Die schwindenden Optionen des Donald Trump

Pad 24 /2019 – hier auch als PDF verfügbar: PaD 24 2019 Die schwindenden Optionen des Donald Trump

Die Welt im Belagerungszustand

Eine Katze kann stundenlang nahezu regungslos vor einem Mauseloch verharren. Es ist, als spiele Zeit für sie keine Rolle. Irgendwann wird ein Nager herauskommen. Urplötzlich verwandelt sich die schläfrig wirkende Katze in ein fliegendes Energiebündel. Eine Zehntelsekunde später hält sie die Maus  in ihren Krallen. Was dann folgt, wird von Menschen als grausam empfunden. Sie spielt mit der Maus, lässt sie ein Stück  weit entkommen, fängt sie wieder ein, und noch einmal, und noch einmal. Endlich der tödliche Biss.

Und weil die Katze wohlgenährt ist, mit Trocken- und Nassfutter aus Tüte und Dose, ist sie mit dem Töten der Maus zufrieden. Fressen dürfen andere. Schmeißfliegenlarven, Ameisen, was halt  so daherkommt.

Wenn ich mir die Welt heute so betrachte, dann lauert die große Katze USA rings um den Globus sprungbereit auf ein Lebenszeichen einer Maus und schleicht sich unmerklich immer näher an die Behausung ihrer Opfer heran. Dass Russland an seiner Westflanke vollständig eingekreist, ja belagert ist, ist ja nichts Neues. Da spielt es schon fast keine Rolle mehr, wenn sich in diesen Tagen die größte Armada seit Ende des Kalten Krieges in der Ostsee tummelt.

BALTOPS heißt das Manöver, an dem 8.600 NATO-Soldaten,  55 Schiffe und 36 Flugzeuge teilnehmen. Übungen über das Zusammenwirken im Verband und mehrere Landeoperationen vor der Haustüre Russlands in  Estland, Lettland und Litauen stehen auf dem Programm.

Start und Endpunkt des Vergnügens der Warlords zur See ist Kiel, Germany. Best place.

Die vollkommen wehrunfähige Bundeswehr übt derweil in Polen. 2.500 Soldaten haben mit ihren Panzern bei Görlitz die Neiße überquert und in Polen ihre „Feuerkraft“ demonstriert.

Die Panzer bleiben nach dem Ende von „Noble Jump“ (das hat mich an die Katze erinnert) noch in Polen und üben noch ein Weilchen weiter.

Haben Sie schon einmal etwas von „Frettchen“ gehört? Die flinken, iltisähnlichen Tiere wurden früher oft, heute eher selten, bei der Jagd benutzt, um die Beutetiere, wie z.B. Kaninchen, aus ihren unterirdischen Bauen zu treiben.

Die große Katze hat eine ganze Reihe von Frettchen abgerichtet, die auf Kommando lospreschen, um ihr das Wild vor die Krallen zu treiben.

So soll nun ein Kriegsschiff der Bundesmarine die Chinesen aus dem Bau  locken, in dem es – unter Berufung auf die Nichtanerkennung chinesischer Territorial-Ansprüche – die Straße von Taiwan passieren wird. Die Entscheidung soll erst in ein paar Wochen getroffen werden, aber so öffentlich, wie jetzt schon darüber gesprochen  wird, wird es wohl so kommen. 

Es wäre, wenn man das Bemühen um den Erhalt des Weltfriedens ernst nimmt, eine vollkommen überflüssige Provokation. Wenn man zündeln will, ist es eine schmerzhaft gesetzter Nadelstich und eine Demütigung der chinesischen Staatsführung, vor allem aber auch der chinesischen Streitkräfte.

Die WELT erzählt heute, hinter der Bezahlschranke, „Warum Wut ein kluges Gefühl ist“, weil sie nämlich wichtige Funktionen erfüllt und wertvolle Eigenschaften in uns zum Vorschein bringt.

Es ist nicht verwunderlich, dass Wut und Mut ziemlich gleich klingen.

Was, wenn ein chinesischer Fregattenkapitän dem die Bundesmarine auf Schussdistanz begegnet, erst in Wut gerät und dann, entgegen seinem Befehl, zur Rettung der Ehre Chinas, das Feuer eröffnen lässt?

Der von den Falken unter den Strategen lange erhoffte Bündnisfall könnte endlich ausgerufen werden.

China als Konkurrenten auf dem Weltmarkt plattmachen, alle mit China verbandelten westlichen Konzerne in allergrößte Schwierigkeiten bringen und sie zur Umorientierung in Richtung USA zwingen, das ist doch ein „schöner Plan“.

Und dass Deutschland als Frettchen vorgeschickt wird, ist doch nur recht und billig. Denn schließlich, so Trump jüngst in Polen: „Schützen die USA Deutschland vor der russischen Maus – aber die Deutschen wollen einfach nicht ihre 2% BIP in die Rüstung stecken, sondern werfen den Russen noch Milliarden für Erdgas in den Rachen, statt sich mit unserem Fracking-Gas einzudecken.

Ob es ein Deal ist: Bundesmarine in der Straße von Taiwan, oder massive Sanktionen für alle an North-Stream II beteiligten Firmen? Das sieht auf den ersten Blick unausgewogen aus, ja geradezu wie ein Geschenk an Deutschland. Wenn sich aus dem Ausflug der Marine jedoch der Ernstfall entwickeln sollte, wären alle denkbaren Sanktionen immer noch die weitaus günstigere Lösung. Von daher gedacht, wird die vorsorgliche Gewöhnung der Öffentlichkeit durch die Berichterstattung via WELT erst verständlich. Es wird ja sonst auch nicht jede Schiffsbewegung der Marine vorab so breitgetreten.

Gleichzeitig liegt die Katze vor der Küste des Iran mit dem Flugzeugträger „Abraham Lincoln“ und einem Geschwader von B52-Bombern auf der Lauer.

Man kann es dem schwer von den neuerlichen und noch verschärften Sanktionen getroffenen Iran, der sich nach Angaben der Internationalen Atomenergie Behörde strikt an die Auflagen  des noch unter Obama geschlossenen Vertrags hält, keine Atomwaffen herzustellen, nicht verübeln, wenn auch dort jenes – laut WELT – „kluge Gefühl“ aufkommt, von dem es früher hieß, es mache blind.

Der sonderbare  Vorfall mit vier „sabotierten“ Frachtschiffen vom 12. Mai, zu dessen Aufklärung bisher noch von keiner Seite etwas unternommen wurde, war wohl eine „Fehlzündung“. Das Pulverfass ist – noch – nicht in die Luft gegangen. Auch warum die Lunte so schnell wieder ausgetreten wurde, und von wem, ist noch vollkommen unklar.

Dass Spanien die Fregatte „Méndez Núnez“ gleich darauf aus dem Marineverband um die „Abraham Lincoln“ zurückgezogen hat, mit der fadenscheinigen Begründung, die B52-Bomber gingen über die zu diesem Einsatz getroffenen Vereinbarungen hinaus, verstärkt den Eindruck, dass dies eine Aktion unter falscher Flagge war, die – hätte es eine Eskalation gegeben – nicht hätte geheimgehalten  werden können.

 

Es sieht für mich so aus, als stieße „Donald Allmächtig“ überall an die Grenzen seines fein ausgedachten Pokerspiels. Unter seinen Gegnern macht sich die Erkenntnis breit, dass er nur blufft, um sie zum Eingehen auf seine „Deals“ zu bewegen.

Putin negiert Trump weitgehend und zeigt gelegentlich die Zähne. Die Chinesen haben – nach der Attacke auf Huawei – ihr schärfstes Geschütz im Handelskrieg in Stellung gebracht und drohen damit, die westliche Welt von der für die digitale Welt lebenswichtigen Ressource „Seltene Erden“ abzuschneiden. Der Iran tut alles, um sein Öl anderweitig zu verkaufen, und droht damit, die Zentrifugen wieder anzuwerfen, wenn die USA nicht einlenken.

In der Türkei kauft Erdogan trotz massiver Drohungen das russische Luftabwehrsystem S400, was selbstverständlich geeignet wäre, auch US-Flugzeuge und Raketen vom Himmel zu holen.

In der Heimat werden die durch den Handelskrieg sowieso schon schwer getroffenen Farmer zusätzlich von katastrophalen Überschwemmungen heimgesucht. Das betrifft zwar nur etwa 1% der Anbaufläche, wird aber dennoch viele Insolvenzen nach sich ziehen und die Stimmung im Lande eintrüben, auch weil die Exportmärkte mit Zöllen und Sanktionen niedergemacht wurden.

Dabei hat der Wahlkampf um die nächste Präsidentschaft schon begonnen. Zum Mueller-Bericht, mit dem Trump nur scheinbar entlastet wurde, erhalten die Demokraten jetzt auch noch die wichtigsten Original-Dokumente der Untersuchung und werden sicherlich auch darin noch so manches Körnchen unangenehmer Wahrheit finden, was sie Trump bis in alle Ewigkeit um die Ohren hauen werden.

Trumps Optionen sind beschränkt.

Er könnte gegenüber den im Handelskrieg angeschossenen Staaten zum Rückzug übergehen. Dabei würde es ihm aber sehr schwer gemacht, das Gesicht zu wahren. Er ginge mit eingezogenen Schwanz vom Feld und die Situation wäre u.U. noch unschöner als vorher. Seine Chancen, noch einmal gewählt zu werden, würden damit drastisch schwinden.

Er könnte mit den Mitteln des Handelskrieges noch einmal in die Offensive gehen und alles zerschlagen, was den Welthandel noch am Leben hält. Dies könnte allerdings auch das Verhältnis zur EU nachhaltig stören und sogar den Bestand  der NATO gefährden. Dabei kann davon ausgegangen werden, dass dieser Handelskrieg auch die USA schwer treffen würde, was Trumps Anhänger an der Wirksamkeit der Medizin zweifeln lassen könnte. Umso mehr, als dabei die Konturen eines Anti-US-amerikanischen Wirtschaftsraumes immer deutlicher hervortreten würden.

Er könnte mit einer militärischen Machtdemonstration zeigen, dass er nicht nur blufft, sondern auch fähig ist, seinen Forderungen Nachdruck zu verleihen.

Aber wo?‘

Ein Krieg gegen Russland oder China ist unkalkulierbar. Ein Angriff auf den Iran könnte allzuleicht eskalieren. Die Disziplinierung der Türkei würde die NATO im Innersten erschüttern und die Europäer abschrecken.

Aber könnten die USA nicht einfach losziehen, um im Sudan Ordnung zu schaffen? Ein Land, dem man Demokratie bringen könnte, das militärisch kein echter Gegner ist, noch dazu vom Bürgerkrieg zerrissen – ein Fall für den Krieg gegen den Terror, strategisch günstig gelegen, ein Katzensprung vom befreundeten Saudi-Arabien,  ein Brückenkopf für weitere Aktionen westlich des Roten Meeres, von Ägypten bis Somalia – und vor allem: Die Chance, die auch im Sudan engagierten Chinesen in der Entwicklung ihrer Afrika-Strategie empfindlich zu treffen.

Na, das wär doch was!