Des Fährmannes Wunderhorn – Missunde III – E-Mobilität an der Schlei

Vorschlag: Furt statt Fähre!

Die Erneuerung der Fährverbindung über die Schlei zwischen BrodersbyGoltoft und Kosel gehört sicherlich nicht zum Ertüchtigungsplan des Truppentransport-Wegenetzes der NATO und hat wohl auch keinerlei Einfluss auf die Wirksamkeit der Heimatschutzverbände im Verteidungsfall, so dass die Erwähnung der „Missunde III“, deren Indienststellung zum nicht enden wollenden Fiasko geraten ist, überhaupt nur erfolgt, weil es sich um ein prototypisches Ereignis von hoher Signalwirkung handelt.

Im Jahre 1960, als die alten weißen Männer noch im guten Ruf standen, ihr Handwerk zu verstehen, wurde die erste Missunde eingesetzt, um die 140 Meter Wasser zwischen beiden Ufern auch für Nichtschwimmer überwindbar zu machen.

Nach 43 Jahren wurde die erste Missunde durch die Missunde II ersetzt. Ein robuster Dieselmotor sorgte für den Antrieb, während die Fahrtrichtung durch ein an beiden Ufern verankertes Drahtseil bestimmt wurde, an dem sich die Missunde II während der kurzen Fahrzeit noch mühelos zu orientieren vermochte.

Die 2003 in Dienst gestellte Missunde II zeigte nach 20 Jahren Fährbetrieb gewisse Alterungserscheinungen. Ob es an der mangelnden Wartung gelegen hat, wie wir es von Schiene und Straße kennen, ob man einfach bei der Bestellung des Schiffes mehr auf den Preis als auf die geplante Nutzungsdauer geachtet  hat, das mögen die Götter wissen – ich weiß es nicht. Dass die Reparatur allerdings 1,8 Millionen Euro hätte kosten sollen, das ist bekannt geworden.

Es wurde also eine neue Fähre in Auftrag gegeben. Die sollte, dem Zeitgeist entsprechend, voll elektrisch und emissionsfrei durch die Wellen pflügen, um das Loblied des Dekarbonisierungsfortschritts des wohl grünsten Bundeslandes des deutschen Nordens von der Schlei aus in die Welt zu tragen.

Im April 2023 sollte es soweit sein. Für die Missunde II war ein Kaufvertrag unterzeichnet, der dem Land noch 17.000 Euro Schrottpreis einbringen sollte, doch es war nicht so weit. Die Missunde III, gebaut von der Seefahrernation Sachsen-Anhalt, war noch nicht fertig. Als sie fertig war fehlte es in der Elbe an Wasser, und als die Elbe wieder aufgefüllt war, stand das Wasser in der Schlei zu hoch.

Als die Missunde III dann vor Ort war, stellte sich heraus, dass die neue E-Fähre vom alten Drahtseil der Missunde II nicht mehr auf Kurs gehalten werden konnte und dass das „Einhaken“ der Fähre an den Ufern – wohl auch deshalb – einfach nicht funktionierte.

Jemand muss zu der Überzeugung gelangt sein, dass dieses Seil straffer gespannt werden müsse, was die Verankerung zusätzlicher Pfähle erforderlich gemacht hätte, doch, ach!, rings um die Anleger herrscht strikter Naturschutz. Einfach ein paar Pfähle einzurammen, ist nicht möglich. Die Genehmigungsbehörde versagt die Genehmigung.

So eine Fähre ist schließlich kein Windrad, das Strom erzeugt, fällt damit nicht unter das gute Ausnahemegenehmigungsbeschleunigungsgesetz, so dass der Schutz der Fische in der Schlei vor tagelangem Baulärm dem Wunsch nach Inbetriebnahme der Missunde III im Range vorgeht.

Was tut man da, in EssHa-hahah? Man besinnt sich. Man besinnt sich, wie Habeck auf die stillgelegten Kohlekraftwerke auf die stillgelegte, dieselbetriebene Missunde II, findet sie tatsächlich noch wieder, lässt sie notdürftig überholen, damit sie ab April wieder den Fährdienst übernehmen kann.

Wann die Missunde II von iher e-mobilen Nachfolgerin abgelöst werden wird, weiß noch niemand zu sagen. Bis dahin allerdings wird sie Strom brauchen, um ihren Batterieraum zu wärmen. Die Kosten alleine dafür werden momentan auf 2.500 Euro monatlich geschätzt, können aber mit jeder Anhebung der CO2-Strafsteuer noch weiter ansteigen.

Warum klappt das nun aber nicht, mit der neuen Fähre? Sie sei um 100 Tonnen schwerer als ihre Vorgängerin, heißt es, und damit für das Drahtseil schwerer zu halten, wenn Wind oder Strömungen das Schifflein abtreiben wollen. Das mit der Windabdrift kann mit dem großen Sonnendach der  Missunde III zusammenhängen. Nicht fürs Sonnenbaden, dafür wären 2 Minuten Fährzeit zu kurz, das Dach wurde für die Solarzellen erforderlich, die einen Teil der Antriebsenergie liefern sollen, falls die Sonne scheint. Das mit dem Gewicht könnte – zusätzlich zum Gewicht des Sonnendaches – auch mit den Batterien zusammenhängen. Die wiegen doch einiges mehr als der Diesel im Tank der alten Missunde II, Stichwort: Energiedichte.

Wetten, dass es alte weiße Männer gegeben hat, die falls man ihnen Einsicht in die Pläne für die Missunde III gewährt hätte, die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen hätten?

Doch was hilft es den Bedenkenträgern, Bedenken zu tragen, wenn irgendwo die Vermeidung von CO2-Emissionen möglich erscheint? Hierzulande ein aussichtsloses Unterfangen.

Als alter weißer Mann plädiere ich dafür, sogar auf jeglichen Antriebsmotor zu verzichten, jedenfalls da, wo es möglich ist, wie zum Beispiel bei mir, gleich um die Ecke, wo eine Fähre die Donau an einem Seil hängend überquert und ihre Antriebsenergie direkt von der Strömung des Flusses bezieht (in beiden Fahrtrichtungen, übrigens!). Wo es nicht möglich ist, auf einen Motor zu verzichten, ist aber der Dieselmotor die anzuratende Möglichkeit, das Risiko der Überlastung und des Zusammenbruchs unseres maroden Stromnetzes zu reduzieren. Der jüngste Bericht der Bundesnetzagentur spricht zwischen allen Zeilen eindeutig dafür. Das dort angebotene PDF herunterzuladen, lohnt sich.