Q 3
Samstag, 4. März 2023

 

Liebe Mitbürger,

heute Morgen vermeldeten die Medien den Tod unseres geliebten Bundeskanzlers, der nach langer schwerer Krankheit, bis zum letzten Atemzug für unser aller Wohlergehen gekämpft hat.

Nun, ganz so war das nicht. Aber das wisst ihr ja schon.

Ach ja, der vorhergesagte Angriff einer Terrorbande, der sich ausnahmsweise nicht gegen Deutsche richtete, hat nun ja auch stattgefunden.

Man konnte ja nicht schnell genug hinausposaunen, dass es sich um eine von Nazis und Faschisten organisierte und finanzierte Aktion gehandelt habe.

Klar, da spricht vieles dafür. Das passende Muster: Rechtsextremisten lassen Ausländer ermorden. Rassistischer Massenmord – auf dem Präsentierteller serviert von ARD und ZDF.

Ich frage einfach mal ins Blaue hinein: Wem mag das wohl nutzen?

Die Antwort kann ich heute noch nicht geben.

Aber ich habe eine ganz persönliche Botschaft an Herrn Georg Mützeneder, Landwirt zu Machtlfing in Oberbayern: Sie sollten schleunigst Ihre Äcker und Wiesen, inspizieren, Herr Mützeneder. Da ist etwas ziemlich Großes für Sie vom Himmel gefallen, genauer, ein sehr großer Transporthubschrauber. Natürlich weiß man in München und in Berlin längst davon. Aber, wie immer, kann man sich außer für engagiertes, schweigendes Aussitzen zu nichts entscheiden.

Ich würde mich freuen, wenn Sie ein paar Bilder bei Facebook hochladen …

 

Und nun wieder zur Allgemeinheit gesprochen:

Freuen Sie sich. Nächste Woche wird eine neue Bundeskanzlerin gewählt. Ohne Gegenkandidaten wird Inka Schilling-Krämer antreten und von der Mehrheit der Koalitionsparteien gewählt werden. Die Frau ist Feministin, Klimaaktivistin, Vorkämpferin gegen Rassismus und Faschismus und kann ein – nach dem vierten Semester abgebrochenes – Studium der Germanistik und Politologie vorweisen.

Wenn das kein Grund zur Freude ist!

 

 

Bad Cannstatt
Samstag, 4. März 2023

 

Hildegard hatte vorgeschlagen, das nächste Treffen bei ihr stattfinden zu lassen. Einerseits, weil sie in ihrer Villa im Canstatter Nobelviertel mühelos bis zu zwanzig Gäste komfortabel unterbringen konnte, andererseits weil die Produktionsstätten ihres Unternehmens von da aus in zehn Minuten mit dem Auto zu erreichen waren, was es ermöglichen würde, die letzten technischen Fragen direkt vor Ort zu klären.

Die meisten Teilnehmer des Treffens hatten es geschafft, noch am späten Vormittag einzutreffen. Hildegard hatte von besten Caterer Stuttgarts ein kaltes Büffet anliefern lassen, so dass jeder, der Hunger, oder auch nur Appetit verspürte, zugreifen konnte, wann und so oft er wollte.

In den ersten Gesprächen in lockeren Zweier- und Dreiergrüppchen versuchten die Teilnehmer sich gegenseitig auf den aktuellen Stand der Teilprojekte zu bringen. Schließlich hatten nicht alle permanent Kontakt gehalten, sondern sich auf ihre speziellen Aufgaben konzentriert.

Oberleutnant Korn konnte von einem ersten wichtigen Erfolg berichten. Nachdem er sich gemeinsam mit Oberst Rückert ein Bild über die Fähigkeiten und Möglichkeiten der „Fußtruppen“ des Konservativen Mittelstands gemacht und den einzelnen regionalen Gruppierungen, zum Teil aus Reservistenkreisen Ausbilder zugeteilt worden waren, hatte die erste konkrete Aufgabe für alle Gruppen gleichzeitig gelautet, in ihrer Region nach Standorten zu suchen, die einerseits möglichst weit von größeren Siedlungen entfernt, andererseits freie Sicht nach oben boten und wo ein mindestens 25 Quadratmeter großer, einigermaßen ebener, und vor allem erschütterungsfreier, befestigter Bereich vorzufinden war. Erschütterungsfrei hieß in diesem Fall: Keine Autobahn, keine Bahnlinie näher als zwei Kilometer, keine Bundes- oder Landstraße näher als tausendfünfhundert Meter. Keine Fabrik, keine sonstige technische Einrichtung, schon gar kein Truppenübungsplatz, das alles könnte die empfindliche Apparatur, die dort aufgestellt werden sollte, stören.

„Die Jungs und Mädels sind ausgeschwärmt, wie die Pfadfinder. Viele kannten Stellen, die geeignet sein könnten von Wanderungen und Spaziergängen, doch in den meisten Fällen stellte sich heraus, dass ein oder zwei Kriterien einfach nicht erfüllt werden konnten. Wir hatten schon Sorge, in unserem dicht besiedelten Land überhaupt einen geeigneten Standort finden zu können. Erst vorgestern kam der entscheidende Hinweis auf eine ehemalige Windfarm im Thüringer Wald. Die Masten schon demontiert, die Fundamente – dreißig Meter im Durchmesser und metertief gegründet – noch vollständig im Boden. Wir haben uns das angesehen. Die Lage ist ideal. Das Gelände schwer zugänglich – und die alten Wege für die Wartungsfahrzeuge leicht für einige Tage zu sichern. Wir spielen da einfach Manöver, hängen Schilder auf: „Militärischer Sicherheitsbereich – Vorsicht Schusswaffengebrauch!“, und sollte sich jemand doch zu weit in die Nähe unserer Stellung bewegen, nehmen wir uns das Recht, ihn vorläufig festzunehmen, für eine kurze Weile festzuhalten und einem „Verhör“ zu unterziehen, um ihn dann mit einem Jeep wieder ins Tal zu fahren.“

„Wo genau ist dieser Standort?“, fragte Frank Meißner, der Messtechniker vom Max-Planck-Institut, Außenstelle Effelsberg, der sich von seinem Freund Fritz nur mühsam hatte überreden lassen, an diesem Treffen teilzunehmen.

Gregg klappte seinen Laptop auf und rief die digitale Generalstabskarte der Bundeswehr auf. Funktional Google Maps sehr ähnlich, jedoch mit dem Vorteil, dass in der Satelliten-Ansicht auch noch Gegenstände mit einer Ausdehnung von weniger als zwanzig Zentimeter zu unterscheiden waren. Gregory rief die gespeicherten Koordinaten ab und zeigte zunächst die Übersichtskarte Deutschland.

„Das sieht gut aus“, meinte Frank, „wie kann man da reinzoomen?“

Je länger er das Gelände musterte, desto größer wurde seine Begeisterung. „Können Sie mir die Koordinaten aufs Handy schicken, ich brauche sie für meine endgültigen Berechnungen.“

Einen Augenblick später sah er sie auf dem eigenen Display: 50°39’59.7″N 10°50’18.2″E

Karl Friedrich von Henningsberg, der inzwischen eingetroffen war, Hildegard ausführlich begrüßt und sich ein leckeres Häppchen vom Büffet geangelt hatte, trat zu der kleinen Gruppe.

„Hallo Frank! Gut hergefunden?“, und ohne ihm die Chance zu einer Antwort zu geben, fragte er weiter: „Weißt du jetzt schon, wieviel Zeit mir noch haben?“

„Du weißt, Fritz, wie das mit Bahnberechnungen absinkender Satelliten so ist. Sie werden immer unpräziser. Ich kann den Zeitraum eingrenzen, auf vielleicht vier Stunden. Die nächste Chance bietet sich am zehnten April, zwischen elf und fünfzehn Uhr.  Mehr lässt sich aus den spärlichen Daten, die wir erfassen konnten, nicht ableiten.“

„Das heißt also, es kommt so, wie du es immer angekündigt hast. Wir müssen den Eingang des Signals abwarten, daraus die Position, Geschwindigkeit und Flugrechnung des Satelliten errechnen, unsere Waffe entsprechend ausrichten und dann feuern. Reicht dafür denn die Zeit?“

„Normalerweise nicht.“

„Komm, spann uns nicht auf die Folter! Du hast doch eine Lösung, oder?“

„Ich habe die Idee. Für die Lösung fehlen mir die Ressourcen. Sorry.“

„Wie meinst du das? Keine Chance mehr?“

„Doch. Es gäbe eine Chance. Darüber werde ich sprechen, wenn alle da sind. Dann muss ich nicht alles zehnmal erzählen, und falls hier jemand anwesend sein sollte, was ich nicht ausschließen kann, der über die entsprechenden Ressourcen verfügt, dann wird daraus ein Zweiergespräch, das sich über die ganze Nacht hinziehen könnte.“

Karl-Friedrich bemerkte, dass Gunther soeben eingetroffen war und nahm ihn sofort in Beschlag.

„Gunther, altes Haus! Schön dich wiederzusehen. Wie geht’s Lisa? Wollte sie nicht mitkommen?“

„Es ist halt nicht so, wie bei euch Rentnern, Fritz“, neckte er seinen Freund, „jemand muss dableiben, und sich um das Geschäft kümmern.“

Fritz lachte, und fragte: „Hast du noch ein Ohr am Reichstag? Wird das ernst mit der Schiller-Krämer?“

„Ist offenbar fest beschlossen. Der olle Adenauer würde mit dreißigtausend Umdrehungen im Grab rotieren, wüsste er, dass man sein ehemaliges Amt jetzt mit einer Tussi besetzen wird, die, wie wir wissen, davon überzeugt ist, die Weißen seien unter allen Rassen, die es natürlich nicht gibt, die minderwertigste; die Mathematik müsse von den Axiomen alter weißer Männer befreit werden, weil zwei plus zwei nämlich keineswegs zwingend vier ergeben müsste. Eine echt afrikanische oder feminine Mathematik würde die Welt mit Lösungen bereichern können.“

„Und wann gibt es das große Staatsbegräbnis?“

„Da streiten sie schon wieder. Nicht über das wann, sondern darüber, wie groß. Die Grünen wollen mindestens hundert Staatspräsidenten und Regierungschefs einladen. Die Schwarzen warnen davor.“

„Ja, warum denn? Ist vielleicht niemand mehr da, dem sie ausreichend vertrauen, die Gäste zu schützen?“

„Ja so ähnlich. Die Grünen wischen das weg. Glauben, man will ihnen die Inszenierung stehlen, aus wahltaktischen Gründen. Dahinter ist der Horizont schon zu Ende. Aber sag, bist du weitergekommen? Hast du dem D-minor noch Erkenntnisse entreißen können?“

„Wenn man so will, ja.“

„Soll heißen?“

„Die schon bekannte, langanhaltende Wirksamkeit und die Verstärkung der Wirkung mit jeder neuen Bestrahlung – die habe ich jetzt begriffen. Einmal bestrahlte Zellen bleiben dauerhaft D-minor-Produzenten. Erst stellte ich fest, dass D-minor im Körper relativ schnell abgebaut wird. Niere und Leber leisten da gute Arbeit, ein Teil des Immunsystems wirkt ebenfalls mit. Warum aber, so fragte ich mich, nimmer die Konzentration im Blut nicht ab, wenn doch soviel – teils komplett, teils in Bruchstücken – ausgeschieden wird. Die Antwort liegt darin, dass die Mitochondrien, jene rätselhaften Kraftwerke der Zellen, die ihre eigene DNA besitzen und sich unabhängig von ihrer Zelle replizieren, die zudem nur von Frauen vererbt werden, praktisch umgepolt werden. Da wird ein genetischer Schalter umgelegt, und statt Calcitriol, der aktiven Form von D3, wird aus dem Cholecalciferol, das wir mit der Nahrung, bzw. mit Nahrungsergänzungsmitteln aufnehmen, oder mit Hilfe des Sonnenlichts selbst herstellen, von den Mitochondrien der Nierenzellen, die auch noch für diesen Job zuständig sind, dann eben D-minor.“

„Ich verstehe nur noch Bahnhof.“

„In aller Kürze: Wer sich ungeschützt mehrfach den Strahlen aussetzt, erleidet Schädigungen an den beteiligten Zellen der Haut und – am besten sonnenbadend auf dem Bauch liegend – auch massive Schädigungen der Vitamin D Produktion der Nieren. Das kann bis zu einem tödlichen Verlauf der Vitamin-D-Mangel-Krankheit führen, und ist durch Zufuhr von Vitamin D aus Lebensmitteln oder entsprechenden Präparaten nicht zu verhindern. Spannend, am Rande: Vitamin-D-Mangel führt auch zu schwereren Verläufen der Sars-Cov-2 Erkrankungen. Aber darüber will ich im Augenblick gar nicht weiter nachdenken.“

„Das heißt also, solange diese verdammten Satelliten nicht ausgeschaltet sind, gibt es keine Hoffnung?“

„Ich will es so sagen: Solange die noch da oben ihre Runden drehen, sind unsere Chancen, Dornröschen aus dem Tiefschlaf zu retten, relativ bescheiden.“

Inzwischen war auch Harald eingetroffen, mit ihm Dirk Westermann, deutscher Generalkonsul in New York und Gerald Frisch, der Kanadier. Harald hatte beide am Flughafen in Empfang genommen und für sie den Chauffeur nach Stuttgart gespielt. Es gab ein großes Hallo, als die drei im Foyer der Villa auftauchten. So vollzählig war man lange nicht mehr zusammengetroffen und es gab auch viel Persönliches zu erzählen.

Allmählich ebbten die Gespräche ab. Fritz, der Sprecher des Konservativen Mittelstandes und irgendwie auch inoffizieller Kopf der Operation Dornröschen, erhob sich von seinem Platz, stieg ein paar Stufen der weit ausladenden Wendeltreppe hinauf, die zum Gästezimmertrakt im ersten Obergeschoss führte, und bat um Ruhe.

„Liebe Freunde,

wir haben ein großes Programm vor uns, und ich denke, es ist höchste Zeit, dass wir mit der Arbeit beginnen. Vorab will ich eine Zusammenfassung der allgemeinen Lage abgeben, damit alle hier Anwesenden auf dem gleichen Informationsstand sind. Da ist zunächst einmal die Serie von Terrorangriffen, die in der Nacht von Donnerstag auf Freitag die Republik erschütterten und auch hier, in Stuttgart, viele Todesopfer unter den migrantischen Clans forderten. Dass wir diesen Angriff über unseren Q ankündigen konnten, haben wir dir, lieber Dirk, zu verdanken. Ohne das Netz von Informanten, das du so schnell und unter der Tarnung des Generalkonsulats aufbauen konntest, wären auch wir davon überrascht gewesen. Die Frage war für uns: Sollen wir offizielle Stellen in Kenntnis setzen, oder einfach alles geschehen lassen? Wir gingen davon aus, dass eine entsprechende Warnung keinerlei Wirkung entfalten würde, und falls doch, dass diese im Endergebnis nur zu noch viel mehr Opfern geführt haben würde, diesmal allerdings unter deutschen Polizisten und Sicherheitskräften und höchstwahrscheinlich auch unter Zivilisten. Und wir gingen weiter davon aus, dass, sollte dieser Angriff unter hohen Verlusten abgewehrt werden können, dem nur ein weiterer folgen würde, um das mit dieser Aktion beabsichtigte Ziel dennoch zu erreichen.

Unsere Gegner verfolgen eine Agenda, mit der Deutschland in den Status einer Kolonie Chinas versetzt werden soll. Vielfache Aktivitäten der Destabilisierung wurden dazu genutzt, nicht zuletzt auch die so genannte Migrationswaffe. Doch es war nie beabsichtigt, Deutschland dem IS, dem Islamischen Staat zu überlassen. Genau diese Gefahr bestand aber, als die Handlungsunfähigkeit der Regierung, der Suizid des Kanzlers und der Krieg zwischen den Flügeln der Koalition geradezu dazu einluden, zumal wirksame Sicherheits- und Ordnungskräfte schon lange nicht mehr in Erscheinung getreten sind.

Deshalb hat man die Terrorkommandos in die No-Go-Areas geschickt. Es ging darum, die dort entstandenen Machtzentren, mit tausenden kampferprobten und gut ausgerüsteten Männern, in einem Überraschungscoup um Jahre zurückzuwerfen, ohne sie jedoch völlig auszulöschen. Das Geniale dabei, und dabei muss ich vor den Vordenkern unserer Gegner den Hut ziehen, war es, dies per Bekennerschreiben als eine von rechtskonservativen Kräften Deutschlands finanzierte Aktion darzustellen. Wenn die Zeit reif dafür ist, werden wir dies allerdings richtigstellen können, indem wir das Geheimnis um den Abschuss eines der Helikopter lüften.

Der Angriff zeigt aber auch, dass man auf dem „Capital Hill“, so nennt man unter der Hand die Hintermänner der New World Order, überzeugt ist, dass mit der Schwächung der Clan-Strukturen keinesfalls eine Stärkung der deutschen Position verbunden sei. Ein Indiz mehr, dass man dort über unsere Bewegung entweder nichts weiß oder arrogant genug ist, sie als irrelevant einzuschätzen.

Nun ein paar Worte zu Q. Die Resonanz auf die ersten Veröffentlichungen überstieg unsere kühnsten Erwartungen bei Weitem. Wir haben ja nicht nur die Zugriffsstatistiken, wir betrachten uns auch sehr genau die Kommentare. Es sieht durchaus so aus, als werde Q als Heilsbringer, als Leuchtturm der Hoffnung angenommen. Man kann beim Lesen deutlich spüren, wie sich so mancher müht, die Fesseln der Depression abzustreifen, wie sehr andere darauf hoffen, mehr und mehr von dieser Medizin zu bekommen. Q – das ist für die schlafenden Deutschen beinahe so etwas, wie die Märzensonne für die Weizenkörner im Ackerboden. Eine sehr, sehr zuversichtlich stimmende Entwicklung, die zeigt, dass der Lebenswille eines Volkes auch nach Jahren der Meinungsdiktatur und gleichgeschalteter Medien zwar unterdrückt, aber eben nicht ausgelöscht werden kann. Es wiederholt sich exakt das, was in den letzten Monaten der DDR in Erscheinung getreten ist. Ein weiterer Grund zur Freude.“

Applaus und zustimmende Ausrufe unterbrachen den Vortrag für ein paar Sekunden, bis Fritz wieder um Ruhe bat.

„Nun zum Stand unserer Vorbereitungen. Wir kommen gut voran, stehen allerdings unter massivem Zeitdruck und vor einer Finanzierungslücke im hohen zweistelligen Millionenbereich. Theoretisch gibt es zwei Terminkonstellationen, die sich anbieten, um an die Öffentlichkeit zu gehen. Da ist einmal der erste Mai. Ein Feiertag. Drei Wochen nach dem zehnten April, an dem es uns mit etwas Glück gelingen wird, das Satellitenfernsehprogramm, das unsere Gegner sich für uns ausgedacht haben, endgültig abzuschalten. Die D-minor-Produktion wird in diesen drei Wochen nach meinen Forschungsergebnissen soweit zurückgegangen sein, dass wir – auch Dank Q – auf eine bereits halbwegs vernünftig ansprechbare, interessierte Öffentlichkeit stoßen würden. Das Projektteam „Laser“ ist im Zeitplan. Gerald Frisch konnte für uns die technischen Daten der vor fünfunddreißig Jahren von RCA Astra Electronics für ein asiatisches Konsortium hergestellten Satelliten herausfinden. Die Ziele haben eine Masse von circa eins kommafünf Tonnen, und – ohne die Solarpanel – eine mögliche Trefferfläche zwischen minimal zwei, maximal knapp vier Quadratmetern. Die Präzisionslafette, die wir im Laufe unseres Treffens noch besichtigen werden, mit einem Schwenkbereich von dreihundertsechzig Grad ist vertikal bis neunzig Grad ausrichtbar. Die notwendige Richtgenauigkeit wird eingehalten. Die elektronische Ansteuerung der Lafette nach Eingang des Impulses erfordert noch erheblichen Aufwand auf der Antennenseite, wir brauchen mindestens drei Hochleistungsdetektoren, die alleine wegen der Signallaufzeiten möglichst nahe am Geschütz positioniert werden sollen. Aus Gründen der Rechengenauigkeit bei der Auswertung der erfassten Daten sind sie jedoch in einem gleichschenkligen Dreieck von zwei Kilometer Kantenlänge mit direktem Glasfaserlink zum Feuerleitrechner aufzustellen. Wir verwenden dabei leicht modifizierte Standardprodukte aus israelischer Produktion, die unser neuer Mitstreiter, Kevin Albrecht, auf verschlungenen Wegen an Land ziehen konnte. Gesamtkosten dafür: Knapp zwanzig Millionen Dollar.

Der Hochenergie-Laser selbst kommt aus den USA, zusammen mit allen notwendigen Komponenten, einschließlich der autonomen Stromversorgung per Mini-Reaktor aus der Hyperschallwaffenentwicklung, werden dafür 65 Millionen Dollar fällig. Hinzu kommen Honorare für Beratungsleistungen und Instruktionen, so dass die Hundert-Millionen-Marke inzwischen fast erreicht ist. Wie sieht das bei dir aus, Waldo?“

Der Staatssekretär im Finanzministerium, der zu den Gründungsmitgliedern des Konservativen Mittelstandes gehörte, erhob sich, um von allen gehört werden zu können, und referierte über seinen Part:

„Der Schattenhaushalt im Verteidigungsetat, den wir schon beschlossen hatten, bevor unsere Freunde vom Militär zu unserer Gruppe stießen, konnte inzwischen mit einer Vielzahl von Pseudo-Transaktionen und Luftbuchungen auf ein Volumen von rund vierhundertfünfzig Millionen Euro aufgebaut werden. Geld, von dem die Abgeordneten im Verteidigungsausschuss, selbst wenn sie noch irgendein Interesse daran zeigen würden, niemals finden können. In der Truppe selbst führt jede Einheit ihren Einzeletat, eine Zusammenführung findet erst im Verteidigungsministerium statt – und dort geht das alles wieder prächtig auf. Nun gut. Die einzige Gefahr geht vom Bundesrechnungshof aus. Aber bis da die nächste Tiefenprüfung angesetzt, durchgeführt und ausgewertet worden ist, wird unsere kleine Mogelei, das hoffe ich wenigstens, längst nachträglich legalisiert sein. Also, das Geld ist da – und die erforderlichen Transaktionen, das habe ich soeben mit Beat Silberstein“, und dabei wies er auf den Schweizer Privatbanker, der neben ihm am Stehtisch stand, abgesprochen, laufen, wenn es sein muss, sogar an der BIZ vorbei.“

„Das wäre also geklärt“, meinte Fritz, „danke euch beiden. Das wäre die eine Terminkonstellation.“

Fritz nahm einen Schluck Mineralwasser aus dem Glas, das er neben sich auf der Treppe aufgestellt hatte und fuhr dann fort: „Die andere Konstellation hat auch ihren Reiz. Der Gedanke, die Wahl von Schilling-Krämer gar nicht erst zuzulassen, sondern am Wahltag, und das wird der Donnerstag der nächsten Woche sein, im Bundestag aufzutreten und dessen Auflösung zu verkünden, ist deshalb so faszinierend, weil wir damit nicht eine regulär amtierende Regierung stürzen, sondern nur eine geschäftsführende Ministerriege ablösen würden, was neben dem generell zu erwartendem Überraschungseffekt eben auch den Widerstand der Betroffenen minimieren würde. Etliche Abgeordnete des Bundestages sind ja, wie wir erfahren haben, sowieso gewillt gewesen, lieber Neuwahlen anzustreben, als einen neuen Kanzler zu wählen, um sich bis zum Wahltermin klammheimlich aus der Verantwortung schleichen zu können.

Der Nachteil dieses Vorgehens liegt allerdings darin, dass wir damit aus der Deckung auftauchen würden, bevor die Satelliten neutralisiert sind. Das wiederum bedeutet, dass es sehr viel schwerer sein wird, Dornröschen aus dem Schlaf zu wecken. Zumal wir auch kaum noch Zeit haben, unserer wackeren Mitstreiter in den regionalen Gruppen, überall in Deutschland auf den Tag X vorzubereiten, bei dem wir uns von ihnen eine ganz erhebliche Multiplikatoren Wirkung versprechen.

Major Wendler und ich schlagen daher vor, trotz der verlockenden Gelegenheit in der kommenden Woche, auf den ersten Mai zu warten. Hat jemand einen Einwand oder einen ganz anderen Vorschlag?“

Fritz wartete ungefähr eine Minute. Dann beendete er das Warten. „Ich stelle fest, das ist nicht der Fall. Alle Einzelplanungen zielen auf den Endtermin Erster Mai. Ich danke für eure Aufmerksamkeit und bitte die einzelnen Projektgruppen, sich jetzt an die Arbeit zu machen.“

 

 

 

 

Zurück zur Folge 27              weiter zu Folge 29

Dieser Roman wurde im Sommer 2020 geschrieben. Die Handlung beginnt am 17. November 2022 und endet am 1. Mai 2023. Die Kapitel tragen das jeweilige Datum der visionären Handlung. Die weiteren Veröffentlichungstermine und die Links zu allen bereits veröffentlichten Kapiteln finden Sie hier.  Viel Spaß beim Mitlesen.