Merkel macht Klarschiff

Die Schreibweise von „Klarschiff“ habe ich mir vom Duden besorgt. Die Bedeutung von „Klarschiff“, nämlich „Gefechtsbereitschaft“, war mir nicht ganz fremd, auch wenn ich eine weniger kriegerische Vorstellung von Putz-, Aufräum- und Entsorgungsarbeit damit verbunden habe.

Kaum hat Kramp-Karrenbauer verkündet, nie wieder als Putzfrau im Karneval auftreten zu wollen, schon schnappt sich Angela Merkel den Eimer, den Feudel und den eisernen Besen und bekennt in Wort und Tat: „Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Subalterne!“

Und während Donald Trump ein unversöhnliches Triumphgeheul (Süddeutsche) ertönen lässt und einen Rachefeldzug beginnt, indem er Mitarbeiter aus seiner Nähe entfernt, die im Impeachment-Verfahren gegen ihn ausgesagt haben, tut sie, obwohl man das natürlich nicht vergleichen kann, das Gleiche, und schasst den Ost-Beauftragten der Bundesregierung, der es wagte, dem Wahlsieger einer liberalen, bürgerlichen Partei zum Sieg über eine Phalanx von links zu gratulieren.

Natürlich kann man ihr bei solchem Handeln weder dieses, noch jenes vorhalten, denn, wiewohl es unter Demokraten und Ehrenmännern als – zumindest – „ungewöhnlich“, unter Diplomaten und in Würdigung der „Dame“ vielleicht als „kapriziös“ zu klassifizieren wäre, müssen Hirte und Mohring, sowie ihre vielen weiteren, nicht namentlich genannten, wohl aber auch gemeinten Vasallen doch erkennen:

Auch DAS war und ist alternativlos.

  • Wie aber nennt man einen Machthaber, dessen Handeln alternativlos außerhalb jeglicher Kritik steht, und von ihm, ohne auf Widerstand zu treffen, innerhalb und außerhalb der Legalität durchgesetzt wird?
  • Wie nennt man einen Machthaber, der im Laufe seiner Machtausübung jeden möglichen Konkurrenten um die Macht mit geschickten Winkelzügen aus dem Weg geräumt hat?
  • Wie nennt man einen Machthaber, der die Partei, aus deren Schoß er kam, ihrer Seele und ihrer Grundwerte beraubte und ihre Mitglieder mit Zuckerbrot und Peitsche zwingt, alleine ihm Gehorsam zu erweisen?

Ist das immer noch der aus demokratischen Wahlen hervorgegangene oberste Diener seines Volkes?
Oder muss der Frage nachgegangen werden, ob nicht doch alleine der Geruch der Macht eine spektakuläre Metamorphose ausgelöst hat?

  • Nein. Niemand ist wirklich davor gefeit, auf den Schaumkronen der Wogen der Macht reitend, völlig zu vergessen, zu welchem Zweck, zu wessen Nutzen, diese Macht von wem verliehen wurde.
  • Nein. Niemand ist wirklich davor gefeit, sich selbst für absolut unersetzlich zu halten und beim kleinsten Hauch der Gefahr für die eigene Person oder Position zum Berserker zu weren.
  • Nein. Niemand ist wirklich davor gefeit, sich einem solchen Machthaber als williges Werkzeug anzudienen, vor ihm im Staube zu kriechen und ihm die Füße zu küssen.

Nur da, wo es noch Menschen gibt, die in der Lage sind die Situation zu erkennen und sie richtig zu deuten, und darunter welche, die mutig genug sind, gegen die Willkür anzutreten und die Herrschaft des Rechts wieder herzustellen, besteht noch Hoffnung.

Gaius Julius Cäsar, einer, der wirklich Großes für das Römische Reich geleistet hat, ist dem Dämon jener Macht verfallen, die ihm als Diktator auf Zeit für sechs Monate vom Senat zugesprochen wurde, und hat sich selbst – alternativlos – zum Diktator auf Lebenszeit ernannt.

In den Iden des März vollendete sich sein Schicksal.

Glücklicherweise kann das Ende einer Regentschaft heute, mit den Mitteln des Grundgesetzes vollkommen unblutig herbeigeführt werden.
Das hat bei Willy Brandt (wie von selbst) geklappt, es hat bei Helmut Schmidt funktioniert, es hat sogar bei Helmut Kohl funktioniert.
Ein konstruktives Misstrauensvotum, aus der Werte-Union heraus in Gang gebracht …

 

Georg Friedrich Alexan, *1901, fürwahr ein Kommunist, hat in Paris aus dem Exil heraus seine Pamphlete verfasst. Der Band „Mit uns die Sintflut“ erschien erstmals 1935. Darin habe ich diesen Aphorismus gefunden:

Vernunft wird Unsinn

Dass eine Idee vernünftig ist, scheint in dieser Zeit
schon hinreichend Grund, sie zu sabotieren,
wenn nicht, sie völlig zu ignorieren.

Kaum zu glauben, aber „diese Zeit“ ist entweder noch nicht zu Ende oder auf’s Neue ausgebrochen.