Was ist ein Kriegsverbrechen und wie verharmlost man es?

Nun, Kriegsverbrechen gibt es schon immer. Sogar die Bibel berichtet von ziemlich schlimmen Kriegsverbrechen. Doch eine weltweit völkerrechtlich verbindliche Definition des Kriegsverbrechens sucht man bis heute vergebens.

Deutschland hat – musterknabig wie immer – am 26. Juni 2002 ein weltweit geltendes, eigenes Gesetz dazu in Kraft gesetzt, das „Gesetz zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches„. Damit ist auf alle Fälle sichergestellt, dass jeder Soldat der Bundeswehr im Einsatz Bescheid weiß und auch die zivile und militärische Führung der Bundeswehr darüber informiert ist, was nach deutschem Recht als Kriegsverbrechen gilt, also weder angeordnet oder befohlen noch geduldet werden darf, weil sonst der Staatsanwalt Anklage erheben und lebenslange Freiheitsstrafen fordern wird.

Wir Deutschen sind also juristisch auf der sicheren Seite, und das finde ich schön.

Erinnert mich an den Fröbe-Film „Die tollkühnen Männer mit ihren fliegenden Kisten“, darin gab es den Versuch des Obersts Manfred von Holstein, eine dieser Flugmaschinen vom Start weg nur durch intensives Blättern in der „Heeresdienstanweisung zur Bedienung eines Flugzeugs“ in die Luft zu bekommen und wieder zu landen.

Es ist nicht so leicht, mir vom Thema Kriegsverbrechen zu einem Klamaukfilm aus den 60er Jahren des untergegangenen Jahrhunderts zu folgen. Damit will ich weder den Film, noch Kriegsverbrechen aller Art verharmlosen. Nur diese Parallele zwischen dem Fliegen nach Heeresdienstanweisung und dem Kriegführen nach dem deutschen Völkerstrafgesetzbuch, die hat sich mir aufgedrängt.

Schließlich gibt es Nationen auf diesem Planeten, deren reicher Erfahrungsschatz im Führen von Kriegen, sowohl vor Inkrafttreten des deutschen Völkersstrafgesetzbuches als auch danach, nie hätte angesammelt werden können, hätten sie sich an die Vorgaben des deutschen Völkerstrafgesetzbuches gehalten. Dennoch sind die Anklagen wegen Kriegsverbrechen ausgeblieben.

Das hat einen einzigen, sehr, sehr gewichtigen Grund:

Solange die Armee, bzw. der Staat, der sich bei seinen Mitteln und Methoden in Strategie, Taktik und Informationsbeschaffung außerhalbe der Regeln der Haager Landkriegsordnung und der Genfer Konventionen bewegt, nicht besiegt wird, wird das Urteil: „Kriegsverbrechen oder nicht?“, stets nur von diesem Staat und seinen Organen der Rechtspflege gefällt – und meistens fällt es so aus, dass Kriegsverbrechen ausschließlich bei dessen Kriegsgegnern gefunden werden.

Was aber – aufgrund der Machtverhältnisse – kein Kriegsverbrechen ist, schützt jeden, der mit dem richtigen Tenor darüber spricht und seine Meinung kundtut, vor dem Vorwurf der Verharmlosung. Man kann so harmlose Ereignisse wie Dresden und Halberstadt, Hiroshima und Nagasaki, Agent Orange, die Brutkastenlüge und die Massenvernichtungswaffenlüge, das massenhafte Verschießen von DU-Munition, Abu Ghraib und Guantanamo, Belgrad und Bagdad, also Ereignisse, die nur dem Krieg, nicht aber dem Verbrechen dienten, nicht mehr noch weiter verharmlosen. So war es auch im Fall des Oberst Klein, der am 4. September 2009 nahe Kundus 91 Zivilisten durch Bombenabwurf töten ließ. Seine Auffassung, es habe sich um bewaffnete Aufständische gehandelt,  hat sich nicht widerlegen lassen. Das lässt sich nun nicht mehr weiter verharmlosen.

Das Gegenteil ist schlimm!

Wer ganz normale Kriegshandlungen eines nicht besiegten Staates, die noch dazu der Geheimhaltung unterliegen, als Kriegsverbrechen bezeichnet und an die Öffentlichkeit bringt, der braucht ein schnelles Pferd. Julian Assange hatte Pech mit seinem Reittier. Edward Snowden hat es geschafft und ist, als eingebürgerter Russe, jetzt in Sicherheit.

Wenn der Deutsche Bundestag in seiner endlosen Güte und Weisheit nun einfach mal so und ohne Diskussion in der Öffentlichkeit ein Strafrechtserweiterungsgesetz  in ein anderes Gesetz verpackt und zu später Stunde als „Omnibus“ verabschiedet hat, mit dem

das öffentliche Billigen, Leugnen und gröbliche Verharmlosen

von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen

als Volksverhetzung unter Strafe gestellt wird, dann wäre das normalerweise in der Vorauswahl für das Eigentor des Jahres zu finden.

Wäre. Konjunktiv.

Ist nicht.

Problematisch ist es dennoch, denn bisher haben weder die Ukraine, noch die NATO, noch die USA, noch die EU, und auch Deutschland nicht, Russland besiegt. Es ist also noch völlig offen, wem am Ende von wem Kriegsverbrechen zur Last gelegt werden können.

Gewinnt Selenski und wird die Ukraine, wie gerade eben wieder fest versprochen, Mitglied der EU, dann wird es wegen des Verhaltens der Ukraine und ihres Militärs und ihrer Freischärler  in den Jahren seit 2014 gegenüber den Menschen im Donbas sicherlich keinen Kriegsverbrecherprozess geben. Auch keinen wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit. Vollkommen ausgeschlossen.

Und so lange die NATO nicht in Moskau einmarschiert, wird es auch keinen Kriegsverbrecherprozess gegen russische Soldaten  geben.

Sollte Selenski aufgeben müssen, wie auch immer dann eine Nachkriegslösung aussehen mag: Der russische Ankläger wird bestens vorbereitet sein.

Was hat uns der Bundestag also spendiert?

Ich sehe darin ein weiteres Preisschild, das einem weiteren, bisher noch kostenlos nutzbaren Stückchen „Meinungsfreiheit“ umgehängt wurde, um den Glanz des wunderbaren neuen Feindbildes zu erhalten und es vor Erosion durch subversive Kräfte zu schützen.

Die Inflation ist halt nicht aufzuhalten.