Feldkirchen
Montag, 28. November 2022

 

Mit wenigen Minuten Abstand waren Bernd Brenner und Harald Mischke, alias Wolfshöfer, in dem angesagten Café in der Luitpoldstraße eingetroffen. Das Café war am späten Vormittag gut besucht. Mit Mühe hat Bernd Brenner einen Zweiertisch ergattert und den freien Stuhl gegen die Begehrlichkeiten anderer Gäste verteidigt.

Der Lärmpegel im Lokal war so hoch, dass schon die Unterhaltung mit dem direkten Gegenüber schwierig war. Dass jemand mithören konnte, was die beiden besprachen, war ausgeschlossen. Mit reichlich Kaffee und etwas Gebäck kamen sie über die Zeit, ohne von der Bedienung, die den Tisch wieder freibekommen wollte, mit sanfter Gewalt abkassiert zu werden. Doch sie brauchten sowieso nicht viel Zeit. Als Harald damit begonnen hatte, über das Gespräch mit Gregory Korn zu berichten, meinte der frisch geschasste Ex-Chef der Münchner Stadtwerke, es sei an der Zeit, das Lokal zu wechseln.

„Haben Sie einen Wagen, Herr Wolfshöfer?“

„Ja, steht gleich um die Ecke. Wohin soll’s denn gehen?“

„Ich muss kurz telefonieren. Wenn ich grünes Licht bekomme, besuchen wir eine der Personen, von denen Ihr ehemaliger Chef gesprochen hat.“

Brenner trat einen Schritt zur Seite und hielt sich das Handy ans Ohr. Das Gespräch war kurz, und offenbar erfolgreich.

„Wir kommen gelegen. Sie lernen gleich Baron Karl-Friedrich von Henningsberg kennen, in seinem Anwesen in Feldkirchen. Fritz, wie wir ihn nennen, ist unser Biochemiker, und auch der wird Ihnen einiges erzählen können, was Sie in Erstaunen versetzen wird.“

Nach einer kurzen Fahrt von etwa dreißig Minuten Dauer zeigte Brenner seinem Fahrer, wo er parken könne, und dann standen Sie auch schon Herrn von Henningsberg gegenüber.

„Kommen Sie herein, meine Herren.“ Mit einer kleinen Verbeugung stellte er sich Harald vor: „Gestatten, von Henningsberg, wir hatten noch nicht das Vergnügen.“

„Angenehm, Harald Mischke“, antwortete Harald, was bei Brenner leichte Verwirrung auslöste.

„Mischke?“, fragte er – und Harald antwortete: „Wolfshöfer ist ein Tarnname, erfunden, genauso wie der Herr Schlott vom Arbeitskreis Dekarbonisierung. Meine zweite Existenz, sozusagen. So wie die Dinge aber nun liegen, halte ich die Fortsetzung dieses Versteckspiels für unangemessen.“

Von Henningsberg hatte die beiden inzwischen in den großzügigen Wohnraum geführt und gebeten, Platz zu nehmen. Dann ergriff er das Wort.

„Zuerst möchte ich dir, lieber Bernd, sagen, dass ich deinen unfreiwilligen Abschied von den Stadtwerken zutiefst bedaure. Einerseits, weil wir damit eine wertvolle Bastion in unserem Kampf verloren haben, andererseits natürlich auch, und ganz besonders, weil du damit persönlich natürlich eine schwere Niederlage einstecken und wohl auch erst noch verdauen musst. Ich gehe davon aus, dass du ausreichend Rücklagen schaffen konntest, so dass du nicht in materielle Probleme rutschst, was es immerhin erleichtert, die psychische Belastung zu verkraften. Doch wenn du Hilfe brauchst, oder ein Rat: Du kannst dich immer an mich wenden.“

„Danke Fritz, aber so schlimm ist es für mich nicht. Erstens hat sich schon länger angedeutet, dass ich vielen in meiner Position ein Dorn im Auge war. Es ist müßig, das jetzt hier auszurollen, aber die ständigen Versuche, mir irgendwie ans Bein zu pinkeln, waren schon sehr nervig. Letztlich habe ich meinen Rauswurf selbst verschuldet. Bei der letzten Stadtratssitzung konnte ich mir nicht verkneifen, eine Abstimmung zu fordern, ob künftig wieder die Vernunft, oder doch nur Irrationalität das Handeln der Stadtwerke, speziell im Bereich der stark gefährdeten Trinkwasserversorgung, bestimmen sollte. Das war zu viel – aber die beantragten Beschlüsse, nach dem Motto: ‚Die Natur bringt alleine alles wieder ins Lot, hört nur auf Sven Groot‘, die hätten mich sowieso gezwungen, von mir aus den Büttel hinzuschmeißen. Die Verantwortung wäre letzthin doch an mir hängen geblieben – und die konnte ich beim besten Willen nicht übernehmen.“

„Aber du hast es noch geschafft, die Freien Siedler von der Alm bei Garmisch zu vertreiben.“

„Das war eher ein Zufall. Herr Wolfshöfer, ich meine, Herr Mischke, hatte den Auftrag schon Ende September erhalten. Wie und wann er ihn ausführen würde, blieb ihm überlassen – ich hätte ja auch selbst gar nicht gewusst, wie das zu bewerkstelligen gewesen wäre. Es war lediglich verabredet, dass die Aktion noch vor Weihnachten abgeschlossen sein sollte.“

„Dann gratuliere ich Ihnen, Herr Mischke, zu dieser überaus gelungenen Aktion. Sie haben da vieles richtig eingeschätzt und psychologisch klug gehandelt. Wie durch ein Wunder ist in Garmisch immer noch alles ruhig, dabei konnten Sie gar nicht wissen, dass die Substanz, die für dieses Wunder ausschlaggebend war, von mir, in meinem Privatlabor erst vor wenigen Monaten isoliert und analysiert werden konnte.“

„Welche Substanz, Herr von Henningsberg?“, unterbrach Harald neugierig.

„Nun, vorab ein Antrag zur Geschäftsordnung: Ich heiße Karl-Friedrich. Nennen Sie mich Fritz.“

„Danke. Ich bin Harald – und reagiere auch auf ‚du‘.“

„Einverstanden. Und nun zur Substanz. Es ist etwas, was dem Vitamin D3 sehr ähnlich ist – und stattdessen vom Körper produziert wird, wenn die an dieser Synthese beteiligten Zellen einem starken elektromagnetischen Impuls, am oberen Ende des UV-C Bereichs ausgesetzt werden. Der Effekt ist, nach meinen bisherigen Erkenntnissen lange anhaltend, vielleicht sogar irreversibel und wird mit jeder neuen Bestrahlung verstärkt. Im Ergebnis sehen wir die Symptome einer komplexen Vitamin D-Mangel-Krankheit, wobei insbesondere die durch Schlafmangel und Konzentrationsschwäche resultierenden Ausfälle, die permanente Müdigkeit und eine aus irrealen Ängsten resultierende Nervosität, dazu führen, dass die weißen Menschen in jene apathische Duldsamkeit und Lenkbarkeit verfallen, die Sie bei der Aktion in Garmisch offenbar gezielt ausgenutzt haben. Details gebe ich ihnen gerne später einmal. Jetzt muss ich sagen, dass ich sehr gespannt bin, auf Ihre, auf deine Botschaft, Harald.“

Harald richte sich in dem schweren, tiefen Ledersessel soweit auf, wie das möglich war. Er berichtet von seiner Fahrt nach Hammelburg, vom Eintreffen Greggs und dessen Kenntnissen über die Gruppe, der von Henningsberg und Brenner angehörten, dass es auch noch einen Bankier in der Schweiz gäbe, einen Einzelhändler in Berlin, einen deutschen Botschafter in den USA, eine schwäbische Fabrikantin und einen Mann, der in Kanada zu Reichtum gekommen ist.

Bei jeder Person, die Harald ansprach, wurde von Henningsberg eine Spur blasser und aufgeregter. Seine Finger trommelten nervös auf der Lehne seines Sessels.

„Und das alles haben ein paar ehemalige Soldaten des KSK herausgefunden? Das kann ich nicht glauben.“

„Sorry, die ganze Logistik, die dahintersteht, haben gewisse Kreise im MAD beigesteuert, insbesondere die IT-Infrastruktur, mit riesigen Datenbeständen, deren gezielter Abgleich über eine abgehörte, verschlüsselte Telefonkonferenz, letztlich zu diesen Erkenntnissen führten.“

Seine Rolle, dass es sein Tarnname „Wolfshöfer“ war, über den die erste Spur, eher zufällig gefunden wurde, behielt er dabei lieber für sich.

Dann trug er vor, dass man sich in den Reihen der militärischen Gruppe gut vorstellen könne, mit der zivilen Truppe, die offenbar sehr ähnliche Ziele verfolgte, kooperativ zusammen zu arbeiten.

„Das dürfte schwer werden“, warf Bernd Brenner ein, „die Unseren sind schon ein eigensinniger Haufen. Eigentlich lauter Einzelgänger, die sich eher zufällig gefunden haben. Über den engeren Kreis hinaus verfügen wir zudem über ein Netzwerk von hochkarätigen Wissenschaftlern und vielen kleinen und mittleren Unternehmern, von denen viele am liebsten überhaupt nicht mit uns oder irgendwem sonst öffentlich in Verbindung gebracht würden. Außerdem sind wir dabei, eine eigene – na, sagen wir mal – Pioniertruppe aufzustellen. Leute mit speziellen Fähigkeiten. Nicht unbedingt Kampftruppen, eher für technische Einsätze vorgesehen.

Organisiert in kleinen Zellen, untereinander nicht vernetzt. Aber: Immun!“

„Ja, davon hat Gregg ebenfalls berichtet. Er hielt die Auswahlkriterien für unzureichend. Gregg sagte, wenn ich das richtig erinnere: Die suchen nach Menschen, die immun sind. Das ist naiv, denn auch wer gegen die Verblödungsdroge immun ist, kann ein Schwein sein. Sie nehmen aber alle.“

„Ich bin erstaunt, im Grunde erschrocken, wie gründlich wir durchleuchtet worden sind. Dabei haben wir Sicherheit stets besonders großgeschrieben. Nichts, aber auch gar nichts sollte nach außen dringen – und nun das. Waren wir wirklich so leichtsinnig, Bernd“, fragte von Henningsberg seinen Mitstreiter.

Der antwortete jedoch nicht, sondern wandte sich an Harald: „Du hast also Kontakt zu diesem Verein, der alles über uns herausgefunden hat? Ja? Bist du vielleicht bei uns eingeschleust worden, um uns auszuspionieren? Du kanntest nur mich. Wie bist du an die übrigen Namen gelangt, wer hat dir von unserem Rekrutierungsprojekt erzählt? Es ist doch kaum anders möglich!“

Harald machte sich in seinem Sessel noch ein bisschen größer und hob die Stimme deutlich an: „Ich bin auf diesen Verdacht vorbereitet. Es wäre kein gutes Zeichen, wenn das nicht ausgesprochen worden wäre. Gesundes Misstrauen ist in diesen Zeiten wichtiger denn je. Aber ich habe noch eine Botschaft für euch. Hier, in diesem verschlossenen Kuvert, dessen Inhalt ich nur insofern kenne, als es geeignet sein soll, diesen Verdacht zu entkräften.“

Damit reichte er den Umschlag, den er von Oberleutnant Korn erhalten hatte, an von Henningsberg weiter. Der betrachtete das Kuvert eine Weile kritisch und riss es dann geschickt auf. Es befanden sich zwei Schriftstücke darin, die Fritz nebeneinander vor sich auf den Tisch legte, und eine CD oder DVD.

„Das ist doch, das ist doch unglaublich!“, entfuhr es Fritz, als er in einem der Blätter eine Kopie der anonymen Botschaft erkannte, über deren Urheber er gestern noch mit Gunther und Lisa gerätselt hatte.

„Genau dieses Papier hat uns am Samstag auf den bevorstehenden Anschlag in Berlin hingewiesen. Gunther erhielt es anonym, per Fahrradkurier. Woher hast du das, Harald?“

„Ich kann mich nur wiederholen. Ich wusste nichts über den Inhalt dieses Umschlags. Vielleicht findet sich die Erklärung ja auf dem anderen Blatt.“

Von Henningsberg griff nach dem Blatt, das wie ein Anschreiben aussah und las leise bruchstückhaft vor: „… Damen und Herren … unsere Botschaft überbracht …dass  auch wir sehr viel in eine Kooperation einbringen können, zum Beispiel intime Kenntnisse über Pläne und Aktionen der Antifa … Beweis liegt vor ihnen. Die an Gunther Liebermann in Berlin gesandte Warnung vor dem Anschlag stammt von uns. … glauben, dass Sie haben, was uns fehlt, während wir haben, was Sie gut gebrauchen könnten. Falls Ihrerseits Interesse … Kontakt über …  Mit kameradschaftlichen Grüßen

P.S. Harald Mischke zu verdächtigen ist naheliegend. Sehen Sie sich die beiliegende DVD an. Sie dürfen immer noch befürchten, das alles sei getürkt. Wir können nur versichern: Es ist alles Original und ohne Wissen Haralds entstanden.“

Von Henningsberg erhob sich und drückte die DVD in das integrierte Laufwerk an seinem Fernseher.

Harald erkannte sofort Mikes Appartement. Der Film begann da, wo er selbst frisch gewaschen und angekleidet am Frühstückstisch Platz nahm.

Mike fragte gerade: „Wo bist du denn hergekommen, mitten in der Nacht?“, und dann hörte Harald sich von dem Job in Garmisch erzählen. Dann kam die Stelle, als er sagte: „Ich bin ja quasi wieder fest angestellt und stehe für Spezialaufgaben zur Verfügung.“

Die Frage Mikes: „Und bei welchem Verein hat du unterschrieben?“, auf die er geantwortet hatte: „Das wüsste ich selbst gern genauer. Ich habe nur einen Kontakt. Aber ich kann mir viel zusammenreimen. Es muss da so eine Art Club alter weißer Männer geben, von denen nicht nur jeder ein Experte auf seinem Gebiet ist, sondern die auch über schier unerschöpfliche Geldquellen verfügen. Was die letztlich wollen, weiß ich nicht, aber ich erkenne natürlich, dass es denen vor allem um eines geht: Recht und Ordnung wiederherzustellen, in Deutschland. Dass sie mich im Darknet gefunden haben, spricht dafür, dass sie auch vor unorthodoxen Methoden nicht zurückschrecken, und die Aufträge, die ich von ihnen erhalten habe, beweisen, dass sie, wenn ihnen etwas im Weg steht, vor dem Äußersten nicht zurückscheuen.“

Dann fehlte ein ganzes Stück. Die nächste Szene begann mit der Ankunft von Oberleutnant Korn.

„Schön, euch beide wiederzusehen. Ich habe nicht viel Zeit, ich habe tatsächlich dafür gesorgt, rein dienstlich in Hammelburg zu tun zu haben, und bin für dreizehn Uhr in der Kaserne verabredet. Bis dahin muss ich loswerden, was ich loswerden will – und das betrifft vor allem dich, Ex-Oberfeld Harald Mischke. Jetzt nennst du dich ja Wolfshöfer, soll mir auch recht sein.“

„Woher …?“

„Tut nichts zur Sache, nun ja, eigentlich fängt damit die ganze Geschichte an. Aber, Jungs, habt ihr nicht wenigstens einen Kaffee für euren alten Pfadfinder?“

An dieser Stelle gab es wieder einen Schnitt. Diesmal mit eingefügtem Insert „Privat und irrelevant“.

Als der Film wieder einsetzte, sagte Gregg gerade:

„Dass überhaupt so großes Interesse an diesem abgehörten Telefonat bestand, kam daher, dass es sich um eine Konferenzschaltung mit mindestens sieben Teilnehmern gehandelt hat, dass es äußerst raffiniert verschlüsselt und über ein VPN-Netzwerk geführt wurde, was die Identifizierung der Teilnehmer ausgesprochen schwierig macht. Nun ja, je härter die Nuss … Es handelt sich um den Inhaber einer Einzelhandelskette in Berlin, um einen Privatbanker in der Schweiz, einen Chemiker in München, den Geschäftsführer einer kommunalen GmbH, ebenfalls in München, um die Inhaberin einer feinmechanischen Fabrik in Bad Canstatt, um einen Selfmade-Millionär in Quebec, Kanada, sowie – man höre und staune – um den deutschen Botschafter in den USA!“

Damit endet das Video.

„Okay, Harald, mich hat das überzeugt. Entschuldige, dass ich dich angegriffen habe.“

Fritz sagte: „Ich schließe mich dem an. Die Frage ist nur: Was machen wir jetzt?“

„Danke. Ich wusste wirklich nicht, dass das Treffen aufgezeichnet wurde. Aber es war ein kluger Schachzug, eine wirklich vertrauensbildende Maßnahme. Und zu der Frage, was wir jetzt machen: Wir bereiten uns auf die Schlacht vor. Die Gegenseite ist uns weit voraus – und wir wissen noch nicht einmal, wer der Gegner wirklich ist. Die Leute vom Schwarzen Block sind ja nur Werkzeuge. Niemand von denen wäre in der Lage, ihre Aktionen zu finanzieren, und selbst wenn sie alle zusammenlegen käme nie zusammen, was die brauchen. Die meisten sind ja auf Hartz IV oder sonst wie auf Unterhaltsleistungen angewiesen, Im Gegenteil. Alles spricht dafür, dass sie für ihre Aktionen noch bezahlt werden.  Der MAD ist da übrigens dran. War nicht auf dem Video, aber Gregg hat davon berichtet. Zum Schluss habe ich aber noch eine Frage. Sie haben mich im Video gehört, als ich sagte, ich wüsste selbst gern, für wen ich arbeite. Gibt es denn einen Namen?“

Von Henningsberg nickte bedächtig mit dem Kopf. „Es gibt einen Namen, Harald. Wir nennen uns die ‚Komiker‘ – und Komiker steht für Konservativer Mittelstand zum Kampf erhoben. Nicht schlecht,
oder? Und weil wir gerade so schön zusammensitzen: Ich hätte dich gerne als Bundesgenossen. Wenn du auch willst, werde ich vorschlagen, dich in den Inneren Zirkel aufzunehmen. Es dürfte keine Einwände geben.“

„Ich freue mich über dieses Angebot, und ich werde es gerne annehmen, sobald sie mir sagen können, dass alle, die dazu ja sagen müssen, auch ja gesagt haben.“

 

 

Aus den Online-Ausgaben der Presse
vom Montag, dem 28. November 2022

 

Süddeutsche Zeitung, München

Die Welle der Empörung über den rassistischen Mord vom Samstagabend in Berlin hat in der Nacht zum Montag alle deutschen Großstädte erreicht. Während sich in Berlin an der vom Regierenden Bürgermeister initiierten Demonstration gegen rechts mehr als hunderttausend bewegte Bürger beteiligten, und den für den Verkehr gesperrten Kurfürstendamm im weiten Umkreis der Station Uhlandstraße in ein Blumenmeer verwandelten, kam es zu unschönen Szenen in Hamburg, Düsseldorf und Nürnberg, wo Rechtsradikale mit Sprechchören versuchten, die Trauer und Gedenkveranstaltungen zu stören. Die Nazis konnten zwar zunächst von Ordnern vertrieben werden, dennoch kam es in der Nacht zum Montag zu Randale, Plünderungen und Brandstiftungen. In allen anderen Großstädten verliefen die Demonstrationen weitgehend friedlich.

 

taz, Berlin

Wieder einmal konnte oder wollte die Polizei den friedlichen Demonstrant*Innen keinen ausreichenden Schutz gewähren. Nach dem Ende der offiziellen Trauer und Gedenkveranstaltung Hunderttausender Berliner*Innen, die auf dem Kudamm, wo das Blut des Ngyan Beladikong das Pflaster rot färbte, mutig Haltung zeigten, kam es in vielen Bereichen auch außerhalb des Bezirks Mitte zu tätlichen Angriffen, Fällen sexueller Belästigung, sowie zahlreichen Sachbeschädigungen. Sicherlich wird die AfD wieder versuchen, die Schuldigen unter jenen zu suchen, die von den Weißen stets zum Opfer gemacht werden. Wir wissen aber, obwohl von der Polizei wegen Stillhaltens keine Erkenntnisse zu erwarten sind, wer hier seine Anhänger seit Jahren mit Hass und Hetze versorgt. Den Worten der Brandstifter folgen nun wieder einmal die Taten. Das Parteiverbot ist überfällig!

 

Preussische Allgemeine Zeitung

Ohne auf die Ergebnisse der offiziellen Untersuchung zu warten, erlebt Deutschland wieder einmal eine Welle blindwütiger Vorverurteilungen. Wir fühlen uns nicht berufen, den Berliner Täter zu verteidigen, aber wir fordern ein faires Verfahren. Ob sich dies in Berlin überhaupt noch bewerkstelligen lässt, wird jedoch von Tag zu Tag fragwürdiger. Wir rufen alle Verantwortlichen auf, ja bitten ausdrücklich darum, ihr Öl nicht länger ins Feuer, sondern auf die Wogen zu gießen. Sonst steht Deutschland morgen schon mitten im Bürgerkrieg.

 

BILD

Der Terrorpolizist von Berlin wird kaum der einzige sein, der im Schutze von Kameradschaft und Korpsgeist seine Pläne schmiedet, um dann – unbehelligt von mitwissenden Kollegen – zur Tat schreiten zu können. Wo war die Polizei, als sie am Bahnhof Uhlandstraße gebraucht wurde? Lange kam es den Berlinern vor, als sei ihre Strafzettel-Polizei nur lästig und nutzlos. Nun wissen sie: Diese Polizei ist gemeingefährlich und muss schleunigst entwaffnet und aufgelöst werden. Unterzeichnen auch Sie die gemeinsame Petition der Grünen und der SPD zur ersatzlosen Abschaffung der Polizei – in Berlin, und überall in Deutschland. Hier ist der Link zum Petitionsportal.

 

Neue Zürcher Zeitung, Schweiz

Die Chaoslage in Deutschland ist nicht mehr überschaubar. In allen größeren Städten kam es auch in der letzten Nacht wieder zu Krawallen, Plünderungen und Brandstiftungen. Nach noch unbestätigten Berichten soll es in Bremen und in Stuttgart mehrere Tote gegeben haben. Unbegreiflich, dass die Polizeiführung weiterhin im Sinne ihrer so genannten Deeskalationsstrategie nicht ins Geschehen eingreift. Diese Strategie geht offensichtlich nicht auf. Auch ohne direkten Kontakt mit dem erklärten Feindbild der fanatischen Massen läuft sich die Randale nicht von selbst tot. Im Gegenteil, es ist davon die Rede, dass die so genannten Proteste noch viele Nächte lang weitergehen sollen. Damit wächst die Gefahr, dass der anarchistische Funke auf die Schweiz überspringt. Gott schütze und bewahre uns.

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Dieser Roman wurde im Sommer 2020 geschrieben. Die Handlung beginnt am 17. November 2022 und endet am 1. Mai 2023. Die Kapitel tragen das jeweilige Datum der visionären Handlung. Sie werden jeweils an dem Tag, der in der Kapitelüberschrift genannt ist, in Form eines Fortsetzungsromans veröffentlicht. Viel Spaß beim Mitlesen.