Sommerzeit wird bis Ende März verlängert

Die Energiesparwelle, von interessierter Seite losgetreten, mit dem Ziel, trotz aller Widrigkeiten gut über den Winter zu kommen, verwandelt sich allmählich in eine Massenpanik. In der Fülle der Wortmeldungen aus allen Kreisen von Politik, Wirtschaft und Philantropie ist es inzwischen unmöglich geworden, den Wahrheits- und Ernsthaftigkeitsgehalt der Nachrichten zu überprüfen. Es gilt, frei nach Toyota: Nichts ist unmöglich.

So
soll der Chef des Automobilherstellers Audi, Markus Duesmann, gegenüber der Süddeutschen Zeitung orakelt haben, dass es nicht ausreicht, den Sprit zu verteuern, da gäbe es immer noch genug Autofahrende, die das aus der Portokasse bezahlen könnten. Er wünscht sich daher ordnungspolitische Paukenschläge. Ein Tempolimit auf Autobahnen sei schon hilfreich, die Ultima Ratio liege aber einzig in der Verhängung von Fahrverboten, wie in den 70er Jahren, als autofreie Tage geholfen haben, die Kamele der Ölscheichs in die Knie zu zwingen.

 

Aufgestachelt
von dieser Steilvorlage, und um in Wettbewerb um die kühnsten Ideen nicht ins Hintertreffen zu geraten, hat die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen unverzüglich nachgelegt und in einem nächtlichen SMS-Marathon mit den Fraktionsspitzen aller grünen Parteien in den Mitgliedsländern verabredet, dass das bislang für den 30. Oktober 2022 geplante Ende der Sommerzeit auf unbestimmte Zeit, mindestens aber bis zum 15. April 2023 verschoben werde. Das werde nicht nur helfen, die Gasspeicher auf einen neuen Höchststand von 115 bis 120 Prozent zu füllen, man folge damit auch dem Wunsch vieler Bürger, die lästige Uhrenumstellerei zu beenden. Auf Nachfrage der bei der Verkündung anwesenden Journalisten bekundete Frau von der Leyen, dass der mit den EU-Grünen geführte SMS-Wechsel von ihr leider inzwischen versehentlich gelöscht worden sei. „Es ist aber auch nicht so einfach, die Symbole für Speichern und Löschen zu unterscheiden“, erklärte sie entschuldigend und eilte zur nächsten Sitzung.

„Wenn
schon immer noch bis 19 Grad Celsius geheizt werden dürfen soll“, so Patrick Graichen zur BILD, „dann verstehe ich nicht, warum es überhaupt noch warmes Wasser braucht.“ Er habe mehrfach bei seinem Ressortchef Habeck gefordert, jegliches Wassererwärmen bis auf Weiteres unter Strafe zu stellen, sei damit aber bisher nicht durchgedrungen, weil Robert Habeck, der ja nicht einmal mehr dazu kommt, in Ruhe zu frühstücken, geschweige denn länger als drei Minuten kalt zu duschen, ihm sein Ohr in dieser Angelegenheit bisher noch nicht geliehen habe. In Staatssekretärskreisen sei jedoch inzwischen eine Beschlussvorlage erarbeitet worden, die Unternehmen mit mehr als 30 Mitarbeitern und Wohnungsvermietern mit mehr als 7 Wohneinheiten bei Androhung einer Geldbuße von bis zu 250 Millionen Euro gebietet, alle Anlagen zur Warmwasserbereitung durch geeignetes Fachpersonal mit sofortiger Wirkung ab Verabschiedung, funktionsunfähig zu machen. Dies gelte nicht nur für die zentrale Warmwasserbereitung als Funktion der Zentralheizung, sondern auch für sämtliche dezentrale Einrichtungen zur Warmwasserbereitung,  wie z.B. Wasser- oder Eierkochern, Durchlauferhitzern, Boilern aller Arten und Größenordnungen, Kaffeemaschinen, Waschmaschinen, Spülmaschinen, Elektro- und Gasherden, Mikrowellen- und Grillgeräten, die Mietern, bzw. Mitarbeitern zur Nutzung zur Verfügung gestellt werden. 

Für Unternehmen mit weniger als 30 Mitarbeitern und Vermietern mit weniger als 7 Wohneinheiten wird eine Freiwilligkeitsprämie von 1.001 Euro pro funktionsunfähig gemachter Wassererwärmungsvorrichtung zugesagt. Diese Prämie soll nach einer Übergangszeit auch den Eingentümern von selbstgenutzten Einfamilienhäusern gewährt werden, falls festgestellt werden konnte, dass sich die Maßnahme entweder bewährt, oder eben nicht bewährt habe.

Die Beantragung erfolgt unbürokratisch durch Hochladen eines aussagekräftigen Fotos der Funktionsunterbindung auf den Server des Ministeriums für Klimawirtschaft. Bei vorübergehender Überlastung des Servers sei Geduld ein guter Ratgeber.

 

Mit
kühlem Kopf hat Christian Lindner, allen anderslautenden Gerüchten zum Trotz immer noch FDP-Mitglied, jeglicher Energieverschwendung einen massiven fiskalpolitischen Riegel vorgeschoben. „Alle künftig geplanten Wummse des Kanzlers und seiner Parteigenossen, selbst wenn sie vom Koalitionsausschuss einstimmig gebilligt worden sein sollten, werden einer haushaltspoltischen Sparmaßnahme dergestalt unterworfen, dass der Finanzminister  jeweils nur die Hälfte des geforderten Millilardenbetrages bewilligen wird“, sagte Lindner im Gespräch mit dem Elsendorfer Observer. „Schließlich ist jede Staatsausgabe, wofür auch immer, auf die eine oder andere Weise stets mit Energieverbrauch verbunden, und das ist das, was wir im Angesicht der Krise am wenigsten brauchen können“, führt er zur Begründnung noch aus. Eine Rückfrage im Kanzleramt ergab nichts Gegenteiliges, so dass wir diese Neuigkeit ohne Bedenken weitergeben können. Auch die Parteispitze der Grünen ist mit der Regelung einverstanden. Im vertraulichen Gespräch gab man jedoch zu, dass mit dem Kanzler längst abgesprochen sei, dass der kommende Dreifach-Wumms dadurch nicht gefährdet sei. Man werde einfach den Finanzbedarf für einen Sechsfach-Wumms anmelden. Dann gleicht sich das alles wieder aus, wie in der Bilanz des ehrbaren Kaufmannes.


Dann
gibt es da noch die umstrittene „Weltwoche“ des Roger Köppel, stets bemüht, Feuer in die Wogen des Öls zu gießen, die sich aus den Tälern und Niederungen der Eidgenossenschaft heraus darüber echauffiert, dass kein einziges Medium darüber berichtet.

Da fragt man sich doch unwillkürlich: „Was gehen Roger Köppel die deutschen Medien an?“ Hätte er nicht genug damit zu tun, sich der Berichterstattung der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) zu widmen? Nein. Ein Nestbeschmutzer will er nicht sein, und wenn er das zu Ende denken würde, müsste er auch einsehen, dass die deutschen Medien sich aus dem selben Grunde in der Berichterstattung über manche Vorgänge im Lande der Dichterfürsten und Denkerkommandeure eher bedeckt halten. Zumal es ja um nichts geht. Um eine Petitesse, einen Vogelschiss, der sich noch nicht einmal in der Realität, sondern nur in einer fragwürdig zustande gekommenen Umfrage gezeigt haben soll. Ausgerechnet in Baden-Württemberg, wo  der Herr mit dem Heizungsthermostatverstelltrick immer noch das uneingeschränkte Vertrauen seiner Wähler genießt, soll eine Umfrage ergeben haben, dass die SPD – ausgerechnet die SPD! – ihren dritten Platz in der Wählergunst verloren haben soll. Ein dritter Platz, den verliert man leichten Herzens, da fließen ja sowieso keine Sponsorengelder mehr, da lassen sich auch keine Werbeeinnahmen mehr generieren, selbst wenn man den Namen des Werbepartners in großen Lettern auf dem Brett vor dem Kopf bei jedem Fernsehauftritt mit sich herumtrüge, weil es ja praktisch keine Fernsehauftritte mehr gibt.

Nein. Als guter Deutscher werde auch ich mich weigern, Ihnen brühwarm mitzuteilen, was Roger Köppel da ausgegraben hat. Sollten Sie des Googelns nicht mächtig sein: Hier ist der Link, von dem ich mich jedoch distanziere.


Noch ein letztes Energiesparthema:

Karl
Lauterbach, der  – wer wüsste das nicht – Bundesgesundheitsminister, hat dazu aufgerufen, den Stromverbrauch der TV-Geräte in den heimischen Wohnzimmern zu reduzieren, indem die Lautstärke der Gerätelautsprecher auf das absolute Minimum knapp über dem Wert null abgesenkt wird. Damit ließe sich der Stromverbrauch, je nach Gerät und Audioequipment, um bis zu 25 Watt senken, was, bei 40 Millionen Haushalten und täglich sechs bis zwölf Stunden Fernsehempfang pro Jahr bis zu 300 Gigawattstunden Strom einsparen würde.

Es müsse aber niemand deswegen auf den Ton beim Fernsehen verzichten. Ein Hörgerät, das nahezu unsichtbar getragen werden kann, und das mit erheblichen Zuschüssen der gesetzlichen Krankenkasse in den meisten Fällen für den Patienten kostenlos bleibt, sei mit ganz minimalem Batteriestromverbrauch zu betreiben und liefere einen kristallklaren Ton, der allen Ansprüchen gerecht wird.

Dem Vernehmen nach soll  das Ministerium bereits 80 Millionen dieser Hörgeräte bei einem chinesischen Premiumhersteller geordert haben, die eigentlich ab Weihnachten 2022 an alle Haushalte verteilt werden sollten. Bedenken des Innenministeriums wegen möglicherweise in diesen Hörgeräten verbauter Spionagesoftware, die aus den Hörgeräten Horchgeräte machen könne, zwangen Karl Lauterbach jedoch zur Stornierung dieses Auftrags. Da im nicht geschwärzten Teil des Kaufvertrags keine Rücktrittsklausel zu finden ist, wird der Kaufpreis wegen unzulässiger Verweigerung der Annahme dennoch fällig. Es soll sich aber nur um um einen Betrag zwischen 40 und 50 Milliarden Euro handeln, also deutlich unterhalb der Wumms-Grenze bleiben, ab der die Aufmerksamkeit der Medien überhaupt noch geweckt werden kann.

Hinweis:

Sollten Sie es nicht bemerkt haben, was angesichts der Irrungen und Wirrungen unserer Zeit durchaus verständlich wäre:

Nur eine (1) Meldung aus dieser Zusammenstellung beruht auf verbürgten Tataschen.

Der Rest ist der verzweifelte Versuch, den Entwicklungen der Realität mit satirischen Mitteln ein letztes Mal um ein paar Tage zuvorzukommen.