Unterschätzen Sie nicht die Stärke der Demokratie

Aber, meine Damen und Herren, ich kann Präsident Putin nur warnen:
Unterschätzen Sie nicht die Stärke der Demokratie!

(Frank Walter Steinmeier am 13. Februar 2022)

 

Na, dann wollen wir mal.
Wenigstens bezogen auf „unsere“ Demokratie sollte sich deren Stärke doch wohl finden lassen.

Stärke ist ein vieldeutiger Begriff.

Kartoffelstärke, zum Beispiel, ist das, was sich absetzt, wenn geriebene rohe Kartoffeln ausgepresst werden und das dabei austretende „Kartoffelwasser“ ein Weilchen geruht hat. Sie kann, ähnlich wie Mehl zum Backen und zum Binden von Soßen eingesetzt werden. Man kann aber auch Leim daraus herstellen.

Da Deutsche gerne auch als „Kartoffeln“ tituliert werden, bieten sich durchaus Analogien an, die an anderer Stelle in diesem Text noch weiterverfolgt werden sollen.

Stärke ist aber auch ein Ausdruck für „Dicke“. Von Brettern heißt es zum Beispiel, sie seien 14, 18 oder 28 Millimeter stark. Hier bringt die Stärke die Biegefestigkeit zum Ausdruck. Je dicker, desto stärker und desto weniger biegbar.

Im Militär spricht man von der Mannschaftsstärke. Beim Fußball sagt man einem  Spieler nach, er habe einen starken linken  (oder rechten) Fuß.

Wenn jemand in erheblichem Maße gegen Regeln verstößt, dann handelt es sich bei diesem Tun um ein starkes Stück. Regnet es intensiv und anhaltend, dann sagt der Wettermann im Fernsehen, es handle sich um ein Starkregenereignis, wobei die Stärke in Millimeter pro Quadratmeter pro Stunde gemessen wird. Ähnliches gilt für die Windstärke. Je schneller sich die Luft bewegt, desto stärker der Wind …

 

Was aber ist die Stärke der Demokratie?

Um das herauszufinden ist es sinnvoll, die Demokratie zunächst einmal aller ausgeklügelten Regeln zu entkleiden, wie sie sich im Gestrüpp von Gewaltenteilung, Grundrechten und Staatsorganisation im Grundgesetz wie ein Schleier vor den inneren Kern der Demokratie stellen. Was dann übrig bleibt, ist ein einfaches Prinzip der Entscheidungsfindung mit dem Grundsatz:

Die Mehrheit bestimmt, wo es langgeht.

Dem liegt letztlich der Gedanke zugrunde, dass – bei einer Normalverteilung aus Dummen, weniger Dummen, Gescheiten, Klugen und Hochbegabten – schon eine geringe Mehrheit gegenüber der Minderheit einen Überschuss an Hochbegabten auf sich vereinen kann, dass bei einer bequemen Mehrheit dazu ein Überschuss an Klugen kommt, während bei der qualifizierten Mehrheit praktisch alle Gescheiten, Klugen und Hochbegabten zur Mehrheit zählen, während die Minderheit, angeführt von weniger Dummen, überwiegend aus Dummen besteht.

Läge der Demokratie ein anderer Gedanke zugrunde, nämlich der, dass die Dümmeren grundsätzlich in der Mehrheit sind, was sich leicht empirisch nachweisen ließe, und dass die Dümmeren aus mannigfachen Gründen, bis hin zum Neid, eher dazu neigen, Hochbegabte für Spinner, und Kluge für gefährlich zu halten, was Kluge und Hochbegabte automatisch in die Position der Minderheit brächte, während die Dummen und weniger Dummen, angeführt von den Gescheiten die Geschicke bestimmen dürften, dann müsste das mit der Demokratie längst überall stockvoll in die Hose gegangen sein.

Es gibt allerdings Indizien dafür, dass diese Gefahr schon vor langer Zeit erkannt und dann gebannt wurde. Überall, wo es gefährlich wird für Leib und Leben, für Hab und Gut, bleibt die Demokratie außen vor, bzw. ist auf Rituale reduziert, die außerhalb des eigentlichen Zwecks von Organisationen liegen.

Wir treffen dabei auf zwei Gestaltungsweisen der Entscheidungsfindung, nämlich einerseits die klassisch hierarchische, bei der ein Chef die Entscheidungen alleine trifft und die untergeordnete Organisation diese – mit bestimmten Freiheitsgraden in Bezug auf die Art der Ausführung – vollzieht. Der Kapitän des Öltankers, wie auch der Kapitän des Jumbo-Jets verkörpern dieses Prinzip der Entscheidungsfindung. Keiner der beiden wird seine Mannschaft über den Startzeitpunkt oder die Route oder die Reisegeschwindigkeit abstimmen lassen, auch nicht darüber, wie viel Treibstoff an Bord genommen werden soll. Es fällt richtig schwer, sich eine Vorstellung davon zu machen, wie so ein Flug abliefe, wenn alle wichtigen Entscheidungen vor dem Start und während der Reise in demokratischen Prozessen zwischen Piloten und Kabinenpersonal, ggfs. sogar unter Einbeziehung der Passagiere getroffen werden müssten.

Die andere Gestaltungsweise der nicht demokratischen Entscheidungsfindung ist zwischen mehreren gleichberechtigten Ressortverantwortlichen zu finden, die, zwar eingebunden in eine übergeordnete Organisation, für ihren Teil jedoch das tun, was sie alleine für richtig halten. Das ist das Entscheidungsfindungskonzept der Bundesregierung.

In diesem Konzept gibt es nur zwei, allerdings leicht zu überwindende Kontrollinstanzen.

  • Der Bundeskanzler, im Grunde überflüssig am Tisch der Minister, ist ja nur der Inhaber der Richtlinienkompetenz. Seine Macht ist begrenzt, denn sein einziges Mittel, einen aus dem Ruder der Richtlinien laufenden Minister auszubremsen, besteht darin, diesen zu entlassen und den Posten neu zu besetzen.
  • Der Finanzminister, zuständig für die Geldbeschaffung und -zuteilung an die Ressorts, ist auch nur ein Mensch mit Vorlieben und Abneigungen, so dass seine Entscheidungen nicht zwingend auf ein Optimum hinführen. Er kann Wichtiges ausbremsen und Unwichtiges reichlich bedenken.

Nein, regiert wird eben nicht demokratisch. Ein starker Kanzler oder ein starker Finanzminister regieren autoritär, wie Schiffskapitäne, und wer nicht spurt, der fliegt, bzw. dem wird der Geldhahn zugedreht. Ein schwacher Kanzler oder ein schwacher Finanzminister beugen sich den Einzelinteressen, die in den Ressorts wiederum autoritär durchgesetzt werden, weil sie sonst als Popanz auffliegen würden und von sich aus zurücktreten müssten.

Es fällt richtig schwer, sich eine Vorstellung davon zu machen, wie das Regierungsgeschäft abliefe, wenn alle wichtigen Entscheidungen in demokratischen Prozessen im Kreis der Kabinettsriege getroffen werden müssten.

Sicher: Man informiert sich (meistens). Man stimmt sich ab (meistens). Aber man stimmt nicht ab (meistens).

Wer sich aufmacht, die „Stärke der Demokratie“ im Kabinett zu suchen, dessen Bemühen wird nicht von Erfolg gekrönt sein.

Daher lohnt es sich, einen Schritt zurück zu gehen, um zu untersuchen, ob wenigstens bei der Besetzung des Kabinetts die Stärke der Demokratie zu erkennen sein könnte.

Es bedarf hier keiner großen Worte. Die Antwort ist „nein“. Es gibt keine Wahl zum Finanzminister oder zum Verkehrsminister. Der Bundeskanzler schlägt dem Bundespräsidenten die Männer und Frauen, die er als Minister im Kabinett haben will, zur Ernennung vor – und der ernennt sie dann postwendend. Dass es, wenn mehr als eine Partei zur Regierungsbildung erforderlich ist, zwischen den Parteien erst ein Gezerre um die Ressorts gibt, und dass die Parteichefs, wenn sie sich  ihre Ministerien gesichert haben, ihre Leute benennen, die das Amt übernehmen sollen, hat auch nichts mit Demokratie zu tun. Wenn die Vorschläge nicht wirklich im höchsten Grade erschreckend sind, wird der die Koalition anführende Bundeskanzler die von den Parteivorsitzenden der Koalitionsparteien benannten Minister ohne Widerspruch auf die Liste setzen, die er dann beim Bundespräsidenten zum Ausstellen der Ernennungsurkunden einreichen wird.

Der letzte Anker, um – von der Regierung ausgehend – noch Demokratie zu finden, scheint folglich der Bundeskanzler zu sein.

Und siehe da: Der Bundeskanzler wird als einziger aus dem Kabinett tatsächlich gewählt.

Blödsinn! Wer Bundeskanzler wird, das wird in wochen-, manchmal monatelangen geheimen Gesprächen in großen und kleinen Runden, in Hinterzimmern und ganzen Sälen, mit allen denkbaren Koalitionspartnern, mit denen es möglich wäre, eine Kanzlermehrheit zu schmieden, beschlossen. Erst wenn das erledigt ist, wird der Beschluss der Koalitionäre mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen im Deutschen Bundestag  bestätigt.  Man nennt es „Wahl“ – obwohl das Ergebnis lange vor der Stimmabgabe feststeht.

Hat eine Partei alleine die absolute Mehrheit der Sitze inne und kann folglich alleine regieren, ändert sich an diesem Prinzip nichts. Den Bundeskanzler bestimmt dann eben ganz alleine der Vorsitzende dieser Partei – und damit meistens sich selbst.

Es ist schwer, die Wahl des Bundeskanzlers als einen demokratischen Akt der nur ihrem Gewissen verantwortlichen Abgeordneten zu bezeichnen, denn genau wie bei der Wahl des Bundespräsidenten handelt es sich um eine Farce, die erst nachdem alle Pfosten eingeschlagen sind, mit entsprechendem Brimborium als Schauspiel für die Wähler auf die Bühne gebracht wird.

Immer noch ist von der Stärke der Demokratie nichts zu spüren, nicht einmal ein leiser Windhauch.

Irgendwo muss sie doch aber stecken, die Demokratie! Immerhin wird doch erst einmal frei, gleich und geheim gewählt, damit überhaupt herauskommt, welche Parteien denn mit welcher Fraktionsstärke ins Parlament einziehen. Dann erst kann es doch zu Koalitionsverhandlungen kommen, aus denen dann der Kanzler hervorgeht. Diese Wahlen zum Deutschen Bundestag, die müssten doch eigentlich das im vorstehenden Text vermeintlich gefundene Demokratiedefizit heilen können.

Schließlich bekommen die Wähler doch den Bundeskanzler, den sie mehrheitlich gewählt haben.

Vorsicht! Die Wähler wählen keinen Bundeskanzler, das ist auf dem Stimmzettel nicht vorgesehen. Der Bundeskanzler wird in Parteikreisen und in Koalitionsverhandlungen ausgekungelt.

Die Wähler stehen vor zwei Wahlzetteln. Mit dem einen Wahlzettel können sie unter den in ihrem Wahlbezirk von den Parteien ausgekungelten Direktkandidaten einen auswählen, der sie in Berlin vertreten soll, und mit dem anderen können sie ihre Stimme einer jener „Listen“ geben, auf denen die von den Parteien ausgekungelten Listenkandidaten verzeichnet sind.

Alle Stimmen für einen Direktkandidaten, der im Wahlkreis nicht die einfache Mehrheit der Stimmen auf sich vereint, sind verloren. Alle Stimmen für eine Parteiliste, die es nicht schafft, mindestens fünf Prozent der insgesamt abgegebenen Stimmen zu gewinnen, sind ebenfalls verloren.

Das ist übrigens nicht schlimm. Wer die Demokratie als ein Prinzip zur Vereinfachung von Entscheidungen versteht, das dafür sorgt, dass die Mehrheit, und nichts als die Mehrheit bestimmt, wo es langgeht, der sieht dieses Prinzip in der Direktwahl vollständig – und in der Listenwahl ansatzweise – bestätigt.

Dass beide Wahlverfahren, das Mehrheits- und das Verhältniswahlrecht dem Wähler gleichzeitig zur Entscheidung vorgelegt werden, führt letztlich nur zu Problemen. Für den Wähler, der aus taktischen Gründen unter Gewissensbissen dem ihm gut bekannten Direktkandidaten seine Stimme nicht gibt, oder für den, der seine Zweitstimme einer anderen Partei als der des Direktkandidaten gibt, weil er meint, so eine bestimmte Koalition herbeiwählen zu können, entsteht das Problem, nur mit „Tricksereien“ etwas wählen zu müssen, was explizit nicht zur Wahl steht. Für den Steuerzahler ist das Wahlrecht insoweit problematisch, als damit die Einrichtung von Überhang- und Ausgleichsmandaten erforderlich wird, so dass statt der 598 vorgesehenen Parlamentarier derzeit 736 vom Steuerzahler alimentiert werden müssen.

Im Ergebnis haben die Wähler dennoch letztlich aus Direkt- und Listenkandidaten wieder nur „Fraktionen“ gewählt und damit den Bundestag zu einem mathematischen Rätsel gemacht, für das es oft mehrere zulässige Ergebnisse geben kann. Welches dieser Ergebnisse dann zur Regierungsbildung genutzt wird, darauf hat der Wähler keinen Einfluss mehr.

Die Stärke unserer Demokratie besteht also keineswegs darin, den Willen des Souveräns gründlich zu erforschen und im Wirken von Legislative, Exekutive und Judikative unverfälscht zum Ausdruck zu bringen. Der Souverän kann ja nur hoffen, mit seiner Wahl – zumeist des kleineren Übels – die richtige Einschätzung getroffen zu haben, denn das, was vor den Wahlen versprochen wird, kann nach der Wahl nicht eingefordert werden. Der Wähler muss selbst dann noch gute Miene machen, wenn er nach der Wahl von den Parteien seiner Wahl mit dem genauen Gegenteil überrascht wird.

Die Stärke unserer Demokratie ist am ehesten in der Analogie „Kartoffelstärke“ zu finden. Da haben sich, nach Gründung der BRD, die entnazifizierten Spitzen der Union, der SPD und der FDP in einem allmählichen Prozess der Überwindung des Dritten Reiches aneinander gerieben und das Zerriebene ausgepresst, bis am Ende ein einheitlicher „Stärkebrei“ übrig geblieben war, der – wie immer er auch von den Wählern in mehr oder minder starke Fraktionen zerteilt wurde – doch niemals andere Ergebnisse hervorbrachte, als das, was die Binde- und Klebekraft des im Parlament versammelten Stärkebreis zugelassen hat.

Als dann die Grünen von den Wählern in die Parlamente entsandt wurden, waren sie so lange isoliert, bis ihre „Kartoffeligkeit“ mit der großen Reibe zerrieben und ausgepresst worden war und als Extrakt nur noch das übrig blieb, was sich vom demokratischen Stärkemehl der Altparteien nicht mehr unterscheiden ließ. Auf dem gleichen mühsamen Weg befindet sich die Linke. Noch ist sie nicht völlig aufgerieben, aber das, was bereits aufgerieben ist, das ist auch schon ausgepresst, so dass sich bereits genug Stärke absetzen konnte, um eine starke Bindung an die bereits vorhandene Stärke unserer Demokratie herzustellen. Das war überdeutlich zu erkennen, denn rot-rot-grün war bei den letzten Wahlen schon zum Greifen nahe.

Die Stärke unserer Demokratie scheint also darin zu liegen, dass das sich einmal entwickelt habende Machtkonzentrat sich selbst erhalten kann und alles was neu und anders ist entweder durch Zerreiben und Auspressen assimiliert, oder mit allen Mitteln des Immunsystems der Macht abstößt und fernhält.

Ohne unsere starke Demokratie würde ein Volk, das zum Beispiel wegen der großen Unterschiede in den Lebensbedingungen zur Uneinigkeit neigt, auch eine uneinige Parteienlandschaft, ein zerrissenes, uneiniges Parlament und eine schwache, kaum durchsetzungsfähige Regierung hervorbringen.

Wem würde es aber helfen, wenn vor lauter Hüh und Hott statt des geraden Weges auf ein Ziel hin, wie es unsere starke Demokratie ermöglicht, ein Zickzack-Kurs der kleinen Schritte gegangen würde, wo oft genug auf den einen, richtigen Schritt vorwärts, getrieben von Neid und Missgunst zwei Schritte zurück folgen?

Da muss die starke Demokratie ihre Kraft beweisen!

Ein zerrissenes, uneiniges Volk zwingt doch jene, die noch einen Rest an Verantwortungsgefühl verspüren, geradezu dazu, sich über alle roten Linien einer romantisch verklärten, idealisierten Demokratie hinweg zu setzen.

Es ist doch niemand da, außer der Regierung, die das Ziel zu bestimmen und den Weg zu weisen hat. Also ist es nicht nur das Recht, sondern geradezu die demokratische Pflicht der Regierung, sich auf einen außergesetzlichen Notstand zu berufen, und die verdammte Pflicht und Schuldigkeit der anerkannten Opposition, dem zum Wohle von Volk und Nation zuzustimmen, wann immer hinderliche demokratische Spielregeln und Rechtsprinzipien dem gesetzten Ziel im Wege stehen.

Formal mögen solche Selbstermächtigungen mit den Buchstaben des Gesetzes nicht so leicht in Einklang zu bringen sein, doch darauf kommt es nicht an. So lange sichergestellt ist, dass die Richterschaft, in Erkenntnis der Notwendigkeit der starken Demokratie, diese Demokratie stärkt, indem sie die richtigen Prioritäten setzt und sich dem Primat der Regierungspolitik unterwirft, so lange funktioniert ein Staat, so wie er funktionieren soll.

Es ist daher die vornehmste Aufgabe der Medien, dem Volke den Gedanken einzupflanzen, dass Gedeih und Verderb des gesamten Volkes von der Zustimmung jedes Einzelnen zur Regierungslinie abhängen. Das schließt ein, dass Kritik und Widerspruch nicht nur von den Staatsorganen nicht geduldet werden können, sondern dass auch jeder Bürger in seinem privaten Umfeld darauf zu achten hat,  ob sich irgendwo ein Geist des Widerspruches regt, und alles zu unternehmen hat, diesen unschädlich zu machen.

Dies gilt natürlich nicht für die anerkannte Opposition. Die anerkannte Opposition ist stets die Stütze der wahren Demokratie. Sie wird, wenn es darauf ankommt, ihre eigenen Vorsätze und Absichten zurückstellen und sich dem großen Ganzen dienend unterordnen. Dafür darf sie darauf hoffen, sollten die Würfel bei den Wahlen zu ihren Gunsten fallen, die Regierungsgeschäfte übernehmen und in unterbrechungsfreier Kontinuität fortsetzen zu dürfen.

Das ist die Stärke unserer Demokratie.

In der starken Demokratie passt kein Blatt Papier zwischen die Regierung und die Vertreter der anerkannten Opposition. Im Gegenteil: Erst der Widerspruch der anerkannten Opposition ermöglicht es der jeweiligen Regierung dem Volk ihre Pläne im Kontrast dazu deutlich sichtbar zu machen und zu beweisen, dass sie fähig ist,  kraftvoll durchzuregieren.

Die Stärke unserer Demokratie liegt darin, dass sie sich, unabhängig von den wechselnden Stimmungen und Befindlichkeiten der Bevölkerung, ihren Zielen widmen kann.

Die Stärke unserer Demokratie liegt darin, dass es ihr gelungen ist, sich in Form einer geschlossenen Gesellschaft zu etablieren, in die nur Zutritt erhält, wer sich – von Äußerlichkeiten abgesehen – bereits ununterscheidbar angepasst hat, und aus der ausgestoßen wird, wer eine eigene, unabhängige Meinung erkennen lässt.

Die Stärke unserer Demokratie liegt darin, dass es ihr gelungen ist, einen zentralen Machtblock herauszubilden, der durch Wahlen nicht mehr ernsthaft gefährdet werden kann.

 

Ist da draußen jemand, der es wagen würde, das Gegenteil zu beweisen?

Wer wagt es, Rittersmann oder Knapp,
Zu tauchen in diesen Schlund?
Einen goldnen Becher werf ich hinab,
Verschlungen schon hat ihn der schwarze Mund.
Wer mir den Becher kann wieder zeigen,
Er mag ihn behalten, er ist sein eigen.

Ein Politologe vielleicht?
Oder ein Wahlleut aus der Bundesversammlung?