Ami goes home

PaD 26 /2020 Ami goes home – Hier auch als PDF verfügbar: PaD 26 2020 Ami goes home

 

Vorab drei Fragen eines schlichten Gemütes:

Was ist das für ein Staat, in dem es Regionen gibt,
deren Wohlstand von der Stationierung ausländischer Truppen ahbhängt?

Was ist das für ein Staat, der sich mitten in Europa
derart von waffenstarrenden Feiden umzingelt sieht,
dass seine Häuplinginnen und Häuptlinge
nicht mehr ruhig schlafen können,
wenn die USA 11.900 Soldaten abzieht?

Was ist das für ein Staat, dessen Häuptlinginnen und Häuptlinge
sich mit der Stationierung des Generalstabs der US-Afrika-Kriege
in Stuttgart und einem US-Atombombenlager in Spangdahlem
sicherer fühlen, als ohne?

Es ist ein sonderbarer Staat. Fürwahr.

Dass es in diesem Staat dann auch noch prominente Stimmen gibt, die behaupten, (ätsch!) Trump schneidet sich mit dieser Entscheidung ins eigene Fleisch und schwächt die NATO, sollte man gar nicht kommentieren müssen.

Nach allem was bisher bekannt wurde, sollen AFRICOM und EUCOM, die US-Truppen-Hauptquartiere für sämtliche Kriege und Kriegsvorbereitungen in Afrika aund Europa „woanders“ stationiert werden. Für EUCOM steht wohl fest, dass es nach Belgien verlagert werden soll, in Bezug auf AFRICOM ist die Lage noch nicht so klar.

Klar ist allerdings, dass US-Hauptquartiere praktisch überall auf der Welt loziert werden können, ohne dass sich an deren Wirksamkeit etwas ändern würde.
Klar ist zudem, dass im Falle eines großen, überregionalen militärisch ausgetragenen Konflikts, gerade die US-Hauptquartiere Erst- und Zweitschlagsziele für gegnerische Raketenschläge wären.

Alleine die Verlagerung dieser Einheiten bringt Deutschland, als dem „Gastgeber“, wie Fritz Kuhn, der Stuttgarter OB, die Rolle Deutschlands in unübertrefflicher Demut artikuliert, keinen Sicherheitsverlust, sondern einen enormen Sicherheitsgewinn! Diesen Sicherheitsgewinn verurteilt Kuhn, obwohl er selbst wie die „Zwölf“ im Zentrum der Zielscheibe sitzt, jedoch scharf.

Des weiteren wollen die USA ihre Airbase in Spangdahlem in der Eifel auflösen und die 20 dort stationierten F16-Kampfjets nach Italien verlegen. Spangdahlem ist der Ort, an dem im Kriegsfall deutsche Kampfflugzeuge mit US-Atombomben bewaffnet werden sollen, um sie auf russische Ziele abzuwerfen. Das kann eigentlich nur bedeuten, dass die Atombomben entweder mit nach Italien umgezogen oder in die Heimat zurückgeführt werden. Schließlich kann man den Germans nicht einfach die totale atomare Teilhabe eröffnen. Spannend die Frage, ob AKK nun immer noch an ihrem Beschaffungsplan festhält, 45 Kampfflugzeuge vom Typ F18 bei Boeing zu bestellen, weil die klapprigen Bundeswehr Tornados ausrangiert werden und weil der Eurofighter nicht für den Transport von US-Atombomben zertifiziert ist. Ich vermute mal, die Verträge mit Boeing sind schon so weit gediehen, dass sie nur gegen horrende Konventionalstrafe noch rückgängig gemacht werden könnten.

Auch hier gilt: Spangdahlem war keine Einrichtung zur Verteidigung Deutschlands oder der EU, sondern eine Komponente der Kriegsführung über/auf feindlichem Territorium. Die Abwesenheit dieser Bedrohung für Russland macht Deutschland sicherer, denn auch Spangdahlem wäre in einem militärischen Großkonflikt primäres Angriffsziel.

Zuletzt soll die Mannschaftsstärke der US-Truppen am Truppenübungsplatz Grafenwöhr/Vilseck reduziert werden. Mit einem Truppenübungsplatz verhält es sich, wie mit einem Hauptquartier. Ein Truppenübungsplatz kann – geeignetes Geländer vorausgesetzt – überall auf der Welt betrieben werden. Dass US-Soldaten vor dem Angriff auf dem Irak auch in Grafenwöhr noch gedrillt wurden, hat nur damit zu tun, dass Grafenwöhr halt da war. Das hat auch nichts mit Deutschland und mit der Verteidigung Deutschlands zu tun. Das ist ein Trainingscamp. Ein schönes, großes Trainingscamp, mit dem Vorteil, dass die mit dem Betrieb angerichteten Schäden nicht in den USA angerichtet werden. Aber dass dieser Übungsplatz nicht ganz genau so und mindestens doppelt so groß auch im Gebiet zwischen Mszczonow, Belsk Duzy, Przybyszew und Rawo Mazowiecka in Polen angelegt werden könnte, ist kaum zu widerlegen. Die paar Bauern dort könnte man umsiedeln, wenn’s gewünscht wird.

Die ganze Aufregung hierzulande, überwiegend mit sicherheitspolitischen Argumenten vorgetragen, ist nur der Tatsache geschuldet, dass Trump seine Lieblingsdeutschen, Merkel und AKK, zwar nicht hart bestraft, aber doch zumindest spürbar geärgert hat. Der Abzug eines Drittels der US-Streitkräfte hat direkt den Verlust eines Drittels der von deutschen Zivilisten besetzten Stellen bei den US-Streitkräften zur Folge. Dass sind ungefähr 4.000 Jobs, die genau da wegfallen, wo es entweder chronisch an Industrie fehlt (Eifel, Oberpfalz), oder wo gerade zehntausende von Jobs in der Automobil- und Zuliefererbranche (Stuttgart) wegbrechen. Hinzu kommen vermutlich noch einmal Arbeitsplatzverluste in gleicher Größenordnung bei mittleren und kleinen Unternehmen, die in den US-Liegenschaften mit Reparatur- und Wartungsarbeiten, insbesondere an der nicht militärischen Infrastruktur beschäftigt waren. Großen Einfluss auf den örtlichen Einzelhandel wird es nicht geben, weil die GIs ganz überwiegend mit Konsumgütern aus den USA versorgt wurden. Kann sein, dass die eine oder Kneipe ihre Kundschaft verliert. Der gesamte volkswirtschaftliche Verlust für Deutschland dürfte zwischen 400 und 700 Millionen Euro jährlich liegen. Ein Nadelstich, der sich jedoch genau in den Regionen, wo er gesetzt wird, sehr schmerzhaft auswirken wird – und  womöglich  Zweifel an der Güte, Weitsicht und Vollkommenheit  der politischen Führung aufkommen  lässt.

Früher, als Betriebswirtschaft noch mehr war als Statistik, lernte der Student im ersten Semester, dass es für ein Unternehmen riskant sei, sich an einen einzigen Kunden zu binden. Eine „souveräne“ Politik hätte längst – spätestens ab 1989 – alles tun müssen, um die wirtschaftliche Abhängigkeit ganzer Regionen von US-Standorten aufzulösen. Hoffentlich ist wenigstens das aktuelle Geschehen Anlass genug, genau dies in Angriff zu nehmen, vordringlich in Bezug auf die Airbase Ramstein. Erst wenn niemand mehr aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen ist, als Zivilist für die Army zu arbeiten, wird es den verantwortlichen Politikern nämlich möglich, ernsthaft den längst überfälligen Abzug der US-Amerikaner zu fordern und damit die „Verwicklung“ Deutschlands in den umstrittenen Drohnenkrieg der USA zu beenden.

Schließlich handelt es sich um Stationierungsverträge zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den USA, die von beiden Seiten gekündigt werden können. Das dürfte zwar ähnlich schwierig werden wie der Austritt Großbritanniens aus der EU, aber unmöglich ist es nicht.

Außer die Amis wollen partout nicht raus.
Aber das zeigt sich erst, wenn man den Versuch unternimmt.