Die Idee der Grundrente ist dämlich einfach:
Wer erst einen Niedriglohnsektor geschaffen, die Rentenformel beschnitten und dann die Angst vor der damit zwangsläufig vermehrt auftretenden Altersarmut geschürt hat, kann den Lohn dieser Mühen an der Wahlurne dann einsacken, wenn er verspricht, bei den Ärmsten am Ende wieder eine kleine Schippe draufzulegen. Hossiannah! Kluge, langfristige Strategie, liebe SPD!
Fatal für die Genossen ist nur, dass die von der Grundrente im Koalitionsvertrag erhofften Stimmengewinne eben nicht der SPD, sondern bestenfalls zu gleichen Teilen Union und SPD zugute kommen werden, wenn sie so beschlossen wird, wie verabredet, nämlich unter der Voraussetzung des erfolgreichen Bestehens einer Bedürftigkeitsprüfung.
Um sich gegenüber der Union zu profilieren, kann die SPD gar nicht anders, als irgendwie „etwas draufzusatteln“, was so nicht im Koalitionsvertrag steht, also den unverfälschten Stallgeruch der SPD trägt. Nun wäre es einfach gewesen, und wirkungsvoll, zum Beispiel die Höhe der Grundrente anheben zu wollen. Statt nur 10% über Hartz-IV, z.B. satte 15% Prozent mehr, also 11,5% über Hartz-IV zu fordern, wegen der inzwischen doch eingetretenen Inflation und der unzureichenden Inflationsanpassung der Regelsätze, doch das konnten Klingbeil und Heil nicht wagen, weil die Gefahr, dass die Union diesen Schritt einfach mitgehen würde, viel zu groß gewesen – und das SPD-Pulver dann sinnlos verschossen gewesen wäre.
Also hat man die Axt da angesetzt, wo der Widerstand der Union sicher vorhergesehen werden konnte, nämlich bei der Bedürftigkeitsprüfung.
Man könnte hier natürlich die Frage stellen, ob nicht jemand, der nach 35 Jahren Beitragszahlung – das ist ja immer noch die Bedingung, an der auch die SPD nicht kratzen will – eine Rente erhält, die weniger als 110% des Regelsatzes ausmacht, seine Bedürftigkeit schon dadurch nachgewiesen hat, dass er diese 35 Jahre lang in einem schlecht bezahlten Job malocht hat. Aber diese Frage müssen wir außen vor lassen, denn hier geht es um ein Prinzip.
Dieses Prinzip lautet sinngemäß:
Ein libanesicher Clan-Chef,
der mit dem Maserati beim JobCenter vorfährt,
soll nur so lange Grundsicherung erhalten,
wie das nicht öffentlich bekannt wird.
Natürlich ist dieses Prinzip rassistisch. Es schließt ja die Chefs algerischer oder nigerianischer Clans ebenso aus, wie die Chefs inländischer Familienclans. Also musste doch sehr intensiv sprachlich daran gefeilt werden, und so lautet es jetzt:
Es darf nicht öffentlich bekannt werden,
dass hierzulande jemand Steuergelder erhält,
der gar nicht bedürftig ist.
Dieses Prinzip wird gebrochen, wenn man explizit in ein Gesetz schreibt, und damit öffentlich macht, dass der Staat in einer Vielzahl von Fällen auf die Prüfung der Bedürftigkeit verzichtet.
Dieses Prinzip würde selbst dann gebrochen, da gibt es eben keine Untergrenze (!), wenn die ausgezahlten Gelder zum Aufstocken von Minirenten in allen Einzelfällen unterhalb jener Wertgrenze bleiben sollten, die es an anderer Stelle erlaubt, so genannte „Geringwertige Wirtschaftsgüter“ im Jahr der Anschaffung vollständig abzuschreiben, also steuermindernd als Kosten zu verbuchen.
Dieses Prinzip durch eine entsprechende Regelung bei der Grundrente zu verwässern, könnte ja dazu führen, dass das Vertrauen in seine Gültigkeit auf breiter Front beschädigt würde, so dass unter Umständen auch an anderer Stelle öffentlich werden könnte, wer, außer den begünstigten Grundrentnern, noch – und das seit Jahren und Jahrzehnten – mit Staatsknete versorgt wird, ohne bedürftig zu sein.
Es ist doch so, dass ein Grundrentner, wäre die Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung erst Gesetz, mit seinem Anspruch auf Alimentation zwar nicht der Höhe, wohl aber der Ursache nach, mit Ehrensoldempfängern, ehemaligen Bundestagsabgeordneten, Beamten im Ruhestand, etc., p.p., gleichgestellt wäre, beziehungsweise diese, was peinlicher wäre, dem Grundrentner. In beiden Fällen würde nämlich eine willkürlich festgesetzte Alimentierung ohne ausreichende Berücksichtigung der vorangegangenen Leistung und ohne Prüfung der Bedürftigkeit gewährt.
Wir sollten froh und glücklich sein, dass diese Auswüchse spätrömischer Dekadenz bis jetzt wenigstens von den Mini-Rentnern der gesetzlichen Rentenversicherung ferngehalten werden konnten.
Man kann es kaum anders beurteilen: Die SPD schließt sich mit dieser Forderung selbst aus dem Kreis der demokratischen Parteien aus. Die Union kann gar nicht anders, sie muss dieses Bestreben zum Anlass nehmen, klare Kante zu zeigen und die GroKo aufzukündigen.
Und, falls das noch nicht Ansporn genug ist: Die leidige Grundrentenproblematik, selbst mit Bedürftigkeitsprüfung, wäre damit ebenfalls erst einmal vom Tisch.