PaD 15 /2023 – Hier auch als PDF verfügbar: Pad 15 2023 Umgang mit der Knappheit
Alles ist knapp und teuer im besten Deutschland aller Zeiten.
- Öl ist knapp und teuer.
- Gas ist knapp und teuer.
- Strom ist knapp und teuer.
- Wohnraum ist knapp und teuer.
- Fachkräfte sind knapp und teuer.
- Chips sind knapp und teuer.
- Pflegeplätze sind knapp und teuer.
- Medikamente sind knapp und teuer.
- Lebensmittel …
Und alles hat eine einzige Ursache: Die noch vorhandenen Kräfte der Vernunft reichen nur noch aus, um sich gegenseitig in ihrer Kritik zu bestätigen, aber längst nicht mehr, um die herrschenden Ideologen zur Umkehr zu bewegen.
Früher wusste man noch, mit der Knappheit vernünftig umzugehen. Nein, ich will nicht ausgerechnet am 20. April an die so genannten Hydrierwerke erinnern, mit denen es gelungen ist, aus deutscher Kohle Benzin herzustellen, auch vom Kautschuk aus der Milch des Löwenzahns will ich nicht reden.
Lieber vom Lindes-Kaffee, der kein Kaffee war und keiner ist, denn es gibt ihn immer noch. Ich selbst habe den „Blümchen-Kaffee“ als Kind noch unter der Marke „Caro“ getrunken und damals auf der Packung den Begriff „Kaffeesurrogatextrakt“ gefunden. Ein Lexikon hat mir geholfen, herauszufinden, was „Surrogat“ bedeutet: „behelfsmäßiger, nicht vollwertiger Ersatz“.
Wer sich daran erfreuen mag: Hier die Kinowerbung für den Muckefuck, wie sie im Jahre 1953 vor der Wochenschau über die Leinwände flimmerte:
Schon damals hat man sich nicht gescheut, in der Werbung vergessen zu machen, dass es sich nur um behelfsmäßigen Ersatz handelt, indem man jeglichen Vergleich mit dem Original strikt unterlassen hat. Zu jener Zeit war Lindes zwar die bekannteste Marke im Bereich der Kaffeeersatzgetränke, aber es gab noch viele andere – und vor allem ein Vielzahl von Möglichkeiten aus unterschiedlichsten Rohstoffen etwas herzustellen, dass farblich weitgehend und geschmacklich immerhin ein bisschen an Kaffee erinnerte. Die Wikipedia hat dazu einen schönen Artikel zusammengestellt.
Man kann schon alleine aus dem Kaffeeersatz ein Prinzip über den optimalen Umgang mit der Knappheit ableiten:
Ersetze das knappe Gut im erforderlichen Umfang
durch ein annähernd gleichartiges Gut,
das in ausreichender Menge verfügbar,
preiswert und für den angestrebten Zweck nutzbar ist.
Es stellt sich schnell heraus, dass dieses Prinzip in allen Lebensbereichen vorzufinden ist. Wir trinken Sekt oder Prosecco, weil der Champagner knapp und teuer ist. Wir fahren Volkswagen, weil Porsche und Lamborghini knapp und teuer sind. Wir bestellen ein Schweineschnitzel Wiener Art, weil das Chateaubriand so knapp und teuer ist, dass es überhaupt nur noch von Sterneköchen angeboten wird. Wir tragen Schuhe aus Stoff und Kunststoff, weil Leder knapp und teuer ist. Die Aufzählung ließe sich endlos fortsetzen.
Niemand wird behaupten, dieses Verhalten sei unsinnig. Wir kommen mit Sekt ebenso in Stimmung wie mit Champagner, der VW bringt uns ebenso ans Ziel wie der Porsche, das Schweineschnitzel macht ebenso satt wie das Chateaubriand, und die Schuhe aus Stoff und Kunststoff sind vielleicht sogar bequemer als die aus Leder. Im Gegenteil: Dieses Verhalten ist vernünftig.
Dieses Verhalten ist aber nicht nur für den Einzelnen die vernünftige Lösung für die Befriedigung seiner Bedürfnisse, es ist auch volkswirtschaftlich sinnvoll und vernünftig. Wo sollten die vielen Rinder denn auf der Weide stehen, von deren Fleisch nur das Filet, und von dem nur das dicke Ende genutzt werden würde, wenn alle Deutschen sich ausschließlich von Chateaubriand ernähren wollten? Wie lange wären wohl die Wartezeiten auf das Auto, wenn alle Deutschen nur noch im Lamborghini zur Arbeit fahren wollten? Dagegen war das Warten auf den Trabant doch ein Zuckerschlecken.
Wo es allerdings an der Vernunft fehlt, und wo die wenigen Stimmen der Vernunft wie Rufer in der Wüste nicht mehr gehört werden, da wird im Namen „neuester Erkenntnisse“ und des „Fortschritts“ ein neues Muster zum Prinzip erklärt, und das sieht so aus:
Ersetze jedes Gut, das in ausreichender Menge
preiswert verfügbar und
für den angestrebten Zweck nutzbar ist
durch das hochwertigste Gut,
das diesen Zweck ebenso erfüllt,
selbst wenn es noch so knapp und teuer ist.
Damit sind wir bei der Nutzung unterschiedlicher Formen von Energieträgern angekommen.
Ja. Da gibt es erhebliche Unterschiede, und zwar gerade eben auch ohne den Nebeneffekt der CO2-Emissionen zu betrachten.
Der elektrische Strom ist gewissermaßen das Chateaubriand unter den Energieträgern.
Es gibt viele Anwendungen für die der Einsatz von elektrischen Strom durch keine andere Energieform substituiert werden kann. Ein Computer lässt sich mit Benzin, Öl oder Kohle nicht betreiben, auch wenn ihm noch so viel Biogas zugeführt werden sollte, wird er nicht einmal versuchen, hochzulaufen. Unsere gesamten Kommunikationsnetze sind nur mit Strom zu betreiben, und mit nichts anderem, Steuerungs- und Regelungsanlagen, ob nun im Fahrstuhl oder in der Waschmaschine, ob am Fließband oder bei der Flugsicherung: Unsere gesamte Zivilisation steht und fällt mit der Verfügbarkeit von Strom. Dabei ist das große Feld der Beleuchtung überhaupt noch nicht erwähnt. Zudem ist Strom universell nutzbar und kann anstelle von Öl, Gas und Kohle in jeder energetischen Anwendung eingesetzt werden.
Gas ist unter den fossilen Energieträgern noch der Vielseitigste.
Gas kann in klassischen Verbrennungsmotoren eingesetzt werden, Gas kann verbrannt werden, um Wärme zu erzeugen, Gas kann aber auch direkt zum Antrieb von (Groß-) Turbinen eingesetzt werden. Öl und Benzin sind typische Brennstoffe für Otto- und Dieselmotoren, Kerosin treibt Flugzeugturbinen an, letztlich findet Öl auch in der Ölheizung seine Verwendung zur Wärmeerzeugung.
Kohle ist in der Nutzung stark eingeschränkt.
Kohle muss grundsätzlich in zweckdienlichen Öfen verbrannt werden. Die dabei entstehende Wärme wird genutzt um Dampf zu erzeugen, der Turbinen antreibt, die wiederum Generatoren antreiben, um Strom zu erzeugen. Die Nutzung von Kohle zu Heizzwecken wurde weitgehend eingestellt.
Strom wurde mit voller Absicht knapp und teuer gemacht.
Ohne auf die Motive dafür einzugehen, sollte nun also eigentlich alles getan werden, um diese universell verwendbare Energie primär für genau jene Zwecke einzusetzen, wo sie nicht durch andere Energieformen ersetzt werden kann, also für die Informations- und Kommunikationstechnologie, für Steuerungs- und Regelzwecke, sowie zur Beleuchtung, und sie, da wo es möglich ist, durch andere Energieformen zu substituieren. Schließlich ist bekannt, dass Strom in jedem Augenblick stets in der Menge erzeugt werden muss, die von den Verbrauchern angefordert wird. Gelingt dies nicht, sind Stromabschaltungen unvermeidlich – und schlimmstenfalls bricht das gesamte Netz zusammen. Folglich muss der knappe und teure Strom im erforderlichen Umfang durch Energieträger, die in ausreichender Menge verfügbar und für den angestrebten Zweck nutzbar sind, ersetzt werden.
Konkret bedeutet das, statt Elektrolokomotiven wieder vermehrt Dieselloks vor die Züge zu spannen, statt Elektroheizungen wieder Ölheizungen einzusetzen und Elektromotoren, wo immer es geht, durch Benzin- oder Dieselmotoren zu ersetzen.
Das gebietet jener Rest an Vernunft, der mindestens noch übrig sein sollte, nachdem die Stromerzeugung willkürlich reduziert und starken Schwankungen unterworfen und Überlegungen zum Wiederaufbau einer zuverlässigen, sicheren und preiswerten Stromversorgung mit einem strikten Denkverbot belegt wurden.
Doch dieser Rest an Vernunft ist da, wo er vonnöten wäre, nämlich an den Schaltstellen der Macht, nicht mehr anzutreffen.
Die Produktion von sicher verfügbarem Strom wird nach einem Plan A, der zugleich Plan B und C ist, weiter Schritt für Schritt reduziert. Die Kohleverstromung wird im Westen bis 2030, im Osten bis 2038 eingestellt, wobei das Datum für das Ende der Kohle im Osten bereits so stark unter Beschuss steht, dass ein weiteres Vorziehen schon als sicher angenommen werden kann.
Die Restmenge an Strom bleibt dann aber nicht für jene Bereiche reserviert, in denen Strom unersetzlich ist. Nein. Die Restmenge an Strom müssen sich IT und Kommunikation, Regelung, Steuerung und Beleuchtung mit dem Verkehrsbereich und dem Gebäudesektor teilen.
Das Aus für die Neuzulassung von Automobilen mit Verbrennungsmotoren ist für 2035 beschlossen, der Einbau neuer Gas- und Ölheizungen schon ab nächstem Jahr verboten.
Der Staatssekretär im Ministerium für Klimaschutzwirtschaft, Patrick Graichen, ist überzeugt davon, dass es vernünftig ist, wenn die energieintensive Industrie aus Deutschland abwandert. Das hat er im letzten Jahr in diesem Interview mit cleaning.up mit diesen Worten (Übersetzung: DeepL, Hervorhebungen von mir) zum Ausdruck gebracht:
Nun, das ist in der Tat eine große Herausforderung. Und es ist eine Herausforderung nicht nur für Deutschland, sondern für ganz Europa, denn
natürlich gibt es Orte auf diesem Globus, wo man Strom für ein bis zwei Cent pro Kilowattstunde bekommt.
Und dann geht es im Wesentlichen um die Transportkosten, die darüber entscheiden, ob die ein bis zwei Cent dann auch in Europa billig sind oder teuer in Europa. Was bedeutet das nun für uns?
Im Wesentlichen wird es wahrscheinlich bedeuten, dass die leicht zu kopierende energieintensive Industrie dorthin gehen wird, wo es diese ein bis zwei Cent gibt.
Energieintensive Industrien, bei denen es um Know-how, um Fähigkeiten, um Wettbewerbsvorteile geht, die mit komplizierteren Produkten zu tun haben als nur mit den einfachen? Darauf müssen wir uns dann spezialisieren. Also, ich meine, das ist die alte Geschichte:
Wo ist billige Energie? Und welche Art von Industrie ist dann dort angesiedelt, wo wir billige Energie haben?
Und wo ist die Industrie eher in der Nähe des Kunden angesiedelt? Weil sie davon profitiert, dass sie in direktem Kontakt mit den Bedürfnissen der Kunden steht. Aber, wissen Sie, wenn wir diesen Weg der allgemeinen Neutralität gehen, dann müssen wir uns dem sowieso stellen. Ich glaube nicht, dass es für uns alle in Europa einen Unterschied in dieser Frage gibt.
Es ist wichtig, das gesamte verlinkte Interview anzuhören oder zu lesen, denn die nonchalante Naivität, mit der Graichen mit den existentiellen Fragen der Nation umgeht, ist zumindest verstörend, wenn nicht beängstigend.
Mit dem hier herausgestellten Zitat gibt er jedenfalls
seine Optimierungsregel für den Umgang mit knappen und teuren Gütern preis.
Die beginnt damit, dass er die Existenz eines Gebildes, wie einem Nationalstaat, schlicht ignoriert. Wenn er von „WIR“ spricht, dann kann dahinter nichts anderes erkannt werden, als jene Vordenker vom Schlage Graichens, als Wegweiser des „globalisierte Westens“, innerhalb dessen die Global Player sich einfach die optimalen Standorte für ihre Produktion aussuchen sollen. Volkswirtschaft? So ein Blödsinn! Nationale Interessen? Pfui!
Und die endet damit, dass Knappheit als gottgegeben hingenommen werden muss.
Man könnte es in den launigen Satz fassen:
Wer an das Chateaubriand nicht herankommt,
weil er es sich nicht leisten kann,
um den ist es nicht schade.
Wo kämen wir denn hin,
wollten wir die Schweinezucht wieder erlauben,
nur damit niemand verhungert?
Marie Antoinette bestreitet zwar posthum, je gesagt zu haben: „Sollen sie doch Kuchen essen, wenn sie kein Brot haben“, aber Graichen, Habeck & Consorten können nicht mehr bestreiten, dass sie davon ausgehen, dass die Deutschen ja immer noch Strom nehmen können, wenn Öl und Gas und Kohle und Kernenergie endgültig verboten sein werden.
Warum die so genannte „Energiewende“ ausgerechnet in Deutschland mit solcher Macht vorangetrieben wird, das mag daran liegen, dass „man“ hofft, wenn erst das deutsche Volk auf diesen Holzweg getrieben worden ist, werden die anderen nach und nach ebenfalls umfallen. Dazu wusste übrigens ein anderer Franzose zu sagen:
„Es gibt kein gutmütigeres, aber auch kein leichtgläubigeres Volk als das deutsche. Zwiespalt brauchte ich unter ihnen nie zu säen. Ich brauchte nur meine Netze auszuspannen, dann liefen sie wie ein scheues Wild hinein. Untereinander haben sie sich gewürgt, und sie meinten ihre Pflicht zu tun. Törichter ist kein anderes Volk auf Erden. Keine Lüge kann grob genug ersonnen werden: die Deutschen glauben sie. Um eine Parole, die man ihnen gab, verfolgten sie ihre Landsleute mit größerer Erbitterung als ihre wirklichen Feinde.“ (Napoleon Bonaparte)
Zum Trost:
Napoleon hat es zwar zeitweise weit gebracht, doch schließlich endete er in der Verbannung auf St. Helena.