Seit gestern Abend, 18.00 Uhr, warte ich darauf, dass irgendjemand mitteilt, was bei der Teilwiederholung der Bundestagswahl in Berlin herausgekommen ist.
Kein Wunder! Die Wiederholung der Bundestagswahl in Berlin hat am 12.02.2023 gar nicht stattgefunden. Da hatte ich das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts, die Bundestagswahl dürfe in den vom Bundestag festgelegten 431 (von 2.300) Berliner Urnen-Wahlkreisen und einigen Hundert Briefwahlkreisen durchgeführt werden, aber richtig falsch verstanden, nämlich so, dass der Termin schon auf den 12. Februar festgelegt war und nur noch die Entscheidung der Richter in den roten Roben fehlte.
Es war gar nicht einfach, festzustellen, dass für die Wiederholung der Bundestagswahl in den wenigen Wahlkreisen, die dazu aufgerufen sind, noch gar kein Termin feststeht. Es erinnert mich an den sattsam bekannten Ärger mit den innerhalb von sechs Wochen drei mal hintereinander aufgerissenen und wieder neu gepflasterten Bürgersteigen, weil sich einfach niemand für die Koordination der Arbeiten unterschiedlicher Gewerke an der gleichen Baustelle zuständig fühlt.
Es ist in meinen Augen schon sehr, sehr bedenklich, dass die Berliner Pannenwahl, bei der Bundestag und Abgeordnetenhaus und Bezirksverordnetenversammlungen am gleichen Tag gewählt wurden, wegen eben dieser Pannen für das Abgeordnetenhaus vollständig, für den Bundestag aber nur in etwa jedem fünften Wahlkreis wiederholt werden soll. Dass nun für diese Mini-Wahl noch einmal ein extra Wahlsonntag ausgewählt wird, das ist schon mehr als nur bedenklich.
Ziemlich sicher ist nämlich, dass die Wahlbeteiligung, die gestern festgestellt wurde, bei gleichzeitiger Wiederholung der Bundestagswahl für beide Wahlen nahezu identisch gewesen wäre. Dass diese sowieso schon niedrige Wahlbeteiligung bei der punktuellen Wahlwiederholung irgendwann, vielleicht in den Pfingstferien, ebenfalls erreicht werden wird, halte ich für ausgeschlossen. Für wahrscheinlich halte ich, dass die potentiellen SPD-, CDU-, FDP- und Grün-Wähler dem Ausgang dieser Wahl kaum eine Bedeutung beimessen werden, und von daher den Urnen und den Briefkästen fernbleiben. Nur die LINKE wird trommeln, was das Zeug hält, und dieses Kalkül dürfte dann auch aufgehen.
Wichtig ist diese Wahlwiederholung für die LINKE nämlich, weil sie mit weniger als 5% der Zweitstimmen – nur wegen ihrer drei Direktmandate – mit einer Fraktion aus 39 Mitgliedern in den Bundestag einziehen konnte. Diese Direktmandate gewannen im September 2021 Gregor Gisy in Berlin Treptow-Köpenick, Gesine Lötsch in Berlin Lichtenberg und Sören Pellmann in Leipzig. Sollte bei der Wahlwiederholung auch nur eines der beiden Berliner Direktmandate verloren gehen sein, käme es zu einem gewaltigen Stühlerücken im Bundestag.
Es kommt mir jedoch so vor, dass der Bundestag bei seinem Beschluss die Wahl nur in wenigen Wahllokalen in Berlin wiederholen zu lassen, alles getan hat, um die dadurch womöglich erforderliche Änderung der Sitzverteilung zu vermeiden. Ganz nach dem Merkel-Motto: Nun sind wir halt mal da, warum sollten wir uns auf ein Risiko einlassen?
Wer es wissen will, wo genau noch einmal gewählt wird, hier die betroffenen Bezirke mit den betroffenen Wahlkreisen:
- Reinickendorf: 48 Urnenwahlkreise und 36 Briefwahlkreise wählen neu
- Pankow: 175 Urnenwahlkreise und 81 Briefwahlkreise wählen neu
- Mitte: 33 Urnenwahlkreise und 14 Briefwahlkreise wählen neu
- Charlottenburg-Wilmersdorf: 77 Urnenwahlkreise und 58 Briefwahlkreise wählen neu
- Steglitz-Zehlendorf: 15 Urnenwahlkreise und 15 Briefwahlkreise wählen neu
- Friedrichshain-Kreuzberg: 33 Urnenwahlkreise und 32 Briefwahlkreise wählen neu
- Spandau: 3 Urnenwahlkreise und 9 Briefwahlkreise wählen neu
- Tempelhof-Schöneberg: 12 Urnenwahlkreise und 6 Briefwahlkreise wählen neu
- Neukölln: 16 Urnenwahlkreise und 10 Briefwahlkreise wählen neu
- Treptow-Köpenick: 4 Urnenwahlkreise und 2 Briefwahlkreise wählen neu
- Marzahn-Hellersdorf: 9 Urnenwahlkreise und 5 Briefwahlkreise wählen neu
- Lichtenberg: 6 Urnenwahlkreise und 3 Briefwahlkreise wählen neu