Landesgrenzen für Jedermanns Zuzug geöffnet und dieser ungeheuerliche Vorgang mit einem lächerlichen „Wir schaffen das“ legalisiert.

Der Lockdown wegen Corona hat unsere Wirtschaft am Boden zerstört und dann mit ungezügelter Geldschöpfung Wechsel auf eine Zukunft gezogen, die eher ins finstere Mittelalter denn ins nächste Jahrhundert weist.

Ich muss das nicht weiter ausmalen, die Stichworte sollen genügen, um Ihnen in Erinnerung zu rufen, dass ringsum alles im Chaos versinkt, und das alles, was Abhilfe schaffen könnte, mit aller Macht zerstört wird.

Polizeien müssen sich rechtfertigen, wenn sie ihren Dienst verrichten. Die Bundeswehr zu Lande, zu Wasser und in der Luft, ist allenfalls bedingt einsatzfähig. Alles, was funktionierte, wurde als „rechts“, bzw. als eine Verschwörung alter weißer Männer in Verruf gebracht und zerstört.

In den Kirchen wüten Bilderstürmer, weil die Abbildung eines weißen Christus rassistisch ist, Denkmäler werden von den Sockeln gezerrt, weil die dargestellten und geehrten Persönlichkeiten einem vorgeblich von der gesamten Gesellschaft getragenen Zeitgeist nicht entsprechen.

Der Wahnsinn treibt die tollsten Blüten und frisst sich wie Salzsäure ins Volk, um die Gemeinschaft aufzulösen und nur noch schwache Einzelindividuen zurückzulassen, die willen- und orientierungslos durch ihre Zeit wanken, geschichtsvergessen und jedem Rattenfänger folgend.

Doch ich kann Sie trösten. Das ist nicht der Normalzustand, es ist ein durch Drogen induziertes, suizidales Verhalten eines ganzen Volkes, dem eingeflüstert wurde, Glück und Frieden sei nur im eigenen Untergang zu finden.

Wir haben die Substanz in den Körpern von Dutzenden von Gewaltopfern gefunden, isoliert und analysiert. Es ist etwas, was beim Dealer um die Ecke nicht zu kaufen gibt. Es ist ein raffiniert gemixter Giftcocktail, der an Rezeptoren im Gehirn angreift, über die es praktisch keine wissenschaftliche Literatur mehr gibt. Denn das, was es gab, existiert nur noch als Titel in den Verzeichnissen spezialisierter Bibliotheken, auf die es aber keinerlei Zugriff mehr gibt.

Obwohl die Luft in dem kleinen Raum trotz gekippter Fenster immer dicker wurde, und das Sitzen auf dem harten Stuhl immer unbequemer, nahm Thomas diese Umstände nicht bewusst wahr. Er hing an den Lippen des Redners. Dessen angenehme, unaufgeregte Stimme, sein sachlicher Vortrag, in dem auch die größten Ungeheuerlichkeiten ohne emotionale Aufladung einfach nur benannt, erklärt und analysiert wurden, entsprach voll und ganz dem, was Thomas unter klarer Kommunikation verstand. Er ertappte sich allerdings immer wieder dabei, wie er – aufs Stichwort, sozusagen – vom Vortrag abschweifte und seinen eigenen Erinnerungen und Assoziationen nachhing. Er hatte es doch kaum glauben können, dass weiße Polizisten in Demutsgeste auf die Knie gingen, um sich vor dem Mob der Black Lives Matter Bewegung dafür zu entschuldigen, dass ein drogensüchtiger schwarzer Kleinkrimineller bei der Festnahme durch einen Kollegen zu Tode gekommen war. Kein Versuch der Rechtfertigung, wie man es erwartet hätte, kein Versuch, den Hergang klarzustellen und die Maßnahme des Kollegen mit der heftigen Gegenwehr des Mannes als gerechtfertigt, ja sogar zwingend notwendig und von den Vorschriften für solche Fälle gedeckt zu begründen. Nein – ein jämmerliches Niederknien vor einem aufgebrachten Mob, ein stellvertretendes Schuldeingeständnis für die gesamte weiße Rasse, obwohl es ja „Rassen“ gar nicht mehr gab, sondern nur noch Menschen, Menschen, die per neuester Definition gar nicht illegal sein oder handeln konnten. Ein paar Worte des Redners drangen durch diese Gedanken wieder in Thomas‘ Bewusstsein …

… es trifft nur Weiße. Es ist ein molekulares Konstrukt der Rassendiskriminierung. Und es beruht auf einem infamen Prinzip.

Sie alle wissen, dass der menschliche Körper das Vitamin D selbst produzieren kann. Allerdings benötigt er dazu Sonnenlicht. Ohne Licht kein körpereigenes Vitamin D. Die Folgen sind bekannt. Es ist ja nicht nur die als Rachitis bekannte Störung des Knochenwachstums bei Kindern, nicht nur die Osteoporose bei den Älteren. Schlafstörungen, Konzentrationsschwäche, Müdigkeit, Haarausfall, Nervosität, und Sehschwächen sind typische Symptome einer Vitamin-D-Mangelerscheinung. Die Schlüsselrolle bei der Vitamin D Produktion kommt dem langwelligen Spektrum des ultravioletten Lichtes, also der UV-B-Strahlung zu.

Thomas erinnerte sich. Als junger Mann legte er großen Wert auf sein Aussehen. Ganzjährige Urlaubsbräune! Sonnenstudio. Die Leuchtstoffröhren, die angeblich nur UV-B Licht durchließen, UV-A und UV-C ausfilterten. Und dann hatte er sich mit dem Bräunungsbeschleuniger eingecremt und den Sonnenbrand davongetragen, der ihm fast das Leben gekostet hätte.

… warum ich Ihnen das erzähle? Wir haben lange nach dem Ursprung des Giftcocktails gesucht, den wir in den Leichen gefunden haben. Im Trinkwasser, in der Luft, in vielen Lebensmitteln und Fertiggerichten, auf Oberflächen im Freien und innerhalb hochfrequentierter Gebäude. Es war wie verhext. Außer in den Laborproben war dieses Zeug nirgends zu finden.

Das ist ja das glatte Gegenteil zum Corona-Virus, dachte Thomas. Sars-Cov-2, allgegenwärtig und verdammt langlebig, wärme- und kälteresistent, aber dennoch nicht auszurotten.

Es war zum Verzweifeln. Bis einer den verrückten Gedanken aussprach: „Was ist, wenn es sich um eine endogene Droge handelt? Einen körpereigenen Stoff, der bisher noch nicht entdeckt wurde?“ Das schien zwar vollkommener Blödsinn zu sein, denn ein solcher Stoff hätte längst identifiziert und beschrieben sein müssen. Aber es war der gedankliche Strohhalm, an den wir uns klammerten. Wir verfolgten diese Spur und irgendwann fiel es einem unserer Molekularbiologen wie Schuppen von den Augen: Das, was wir vor uns hatten, war eine molekulare Struktur, die weitgehend, aber eben nicht vollständig, mit der des Vitamin D-3 Moleküls übereinstimmte.

D-minor, wie wir es nannten, war gefunden, sein Ursprung zweifellos ein körpereigener Prozess, und sein Auslöser – fragen Sie mich nicht, wie wir es herausgefunden haben – ein wenige Sekunden anhaltender, hochenergetischer elektromagnetischer Impuls. Nein. Hat nichts mit 5G zu tun. 5G ist harmlos dagegen. Es kommt von einer Gruppe von Satelliten, die gleichzeitig mit mehreren unterschiedlichen Frequenzen ein definiertes Gebiet der Erdoberfläche bestrahlen. Jede einzelne Frequenz ist harmlos. Es ist der Effekt der Interferenz, die in Oberflächennähe entsteht, der bestimmte Rezeptoren unserer Zellen anspricht und sie veranlasst, statt D-3 eben dieses D-minor zu produzieren.

Eine Frau von der hinteren Stuhlreihe unterbrach den Vortragenden mit einer Frage: „Wie kommt es dann, dass ausgerechnet wir immun sind, oder, eurer Meinung nach immun sein sollen? Das klingt doch sonderbar. Menschen sind nun mal Menschen, alle gleich. Und selbst wenn es so etwas wie eine weiße Rasse gäbe, müssten da doch auch alle gleich sein, gleich reagieren …“

Ich freue mich über diese Frage, fuhr der Vortragende fort, ich wäre selbst noch darauf zu sprechen gekommen, doch beantworte ich Ihre Frage besser gleich, bevor sich noch weitere Unklarheiten auftun.

Es gibt zwei Arten von Immunität. Bei der ersten, und da muss ich Ihnen leider ein wenig widersprechen, handelt es sich um eine Immunität, die auf den Unterschieden zwischen durchaus existenten Rassen beruht. Ich will hier nicht darüber dozieren, dass diese Unterschiede weit über die Hautfarbe hinausgehen, denn in unserem Fall interessiert nur die unterschiedliche Pigmentierung. Dunkelhäutige Menschen sind durch die starke Pigmentierung nicht nur vor UV-Licht geschützt, die künstliche Strahlung, die da erzeugt wird, wird von ihrer Pigmentierung ebenfalls so weit abgeschirmt, dass D-minor nur in geringstem Umfang synthetisiert wird. Das als nur eine, wenn auch sehr wichtige Ursache für Verhaltensunterschiede in der Konfliktbereitschaft und in den Konfliktbewältigungsstrategien zwischen Weißen und Farbigen, durchaus mit Abstufungen, je nach dem Grad der genetisch vorgegebenen und durch Sonnenlicht aktivierten Pigmentierung.

Die zweite Art der Immunität beruht auf einem Gen-Defekt. Dieser Gen-Defekt – im Grunde ist es aber ein Geschenk der Evolution – beruht in der Unfähigkeit der Zellen, D-minor zu produzieren. Wir schätzen, dass etwa jeder tausendste Mensch diesen Gen-Defekt in sich trägt. Sie, die Sie heute hier zusammengekommen sind, repräsentieren also jene genetische Abnormität innerhalb einer Bevölkerung von etwa fünfzehntausend Mitmenschen. 

Nur Sie werden in der Lage sein, den rings um uns immer weiter zunehmenden Wahnsinn als solchen zu begreifen, und so Sie wollen, die Ursachen und die Urheber mit uns gemeinsam zu bekämpfen. 

Damit ist mein Vortrag zu Ende. Alles Weitere erfahren Sie von Ihren Erstkontakten in kleinen Gruppen.

Vielen Dank.

 

Die Atmosphäre im Raum wirkte jetzt bedrückt. Der Beifall für den Redner fiel entsprechend kurz aus, und bevor sich noch jemand mit einer Frage an ihn wenden konnte, war er ebenso plötzlich schon wieder verschwunden, wie er aufgetaucht war.

Der Rest der Veranstaltung dauerte nur noch wenige Minuten. Jeder einzelne der Zuhörer wurde befragt, ob er Interesse habe, sich an diesem Kampf zu beteiligen. Wer dies, aus unterschiedlichsten Gründen nicht zusagen wollte, wurde verabschiedet und hinauskomplimentiert. Es waren leider die meisten, denen der Mut fehlte, sich in einen Kampf gegen einen noch unsichtbaren und scheinbar übermächtigen Gegner einzulassen. Die übrigen wurden über ihre familiäre Situation, ihre speziellen Kenntnisse und Fähigkeiten, ihre berufliche Situation befragt, und dazu, ob sie sich vorstellen könnten, auch einmal für Tage oder Wochen für Aktionen außerhalb des Großraums Wuppertal zur Verfügung zu stehen.

Am Ende gaben Sie Ihre Adressen und Telefonnummern bekannt.

„Fragt nicht nach unseren Klarnamen, und unseren Kontaktdaten. Je weniger ihr wisst, desto besser. Wir werden auf euch zukommen, wenn es Neues zu besprechen und zu verabreden gilt. Bis dahin behaltet für euch, was ihr hier gehört habt. Nicht, weil die Informationen nicht öffentlich werden dürften. Wer nicht immun ist, glaubt euch kein Wort. Sondern weil ihr schnell als Verschwörungstheoretiker auffallen und damit die Aufmerksamkeit der wahren Verschwörer auf euch ziehen würdet.

Gute Nacht – und bis demnächst.

 

Es nieselte immer noch, als Thomas den Heimweg antrat. Doch sein Kopf war voll und die Gedanken spielten Karussell, so dass er einigermaßen erstaunt feststellte, sich unerwartet schon vor der eigenen Haustür wieder zu finden.

„Seltsam“ dachte er noch, als er sich in alter Gewohnheit die Bettdecke über den Kopf zog, „seltsam, dass von den vierzehn nur fünf übriggeblieben sind. Noch seltsamer, dass es wieder zwei Frauen und drei Männer waren, wie beim Rekrutierungsteam bei Antonio.“

Damit war er aber auch schon eingeschlafen. 

 

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Dieser Roman wurde im Sommer 2020 geschrieben. Die Handlung beginnt am 17. November 2022 und endet am 1. Mai 2023. Die Kapitel tragen das jeweilige Datum der visionären Handlung. Sie werden jeweils an dem Tag, der in der Kapitelüberschrift genannt ist, in Form eines Fortsetzungsromans veröffentlicht. Viel Spaß beim Mitlesen.