Bargeld, Nullzins, Negativzins und andere Rätsel

PaD No. 31 /2019 – Hier auch als PDF verfügbar:PaD 31 2019 Bargeld Nullzins

Olaf Scholz, neuerdings Bewerber um den halben Parteivorsitz der SPD, macht zum Ende des Sommerloches von sich reden, indem er ein mögliches Verbot von Negativzinsen für Kleinsparer erwägt.

Paul Kirchhoff, ehemaliger Verfassungsrichter, geht noch einen Schritt weiter und hält sogar Nullzinsen für verfassungswidrig. Kirchhoff meint:

Sparer würden genötigt, ihr Geld schnell auszugeben, was ihre Verfügungsfreiheit beschränke. Die Funktion von Geld als Mittel zur Bewahrung von Werten sei zudem gestört, womit wichtige Eigenschaften des Eigentums verletzt seien, die das deutsche Grundgesetz unter Schutz stellt.

Das sind leider Überlegungen und Argumentationen, die auf einer grundfalschen Prämisse aufbauen, weshalb sie im Ergebnis nur ebenso falsch sein können.

Diese falsche Prämisse ist so verquer, dass sie sich noch nicht einmal vernünftig beschreiben lässt. Dennoch wird sie, schätze ich, von mindestens 95 Prozent der deutschen Bevölkerung  genau so gesetzt, dass nämlich das Geld – wie alle physikalischen Größen – einer exakten naturwissenschaftlichen Definition entspricht, so  dass gilt:

Ein Euro ist immer ein Euro.
Sein innerer Wert ist unveränderlich.

Güter und Dienstleistungen, auch Devisen und Finanzanlagen,
 können ihren Wert verändern und – in Euro gemessen  –
teurer oder billiger werden.

Der Euro selbst bleibt jedoch immer ein Euro.

Natürlich ist an dieser Geschichte etwas grundfalsch, und wir haben auch einen Namen für das, was wir bei dieser Geschichte unterschlagen, und  dieser Name ist „Inflation“. Inflation tritt ein, wenn die in Umlauf befindliche Geldmenge schneller wächst (inflationiert, aufgebläht wird) als das Angebot an „Käuflichem“.

Dass Geld grundsätzlich immer nur so viel wert sein kann, wie dafür gekauft werden kann, ist im Alltagsleben praktisch nicht zu erkennen. Das liegt daran, dass wir hier in Deutschland von einem Überfluss an Angebot beeindruckt werden und der Eindruck entsteht, es  herrsche immer nur Mangel an Geld, nie an einem ausreichenden Warenangebot.

Ganz anders sieht es aus, wenn ein Auktionshaus Kunstgegenstände oder Antiquitäten versteigert. Das Angebot ist knapp, oft genug „einzig“ auf der Welt, und hier entscheidet zwischen mehreren gleich stark Interessierten einzig die für den Kunsterwerb verfügbare Geldmenge darüber, wer mit dem höchsten Gebot den Zuschlag erhält.

Wenn der Verkaufspreis eines bestimmten Gemäldes, das im Abstand von mehreren Jahren  mehrmals den Besitzer wechselte, jedes Mal gestiegen ist, dann ist das eher ein Indiz dafür, dass einfach von Mal zu Mal mehr Geld verfügbar war, was inflationsbedingt einen höheren Preis ermöglichte, als dafür, dass sich der „Wert“ des Gemäldes verändert hätte.

Etwas komplexer verhält es sich mit dem Preis der Arbeit, also mit den Löhnen und Gehältern, weil hier zwei Aspekte zu berücksichtigen sind. Steigende Löhne sind nämlich einerseits (für den Unternehmer) steigende Kosten, die tendenziell Preiserhöhungen nach sich ziehen, während sie für den Arbeitnehmer steigende Kaufkraft bedeuten, die tendenziell Mehrausgaben für den Konsum nach sich zieht.

In jenem von den Gewerkschaften und den Ministerien für Arbeit und Soziales gleichermaßen beklagtem Fall, dass Lohnerhöhungen und Preiserhöhungen sich ziemlich genau ausgleichen, wenn also der Lohn für eine Stunde Arbeit jedes Jahr exakt dem Bierpreis im Armbrustschützenzelt auf dem Oktoberfest entspricht, sehen wir die Inflation sehr deutlich und erkennen, dass ein Euro eben nicht ein Euro ist, sondern dass ein Euro von heute nur noch 57 Cent von 2002 entspricht. 2002 kostete die Maß bei den Armbrustschützen 6,75 Euro, in diesem Jahr soll sie dort für 11,70 Euro angeboten werden.

Und auch in diesem Jahr werden die Zelte auf der Wies’s wieder krachend voll sein, weil eben auch die in Umlauf befindliche Geldmenge den notwendigen Zuwachs verzeichnet hat. Die Geldmenge M3 in der Euro Zone belief sich 2002 auf 5,766 Billionen Euro und hat sich bis Mai 2019 auf 12,641 Billionen erhöht, also mit plus 119 Prozent noch stärker als der Bierpreis auf der Wies’n, der nur um 73 Prozent zulegte.

Hier tut sich nun die Frage auf, ob nicht die Inflation der wichtigste Prozess ist, der die Funktion des Geldes als Wertaufbewahrungsmittel stört. Beim Bierpreis waren es durchschnittlich 3,3 Prozent pro Jahr, die der Euro an Kaufkraft eingebüßt hat – und damit deutlich mehr als das von der EZB propagierte Ziel von  „knapp unter zwei Prozent“.

Damit wird der Unterschied zwischen den Wirkungen von Inflation und Negativ-Zinsen erkennbar:

  • Inflation von 3,3 Prozent bedeutet klipp und klar:
    Du bekommst für die gleiche Menge Geld weniger als vor einem Jahr.
  • Negativzins von 3,3 Prozent kann sich unterschiedlich auswirken.
    Sicher ist, die nominal verfügbare Geldmenge schrumpft. Bei gleichzeitig fortbestehender Inflation ist das gleich ein doppelter Kaufkraftverlust.

    Wird die Inflation durch die sinkende Geldmenge gestoppt ( null Prozent), ersetzt die Wirkung des Negativzinses die Wirkung der Inflation.
    Wird durch die sinkende Geldmenge gar eine Deflation ausgelöst, kann der Negativzins die Kaufkraft stabilisieren, unter Umständen sogar erhöhen.

Der Spiegeleffekt des Zinses

Die Klageweiber, die sich über das Ausbleiben von Sparzinsen die Augen ausweinen, unterschlagen dabei regelmäßig die Kehrseite der Medaille, dass  nämlich den nicht mehr wie gewohnt sprudelnden Zinserträgen bei den „Sparern“ auch entsprechend  geringere Zinslasten bei den Konsumenten,  den Unternehmen und dem Staat gegenüberstehen.

Man kann dazu durchaus erläuternd festhalten, dass es sich, von Grauzonen abgesehen, bei den Zinszahlern und den Zinsempfängern um zwei ziemlich klar abgegrenzte Gruppen handelt, wobei die eine Gruppe (per Saldo) ausschließlich zahlt, und zwar direkt, für eigene Kredite, und indirekt über die in den Preisen und den Steuern enthaltenen Zinslasten, während die andere Gruppe Zinsen (per Saldo) ausschließlich als Gutschriften auf ihren („Spar-“) Konten kennt.

Die Rolle der Banken, die vermeintlich als Vermittler zwischen Kreditsuchenden und Sparern auftreten, klammere ich hier der Einfachheit halber aus. Die Sache ist auch so schon pikant genug, denn auf den Punkt gebracht kann man zunächst die Aussage treffen:

Zinsen sind (auch) ein Instrument der Umverteilung von unten nach oben.

Davon kann man ableiten:

Je höher die Guthaben-Zinsen, desto höher die Schuldzinsen, desto intensiver die Umverteilung.

Und:

Je niedriger die Schuldzinsen, desto niedriger die Guthabenzinsen, desto geringer der Umverteilungseffekt.

Selbstverständlich gelten diese Sätze auch noch, wenn Zinsen negativ werden. Allerdings kehrt sich dann auch die Richtung der Umverteilung um, denn wenn jemand einen Kredit braucht und dabei anfänglich mehr Geld ausgereicht bekommt als er später zurückzahlen muss, während der Sparer weniger zurückerhält als er eingezahlt hat, dann ist das Umverteilung von oben nach unten.

(… und selbstverständlich gehört auch der demokratisch verfasste Staat nicht zu „oben“ sondern zu „unten“.)

Wenn also ein Finanzminister auf die Idee kommt, die Zinspolitik  der Zentralbanken, die ihm und allen „da unten“ hilft, zu verteufeln, mit dem Argument, die Kleinsparer dürften nicht um ihre Zinserträge gebracht werden, dann ist das ein  Schachzug, der mir außerordentlich suspekt erscheint.

Wird  denn der Kleinsparer durch niedrige Zinsen im Zweifelsfall nicht sogar mehr entlastet als ihm  als Zinsertrag durch die Lappen geht?

Ich bin überzeugt, es könnte zumindest so sein.

Wenn nämlich wiederum der Finanzminister die „nicht fälligen Zinsen“ in Form von Steuersenkungen an die Kleinsparer zurückgäbe, und wenn zwischen den Unternehmen der Konsumartikel-Branchen tatsächlich ein Preiswettbewerb herrschte, statt sich in satten Oligopolen gegenseitig nicht wirklich weh zu tun.

Ich bin überzeugt, dass die auch für den Verbraucher sehr niedrigen Zinsen durchaus bei der Schaffung von Wohneigentum deutliche Entlastungen für Bauherren mit sich bringen, auch wenn dies – vor allem in den Ballungszentren – durch Grundstückspreise und Baukosten schon wieder überkompensiert wird.

(Das letzte Beispiel macht vielleicht am besten sichtbar, wie der Umverteilungseffekt von oben nach unten durch geschicktes Agieren am Markt am Ende doch wieder umgedreht werden kann und umgedreht wird.)

Dass Mario Draghi mit seinem Schwur „Koste es, was es wolle“ und dem untauglichen Instrumentarium der Notenbank, die Geldmenge wirksam zu beeinflussen, tatsächlich den Versuch unternommen haben sollte, die Umverteilung von unten nach oben umzukehren, kann gerne ins Reich der Fabel verwiesen werden.

Draghi wollte „den Euro“ retten, genauer, er wollte den Zusammenbruch von Großbanken im Euro-Raum verhindern, weil sonst das Zerbrechen der Währungsunion gedroht hätte. Der Euro wird von der EU jedoch als Waffe im internationalen Handels- und Währungskrieg angesehen, eine Art Flugzeugträger der EU, der schnell und vollständig sinken würde, wenn z.B. Italien den Austritt aus dem Euro verkünden müsste, um das eigene Bankensystem außerhalb der Fesseln des Euro-Systems sanieren zu können.

Die „italienische Gefahr“ ist durch den Übermut Salvinis und  die geschickte Reaktion der italienischen Globalisten vorläufig gebannt. Doch wird auch die neue Regierung, die Conte jetzt mit der Fünf-Sterne-Fraktion und den Sozialdemokraten gründen wird, nicht länger halten als die in Italien üblichen 12 Monate …

Also hat er allen Banken im Euro-Raum versprochen, ihnen jede notwendige Menge Liquidität zur Verfügung zu stellen, um jederzeit allen gegen sie gerichteten Ansprüchen der Anleger (Sparer) Genüge tun zu können. Das hat die EZB-Bilanz massiv aufgebläht, denn „The lender  of last resort“ kann den Banken ja nur Gutschriften auf deren Zentralbankkonten  erteilen, welche wiederum nur verwendet werden können, um Überweisungen auf die Zentralbankkonten anderer Geschäftsbanken auszuführen.

Das heißt: Alles, was die EZB an Geld unter die Banken gestreut hat, hauptsächlich natürlich jene 2,7 Billionen Euro, die im Tausch gegen fragwürdige Anleihen gutgeschrieben wurden, bleiben im Kontenkreis der EZB. Was aber im Kontenkreis der EZB herumschwirrt, wird mit Negativzinsen belastet. Das klingt widersinnig, lässt sich jedoch erklären:

Nur „klamme Banken“ mit „schiefen Bilanzen“ sollten ihre Aktiva sanieren, indem sie Anleihen mit fragwürdigem Marktwert durch jenes „Ein Euro ist ein Euro“-Geld ersetzen, das ihnen die EZB kostenlos anbietet. Dann allerdings sollte diese Zentralbankgeld-Liquidität zu den weniger klammen Banken fließen und dort von der EZB wieder abgeschöpft werden.

Das hat mit den normalen Geldmarktinstrumenten offenbar nicht funktioniert, weshalb Draghi, der sich weiterhin gezwungen sieht, klamme Institute massiv mit Liquidität zu versorgen (Parallele: Kir Royal. Mario Adorf zu Baby Schimmerlos: „Isch scheiß disch so was von zu mit meinem Geld“), gleichzeitig seit geraumer Zeit versucht, mit den Negativzinsen sanften Druck auszuüben, um die durch die Hyperliquidität ausgelöste Inflation, die allerdings bisher überwiegend bei den Geldanlagen, jedoch kaum beim privaten Konsum angekommen ist, einzudämmen.

 

Das aufziehende Fiasko

Auch ich mag es kaum für möglich halten, doch offenbar hat man sich bei der Entscheidung für die Einführung eines Negativ-Zinses der Erkenntnis verweigert, dass die Absenkung des Zinses um 2 Prozentpunkte

von 1 Prozent auf minus 1 Prozent
eine vollkommen andere Wirkung hat als die Absenkung
von 7 Prozent auf 5 Prozent.

Man hat sich wohl auch der Erkenntnis verweigert, dass das Kreditgeschäft, das doch immer noch für eine ganze Reihe von Instituten die unverzichtbare Ertragsbasis darstellt, mit der Einführung von Negativzinsen für diese Institute – und da vor allem für die kleineren, regionalen, kommunalen und genossenschaftlichen – ruinöse Folgen haben muss. Ein Kreditinstitut, das sich – und die Zinserträge seiner Einleger – aus den Zinseinnahmen der vergebenen Kredite finanziert, wird schon bei Kreditzinsen die sich nur der Null-Linie annähern, nicht mehr kostendeckend arbeiten können, es sei denn, es behält die in normalen Zeiten gewohnte Differenz zwischen Guthaben- und Kreditzinsen bei, was zwangsläufig auf negative Sparzinsen hinauslaufen muss.

Sparer sind keine Idioten. Die meisten werden ihre mit Negativzinsen belasteten Konten leerräumen und das Ersparte in klassischer Weise in großen Scheinen unter dem Kopfkissen verwahren. Einige jedoch werden tatsächlich  das  tun, was Kirchhoff annimmt, nämlich ihr Geld schnell (und unsinnig?) ausgeben, um etwas davon zu haben, solange dafür noch etwas zu haben ist.

Erst damit gelingt das, was die EZB seit Jahren mit ihren Liquiditätsspritzen anstrebt, nämlich die Inflation in der Euro-Zone anzuheizen.
Und je besser das gelingt, desto mehr der zunächst unter den Kopfkissen gebunkerten Scheine drängen an die Ladenkassen.

Hyperinflation entsteht – wie das Pfeifen im Lautsprecher – durch positive Rückkopplung und kann nicht mehr gestoppt werden. Es sei denn, jemand vermag „den Handel auszusetzen“, wie es hin und wieder an den Börsen praktiziert wird, um einen massiven Absturz abzuwenden und den Marktteilnehmern Gelegenheit zum ruhigen Nachdenken und Abwägen zu geben.

Was die EU nicht gebrauchen kann, ist ein Zusammenbruch der Euro-Währung in einem Hyperinflations-Szenario. Von daher wird die Notwendigkeit, die Liquidität der Marktteilnehmer bei Bedarf zu beschränken, mit jeder neu geschöpften Euro-Milliarde dringlicher.

Dies ist am einfachsten durch den (staatlichen?) Zugriff auf sämtliche Konten im Euro-Raum möglich, während Einschränkungen der in Bargeld vorliegenden Liquidität ungleich schwieriger und nur gegen erheblichen Widerstand durchgesetzt werden könnten.

Die bereits überall in der Euro-Zone greifenden und teils strafbewehrten Vorschriften zur Eindämmung der Verwendung von Bargeld, eingeführt unter dem Vorwand, die Geldwäscheaktivitäten von Kriminellen zu erschweren, sowie die allmähliche Abschaffung der 500-Euro-Scheine, sprechen eine deutliche Sprache. Zusammen mit der Forcierung digitaler Zahlungssysteme wird sich die schleichende Abschaffung des Bargeldes solange fortsetzen, bis sich die Einsicht durchsetzt, dass man darauf nun aber wirklich ganz verzichten könne. Dieser Tag ist übrigens gar nicht mehr fern.

Ist das Bargeld weg, und jegliche Liquidität an ein „Konto“ gebunden, sind der „Lenkung“ der Geldströme keine Grenzen mehr gesetzt.

Zwangssparen, durch Umbuchung fester Beträge oder prozentualer Anteile vom Girokonto auf ein Sparkonto mit 10-jähriger Sperrfrist ist ebenso möglich, wie die zwangsweise Abbuchung einer Sondersteuer oder die regelmäßige Absenkung der Nominalwerte durch den bereits bekannten Negativzins.

Das Guthaben auf dem Bankkonto lässt sich halt nicht wasserdicht verpackt im Garten unter dem Apfelbaum vergraben. Wer darüber verfügen will ist (auch heute schon, auch wenn das nur auffällt, wenn die USA wieder einmal die Konten von Ausländern „einfrieren“ lassen) vom guten Willen der kontoführenden Institute und diverser staatlicher Akteure abhängig.

 

Warum?

Irgendwann zwischen 1970 und 1980 war der Punkt erreicht, von dem aus in der westlich-kapitalistischen Welt die Rendite realwirtschaftlicher Investitionen immer öfter und deutlicher hinter der Rendite von „Finanzprodukten“ zurückblieb. Was dazu führte, dass in der Realwirtschaft erzielte Gewinne in die Finanzsphäre abwanderten. Als 2007/2008 die letzte große Finanzkrise ausbrach, wurde sichtbar, dass die von Rating-Agenturen in nicht nur grob fahrlässiger Weise, sondern vorsätzlich bestens eingeschätzten Papiere, um einen faulig stinkenden Kern gewickelt waren, aus dem niemals die erwarteten und ausgeworfenen Renditen kreiert worden sein konnten. Doch die standen hoch auf den Konten der „Sparer“ – und in den Bilanzen der Banken stand ihnen nichts mehr von Wert gegenüber. Statt diese Blase fiktiver Vermögenswerte, denen nie eine realwirtschaftliche Wertschöpfung zugrunde lag, platzen zu lassen, hat man sich für den Schutz und die Bewahrung der Guthaben der Einleger entschieden.

Die Banken, die den Schrott hauptsächlich in den Bilanzen stehen hatten, konnten sich nur davon trennen, weil die schwindenden Aktivposten aus Mitteln der Staaten (Verschuldung!) und der Zentralbanken (Druckerpresse) ersetzt wurden, was am „Schrott-Charakter“ der Aktiva aber nur deshalb etwas änderte, weil das „frische Geld ohne Deckung“ in der Gesamtmenge der Währung versteckt werden konnte, statt nackt und bloß unter der Bezeichnung „staatlich geduldete Deckungslücke“ in den Bilanzen der betroffenen Banken aufzuscheinen.

Die eingetretenen Spekulationsverluste wurden also über die Verwässerung des Geldwertes auf die Allgemeinheit umgelegt. Dies war allerdings nur möglich, weil die Zinsen für die Refinanzierung der Banken so niedrig gesetzt wurden, dass die Liquidität praktisch kostenlos zur Verfügung stand, weil sonst eben doch der Zusammenbruch „systemrelevanter“ Banken zu befürchten gewesen wäre.

Wie der Zauberlehrling, der den unermüdlich wasserholenden Besen nicht mehr unter Kontrolle bekommt, hat die EZB die Kontrolle über die überbordende Zentralgeldmenge verloren. Sie muss – dem eigenen Versprechen folgend – immer weiter nachschießen, verfügt aber über kein Instrument, um den „Segen“, ohne den Erfolg zu gefährden, auch wieder einzusammeln.

Das Experiment „Negativ-Zinsen“ ist im Grunde und von der Zielrichtung her, die Geldmenge wieder einzufangen, bereits gescheitert, doch dies einzugestehen ist niemand bereit.  

Die Währung steht nun am Scheidepunkt.

Entweder lässt man zu, dass sich aus dem Negativzins tatsächlich Konsum-Impulse, aus den Konsum-Impulsen die erwünschte Inflation, daraus aber relativ schnell die Hyper-Inflation entwickelt und nützt diesen phänomenalen Crash, um das Geldsystem wieder einmal neu aufzusetzen,

oder man verschafft sich über ein totales Bargeldverbot die Kontrolle über die Verwendung der Liquidität, indem den Eigentümern die Verfügungsgewalt über ihre Guthaben im erforderlich erscheinenden Maße beschnitten wird, ohne dass man das Kind „Enteignung“ dabei beim Namen nennen müsste.

Letzteres ist wahrscheinlicher, weil sich über das Bargeldverbot auch die Sehnsucht nach totaler Überwachung und Kontrolle der gesamten Bevölkerung noch ein Stück weiter befriedigen lässt.

Was Scholz und Kirchhoff fordern, trägt – ob sie sich dessen bewusst sind, oder nicht – nur dazu bei, die Voraussetzungen für das Bargeldverbot zu schaffen.