BASICs (2)

PaD 46 /2023 – Hier auch als PDF-verfügbar: Pad 46 2023 Basics Kapazität und Leistung

BASICs (2)

Basics, Grundlagen, teils Axiome, die als selbstverständliche Wahrheiten nie hinterfragt zu werden brauchen, sind der feste Grund, auf dem menschliche Gesellschaften gedeihen.

Manche erschließen sich sogar dem halbwachen Geist von selbst, andere müssen grundsätzlich im Prozess von Erziehung und Sozialisation erfahren und eingeübt werden.

Da fast überall auf der Welt – mit unterschiedlichem Erfolg – der Versuch unternommen wird, die gemeinschaftserhaltenden Basics zu dekonstruieren, kann es im Wirrwarr der Meinungen und Ideologien sinnvoll sein, diese Basics einmal gesondert vorzustellen und dabei festzuhalten, welchen Nutzen sie mit sich bringen und welche Folgen durch ihren Verlust ausgelöst wurden, bzw. noch werden.

 

Kapazität und Leistung

Ganz vereinfacht kann man sagen:

Die Kapazität gibt an, was möglich ist,

die Leistung zeigt, was möglich gemacht wurde/wird.

Nun wird der Begriff der Kapazität in den unterschiedlichsten Bereichen verwendet. Angefangen von der Kapazität der elektrischen Ladung eines Kondensators zieht sich der Einsatzbereich des Begriffs über die Kapazität einer Fahrradfabrik bis hin zu jener Kapazität, die einen Experten bezeichnet, der sein Fachgebiet in der Tiefe und Breite beherrscht wie kaum ein anderer.

Hier soll im Weiteren nur jene Kapazität betrachtet werden, aus deren Nutzung eine produktive Leistung abgerufen werden kann, wie sie zum Beispiel in der  Anzahl von Fahrrädern ausgedrückt werden kann,  auf deren Jahres-Produktion die  Fahrradfabrik ausgelegt worden ist.

Allerdings ist die Tatsache, dass da eine Jahreskapazität für die Produktion von 100.000 Fahrrädern existiert, noch lange keine Gewähr dafür, dass diese Leistung auch erbracht wird.

Dazu braucht es keinen Streik der Fahrradarbeitergewerkschaft, keine Unterbrechung in den Lieferketten oder sonst eine Störung. Es ist viel einfacher. Es ist die schwer vorhersagbare Entwicklung des für die Leistungserbringung wichtigsten Einflussfaktors, nämlich die Entwicklung der Nachfrage.

Kurze Definition:

Nachfrage ist jene Teilmenge des Bedarfs, der die notwendige Kaufkraft zur Verfügung steht.

In einer funktionierenden Marktwirtschaft folgt die Leistung grundsätzlich der Nachfrage. Dass diese durch geschicktes Marketing auch erst geschaffen werden kann, entkräftet diese Aussage nicht.

In zentralistischen Planwirtschaften und in von Monopolen gestörten Märkten wird diese Abhängigkeit nicht berücksichtigt. Nachfrage und Leistung werden per Plan und auf geduldigem Papier auf Jahre hinaus vorausberechnet und in Deckung gebracht. Für den Konsumenten heißt das in beiden Fällen: „Friss Vogel, oder stirb!“

Zurück zur Nachfrage und von da aus direkt zur Kaufkraft, die aus dem Bedarf erst wirklich Nachfrage werden lässt, die dann wiederum zum Abruf der Leistung führt so dass die vorgehaltene Kapazität sinnvoll genutzt werden kann.

Die Kaufkraft der großen Mehrheit der Konsumenten wird durch Lohnarbeit und selbständige Arbeit generiert. Auch der Staat, der ebenfalls als Konsument auftritt, bezieht seine Kaufkraft zum ganz überwiegenden Teil über die Besteuerung von Löhnen und Gehältern, also aus der produktiven Leistung der arbeitenden Bevölkerung. Die Rolle des Staates in Bezug auf die Kaufkraft ist sowohl die Rolle des Nachfragenden als auch die Rolle des Umverteilenden.

Um an dieser Stelle nicht auf einen Nebenschauplatz zu geraten, soll unterstellt werden, dass der Umgang des Staates mit der ihm zufließenden Kaufkraft stets tadellos ist und sie im volkswirtschaftlichen Sinn stets optimal eingesetzt wird.

Unter dieser Bedingung lässt sich, wieder grob vereinfacht sagen: Hier dreht sich ein Karussell:

Leistung – Lohn/Steuern – Kaufkraft – Nachfrage – Leistung – usw.

Am Anfang steht der Wunsch nach einem Fahrrad. Dafür backen die Bäcker Brot, die Brauer brauen Bier, die Polizisten jagen Verbrecher, die Installateure installieren, und dann haben sie die Kaufkraft, die bei der Fahrradfabrik zur Nachfrage wird, und die Arbeiter der Fahrradfabrik essen Brot, trinken Bier, leben dank der Polizei in Sicherheit in ihren Wohnungen, in denen die Installateure Wasser und Strom installiert haben.

Es klingt wie ein Märchen, und bis auf einige kleine Schönheitsfehler spielt sich dieses Märchen tagtäglich vor unseren Augen ab, ohne dass wir es noch wahrnehmen, weil jeder in  seinem engen Erlebnisraum nur für sich alleine seinen Vorteil sucht.

Nüchtern betrachtet hängt die Schönheit dieses Traumes an zwei Kriterien, nämlich der Bereitstellung der Kapazitäten und der Leistungsbereitschaft der Menschen, die in diesem Traum leben.

Es gilt:

Je größer die Leistung aller,
desto größer der mögliche Wohlstand.

Werden keine Fahrräder gekauft, wird auch weniger Brot und Bier gekauft werden können. Es wird weniger Polizisten geben und niemand will mehr Installateur sein, weil es zwar Lohn, aber keine Fahrräder gibt.

(„Fahrräder“ steht hier für alles, was es nicht gibt, und damit den Lohn entwertet und folglich die Leistungsbereitschaft senkt. Denken Sie an den alten Ossi-Witz: „Nee, keene Tabeden hamm wa heude nich, dafür hamm wa aba prima keen Kleister.“ )

Im ganz großen Bild der Volkswirtschaft verschwinden die einzelnen Produkte und Dienstleistungen hinter endlosen Kolonnen nackter Zahlen. Das Märchen verschwindet, die Realität hält Einzug, und unterscheidet unter den Erwerbsfähigen zwischen Untätigen und Tätigen, und innerhalb der Tätigen zwischen sinnvoll-produktiv und unsinnig-unproduktiv Tätigen.

Das Verhältnis von sinnvoll produktiv Tätigen zu Untätigen und unsinnig unproduktiv Tätigen  entspricht dem Verhältnis von Kapazität zu Leistung und zeigt zudem den Grad der Umverteilung auf. Mit dem Grad der Umverteilung zeigt sich, wieviel vom Ertrag der Leistung der sinnvoll produktiv Tätigen bei diesen verbleibt, und wieviel sie davon abgeben müssen, um alle anderen mit zu versorgen.

Damit wird der Knackpunkt erkennbar, der mit diesem Aufsatz sichtbar gemacht werden soll:

Ganz unabhängig vom Mechanisierungs- und Automatisierungsgrad der innerhalb einer Volkswirtschaft herrscht, bestimmt der Anteil der produktiv Erwerbstätigen an der Gesamtbevölkerung das Maß der Realisierung des in der jeweiligen Gesellschaft möglichen Lebensstandards.

Das lässt sich beispielhaft nur sichtbar machen, wenn die Komplexität des arbeitsteiligen Wirtschaftens weitgehend ausgeblendet wird, wie im folgenden „Brotesser-Beispiel“.

Ausgangssituation

Nehmen wir eine kleine Kommune mit tausend Einwohnern, die von nichts anderem leben als von Brot. Zu Beginn der Entwicklung verfügt jeder Einwohner über ein kleines Stück Land, auf dem jeder für sich Roggen und Weizen anbaut. Jeder hat eine seinem Bedarf entsprechende Getreidemühle und einen Backofen, der  mit Holz beheizt wird, das in den umliegenden Wäldern gesammelt wird. So schafft sich jeder seinen Lebensunterhalt selbst. Es gibt weder Tausch, noch Handel.

Einführung der Altersrente

Nach einigen Jahren sind 100 der tausend Einwohner zu alt und gebrechlich geworden, um noch selbst für ihr Brot sorgen zu können, aber noch nicht tot.

Der Ortsvorsteher beschließt, dass die 900, die noch selbst Brot backen, von dem Brot, das sie aus ihren Öfen ziehen, den neunten Teil an die Rentner abzugeben haben. Das allerdings müsse gerecht zugehen. Also gründete der Ortsvorsteher eine kleine Behörde mit zehn Beschäftigten, die für die gerechte Brotverteilung sorgen sollten. Diese stellten zunächst so genannte Brotbezugsscheine aus. Jeder Rentner  erhielt einen, mit dem er sich sein Brot  bei der gemeindlichen Sammelstelle abholen konnte, und diejenigen, die das Brot lieferten, erhielten  ebenfalls Brotbezugsscheine für genau die Menge Brot, die sie an der Sammelstelle ablieferten.

Der Ortsvorsteher erklärte das so: Zuerst sind die Brotbezugsscheine für die Rentner umsonst. Das geht nicht anders. Aber wenn die einmal weggestorben sein werden und die jetzt noch Arbeitenden nicht mehr können, dann können diese mit den von ihnen gesammelte Bezugsscheinen selbst Brot von der Sammelstelle abholen, die dann von der Sammelstelle wieder weitergegeben werden können, an  diejenigen, die dann arbeiten und Brot liefern, und so weiter, und so weiter. Das gibt einen richtig schönen Kreislauf und den nennen wir Generationenvertrag, da  kann überhaupt nichts schiefgehen.

Gut so, dachte die arbeitende Bevölkerung. Wir arbeiten jetzt halt ein bisschen mehr, also 11 Stunden, statt 10 Stunden pro Tag, und müssen uns nie mehr Sorgen machen, wovon wir im Alter satt werden.

Absenkung des Renteneintrittsalters

Die Sache mit der Mehrarbeit schien anfangs kein Problem zu sein, doch mit der Zeit merkten die Arbeitenden, dass die zusätzliche Anstrengung doch ganz schön auf die Knochen ging und verlangten vom Ortsvorsteher,  dass jeder ab dem sechzigsten Lebensjahr automatisch vom Brotproduzenten zum Brotempfänger gemacht werden müsse, sonst würden sie, also diejenigen, von denen alles abhängt,  nicht zögern einen neuen Ortsvorsteher zu wählen, der bereit sei, auf ihre Forderungen einzugehen.

Da knickte  der Ortsvorsteher schnell ein, vergrößerte die Verteilungsbehörde von 10 auf 25 Köpfe, damit das mit den Bezugsscheinen auch weiterhin gerecht zugehen könne, und sagte allen, die noch mehr Arbeit auf sich zukommen sahen, sie sollten  nicht murren, sondern sich freuen, denn schließlich hätten sie, wenn sie erst einmal sechzig Jahre alt geworden sein würden, ja auch etwas davon.

Danach sah die Situation so aus: Von tausend Einwohnern erhielten 200  ihre Brotversorgung wegen Erreichen der Altersgrenze über Bezugsscheine, 25 Mitarbeiter der Gerechtigkeitsbehörde, die keine Zeit mehr hatten selbst Brot herzustellen, wurden ebenfalls mit Bezugsscheinen versorgt und 775 Bürger hatten das Brot für tausend hungrige Mäuler herzustellen.

Sicherlich, auf den Feldern wuchs immer noch genau die Menge Getreide, die  für die Ernährung von tausend Menschen ausreichte, daran hatte sich ja nichts geändert. Auch die Mühlen reichten weiterhin aus, um das Korn zu mahlen und die Backöfen hatten immer noch die Kapazität für den Brotbedarf von 1.000 Menschen.

Aber es waren eben nur noch 775 Menschen zugange, die dies alles bewerkstelligen sollten, und da reichten die elf Stunden Arbeit pro Tag, an die man sich mit Murren gewöhnt hatte, längst nicht mehr aus, auch 12 Stunden reichten nicht mehr. Deshalb wurden zwar immer noch tausend Brote pro Tag gebacken, aber die wurden unmerklich ein bisschen kleiner. Statt 750 Gramm wogen die nur noch 700 Gramm. So war die Versorgung der Bevölkerung mit zwölf Stunden Tagesarbeitszeit gesichert, und länger  würde niemand arbeiten. Niemals.

Wir sind eine reiche Gemeinde, fasste  es der Ortsvorsteher bei der Jahreshauptversammlung zusammen. Die Arbeit von 775 fleißigen Bürgern ernährt alle Tausend. Das  ist doch prima,  das stärkt den Zusammenhalt, das stärkt die Generationengerechtigkeit, und dass die Brote ein bisschen leichter geworden sind, ist doch unser aller Gesundheit zuträglich. Adipositas, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind auf dem Rückzug. Das lasst uns feiern!

Ungünstige Wanderungsbilanz

Die meisten Einwohner des Dorfes freuten sich und wollten nie einen anderen als Ortsvorsteher wählen, als den, der sie so sicher in die Zukunft führte. Die ganz Schlauen aber dachten sich: „Was ist denn das für ein Zustand. Mit zehn Stunden Arbeit hatte ich früher 750 Gramm Brot für mich. Jetzt arbeite ich täglich zwölf Stunden und habe nur noch 700 Gramm – so geht das nicht weiter. 75 der 775 packten ihr Bündel und zogen hinaus in die Welt, dahin, wo sich ihre Leistung wieder lohnen würde.

Gleichzeitig wurde eine Nachbargemeinde durch eine fürchterliche Feuersbrunst bis auf die Grundmauern vollständig zerstört. Die Menschen dort flüchteten in alle Himmelsrichtungen und 200 davon standen schließlich auf dem Marktplatz unserer Gemeinde und baten um Aufnahme.

Der Ortsvorsteher meinte: „Wir haben Platz, kommt und seid uns willkommen. Wo Tausend satt werden, werden 1.200 auch satt. Fürs Erste bekommt ihr eure Brotbezugsscheine, damit ihr nicht länger Hunger leiden müsst, dann werden wir sehen, ob wir euch zum Brotbacken anlernen können.“ Die Gerechtigkeitsbehörde wurde von 25 auf 50 Beamte aufgestockt und schleunigst wurden neue Bezugsscheine ausgestellt.

Nüchtern betrachtet befanden sich nun 1.125 Einwohner in der Gemeinde, die versorgt werden mussten. Ihnen standen 700 backkundige Fachkräfte gegenüber, deren Felder, Mühlen und Backöfen für die Versorgung von 1.000 Menschen ausgelegt waren.

Doch auch bei Beibehaltung der Tagesarbeitszeit von 12 Stunden schafften es diese 700 gerade noch, den Bedarf von 840 Menschen zu decken. Bei den Geflüchteten stellte sich bald  heraus, dass sie sich mit dem Brotbacken nicht anfreunden konnten. Zuhause hatten sie sich ausschließlich von Obst und Gemüse ernährt. Das Brot schmeckte ihnen zwar nach einer kurzen Gewöhnungszeit auch, aber selber backen? Nein. Das, das war ja so kompliziert und anstrengend,  das konnte man von ihnen nicht verlangen.

„In der Stunde der Not müssen wir zusammenrücken und den Gürtel enger schnallen“, tönte der Ortsvorsteher.

Das Amt für Gerechtigkeit hatte ausgerechnet, dass jedem Einwohner nun täglich garantiert 500 Gramm Brot zugeteilt werden könnten. Dass damit auch  die von den Arbeitenden gesammelten Brotbezugsscheine nur noch zwei Drittel ihres ursprünglichen Wertes hatten, wurde nicht gesondert thematisiert.

Außerdem sei es nun höchste Zeit, den Trend der Demografie in die Zukunftsplanung einzubeziehen, weil doch absehbar sei, dass in den nächsten Jahren weiterhin immer weniger Menschen die Ernährung von immer mehr Menschen sichern müssten. Also solle nun ein Ausgleichs- und Katastrophen-Fonds angelegt werden. Um den mit ausreichend Brotreserven zu bestücken, würden die Brotbezugsscheine fortan nur noch auf 400 Gramm täglich ausgestellt. Die übrigen 100 Gramm werde man in geeigneten Kellern einlagern und jeweils kurz vor Ende der Haltbarkeit wieder ausgeben und durch frisch gebackene Brote ersetzen. An den Bezugsscheinen selbst müsse nichts geändert werden, denn die lauten schließlich schon immer auf 1 Laib Brot täglich und begründen somit keinen Anspruch auf ein bestimmtes Gewicht. 

 

An dieser Stelle soll die beispielhafte Erzählung abgebrochen und mit der Analyse begonnen werden.

 

Ausgangssituation:

Die Wirtschaft der Gemeinde befindet sich im Gleichgewicht. Kapazität und Leistung entsprechen dem Bedarf. Dieser Bedarf wird durch die eigene Leistung der Selbstversorger gedeckt. Das Konstrukt „Kaufkraft“, das Bedarf erst zur Nachfrage werden lässt, wird hier noch vollständig durch die Eigenleistung der Selbstversorger ersetzt. Allen geht es gut. Nur wer alt  ist, und nicht mehr arbeiten kann, muss sterben.

Einführung der Altersrente

Da bis zu diesem Zeitpunkt keine Ersparnisse gebildet worden waren, von denen die Alten hätten zehren können, wurde mit Ausgabe der Bezugsscheine ein Schuldverhältnis geschaffen. Die Gemeinde (nicht die Alten!) verschuldete sich bei den Jungen. Die Rückzahlung dieser Schulden sollte dann erfolgen, bzw. beginnen, wenn die die Arbeitenden zu Rentnern werden.

Dass die ursprünglich eingegangene Verschuldung dadurch um keinen Laib Brot sinken konnte,  sondern lediglich nach Erreichen eines eingeschwungenen Zustands keine Neuverschuldung mehr erforderlich sein würde, hatte vorsichtshalber niemand bemerken wollen.

Weil der schuldenfinanzierten Nachfrage von 1000 Brotessern (Bedarf + Kaufkraft aus Bezugsscheinen) aber nur noch das Leistungsvermögen von 900 Bäckern gegenüberstand, musste von den Arbeitenden  die notwendige Mehrleistung eingefordert werden.

Kapazität, Produktion und Bedarf blieben weiterhin ausgewogen. Es konnten alle ernährt werden. Sogar die Arbeitsleistung blieb in Summe unverändert, sie verteilte sich nur auf weniger Köpfe, was aber über die arbeitsfreie Zeit im Rentenbezug kompensiert werden sollte.

Immer noch ein gutes Modell, das aber davon abhängig ist, dass sich die demografischen Verhältnisse nicht verändern.

Absenkung des Renteneintrittsalters

Da es keinen Produktivitätsfortschritt gegeben hatte, musste die Leistungserbringung auf noch weniger Köpfe verteilt  werden, deren Arbeitsbelastung daher bis zum möglichen Maximum gewachsen ist. Da dies nicht ausreichte, um die immer noch unveränderte Nachfrage zu decken, befand  sich mit den Bezugsscheinen mehr Kaufkraft im Umlauf als durch die Produktion noch gedeckt werden konnte, weil die Kapazitätsgrenze des Produktivitätsfaktors „menschliche Arbeit“ überschritten worden war.

Die Folge war Inflation. Die Bezugsscheine verloren an Wert, statt 750 Gramm gab es nur noch 700 Gramm. Das betraf aber nicht nur die aktuell im Umlauf befindlichen Bezugsscheine, sondern auch die angesparten Bezugsscheine der Rentner. Gleichzeitig ging die Auslastung der Kapazitäten von Feldern, Mühlen und  Backöfen zurück, und zwar von 100 auf 93,3  Prozent.

Hier bestätigt sich die eingangs gemachte Feststellung:

Die Leistung folgt der Nachfrage.

Denn die Nachfrage ist der durch Kaufkraft gedeckte Teil des Bedarfes. Kaufkraft, die durch Lohn für Leistung entsteht, verändert sich jedoch in Abhängigkeit von der Leistung. Wenn die Ressourcen – hier die menschliche Arbeitskraft – nicht mehr ausreichen, um die ursprüngliche Leistung zu erbringen, reichen auch Löhne und die Kaufkraft nicht mehr aus, um den ursprünglichen Konsum zu finanzieren. Die Erhöhung von Renten und Löhnen, die zur Auflösung dieses Problems immer wieder vorgeschlagen werden, ändern daran aber nichts, außer dass die notwendigerweise dafür einzugehende Verschuldung wächst.

Ungünstige Wanderungsbilanz

Es ist egal, ob Menschen abwandern, um anderswo unter günstigeren Bedingungen zu arbeiten, ob Menschen immer früher in Rente gehen, oder ob Zuwanderung in die Sozialsysteme von externen Gemeinschaften erfolgt: Der Effekt ist abzulesen am Verhältnis zwischen ausschöpfbarer Kapazität und zu befriedigendem Bedarf.

Mit dem Verlust von Fachkräften, ob durch Abwanderung oder durch Verrentung mindert sich die Auslastung der Kapazitäten. Dies kann durch Mehrarbeit der noch Beschäftigten bis zu einem gewissen Grad kompensiert werden, doch wenn dieser Punkt überschritten ist, treten Versorgungsengpässe auf. Desgleichen führt die Zunahme der Bedarfsträger immer dann zu Versorgungsengpässen, wenn die Auslastung der Kapazitäten nicht mehr gesteigert werden kann oder die Ausweitung der Kapazitäten nicht möglich ist.

 

Die hier geschilderten Gesetzmäßigkeiten gelten durchweg für alle Gesellschaften.

Ihre Wirkung sind in Gesellschaften auf niedrigen Entwicklungsstufen sehr viel schneller und kräftiger zu spüren als in hochentwickelten Gesellschaften mit hoher Produktivität. Bei Letzteren können weit mehr Produktivitätsreserven mobilisiert und die negativen Effekte damit abgepuffert werden. Allerdings ist auch die so genannte „Nachfrage-Elastizität“ der Kapazität begrenzt.

Werden die Grenzen der Dehnbarkeit überschritten, kommt es zum Abriss, zum Absturz, bis auf einem niedrigeren Wohlstandsniveau ein neues Gleichgewicht gefunden werden kann.

Zum Abschluss dieses Kapitels der Basics, auf denen unser Zusammenleben, unser Wohlstand und unsere Wirtschaft beruhen, muss noch jene Perversion beschrieben werden, die sich innerhalb des an und für sich sinnvollen Strebens nach Wachstum verbirgt.

Wertevernichtung zur Bedarfssteigerung und Kaufkraftumlenkung

Dass Bedarf alleine in einem funktionierenden Markt nichts bewirkt, wenn der Bedarf nicht mit Kaufkraft hinterlegt ist, wurde bereits herausgearbeitet. Allerdings wurde im Brotbäckerbeispiel aufgezeigt, dass Kaufkraft auch durch Verschuldung in den Markt gebracht werden kann. Neu ist der Versuch, Kaufkraft – ob nun originär durch Leistung oder virtuell durch Verschuldung erzeugt – von bestimmten Marktsegmenten oder Branchen abzuziehen und auf andere umzulenken, dadurch, dass bestimmte langlebige Wirtschaftsgüter vorzeitig aus der Nutzung ausgeschlossen und durch andere ersetzt werden sollen.

Dieses Phänomen, das insbesondere in Volkswirtschaften mit hoher Produktivität auftritt, ist eng verbunden mit dem Begriff der „Marktsättigung“.

Marktsättigung bedeutet zum Beispiel, dass die Infrastruktur der Elektrizitätsversorgung, ist sie einmal errichtet, gegenüber dem ursprünglichen Herstellungsaufwand nur noch einen geringen Aufwand für Unterhalt, Ersatz und eventuell erforderlich werdende Erweiterungen benötigt.

Die dadurch frei werdenden Kapazitäten können dann genutzt werden, um eine Flugzeugproduktion für den Weltmarkt zu errichten. Auch Flugzeuge sind relativ langlebig  und irgendwann ist der Weltmarkt gesättigt. Vom Flugzeugbau zum Bau von Raketen und Satelliten ist es kein weiter Weg, aber wenn dann ein Elon Musk daherkommt und den Markt abräumt, wenn die Solarzellenproduktion von den Chinesen übernommen wird, die sowieso schon auf vielen anderen Gebieten dazu beigetragen haben, dass die im Binnenmarkt existierenden Kapazitäten nicht mehr ausgelastet werden können, dann – so meinen bestimmte Kreise mit Einfluss auf den Ortsvorsteher  die Regierung, muss etwas geschehen.

Im großen Stil haben wird das erstmals erlebt, als der Staat sich verschuldet hat, um Abwrackprämien für erst neun Jahre alte, aber immer noch gute und funktionstüchtig im Einsatz befindliche Automobile auszuwerfen. Das  hat viele Konsumenten bewegt, einen Restwert von einigen tausend Euro in die Schrottpresse zu schicken und sich einen vom Staat mit einigen tausend Euro subventionierten Neuwagen anzuschaffen. Es wurden also in erheblichem Umfang Steuermittel verschwendet, um die Kapazitäten der Automobilindustrie auszulasten und die Beschäftigung der Automobilarbeiter zu sichern.

Da die Leistung der Automobilarbeiter aber mit der per Abwrackprämie vorzeitig vernichteten Leistung der gleichen Automobilarbeiter in der Vergangenheit verrechnet werden muss, blieb der reale Zuwachs an Automobilen deutlich hinter der dafür aufgewendeten Leistung zurück. Den dafür gezahlten Löhnen und Gehältern, sowie den Gewinnen der Automobilindustrie  stand unter dem Strich kein Zuwachs an „Wert“ gegenüber. Es war alles eine große, schuldenfinanzierte Luftnummer, bei der sich die Inflation bei den Gebrauchtwagenpreisen ebenso bemerkbar machte, wie bei den Neuwagenpreisen, die – vorsichtig ausgedrückt – der vom Staat in den Markt gedrückten Kaufkraft angepasst werden konnten.

Hier noch eine kurze Erläuterung zum Begriff „Arbeitsplatz“.

Der Arbeitsplatz ist nicht dazu da, um Arbeitern Einkommen zu verschaffen.

Das ist nur ein kaum vermeidbarer Nebeneffekt. Der Arbeitsplatz ist dazu da, um aus der Differenz zwischen den Kosten, einschließlich Lohn, und dem Verkaufspreis der Produkte die Kapitalrendite zu sichern. Arbeitsplätze werden geschaffen, wenn sich damit der Gewinn steigern lässt, sie werden abgebaut, wenn sie nichts mehr zum Gewinn beitragen. Insofern spricht man auch im Öffentlichen Dienst nicht von Arbeitsplätzen, sondern von Stellen, deren Lohn nicht aus der Wertschöpfung dieser Stellen entnommen werden kann, sondern aus Zwangsabgaben oder Neuverschuldung finanziert werden muss.

Allerdings nimmt sich die damals gezahlte Abwrackprämie gegenüber den Schuldentöpfen, mit denen die Zerstörung der bewährten, gut funktionierenden Infrastruktur der Energieversorgung subventioniert und die Belastung von Wirtschaft und Konsumenten durch explodierende Energiepreise auf ein gerade noch erträgliches Maß reduziert werden muss, geradezu wie ein harmloses Kinderspiel aus.

Heute geht es um Billionenwerte, die zerschlagen werden.

Atomkraftwerke, Kohlekraftwerke, Automobile mit Verbrennungsmotor, Stahlwerke, Aluminiumhütten, Zement- und Ziegelwerke, Zig-Millionen von Heizungen, und vieles mehr müssen fallen, um Windmühlen, Solarparks, neue Leitungstrassen, Stromspeicher, Wasserstoff-Elektrolyseure, ein Wasserstoff-Tank- und Leitungssystem zu installieren, von dem niemand zu sagen weiß, ob und wie das ganze System zuverlässig zusammenspielen und die preiswerte Energieversorgung der gesamten Volkswirtschaft gewährleisten soll.

Ist der Markt einmal weitgehend gesättigt, sind die Kapazitäten immer noch da. Zum Teil auch nur in Form von Kapital, das eine realwirtschaftliche Anlage sucht, weil die Blasen in den Kasinos der Finanzwirtschaft derart beängstigende Ausmaße angenommen haben, dass gut beraten ist, wer sich daraus verabschiedet.

Diese Kapazitäten müssen ausgelastet werden, wenn sie eine Rendite abwerfen sollen. Für die Auslastung braucht es die Nachfrage, die vom Staat mit Steuergeldern angeheizt und mit Gesetzen und Verboten gelenkt werden muss.

Es sind die Kapazitäten der Maschinen- und Anlagenbauer, der Metall-, Elektro- und Chemie-Industrie, deren Leistung in Richtung Dekarbonisierung hochgefahren wird, um Renditen zu erwirtschaften, die sich im gesättigten Markt ohne den Akt der Zerstörung des Bestehenden niemals hätten erzielen lassen.

Die Leistung, die dafür erbracht wird, bringt keinen Nutzen, verbessert nicht die Verfügbarkeit von Energie, wirkt sich nicht positiv auf die Energiekosten aus. Es sind Billionen, die verbrannt werden, um an Ende schlechter dazustehen als vorher. Da nämlich der zur Verfügung gestellten, schuldenfinanzierten Kaufkraft kein Nutzen gegenübersteht, wird sie einzig und alleine die Inflation weiter antreiben.

Lassen Sie mich noch eine besinnliche Vater-Sohn-Geschichte erzählen.

Vor fünfzehn Jahren hat Vater Christian das gesamte Familieneinkommen aufgewendet, um das hübsche Eigenheim zu bauen, in dem er seit zwei Jahren mit Mutter Carla alleine lebt.

Neulich war Sohn Jens bei seinen Eltern zu Besuch und erfuhr von folgendem Plan:

„Wir sind ja jetzt zu zweit alleine in diesem Haus. Das ist zwar ganz schön, der viele Platz, aber eben auch ziemlich teuer. Ich will ein neues, kleineres Haus bauen. Mit der Bank habe ich schon gesprochen. Mit dem alten Haus als Sicherheit bekomme ich einen neuen Kredit. Der  reicht allerdings nicht, um die Baukosten des neuen Hauses ganz zu finanzieren. Da dachte ich mir, Du, Jens, der Du sowieso einmal alles erben wirst, könntest mir vielleicht mit einem kleinen Darlehen aushelfen. Ich denke an so ungefähr Hundert- bis Hundertfünfzigtausend.“

„Und wo soll das neue Haus gebaut werden?“, fragt Jens.

„Gar kein Problem. Das kommt genau dahin, wo jetzt das Alte steht. Da spare ich mir schon einmal die Kosten für das Grundstück.“

„Du willst das Haus also abreißen lassen?“

„Na klar. Das steht ja sonst im Weg, verstopft mir sozusagen den Baugrund. Außerdem habe ich mich schon erkundigt. Deine Mutter und ich werden während der Bauzeit in ein Hotel ziehen. Da bekomme ich Sonderkonditionen, wenn wir das Zimmer für 9 bis 12 Monate fest anmieten. 70 Euro pro Nacht im Doppelzimmer, mit Frühstück. Ein Schnäppchen! Dafür reicht mein Gehalt, und wenn wir wieder in den eigenen vier Wänden wohnen, kann ich mit den 2000 Euro die Zinsen für den Kredit auch aufbringen. Es muss allerdings schnell gehen. Die Hypothek für 4,5 % ist wahrscheinlich schon nächste Woche nicht mehr im Angebot. Also, hast Du die 150.000 Euro flüssig, die mir noch fehlen?“

Sie dürfen die Geschichte zu Ende erzählen. Was wird  Jens seinem Vater wohl antworten?

 

Und was antworten wir unserem Vater Staat, der mit dem Abriss unseres Erbes schon begonnen hat und sich das auch noch von uns bezahlen lässt?

Die Ursache ist übrigens in jenem Prozess zu suchen, der als Globalisierung bezeichnet wird.
In diesem Prozess hat sich Deutschland so positioniert, dass an kapitalintensiven Arbeitsplätzen, mit relativ wenig menschlicher Arbeit so viele Exportgüter erzeugt werden konnten, dass mit den – aufgrund der hohen Qualität erzielbaren Preisen – nicht nur die Kaufkraft der Produktiven, sondern auch der nicht Produktiven und der unsinnig Unproduktiven weitgehend erhalten bleiben konnte, weil es zugleich möglich war, in großen Mengen Konsumgüter aus  Entwicklungs- und Schwellenländern zu sagenhaft niedrigen Preisen zu importieren, mit denen die deutschen Konsumenten immer größere Teile ihres Bedarfs aus den eigentlich zu niedrigen, also nicht leistungadäquaten Löhnen befriedigen konnten.

Der großartige deutsche Export, teilfinanziert durch billige Importe, hat aber in Deutschland ganze Branchen aussterben lassen und damit die Zahl der Arbeitslosen, also der unfreiwillig Unproduktiven massiv ansteigen lassen. Die gesamte Unterhaltugselektronik wird importiert, die gesamte Textilindustrie findet außerhalb Deutschlands statt, aller Kleinscheiß, der sich in Haushalten so ansammelt, von der Porzellantasse bis zur Weihnachtsdeko, kommt aus dem Ausland, und das ist nur ein ganz kurzer Anriss der Betätigungsfelder, die es in Deutschland nur noch als Restbestände in besonderen Nischen zu besichtigen gibt.

Wir haben, um es nüchtern zu sagen, im Zuge der Globalisierung durch unser Importverhalten mehr (eher geringe Qualifikation erfordernde) Arbeitsplätze exportiert als wir hochwertige Arbeitsplätze durch unser Exportverhalten importieren konnten. Dies hat zu den beklagenswerte Schieflagen in unseren Sozialsystemen geführt. Aber nicht nur dazu. Auch die Sitution auf dem Wohnungsmarkt ist der Tatsache geschuldet, dass das heimische Bauhandwerk nicht mit den niedrigen Löhnen, den minimalen Sozialabgaben, den niedrigen Umwelt- und Arbeitsschutzstandards kalkulieren kann, wie die Hersteller von Konsumartikeln in China. Von daher ist bei uns das Bauen im Verhältnis zu den übrigen Lebenshaltungskosten sündhaft teuer und von den auf die Preise von Billig-Importen abgestellten Löhnen und Gehältern immer weniger bezahlbar.

Es gab Zeiten in Deutschland, und ich meine hier die Zeit vom Ende der 50er bis zum Anfang der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts, als die Wertschöpfung für den Binnenbedarf fast vollständig in Deutschland erbracht wurde. Das war die Zeit der Vollbeschäftigung, es war die Zeit, als Bund, Länder, Kommunen und Konsumenten Geld übrig hatten, um in Autobahnen, Straßen, Schulen, Hallenbäder, Rathäuser und nicht zuletzt Eigenheime zu investieren, weil sich ein vernünftiges Verhältnis zwischen Löhnen und Preisen herausgebildet hatte, und deswegen, wegen dieses vernünftigen Verhältnisses, das Leistungsvermögen der Volkswirtschaft nahezu vollständig ausgeschöpft werden konnte.

Das Verhängisvolle der immer noch herrschenden wirtschaftspolitischen Weichenstellungen besteht darin, dass einerseits die Kaufkraft über die ganze Breite der Bevölkerung durch Preissteigerung, Steuer- und Abgabenerhöhungen und fragwürdige gesetzliche Vorschriften reduziert, bzw. umgelenkt wird, was sich direkt auf die Nachfrage auswirkt. Weil die Leistungserstellung aber, wie eingangs dargestellt, grundsätzlich der Nachfrage folgt, wandern nicht nur viele Industriebetriebe, allen voran die Automobilindustrie, ins Ausland ab, es wird dadurch gleichzeitig die nicht zu unterschätzende Abwanderung von Fachkräften ausgelöst, die hier keinen interessanten Arbeitsplatz zu vernünftigen Konditionen mehr  finden können.

Zu glauben, Zuwanderung sei das Patentrezept, um Nachfrage zu schaffen und die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen, weil die Leute schließlich Wohnungen und Möbel brauchen, weil sie ernährt, bekleidet, und ärztlich betreut werden müssen, der sitzt einem fundamentalen Irrtum auf.

Zuwanderung bringt uns per Saldo deutlich mehr Bedarf als  Nachfrage.

Weil der Staat aber glaubt, diese Differenz durch Transferleistungen ausgleichen zu müssen, ändert sich an der insgesamt verfügbaren Kaufkraft  und an der Nachfage nichts, sie wird nur anders verteilt, was nur so geht, dass sie den Produktiven weggenommen werden muss, um sie den Nichtproduktiven zuweisen zu können.

Der Rückweg wird übrigens sehr viel schwieriger. Es war schön, ohne größeren Widerstand wie die Seifenkistenfahrer mit immer weiter wachsender Geschwindigkeit hinunter zu brettern, aber es wird schwer und mühsam, mitsamt der Seifenkiste den Gipfel wieder erreichen zu wollen.

 

Die dritte Folge der BASICs reift inzwischen heran. Arbeitstitel: Sexualität und Arterhalt