Berliner Enteignungspläne

In Berlin läuft ein Volksbegehren zur Enteignung von Wohnungen im Besitz großer Wohnungs-Vermietungs-Gesellschaften.

Die Linke ist dafür. Die Grünen lassen ebenfalls Zustimmung erkennen. Die grüne Spitzenfachkraft in Berlin,  Bettina Jarasch, hat verkündet, selbst mit „ja“ zu stimmen und wirbt damit um Unterschriften.

Ich habe mich gefragt, welche Folgen das für den Berliner Mietmarkt haben wird und angefangen, zu rechnen.

Mein Ergebnis:

Selbst bei entschädigungsloser Enteignung, also ohne dass irgendwelche Kapitalkosten anfallen, müsste der Senat die Wohnungen für rund 11,00 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter anbieten, wenn der Wohnungsbestand nicht schrumpfen soll. Um einen jährlichen Zubau von 1.500 Wohneinheiten aus den Mieteinnahmen zu ermöglichen, müsste eine Kaltmiete von 13 Euro gefordert werden.

Wer hilft mir, dieses absurd erscheinende und von den Initiatoren sicherlich nicht erwartete Ergebnis zu widerlegen?

Welche meiner Annahmen und Schätzungen ist falsch?

Hier meine Überlegungen und Berechnungen:

Die Frage von Entschädigungen der bisherigen Eigentümer bleibt außen vor. Damit erübrigt sich die Frage nach der Finanzierung der Entschädigung sowie die Frage, ob Berlin  die Mieten überhaupt senken könnte, wenn Zins und Tilgung getragen werden müssten.

 

Ausgangspunkt:

  • entschädigungslose Enteignung von 300.000 Wohnungen
  • in 600 Objekten
  • mit insgesamt 18 Millionen Quadratmetern Wohnfläche.
  • Die durchschnittliche monatliche Kaltmiete habe bisher 13,00 Euro pro Quadratmeter  betragen.

Für die enteigneten Wohnungsgesellschaften bedeutete das jährliche Mieteinnahmen in Höhe von rund 2,8 Milliarden Euro. Daraus lässt sich ein Ertragswert von rund 75 Milliarden Euro ermitteln, was auch dem aktuellen Verkehrswert von rund 4.200 Euro pro m² entspricht.

Nachdem die Wohnungen des Berliner Senats allerdings dafür sorgen sollen, dass Mieten in Berlin wieder bezahlbar werden, sollen die Wohnungen ab sofort für nur 6,50 Euro pro m² vermietet werden. Das bringt jährlich immer noch 1,4 Milliarden ein.

Für den Senat fallen dabei jährlich folgende Kosten an:

Etwa 300
festangestellte Hausmeister    
13.500.000
dafür Material/Geräte etc.   1.800.000
Etwa 2.000 Angestellte in der Verwaltung   150.000.000
Raum- Energie- Kommunikationskosten 14.400.000
Instandhaltung/Modernisierung       70.000.000
Unvorhergesehenes      300.000
Summe           250.000.000

     

Es bleiben dem Senat also jährlich 1,15 Milliarden übrig.

Davon könnten beim derzeitigen Stand der Grundstücks- und Baukosten jährlich rund 3.000 Wohnungen neu erstellt werden.

Allerdings fallen auch laufend Wohnungen aus der Bewirtschaftung heraus, weil die Gebäude ihre technische Nutzungsdauer erreichen. Geht man von einer Nutzungsdauer von 100 Jahren aus und unterstellt, dass die enteigneten Wohnungen aus den unterschiedlichsten Baujahren eine durchschnittliche Restnutzungsdauer von 65 Jahren aufweisen, dann dürften jährlich ca. 4.500 Wohnungen aus dem Bestand herausfallen, in manchem Jahr mehr, in manchem weniger.

Erste Erkenntnis:

Bei einer Halbierung der Durchschnittsmieten reicht der erzielte Überschuss nicht aus, den Wohnungsbestand wenigstens konstant zu halten.

Die Folgen sind einigermaßen übersichtlich: Niemand, der eine billige Senatswohnung hat, wird diese freiwillig aufgeben. Die ganze Enteignung diente nur dazu, die Mieter exakt dieser Wohnungen gegenüber allen anderen Mietern und Mietinteressenten in Berlin zu privilegieren. Ob sich dies mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes vereinbaren lässt, darf bezweifelt werden.

 

Wohnungsbestand erhalten

Nach der bisher angestellten Rechnung müssten in Berlin jährlich mindestens 4.500 Wohnungen neu gebaut werden, um den Bestand zu erhalten. Dies würde insgesamt p.a. 1,72 Milliarden Euro kosten (1,15 + 0,57 ). Die Mieteinnahmen müssten auf 1,97 Milliarden Euro gesteigert werden. Das bedeutet die durchschnittliche Quadratmetermiete muss auf 10,95 Euro angehoben werden.

Damit entsteht immer noch kein einziger zusätzlicher Quadratmeter Wohnfläche, die Misere auf dem Berliner Wohnungsmarkt besteht fort. Immer noch sind es lediglich die ursprünglichen Mieter der enteigneten Wohnungen, die profitieren.

Für private Vermieter besteht kein Anreiz, die Mieten zu senken, denn die Nachfrage nach Wohnungen ist unverändert hoch. Die Senatswohnungen kommen überhaupt nicht auf den Wohnungsmarkt und spielen im Marktgeschehen von Angebot und Nachfrage nicht die geringste Rolle.

 

Wohnungsangebot erhöhen

Damit die von den Initiatoren des Volksbegehrens erwartete Entspannung des Wohnungsmarktes in Berlin erreicht wird, ist es unumgänglich für eine gewisse Zeit mehr Wohnungen in den Markt zu werfen als aus Altersgründen abgerissen werden müssen.

Falls also der Senatsbestand jährlich um nur 1.500 Wohneinheiten wachsen sollte, liegt der Finanzierungsbedarf bei 2,54 Milliarden Euro (1,97 + 0,57). Die Mieteinnahmen müssten auf 2,79 Milliarden Euro gesteigert werden. Die durchschnittliche Miete pro Quadratmeter läge dann bei 12,92 Euro.

Damit kann der Senat den privaten Wohnungsvermieter nicht mehr spürbar unterbieten.

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