Der Sturz des Eurokurs‘

PaD 36 /2022  – Hier auch als PDF verfügbar: Pad 36 2022 Der Sturz des Eurokurs

Was zwischen Lauterbachs Corona-Tiraden und Baerbocks Wählerverachtung, zwischen Habecks Haschen nach Energie und den Vorbereitungen Faesers zur Bekämpfung zu erwartender anti-regierungs-Demonstrationen vollkommen untergeht, und selbst angesichts einer fast schon zweistelligen Inflationsrate niemanden ernsthaft zu berühren scheint, ist die Krise der so genannten europäischen Gemeinschaftswährung, des Euro.

Dieser Euro  hat an den Devisenmärkten innerhalb eines guten Jahres einen sagenhaften Absturz erlebt. Mitte 2021 erhielt man für einen Euro noch 1,20 Dollar, Anfang September nicht einmal mehr einen ganzen Dollar. Parallel dazu und mit gleicher Heftigkeit ging der DAX in den Keller. Von 15.600 Punkten vor einem Jahr auf deutlich unter 13.000 Punkte in diesen Tagen. Prozentual ein nahezu identischer Abschlag.

Die verheerende Wirkung dieser Entwicklung wird aber erst dann vollständig sichtbar, wenn man die Brille eines ausländischen Anlegers aufsetzt, der vor einem Jahr 1 Million Dollar in 833.000 Euro verwandelt hat und damit Aktien aus dem DAX erworben hat, die er nun für rund 689.000 Euro wieder abgestoßen und dafür beim Rücktausch noch 682.000 Dollar erhalten hat. Ein nominaler Wertverlust von rund 32 Prozent, und unter Berücksichtigung des eingetretenen Kaufkraftverlustes auf beiden Seiten des Atlantiks ist die Million Dollar auf einen realen Gegenwert von rund 620.000 Dollar geschrumpft.

(Natürlich hat der clevere ausländische Anleger sich bereits früher von seiner Anlage in deutschen Aktien verabschiedet und damit zum Kursverfall beigetragen, doch ändert das an der Situation des Euro und des DAX, wie wir sie im Augenblick begutachten können, nicht das Geringste.)

Was ist nun aber los, mit dem Euro?

Die Tatsache, dass der Euro nicht in der Lage ist, dem gerecht zu werden, was man von der  „Währung eines Staates“ erwartet, sondern dass es sich für jeden einzelnen Euro-Staat um eine „Fremdwährung“ handelt, auf deren Entwicklung er keinen Einfluss hat, was ihm folglich unmöglich macht, seine Volkswirtschaft mit den währungspolitischen Instrumenten von Auf- und Abwertung sinnvoll und zweckdienlich zu entwickeln, kann für diesen Absturz nicht verantwortlich gemacht werden, sie bildet nur das seit Bestehen des Euros unvermeidliche Hintergrundrauschen, das Verwerfungen innerhalb der Euro-Zone produziert, die aber nicht stärker auf den Außenwert durchschlagen können als sie es von Anbeginn an tun.

Auch die Politik des billigen und nahezu unbeschränkt verfügbaren Geldes der EZB, welche die vergangenen Jahre geprägt hat und immer noch nicht zu einem Ende gelangt ist, kann nicht so einfach als Ursache ausgerufen werden, denn die EZB hat diese Politik ja nicht alleine betrieben, auch die Notenbank der USA hat in  vergleichbarem Maße Fiat-Money in die Welt gesetzt. Auch die etwas frühere und etwas heftigere Abkehr der FED von der Nullzinspolitik, um der in den USA etwas früher und etwas heftiger einsetzenden Inflation zu begegnen, mag zum Absturz des Euro beigetragen haben, reicht aber zur Begründung nicht aus.

Die Ursache liegt tiefer – und sie steht uns erst noch bevor.

Das klingt paradox, ist es aber nicht, denn „die Märkte“ antizipieren bevorstehende Entwicklungen, sobald sie als wahrscheinlich angenommen werden können und verstärken ihre Reaktion, wenn der Negativ-Trend erkennbar begonnen hat.

Der Auslöser für den bereits eingetretenen Absturz des Euro ist die absehbare und unausweichlich erscheinende Lähmung der Wirtschaftskraft der EU-Staaten, allen voran die deutsche Volkswirtschaft.

Die Ursache ist das Fiat-Money-System. Der Euro ist nicht durch Sachwerte gedeckt. Seinen Wert erhält er aus dem Vertrauen darin, dass die Schuldner, für die das Buchgeld aus dem Nichts geschaffen wurde, in der Lage sein werden, durch wirtschaftliche Aktivitäten, gleich welcher Art, die Mittel zur Tilgung der Schuld zu rechtzeitig zur Fälligkeit zu erwirtschaften.

Die Deckung des Euro besteht also in den zukünftig erst noch zu schaffenden Gegenwerten, also in der  Erwartung der zukünftigen Produktion und der künftig zu erbringenden Dienstleistungen. Insofern gleicht der Euro, wie alle Buchgeldwährungen, dem Prinzip des Wechsels.

Der Wechsel, das Versprechen eine bestimmte Summe Geldes zu einem bestimmten Termin an denjenigen auszuzahlen, der den Wechsel beim Wechselschuldner vorlegt, kann grundsätzlich wie eine Banknote weitergegeben und an Zahlungs statt angenommen werden. Sehr viel deutlicher als beim Bankengeld ist beim Wechsel noch zu erkennen, dass die Bonität des Schuldners eine ausschlaggebende Rolle dabei spielt, ob ein Wechsel angenommen wird und weitergegeben werden kann. Es ist auch offensichtlich, dass derjenige, der sich zur Zahlung verpflichtet, bei Ausstellung des Wechsels kein Geld hat, sondern sich dies erst, mit Hilfe der durch den Wechsel erlangten „Liquidität“, durch wirtschaftliche Maßnahmen, beschaffen will.

Es gab Zeiten, da war der Wechsel das Mittel des Automobilhandels, mit dem der Händler die Neuwagen bezahlte, um nach dem Verkauf der Automobile mit dem dadurch erworbenen Geld den Wechsel einzulösen.

Gäbe es nur Wechsel als Zahlungsmittel, jeder wüsste, wenn er seinen Geldbestand betrachtet, wer seine Schuldner sind, und wann sie zur Zahlung verpflichtet sind.

Das Kreditgeld der Banken anonymisiert das Schuldverhältnis. Der Blick auf den Kontoauszug des Girokontos lässt nicht mehr erahnen, dass hinter jedem Euro Guthaben der gleiche Euro als Schuld eines Kreditnehmers steht. Wir glauben, mit dem Hundert-Euro-Schein einen Wert in Händen zu halten, dabei handelt es sich lediglich um eine Forderung (gegen Unbekannt), wobei die kreditgebende Bank mit ihrem Kapital dafür garantiert, dass diese Forderung durch die Erbringung einer Leistung ihres Kreditnehmers auch eingebracht werden kann.

Eine Volkswirtschaft, wie die unsere, bezieht ihre Liquidität, und damit ihre Fähigkeit, überhaupt wirtschaften und Handel treiben zu können, aus Millionen von Krediten, die an Unternehmen, an den Staat und an private Haushalte ausgereicht wurden und die allesamt zu verabredeten Terminen in der Zukunft getilgt werden müssen. Das Vertrauen darin, dass dies auch geschehen wird, hält den Geldwert stabil.

Ein Blick auf die deutsche Wirtschaft, deren Leistungsfähigkeit immer weniger ausgeschöpft werden kann, weil die dafür erforderliche Energie nicht mehr im ausreichenden Umfang zur Verfügung steht, weil die Lieferketten für Vorprodukte aller Art gestört sind, und weil es versäumt wurde, dem Nachwuchs die notwendige Ausbildung zu vermitteln, damit die für diese Volkswirtschaft notwendigen Fachkräfte in ausreichender Zahl beschäftigt werden können, gibt begründeten Anlass zu der Befürchtung, dass die sinkende Wirtschaftskraft dazu führen wird, dass am Ende der Transaktionsketten das Geld fehlen wird, um die Kredite zu tilgen, und, dass in weiten Bereichen die Bonität der potentiellen Schuldner so weit herabgestuft werden muss, dass neue Kredite nicht mehr im erforderlichen Umfang ausgereicht werden können.

Ohne neue Kredite, ohne die damit geschaffene, frische Liquidität,  kommt die Wirtschaft langsam aber sicher vollständig zum Erliegen, denn das Geld, das in die Tilgung geflossen ist, existiert nicht mehr. Kreditgeld läuft nicht wirklich um. Kreditgeld fluktuiert. Es entsteht im Prozess der Kreditgewährung durch einen einfachen Buchungsvorgang gleichzeitig als Guthaben und als Kreditschuld des Kreditnehmers. Mit der Tilgung sind Guthaben und Schuld wieder aus der Welt, denn es wird nicht nur das dann bestehende Guthaben um den Tilgungsbetrag verkürzt, auch die Kreditschuld verschwindet wieder. Weder die Bank, noch ihr Kreditnehmer werden durch Kreditvergabe oder durch die Tilgung reicher oder ärmer.

Wenn also absehbar ist, dass den Forderungen der Geldbesitzer gegen eine Volkswirtschaft eine schrumpfende Leistungsfähigkeit dieser Volkswirtschaft gegenübersteht, dann stehen sich am Devisenmarkt jene Spekulanten, die darauf vertrauen, dass die Wirtschaftskraft noch ausreichen wird, den anderen Spekulanten gegenüber, die überzeugt sind, dass die Geldbestände nicht mehr durch zukünftige Leistungen gedeckt sind. Überwiegen die negativen Einschätzungen, wird die Währung nur noch mit deutlichen Abschlägen gehandelt. Dies ist ein Vorgriff auf zukünftig erwartete Kreditausfälle, die damit kompensiert werden sollen.

Die wahren Ziele der links-grünen Koalition mit dem liberalen Häubchen aus saurer Sahne bleiben hinter der Klima- und Energiewende-Fantasterei verborgen. Die wahren Ergebnisse sind in ihren Umrissen allerdings inzwischen erkennbar, und diese Umrisse reichen weit über Deutschland hinaus in den gesamten Euro-Raum und in die EU hinein. Der von deutscher Wirtschafts-, Energie- und Russland-Politik angerichtete Schaden alleine am Kurs des Euro verteuert die Importe aller Euro-Staaten annähernd um 20 Prozent. Wie Griechenland, Italien, Spanien und Portugal das stemmen sollen, steht in den Sternen.

Aber das ist ja nur der Anfang. Mit jedem Euro, der mehr aufgewendet werden muss, um Importe aus den Nicht-Euro-Ausland zu bezahlen, und da stehen die Energieimporte immer noch an vorderer Stelle, wird die Kaufkraft für Waren aus dem EU-Binnenmarkt reduziert.

Spätestens jetzt müsste auch dem Letzten ein Licht aufgehen, dass der Spruch „Deutschland profitiert am meisten vom Euro“ seine Glaubwürdigkeit inzwischen vollständig verloren hat.

Der Euro, in seinem derzeitigen Zustand, führt dazu, dass Deutschlands Exporte auch in den EU-Binnenmarkt erheblich beeinträchtigt werden, was die Abwärtsspirale nochmals beschleunigt.

Sollte die EZB in dieser Situation den Markt allerdings neuerlich mit Geld fluten, was zu befürchten ist, käme das dem Straftatbestand der Wechselreiterei nahe.