Zulieferer als Indikator für das Siechtum der Automobilbranche

Das Brutto-Inlandsprodukt wird nur um 5,8 Prozent sinken, heißt es regierungsamtlich aus Berlin. Vorher hatte man 6,3 Prozent geschätzt.

Die Arbeitslosigkeit sei gegenüber dem Vomonat nur um 45.000 Personen angestiegen. Rein saisonal bedingt – hat nichts mit Corona zu tun. Immerhin sind es trotzdem 636.000 Arbeitslose mehr als Ende August letzten Jahres. Dazu gibt es noch rund 5 Millionen Kurzarbeiter. Ob die wohl auch saisonal bedingt sind? Und von den ALG II – Empfängern ist da auch noch gar nicht die Rede.

Das sind doch lauter Mut machende Erkenntnisse – oder?

Heute hat der – nach Bosch – weltweit größte Automobilzulieferer, Continental, angekündigt, dass er seine Belegschaft weltweit um 30.000 Mitarbeiter kürzen will.

Doch interessanter als diese jüngste Zahl, ist die Entwicklung, die dahin geführt hat.

Am 25. September 2019 – also zu einem Zeitpunkt, als von Corona noch lange nicht die Rede war – kündigte Continental an, weltweit 15.000 Stellen streichen zu wollen, davon ein Drittel, also 5.000 in Deutschland.

Knapp vier Wochen später, am 22. Oktober 2019, immer noch kein Corona-Virus in Sicht – musste sich Continental korrigieren. Statt 5.000 Jobs würden in Deutschland nun doch 7.000 verloren gehen.

Jetzt kommt Corona dazu. Am 10. Juni 2020 verlautete aus Hannover, dass über den bisher angekündigten Personal-Abbau hinaus, dringend „einige hundert Millionen“ eingespart werden müssten. Ich habe das seinerzeit in Stellen umgerechnet und den Anteil deutscher Arbeitnehmer am Stellenabbau auf weitere 2.000 geschätzt.

Heute, am 1. September 2020 ist man sich bei Continental klar darüber geworden, wie man die etlichen hundert Millionen einsparen will. Nämlich mit dem Abbau von 30.000 Stellen weltweit, davon 13.000 in Deutschland.

Unter diese Geschichte muss man schreiben:

„Die Hoffnung stirbt zuletzt.“

Wikipedia weiß über Continental unter anderem, dass dort im letzten Jahr noch 240.000 Menschen Arbeit fanden. 30.000 weniger bedeutet folglich, dass jeder achte Arbeitsplatz gestrichen wird.

Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass sich dieses Verhältnis auf die weltweite Automobilindustrie ziemlich direkt hochrechnen lassen sollte. Der Weltmarkt für Automobile wurde Mitte des Jahres für 2020 noch mit 2,75 Billionen Dollar geschätzt. Ich gehe davon aus, dass dieser Wert um etwa 300 bis 400 Milliarden unterschritten werden wird.

Wenn es nur Continental wäre – und man davon ausgehen könnte, dass sich andere Hersteller die Marktanteile geschnappt haben …

Was sich alleine seit Juni 2020 bei den Automobilzulieferern bewegt hat, soll hier kurz angerissen werden:

Schaeffler, Herzogenaurach 1900
Harman, Ulm 70
Aumann, Hennigsdorf 65
Ifa, Haldersleben 100
SPN, Nördlingen 40
Norma, Maintal 340
Mapal, Aalen 380
Nemak, Dillingen 250
Bosch, Bietigheim 290
Kamax, Homberg 350
DGH, Hof 300
SEG Automotive, Hildesheim 750
Weber, Bernau 40
Hutchinson, Aachen 231
Harman, Straubing 600
Voith, Heidenheim 600
Mapal, Pforzheim 101
JD Norman, Kindel/Witzenhausen 600
Fuyao, Leingarten 60
Becker Stahl-Service, Bönen 50
KSM Castings, Hildesheim 900
BBS, Schiltach 120
Adient, Rockenhausen 320
Rehau Automotive, Rehau 960
Odelo, Geislingen 150
GSA, Aalen 40
BBS, Schiltach 525
Adient, Burscheid 370
Reich, Mellrichstadt 100
Bosch, Bühl 800
Paragon, Neu-Ulm 50
HP Pelzer, Neutraubling 90
Alu Rheinfelden 30
Bosch, pauschale Arbeitszeit- und Entgeltkürzung ~ 3000
Eberspächer, Schwäbisch-Gmünd 130
Hartmann, Alsfeld 21
Hella, Lippstadt 900
Flabeck, Furth im Wald 44
Webasto, Hengersberg 230
Mann+Hummel, Ludwigsburg 400
Dürr, Stuttgart 450
W&L Deutsche Technoplast 60
Minda, Pirna 300
Auto-Kabel, Hausen 70
Eisenmann, Böblingen 650
Hella, Lippstadt 400
Segula, Rüsselsheim 300
Autoliv, Elmshorn 270
Wafa, Augsburg 200
Neapco, Düren 100
ISRI, Lemgo 450
Eaton, Nordhausen 250

Und da ist der Maschinen- und Anlagenbau noch gar nicht berücksichtigt, der zu einem erheblichen Teil ebenfalls an der Automobilindustrie hängt.

Insgesamt steht meine Statistik über die Arbeitsplatzvernichtung in Deutschland am 347. Tag der Aufzeichnungen bei 917.000 Stellen deren Abbau angekündigt, bzw. bereits vollzogen, bzw. durch Insolvenzverfahren zu erwarten ist.