Jobwunder und Covid-Simulator

57 Wochen hat es gedauert, bis meine Statistik der Arbeitsplatzvernichtung in Deutschland den Wert von einer Million überschritten hat.

Um diese Zahl darstellen zu können, habe ich in den vergangenen 403 Tagen etwa 200 Stunden damit verbracht, rund 150.000 Google-Suchergebnisse auf Relevanz zu überprüfen und rund 3.000 Einzel-Einträge in die Statistik aufzunehmen, die sich inzwischen über den aktuellen Teil und drei Archive erstreckt.
(Meine Kaffeekasse finden Sie ganz unten auf der Seite)

Waren es im ersten Halbjahr, von Ende September 2019 bis Ende März 2020 ganz überwiegend die Auswirkungen der Energie- und Mobilitätswende, die in diesem Zeitraum zu den Entscheidungen führten, rund 250.000 Stellen abzubauen, so kamen in den folgenden 6 Monaten – unter dem Einfluss der Corona-Problematik drei Mal so viele Stellen unter die Räder. Allerdings stammten die Covid-bedingt verlorenen Jobs fast ausschließlich aus den Branchen Tourismus, Luftfahrt, Gastronomie und Großveranstaltungen, während der Abbau in der Automobilindustrie, im Maschinenbau und bei den Banken weiterhin sehr hoch war.

Die runde Million, die ich aus öffentlich zugänglichen Quellen erfasst habe, ist die Summe aus

  • erfolgten Entlassungen
  • angekündigtem Stellenabbau und
  • von Insolvenzen betroffenen Arbeitnehmern.

Diese Zahl ist also weniger ein Maßstab des tatsächlich bereits erfolgten Abbaus von Arbeitsplätzen als vielmehr ein Szenario der im Betrachtungszeitraum getroffenen Personal-Entscheidungen, und damit ein „Stimmungsbarometer“ der Wirtschaft. Allerdings sollte bedacht werden, dass die Ankündigung eines Unternehmens, bis 2022 1.000 Stellen abzubauen, nicht bedeutet, dass die 1.000 Arbeitsplätze bis Ende 2022 erhalten bleiben. In der Regel versucht man nach einer solchen Ankündigung den Großteil der betroffenen Arbeitsplätze möglichst zügig abzubauen, während ein kleiner Teil, der mit Abwicklungs-, Demontage- und Aufräumarbeiten befassten Mitarbeiter eher Anfang 2022 als Ende 2022 ebenfalls ihre Schuldigkeit getan haben werden.

Nicht erfasst, weil schlicht nicht greifbar, ist die Zahl der Kurzarbeiter und der durch Kurzarbeit entfallenen Arbeitsstunden. Die offizielle Statistik dazu kommt jeweils erst Monate später. Bis heute ist nur bekannt, dass im Juli für 4,24 Millionen Beschäftigte Kurzarbeitergeld gezahlt wurde, während es im April 5,95 Millionen waren.

Mag sein, dass die Zahl der Kurzarbeiter bis Ende Oktober noch weiter gesunken ist. Der Trend der Neuinfektionen mit Corona spricht allerdings eine eindeutige Sprache, die besagt, dass von dem auf morgen, Mittwoch, 28.10.20, vorgezogenen Corona-Krisengipfel neue Einschränkungen des privaten und öffentlichen Lebens zu erwarten sind, welche auch die Kurzarbeiterzahlen wieder in die Höhe treiben werden.

Die Tatsache, dass Unternehmen durch das Kurzarbeitergeld von der Last der Lohn- und Gehaltszahlungen in dem Maße befreit werden, wie die Kapazitätsauslastung und die Umsätze zurückgehen, ist ein wichtiges Element  zum Erhalt der Zahlungsfähigkeit jener Unternehmen, die über ausreichende Rücklagen verfügen um auch einige Monate in der Verlustzone zu überstehen. Doch eine Kompensation für die unabhängig von der Auslastung weiter anfallenden Fixkosten ist das Kurzarbeitergeld nicht, so dass wir mit dem Ansteigen der Fallzahlen der Infizierten und Erkrankten, der schweren Krankheitsverläufe und der Todesfälle in dieser zweiten Welle einen kräftigeren Anstieg der Geschäftsaufgaben und Insolvenzen zu erwarten haben als dies von Mai bis Juli der Fall war.

Wie bedrohlich die Situation schon in wenigen Wochen aussehen kann, zeigt ein Simulationsmodell, das von der Universität Saarbrücken entwickelt wurde und online zur Verfügung steht. Ich habe einen Link auf diesen Covid-Simulator, der regelmäßig neuen Entwicklungen und Erkenntnissen angepasst wird, in die Navigationszeile meiner Webseite eingefügt, damit Sie auch künftig einen direkten Zugriff darauf haben, ohne immer wieder auf diesen Tageskommentar zurückkommen zu müssen, von wo aus Sie natürlich sofort und hier zum Covid Simulator gelangen. Die einstellbaren Parameter finden Sie in der linken Spalte.