PaD 31 /2020 – Hier auch als PDF verfügbar: PaD 31 2020 Merkel, Maas und Habeck
Als Albrecht Dürer 1513 seinen Kupferstich „Ritter, Tod und Teufel“ vollendete, der zumeist so gedeutet wird, dass der Ritter, im Tal des Todes unterwegs, den Tod an seiner Seite, den Teufel im Gefolge, geradewegs in den Tod reitet, konnte er von den Entwicklungen der Geschichte bis in unsere Tage nichts wissen. Sein Bild zeigt allerdings allegorisch einen menschlichen Charakterzug, wie er hundert Jahre später von Miguel de Cervantes in dessen Roman, Don Quixote de la Mancha, noch einmal grotesk überzeichnet dargestellt wurde.
Es ist die Unfähigkeit zur Selbsterkenntnis, die zur Hybris wird, sobald ihr nur ein bisschen Macht zuwächst.
So ist Dürers Ritter überzeugt, er selbst sei der Herr seines Schicksals. Er vertraut auf seine Kraft, seinen Mut, sein kriegerisches Geschick. Natürlich weiß er, dass er in jedem Kampf sein Leben aufs Spiel setzt, doch seinen letzten Kampf sieht er erst in ferner Zukunft. Dass er, vom hinter ihm reitenden Teufel angefeuert, auf eine Übermacht von Feinden zustrebt und dem Tod direkt in die Arme getrieben wird, liegt außerhalb seines Vorstellungsvermögens und seiner Wahrnehmungsfähigkeit.
Es ist ein Bild, das auf eine grauenhafte Weise an Deutschlands Gegenwart erinnert.
Verblendet vom Forbes Magazin, wo man sich offenbar einen Spaß daraus macht, Angela Merkel alle Jahre wieder zur mächtigsten Frau der Welt zu küren, reitet Frau Bundeskanzler ganz nach dem Motto: „Viel Feind, viel Ehr!“, durch die Abgründe der Außenpolitik. Begleitet – und wohl auch inspiriert – vom treuen roten Knappen Maas, hat sie es zu einer wahren Meisterschaft darin gebracht, Freunde zu vergrämen und sich Feinde zu schaffen.
Wer sich noch erinnern kann, dass Deutschland in den Jahren nach dem zweiten Weltkrieg sehr schnell seinen Platz in der Völkergemeinschaft wiedergefunden hat und – außer dem kommunistischen Regime in der Sowjet-Union – keine Feinde kannte, dass nach dem Zusammenbruch mit der Sowjet-Union sogar die Beziehungen zu Russland in kleinen Schritten immer besser wurden, dass die Mitglieder der EWG sich freuten, mit Deutschland auf dem gemeinsamen Dampfer zu schippern, dem sollte Angst und Bange werden, wenn er die heutige Situation betrachtet, in der von den alten Freundschaften so gut wie nichts übrig geblieben ist, während zugleich neue Feindschaften entstanden sind.
Was ist aus der Beziehung zu Polen geworden, die mit Brandts Warschauer Kniefall beste Ansätze für eine Normalisierung zeigte, mit der Anerkennung der Oder-Neiße-Linie gefestigt und mit dem Aufstieg der Solidarnosc-Gewerkschaft und einem Präsidenten Walesa zum guten Verhältnis zweier europäischer Staaten entwickelt werden konnte? Wer hat dafür gesorgt, dass zwischen Polen und Deutschland eine neue Eiszeit ausgebrochen ist? Wer steht hinter den Vertragsverletzungsverfahren der EU gegen Polen? Wer spricht den Polen die Rechtsstaatlichkeit ab? Was geschieht denn in der EU, ohne die deutsche Zustimmung?
Was ist aus der Beziehung zu Ungarn geworden? Jenem Staat, der eine maßgebliche Rolle spielte als das DDR-Regime zur Aufgabe gezwungen wurde? Wer hat die vielen „Ausreisenden“ aufgenommen und ihren Transit in die Bundesrepublik ermöglicht? Waren das nicht die Ungarn? Nun stellen diese Ungarn ihre nationalen Interessen über die Interessen der Merkel’schen Migrationspolitik, befreien sich vom Einfluss der NGOs des Herrn Soros – und schon werden sie von Deutschland auf die Liste der rechtsextremen, autokratisch regierten Staaten gesetzt. Ist das eine freundschaftliche Politik – oder ist das der Versuch, hegemoniale Dominanz zu erringen?
Was ist aus der Beziehung zu Griechenland geworden? Immerhin seit 1991 Mitglied der EWG, dann Gründungsmitglied der Euro-Zone, wurde es Griechenland verwehrt, sich am eigenen Schopf aus der Schuldenmisere zu befreien. Der damalige Ministerpräsident Tsipras und sein kreativ denkender Finanzminister Varoufakis wurden von der EU per Troika gedemütigt und letztlich aus dem Amt gejagt. Wer stand dahinter? Die Griechen haben die Deutschen als die Schuldigen identifiziert – und es fällt schwer, diesem Vorwurf etwas Substantielles entgegen zu setzen. Nun bohrt die Türkei in griechischen Gewässern nach Öl und Gas, droht sogar mit Krieg gegen Griechenland, und was ist in Deutschland in Richtung Türkei zu hören? Wie stehen Deutschland und Griechenland als EU-Mitglieder gemeinsam gegen die Türkei auf den Barrikaden? Gar nicht. Die Griechen beschließen aufzurüsten, um sich selbst verteidigen zu können.
Was ist aus der Beziehung zu Italien geworden? Im Handelsblatt vom 20. April 2020 lässt sich das mit immer noch eher behutsamen Aussagen nachlesen, und das, obwohl nicht mehr der von den Deutschen als „Rechtspopulist“ bezeichnete Salvini regiert, sondern der parteilose Ministerpräsident Giuseppe Conte.
Was ist aus der Beziehung zu Großbritannien geworden? Wer hat Gift und Galle gespuckt, als mit Boris Johnson einer ans Ruder kam, der den verfahrenen Karren der BREXIT-Verhandlungen mit einer unwilligen EU in dem von der EU aufgehäuften Dreck einfach hat stecken lassen und sich daran gemacht hat, sich einen neuen, eigenen Wagen auf festem, nationalem Grund zu bauen? Waren die Deutschen daran unbeteiligt, waren sie nicht letztlich die treibende Kraft?
Was ist aus der Beziehung zu Frankreich geworden? Während die „Deutsch-französische Freundschaft“ in Sonntagsreden hochgehalten wird, kriselt es zwischen Macron und Merkel regelmäßig in relativ kurzen Abständen. Macron schiebt an, Merkel bremst. Manchmal kommt es mir vor wie an der Wippe auf dem Spielplatz. Merkels Gewicht hält Macron mühelos oben, so dass er seine Forderungen weithin hörbar artikulieren kann, aber je länger sie ihn oben hält, desto ungemütlicher wird es für ihn da oben, und wenn er sie dann auffordert, sich doch wenigstens ein bisschen zu bewegen, hopst sie munter von der Wippe und Macron kracht ungebremst nach unten. Ein ungleiches und auch unfaires Spiel.
Von Deutschlands Rolle im ganzen Nahen Osten muss gar nicht geredet werden. Was haben uns die Syrer getan? Was der Iran, was Libyen? Gerne haben wir die Finger überall ein bisschen mit drin, aber wenn es um eine klare Linie geht, ist davon nichts zu erkennen. Wie ist das Verhältnis Deutschlands zur Türkei? Vorsichtiges Taktieren. Nur den Flüchtlingspakt nicht gefährden, nur Erdogan nicht noch mehr in Rage bringen.
Was geht uns Weißrussland an? Welche deutschen Wahlbeobachter können Lukaschenkos Wahlbetrug beweisen? Warum schließen wir uns der Stimmungsmache an, so wie wir uns schon der Stimmungsmache in der Ukraine angeschlossen haben? Mit welchem Recht mischt sich Deutschland in die inneren Angelegenheiten und unterstützt den Versuch, die Regierung zu stürzen, der mit einer neuen Farb-Revolution in vollem Gange ist?
Nun gut, man könnte zu dem Schluss kommen, bei allen bisher aufgezählten Beispielen handele es sich um Staaten, denen es allenfalls mit Hilfe eines Schemels gelingt, auf gleiche Augenhöhe mit Deutschland zu gelangen, Staaten, denen wir in der momentanen Verfassung der Streitkräfte zwar militärisch unterlegen, aber wirtschaftlich überlegen sind und die wir, zum Teil direkt, zum Teil über die EU, in Abhängigkeiten halten. Doch darf nicht vergessen werden, dass Deutschland bei den wirklich großen Spielern auf dem Schachbrett der Weltpolitik längst keine wichtige Rolle mehr spielt – auch, weil Deutschland alles getan hat und weiter tut, um sich unbeliebt zu machen.
Gerade eben hat unser Außenminister das Verhältnis zu China mit anmaßenden Forderungen gegenüber seinem chinesischen Amtskollegen schwer beschädigt. Niemand, der die China-Politik über die letzten zwanzig Jahre aufmerksam verfolgt hat, kann hier von „Kontinuität“ reden. So schlimm das Schicksal der Uiguren in China auch sein mag, so sehr die Falun Gong Anhänger auch unterdrückt werden, wer kein Mittel in der Hand hat, wirksam einzuschreiten, sondern immer noch in hohem Maße sowohl von chinesischen Produkten als auch vom chinesischen Markt abhängig ist, und zudem nicht in der Lage, sich aus dieser Abhängigkeit auch nur mittelfristig zu lösen, sollte seine Anklagen, so er sich deren denn nicht enthalten kann, nicht per weltweiter Lautsprecherdurchsage hinausposaunen.
Die gesamte Regierung – und obendrein der Bundespräsident – machen kein Hehl daraus, dass sie in Bezug auf die USA keinen anderen Wunsch hegen, als dass der von ihnen verachtete Präsident Donald Trump die anstehende Wahl verlieren werde, oder doch zumindest per Wahlfälschungsvorwurf und russischer Einmischung aus dem Weißen Haus vertrieben werden würde. Dieses Verhalten während der bisherigen Amtszeit Trumps übertrifft das provozierende Verhalten gegenüber China bei weitem. Man mag die deutsch-amerikanischen Beziehungen in realistischer Betrachtungsweise nicht als Freundschaft ansehen – aber es waren immerhin einigermaßen stabile, berechenbare und belastbare Beziehungen. Davon ist auf Regierungsebene nichts mehr übrig. Wenn Trump tatsächlich noch einmal Präsident wird, ist der Scherbenhaufen nicht mehr wegzuräumen. Und vom Dank der Clintons für die Nibelungentreue Merkels kann sich hierzulande niemand etwas kaufen.
Das Verhältnis zu Russland ist auch längst wieder auf dem Tiefpunkt angelangt. Wer schreit am lautesten und unermüdlich, Russland habe die Krim annektiert? Wer macht Putin als Person im gleichen Maße nieder, wie auf der anderen Seite Trump niedergemacht wird? Wer baut lieber Feindbilder auf und stellt sich auf die Seite derer, die ihren Präsidenten stürzen wollen? Ein Fass voller Jauche nach dem anderen wird herangekarrt und über Putin ausgekippt, weil der sich einfach weigert, Russland den Oligarchen und ihren ausländischen Freunden zu überlassen – und weil es ihm mit klugen Schachzügen gelungen ist, den Ausbruch des angestrebten, großen Krieges im Nahen Osten zu verhindern.
Merkel, in voller, leider ziemlich rostiger Rüstung, hoch zu Ross von Walstatt zu Walstatt unterwegs, assistiert von Heiko Maas und angetrieben vom Kinderbuchautor Habeck und den Seinen, hat die eigene Burg und das eigene Lehen längst vergessen und verlassen.
Wo die Katze aus dem Haus ist, tanzen die Mäuse frech auf dem Tisch.
In diesen Tagen mussten wir erleben, dass die Hofschreiber das vor fünf Jahren ausgelöste Migrations-Desaster quasi zum Nationalfeiertag „Fünf-Jahre-Wir-schaffen-das“ hochgeschrieben haben. In diesen Tagen mussten wir erleben, dass die Hofschreiber einen „Sturm-auf-den-Reichstag“ erfunden haben und drei Polizisten in den Heldenstatus erhoben wurden, nur um davon abzulenken, dass gleichzeitig einige Zehntausend friedlicher Demonstranten ihre Unzufriedenheit mit der Regierungspolitik zum Ausdruck brachten. In diesen Tagen müssen wir erleben, wie mit unüberbietbarer Infamie jegliche Kritik am Regierungshandeln zur undemokratischen, rechtsextremistischen Hetze erklärt wird. Wir müssen hilflos zusehen, wie der Mangel an bezahlbarem Wohnraum durch die weitere Förderung der Immigration bekämpft wird. Wir können uns nicht dagegen wehren, dass der Mangel an Kaufkraft, dass die Kinder-, die Eltern- und die Altersarmut mit immer weiter steigenden Strompreisen bekämpft werden. Wir stehen staunend vor der Tatsache, dass der in Deutschland nur noch hinkende technologische, soziale und wissenschaftliche Fortschritt mit der Diskriminierung der alten weißen Männer wieder in die Gänge gebracht werden soll. Wir blicken staunend über den Großen Teich und sehen dort, wie Antifa und Black Lives Matter einen Bürgerkrieg entfesseln und stellen entsetzt fest, dass dies (weil es Trump schaden könnte, was die Garantie dafür ist, dass es auch den Nazis hierzulande schaden wird) schon zum Vorbild für die kommende gesellschaftliche Auseinandersetzung in Deutschland hochgejazzt wird.
Der Ritter hat sich auf der ganzen Welt und sogar im eigenen Land so viele Feinde geschaffen, dass ihm, wenn es darauf ankommen sollte, niemand mehr zur Seite stehen wird.
Er weiß es nur noch nicht. Er erkennt nicht, dass er es nur der Langmut derer verdankt, die er vor den Kopf gestoßen hat, dass er immer noch auf dem hohen Rosse sitzt. Alternativlos ist das nicht. Der Tod schaut interessiert auf die fast abgelaufene Sanduhr und der Teufel steht bereit, die Seele ins Fegefeuer zu geleiten.
Hieronymus Bosch – Das Weltgericht – wir sind nahe dran.