Lagarde und die unverstandene Inflation

PaD 28 /2022 – Hier auch als PDF verfügbar: Pad 28 2022 Lagarde und die unverstandene Inflation

Wenn die Chefin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, eingestehen muss: „Wir wissen einfach zu wenig über die Zusammenhänge“, dann frage ich mich, womit man sich bei der EZB den lieben langen Tag beschäftigt hat, als man über Jahre hinweg versuchte, den Kaufkraftverlust des Euro – erfolglos – in den Bereich von knapp unter zwei Prozent pro Jahr zu drücken.

Da wird jetzt die unsinnige Diskussion alter Nationalökonomen aus dem 19. Jahrhundert wieder aufgewärmt, ob entweder die Geldmenge das Preisniveau bestimme oder das Preisniveau die Geldmenge. Diese Diskussion wird ewig weitergehen, wenn sich die Makroökonomie weiterhin in diesem engen Sandkasten ihrer Theorie verbarrikadiert und die Augen vor den Erscheinungen der Realität verschließt.

Die Preissteigerungsrate ist das Ergebnis des Vergleichs zwischen dem niedrigeren Vergangenheitspreis und dem höheren Gegenwartspreis eines vergleichbaren Warenkorbes. Dieser Vergleich, bei dem Preise in Geldeinheiten gemessen werden, hat aber mit „Geld“ erst einmal nichts zu tun. „Geld“ ist nur der vermeintlich einfachste und naheliegendste Maßstab, weil Geld vermeintlich zum Zeitpunkt X exakt den Wert Y darstellt.

Es genügt ein Blick in eines der Vergleichsportale, ob es nun „idealo“ ist, wo die Preise von Versandhandelsartikeln verglichen werden, ob „trivago“, wo es um Preise von Hotelübernachtungen im gleichen Hotel im gleichen Buchungszeitraum geht, ob es „verivox“ ist, wo Energiepreise unterschiedlicher Anbieter für Strom und Gas verglichen werden: Überall ist zu erkennen, dass die Preise für die gleiche Leistung zum gleichen Zeitpunkt – abhängig vom Anbieter – ganz erheblich variieren.

Aus diesem Preis-Chaos der Realität ein „Preisniveau“ abzuleiten, ohne Kenntnis der Mengenunterschiede zwischen dem tiefpreisigen Produkt und dem identischen, hochpreisig angebotenen Produkt zu haben, ist ein waghalsiges Unterfangen. Es steht uns jedoch kein besserer Wert zur Verfügung als die Summe des für einen bestimmten Warenkorb zu einem bestimmten Zeitpunkt zu bezahlenden Geldbetrages. Wenn die Ermittlung der Warenkorb-Geldwerte stets mit dem gleichen Fehlern behaftet ist, ergibt der Vergleich dieser Werte in Zeitreihen jene abstrakte Kennzahl, die Inflation genannt wird und sich auf einen bestimmten Wirtschafts- und Währungsraum bezieht. Der Euro, als Gemeinschaftswährung von 19 sehr unterschiedlichen Wirtschaftsräumen in einem Währungsraum macht die Feststellung des Geldwertes noch einmal schwieriger, und zwar sowohl für die Euro-Zone insgesamt als auch für die einzelnen darin eingebundenen National-Ökonomien, denn von einer Gleichpreisigkeit von Waren und Dienstleistungen in den Ländern der Eurozone kann nicht die Rede sein, wie auch von einem einheitlichen Lebensstandard, bzw. Wohlstandsniveau nicht die Rede sein kann.

Es zeigt sich bei näherer Betrachtung dass die Unterschiede im Lebensstandard sehr viel – klingt banal – mit der im Wirtschaftsraum erzeugten Leistung, also dem so genannten BIP zu tun haben, und zwar sowohl mit dem BIP insgesamt als auch mit dem BIP pro Kopf.

Und nun: Augen auf!

Die Inflation tritt sichtbar in Erscheinung.

Es gibt auf dieser Welt Volkswirtschaften, bei denen das Verhältnis zwischen Konsum und Leistung gestört ist. Volkswirtschaften, von denen es heißt, sie lebten über ihre Verhältnisse. Volkswirtschaften, in  denen Bürger und Staat  mehr konsumieren  als sie selbst hervorgebracht haben. Dazu gehören sicherlich die Vereinigten Staaten von Amerika, es gehören aber auch weite Teile der EU dazu.

Das sollte eigentlich nicht möglich sein. Es widerspricht einfachen Gesetzen der Logik. Wer die Leistung erbracht hat, auf den Baum zu klettern und drei Äpfel zu pflücken, kann, wenn er wieder abgestiegen ist, drei Äpfel verzehren, aber keinen mehr. Er müsste noch einmal klettern, wenn er mehr Äpfel essen will.

Dass es dennoch möglich ist, und zwar im ganz großen Maßstab, ist auf die Zauberkraft eines Geldsystems zurückzuführen, dass die Grenzen, zwischen dem was ist, und dem was sein sollte, aufhebt. Geld, obwohl längst jedes inneren Wertes beraubt, billiges Blech, Altpapier oder nur Ziffern in Computersystemen, erweckt immer noch den Anschein, als habe derjenige, der es besitzt, es als Bezahlung für eine erbrachte Leistung erhalten. Oft genug trifft das auch zu. 

Der Arbeiter, der am Monatsende seinen Lohn erhält, hat seine Leistung vollbracht und dafür Geld erhalten. Der Eisenwarenhändler, der am Abend seine Einnahmen zählt, hat dafür Ware geliefert, die er vorher selbst bezahlt hat, er hat seine Leistung vollbracht, indem er diese Ware in sein Sortiment aufgenommen, die Miete für seinen Laden bezahlt hat, indem er seine Kunden beraten und ihnen schließlich das Gewünschte ausgehändigt hat.

Was wir in diesen Beispielen betrachtet haben, ist gewissermaßen „altes“ Geld, Geld das schon mindestens eine Station im Umlauf hinter sich gebracht hat. Geld, das den Anschein erweckt, dass die Leistung des Eisenwarenhändlers und die mit dem Geld aus dem Lohn erbrachte Gegenleistung des Arbeiters sich ausgleichen.

Dennoch haftet auch jenem Geld jener Makel an, man könnte es „die Erbsünde des Geldes“ nennen, den es vom ersten Augenblick seines Erscheinens im Zuge der Geldschöpfung aus den Nichts mit sich trägt: Es ist Kreditgeld, Schuldgeld – und derjenige, der den Kredit aufgenommen hat, hat dafür noch keine Leistung erbracht. Die Bank, die den Kredit erteilt hat, geht gutgläubig davon aus, dass der Schuldner die Leistung noch erbringen, dafür wieder Geld einnehmen und mit diesem Geld den Kredit tilgen wird. Aber noch ist das Geld ohne jegliche Gegenleistung in der Welt und kann – soweit der Kredit reicht – alles kaufen, was angeboten wird.

Alles Geld, ob es sich nun um Banknoten, Münzen oder Bankguthaben handelt, existiert nur, weil ganz am Anfang der Kette (Taler, Taler, du musst wandern) ein „Urschuldner“ sitzt, der seinen Kredit noch nicht getilgt hat, der mit Hilfe des Geldes zwar Leistungen in Anspruch genommen, seine eigene Leistung aber noch nicht erbracht hat.

Im kleinen Maßstab jener Kredite, die von Konsumenten aufgenommen und zum allergrößten Teil auch wieder getilgt werden, ist der dadurch entstehende Schaden gering. Man muss sich das so vorstellen, dass fast alle volkswirtschaftlichen Akteure gezwungen sind, eine Leistung zu erbringen, um Geld einzunehmen, mit dem sie ihre Kredite tilgen können. Wenn sich also Herr Autonarr nicht alle zwei Jahre für den Kauf eines Neuwagens verschulden würde, müsste erst der Autohändler und dann womöglich auch der Automobilproduzent Insolvenz anmelden, weil beide ihre Kredite nicht mehr bedienen könnten. Gleiches gilt für den Kredit des Häuslebauers, der es dem Bauunternehmer ermöglicht, die Raten für den Bagger und den Kran zu bezahlen, und es gilt für den Bäcker, der darauf angewiesen ist, dass ein Teil seiner Kundschaft auf das Monatsende hin den Dispokredit des Gehaltskontos in Anspruch nimmt, weil er sonst seinen Kredit für die neue Ladeneinrichtung nicht tilgen könnte,

Im großen Maßstab, und damit es überdeutlich wird, soll hier gleich der Sprung zum Welthandel unternommen werden, kracht es jedoch gewaltig, wenn  ganze Volkswirtschaften, und zwar Konsumenten, Wirtschaft und Staat, ihre Importe aus anderen Volkswirtschaften dauerhaft über den bequemen Weg der Netto-Neuverschuldung finanzieren und so dauerhaft nicht ausgeglichene Handels- und Zahlungsbilanzen vor sich herschieben.

Die Effekte sind vorhersehbar, sie sollten auch für die Chefin der EZB vorhersehbar gewesen sein:

  1. Weil weite Teile des Bedarfs der eigenen Volkswirtschaft aus dem Ausland beschafft werden, kommt es zu einer rückläufigen Beschäftigungssituation im Binnenmarkt. Wer jährlich 10 Millionen Kühlschränke importiert, wird  bald keine eigene  Kühlschrankfertigung mehr im Lande haben. Ein Blick auf Deutschland wirft Fragen auf: Wo gibt es in Deutschland noch Produktionsanlagen für Textilien und Bekleidung? Wo gibt es in Deutschland noch Produktionsanlagen für Unterhaltungselektronik? Wo gibt es in Deutschland noch Produktionsanlagen für Fotovoltaik-Elemente? Wo gibt es in Deutschland noch Produktionsanlagen für Spielwaren?
    Dass sich die heimische Weltmarkt-Produktion längst schwerpunktmäßig auf die Automobilindustrie, den Maschinenbau und die Chemie-Industrie verengt hat, ist bekannt. Weniger bekannt ist, dass in Folge des Rückgangs der Beschäftigung im Verarbeitenden Gewerbe inzwischen gut die Hälfte der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Dienstleistungssektor tätig sind (2020: rund 23 Millionen). Nur wenige dieser Dienstleistungen sind für den Export geeignet.
  2. Die Exporterlöse des Auslands können nicht mehr vollständig für Importe aus dem Schuldnerland genutzt werden, weil es am entsprechenden Angebot fehlt. Für die USA war das bislang ein Problem, das sich so lange nicht stellte, wie der Dollar als unangefochtene Leitwährung nicht nur den Import von Waren aus den USA ermöglichte, sondern auch von vielen anderen Volkswirtschaften als Bezahlung für deren Exporte akzeptiert wurde. Dabei handelt es sich jedoch nur um einen Prozess der Verteilung und Verdünnung der Auslandsschulden der USA, mit dem das Problem allerdings nicht aus der Welt zu schaffen zu ist. Irgendwer sitzt immer auf dem Schwarzen Peter namens Dollar, und zwar zumeist in Form von US-Staatsanleihen, weil man sich sonst nichts mehr dafür kaufen kann.
  3. Der gar nicht mehr lustige Effekt, sich von den Exporterlösen nichts kaufen zu können, sondern quasi gezwungen zu sein, mit dem „wertlosen“ Dollarsegen lediglich neue Staatsanleihen des Schuldners zu erwerben, also ihm zu ermöglichen, mit dem schon entwerteten Zahlungsmittel nochmals und immer wieder den eigenen Markt leerkaufen zu können, wurde lange Zeit verdrängt. Schließlich (so das Hauptargument) konnten damit Arbeitsplätze erhalten und die eigene, einzig noch auf  Export getrimmte Wirtschaft am Laufen gehalten werden. Tatsächlich haben sich die Anteilseigner der Exportwirtschaft damit über lange Jahre goldene Nasen verdient. Die Zentralbanken haben die Dollar-Einnahmen entgegengenommen und als Währungsreserven ausgewiesen und sie in Landeswährung umgetauscht. Ein Teil davon ist in die Löhne der Beschäftigten geflossen, die jedoch – wegen der internationalen Wettbewerbsfähigkeit – so niedrig gehalten werden konnten, dass die Geldschwemme in der Realwirtschaft des Binnenmarktes nicht angekommen ist, sondern sich lediglich im Bereich der Kapitalanlagen, also im Bereich von Aktien- und Rohstoffmärkten, sowie auf dem Immobilien- und Edelmetall-Sektor mit erheblichen Kurs-, bzw. Preissteigerungen bemerkbar gemacht haben.

Dieses Spiel hätte noch über Jahrzehnte weiter betrieben werden können, hätte nicht Donald Trump, der es beenden wollte, mit seiner „America first-Strategie“ einen Handelskrieg mit China und der EU begonnen, und hätte nicht die Corona-Pandemie dazu beigetragen, das eingespielte Gleichmaß der  weltwirtschaftlichen Waren- und Geldströme massiv zu stören, was – meines Erachtens nach – von China auch ausgenutzt wurde, um unter dem Deckmantel der Pandemie den weiteren Umbau der chinesischen Wirtschaft im Rahmen der „Zwei-Kreisläufe-Strategie“ zu forcieren und die Volkswirtschaften des Westens in massive Versorgungsprobleme zu stürzen.

Dieses Spiel hätte noch über viele Jahre weiter betrieben werden können, hätten die EZB und die Fed nicht jahrelang die Märkte mit billigem Geld geflutet um noch lange nach der Lehmann-Krise den Banken das Überleben zu sichern und die Staatshaushalte der Euro-Südländer künstlich aufzublähen.

Dieses Spiel hätte noch auf absehbare Zeit weiter betrieben werden können, hätten sich  nicht die USA und die EU-Kommission darin gefallen, Billionen-Programme zur Aufrechterhaltung der Wirtschaft während und zum Wiederaufbau nach der Pandemie in die Welt zu setzen, von denen von Anfang an zu erwarten war, dass der vorgegebene Zweck nicht zu erreichen sein wird, wohl aber, dass die Ansprüche der Gläubiger auf die noch nicht erbrachten Leistungen der sich verschuldenden Volkswirtschaften noch einmal massiv in die Höhe getrieben werden.

Dieses Spiel hätte vielleicht noch für ein Weilchen weiterbetrieben werden können, hätte man es nicht in den USA und noch viel mehr in der EU und am allermeisten in Deutschland darauf abgesehen, die Kaufkraft der Konsumenten durch maximale Verteuerung des Energiebedarfs so weit zu schmälern, dass die umlaufende Geldmenge reduziert und damit der Inflation in den übrigen Wirtschaftsbereichen ein weiterer, schwerer Riegel vorgeschoben werden würde.

Dieses Spiel hätte vielleicht noch bis 2025 weiterbetrieben werden können, hätte nicht am 24. Februar 2022 die „militärische Sonderaktion“ Russlands in der Ukraine begonnen.

Da sind den westlichen Eliten die Gäule durchgegangen. Das heiß ersehnte Ziel, die Eroberung Russlands, schien zum Greifen nahe. Man hat alles in die Waagschale geworfen, hunderte Milliarden Dollar an Waffen wurden der Ukraine geliefert – und natürlich der Ersatzbedarf bei  den Waffenschmieden in Auftrag gegeben.  Hunderte Milliarden an Krediten wurden nochmals aus dem Hut gezaubert, schon alleine für das deutsche „Sondervermögen Aufrüstung“ stehen 100 Milliarden neue Schulden in den Büchern.  Tausende von Sanktionen, vom Nadelstich bis zur schweren Keule, prasselten auf Russland nieder, Ausschluss aus dem internationalen Zahlungssystem, Beschlagnahme des russischen Auslandsvermögens, Einfuhrbeschränkungen für russische Exporte, Ausfuhrbeschränkungen für Exporte nach Russland, Verweigerung der Versicherung für russische Seetransporte, und, und, und …

Das war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.

Russland, als einer der ganz großen Exporteure von fossilen Brennstoffen, von Eisen und Stahl, von Holz, von Düngemitteln, Weizen und Sonnenblumenkernen – und sogar von Raketenmotoren für die US-Raumfahrt – war der westlichen Wertegemeinschaft nicht blitzartig in die Hände gefallen, sondern als Rohstoffquelle ausgefallen.

Jetzt ging es nur noch darum, den auf der Angebotsseite schon weitgehend desolaten Markt  unter Einsatz der sinnlos angehäuften Milliarden leerzukaufen. Nur wer noch mitbieten kann, wird noch Gas und Öl und Kohle ergattern, Düngemittel, Getreide, Stahl und Holz, ja sogar Palettennägel waren plötzlich Mangelware, nur am Geld herrscht weiterhin kein Mangel – jedenfalls nicht bei jenen, die  – wie Onkel Dagobert – darin baden können.

Damit kommen wir zum Zweck der Inflation.

Inflation ist die Folge eines gezielt betriebenen, unaufhörlich fortgesetzten Kreditbetrugs. Dieser Straftat haben sich die Regierungen aller Länder schuldig gemacht, denen es gefallen hat, geschäftsmäßig damit zu arbeiten, alte Schulden mit neuen Schulden zu tilgen und darüber hinaus noch immer weiter neue Schulden aufzuhäufen, im vollen Bewusstsein dessen, dass diese Schuldenberge niemals wieder abgebaut werden können. Das ist übrigens auch technisch vollkommen unmöglich, aber dazu vielleicht später einmal mehr.

Dieser Kreditbetrug hat es ermöglicht, Leistungen ohne wirkliche Gegenleistungen in Anspruch zu nehmen und damit das Volk in Arbeit zu halten und damit wiederum die Gewinne des Kapitals zu gewährleisten. Die Wirkungen finden sich nicht nur im internationalen Handel, sondern auch auf dem Binnenmarkt. Eine Bundesregierung, die Schulden aufnimmt, um für ungefähr sechs Millionen Menschen die Miet- und Heizkosten zu bezahlen, gewährleistet  damit die Gewinne der Immobilienkonzerne, und zwar weit über die gezahlten Mietkostenzuschüsse hinaus, weil mit der staatlichen Leistung eine für den gesamten Mietmarkt wirksame Preisuntergrenze eingezogen wird. Dies wiederum führt dazu, dass weiterhin voll am Markt vorbei gebaut werden kann, ja nach der inneren Logik des durch Staatshilfen deformierten Marktes sogar am Bedarf vorbei gebaut werden muss, will man die Gewinne der Aktionäre nicht in Gefahr bringen.

Dieser Kreditbetrug hat es ermöglicht, die Arbeitsergebnisse von  Menschen, die in Niedrigstlohnländern leben, mit kräftigen Aufschlägen der Importeure im Binnenmarkt – immer noch billig – zu verkaufen und damit wiederum die Ansprüche der eigenen Bevölkerung mit niedrigen Löhnen befriedigen zu können.

Nun ist die Blase angestochen. Jetzt läuft der Hase anders herum.

Am Ende jeder Inflation steht die so genannte Währungsreform. Das bedeutet üblicherweise, dass die bei den wirtschaftlichen Akteuren eines Währungsraumes vorhandenen Geldbestände um einen gewissen Prozentsatz abgewertet werden.

Nehmen wir beispielsweise an, der Euro würde um 99 Prozent abgewertet. Warum nicht?

Von den reinen Geldvermögen der deutschen Milliardäre blieben dann Guthaben in zwei bis dreistelliger Millionenhöhe übrig.
Von den Sparguthaben der deutschen Millionäre dürften immerhin noch einige tausend Euro als neues Guthaben ausgewiesen werden.

Das Sparbuch mit 50.000 Euro des sparsamen Facharbeiters würde ihm immer noch ein Startkapital von 500 Euro übrig lassen, während seine monatliche Warmmiete von bisher 1.000 Euro auf 10 Euro gesunken ist, was doch im Grunde sehr gut aussieht.

Dummerweise wird der sparsame Facharbeiter aber nicht dahin kommen, zum Zeitpunkt der Währungsreform noch 50.000 Euro auf dem Sparkonto liegen zu haben. Er wird dieses Geld bis dahin nämlich ausgegeben haben müssen, um bei massiv steigenden Preisen noch seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können.

Daher wartet man mit der Währungsreform so lange. So lange, bis 90 Prozent der Bevölkerung keine Ersparnisse mehr haben, wertvollen Besitz verkauft oder eingetauscht haben. 

Ist Ihnen schon aufgefallen, dass seit einiger Zeit massiv für den so genannten Teilverkauf von Immobilien geworben wird? Das Prinzip: Verkaufe heute deine Immobilie, du darfst auch bis zum Lebensende drin wohnen bleiben, zielt doch nur darauf ab, den Hausverkäufer in die Inflationsfalle laufen zu lassen. Werthaltiger Besitz soll jetzt beschleunigt noch gegen Geld getauscht werden, solange dem Geld noch ein Anschein von Wert innewohnt.

Schulden werden natürlich auch abgewertet. Doch das hilft dem Normalbürger nichts. Das Vermögen, das einst den Schulden gegenüber stand, ist in der Inflation verbrannt worden. Die Schulden aber überdauern. Man muss dann halt um 99% abgewertete Schulden mit dem um 99% abgewerteten Lohn weiter abstottern, es sei denn, man hat es trotz galoppierender Inflation noch geschafft, vom Sondertilgungsrecht Gebrauch zu machen. Wenn es  aber darum geht, sich von 20.000 Euro entweder noch eine Tüte Nudeln für das nächste Mittagessen zu kaufen, oder sie als Tilgung zur Bank zu tragen, dann ist die Entscheidung des Normalbürgers vorhersehbar. Erst kommt das Fressen – dann die Zahlungsmoral.

Für den betuchten Mitbürger, der mit dem Privatflugzeug zur Hochzeitsfeier nach Sylt einfliegt, dessen Einkommen aus vielerlei Quellen strömt und locker mit der Inflationsentwicklung Schritt halten kann, ist es ein Klacks, auf dem Höhepunkt der Inflation schnell noch die eine oder andere Million, die ihm einst den Flieger mitfinanziert hat, und die jetzt gerade noch ausreichen würde, um ein Candlelight Dinner für zwei zu bezahlen, der Bank als Tilgung in den Rachen zu schieben.

Guthaben, bei minimalem Kaufkraftverlust auf 1 Prozent des Nominalwertes eingedampft, aber die Schulden getilgt: Das ist der Zweck der Inflation für die großen Vermögen, und natürlich auch für den Staat, der sich – dürften kluge Köpfe im Finanzressort schalten und walten – perfekt entschulden könnte.

Der Großteil der Bevölkerung, der mit der Inflation alles verlieren wird, muss halt nach der Währungsreform wieder arbeiten. Ein bisschen härter, ein bisschen länger, wenn der verflogenen Wohlstand wieder erreicht werden soll. Mein Gott, so ist das Leben, wird irgendein Bundespräsident dann verkünden, und, dass wir als Land ja immer noch einigermaßen gut davongekommen sind.

 

Abschließend eine Empfehlung für das Verhalten in der Inflation.

Nehmen Sie die Regierung ausnahmsweise ernst. Sparen Sie Energie. Nicht, um die Gasversorgung sicherzustellen, darüber entscheidet Ihr Sparen nämlich nicht, sondern um Ihren Besitz und Ihr Eigentum nicht von horrenden Energiepreisen auffressen zu lassen. Vermeiden Sie jede nicht zwingend notwendige Ausgabe. Trennen Sie sich weder von Ihren Sibermünzen, noch vom Goldkettchen, auch dann nicht wenn für die Feinunze Silber 350 oder 3.500 oder 35.000 Euro gezahlt werden. Trennen Sie sich auch nicht von Immobilien. Versuchen Sie, alles was einen Wert hat, über die Währungsreform zu retten. Als Handwerker sollten Sie jetzt noch damit beginnen, sich Vorräte an Material und Werkzeug anzulegen, auch Händler sollten irgendwann damit beginnen, Waren,  die weder dem Verderb noch der Mode unterliegen, zurückzuhalten.

Das Geld verfliegt schnell.
Die Sachwerte bleiben.

Selbst wenn mit der Währungsreform so etwas wie ein Lastenausgleichsgesetz erlassen werden sollte, ist es besser das Haus zu behalten, samt der möglicherweise dann darauf lastenden Zwangshypothek, als es aus der Hand zu geben und zum Stichtag gar nichts mehr zu haben.

Ich gehe nicht davon aus, dass sich die Inflationsentwicklung in der Euro Zone noch stoppen lässt.

Aber selbst wenn das Unwahrscheinliche eintreten sollte und die Maß Bier auf dem Oktoberfest 2025 noch für schlappe 50 Euro zu haben sein sollte: Sie machen nichts grundsätzlich falsch, wenn Sie meiner Empfehlung folgen.