Mein gestriger „Gedankensplitter vom Tage“
VIESSMANN schmeißt die Wärmepumpe raus –
und wir alle müssen sie einbauen?
Was weiß Viessmann, was wir nicht wissen?
hat mir einige Leserzuschriften eingebracht. Das hat mich veranlasst, doch noch etwas ausführlicher darüber zu schreiben, welche Hintergedanken der Verkauf der Wärmepumpensparte an den US-Konkurrenten Carrier Global bei mir ausgelöst hat.
Da war zunächst einmal ein Interview mit Max Viessmann, das mich hellhörig gemacht hat. Es gab da eine Reihe von Begründungen, warum ein „starker Partner“ gut sei, um im schnellen Wachstum unter zunehmendem Konkurrenzdruck aus Asien bestehen zu können. Das alles bezieht sich aber schon nicht mehr auf die Zukunft von Viessmann, sondern auf die Zukunft von Carrier Global, wo Viessmann künftig zwar eine Beteiligung in der Größenordnung von 2 Milliarden Dollar halten wird, das operative Geschäft aber nur noch indirekt über einen Sitz im Verwaltungsrat beeinflussen kann. Alles, was Viessmann zu den Herausforderungen, Chancen und Risiken des Wärmepumpengeschäfts sagt, zeugt zwar von einer starken Verbundenheit der Familie Viessmann mit ihrem bisherigen Produkt, liegt nach dem Verkauf aber nur noch in der Verantwortung und im Interesse von Carrier Global.
Mehr am Rande fiel in diesem Interview diese Aussage:
„Neben Wärmepumpen haben wir Stromspeicher und ein komplettes Energielösungs-Angebot entwickelt. Darüber hinaus haben wir digitale Dienste und Dienstleistungen geschaffen. Das heißt: Heute schauen wir auf ein Unternehmen, das wichtige Produkte in Deutschland entwickelt und fertigt, aber auch wichtige Lösungen, insbesondere im digitalen Kontext.“
Ebenso am Rande erklärte Viessmann, dass die 80 Prozent des Kaufpreises, rund 10 Milliarden Dollar, die bar bezahlt werden im verbleibenden Viessmann Unternehmen eingesetzt werden sollen, um andere Geschäftsfelder stärker auszubauen.
Das weckt bei mir den Eindruck, dass man bei Viessmann nicht überzeugt ist, im wachsenden Wärmepumpenmarkt die besten Renditechancen vorzufinden. Dabei ist es fast auf den Tag genau ein Jahr her, dass Viessmann ankündigte, 1 Milliarde in Wärmepumpen zu investieren und das Werk in Polen weiter auszubauen.
Die eine, die „offizielle“ Erklärung für den Gesinnungswandel lautet: Die Chinesen werden den von Habeck erst geschaffenen Markt mit Dumpingpreisen schnell übernehmen
Dabei war vor einem Jahr längst – sowohl im grünen Wahlprogramm als auch im Koalitionsvertrag – exakt nachzulesen, wie schnell der Umstieg auf Wärmepumpen vollzogen werden soll – und die Chinesen gab es da auch schon.
So habe ich das 2021 aus dem Wahlprogramm der Grünen in meinem Buch „Wollt ihr das totale Grün“ beschrieben:
Klima-Sanierungsoffensive bei Gebäuden und eine fair gestaltete Wärmewende Sie schreien nach bezahlbarem Wohnraum, wollen eine Million bezahlbarer Wohnungen errichten, wissen, dass die Steigerung der Baukosten und damit der Mieten von den hohen bautechnischen Anforderungen maßgeblich getrieben werden, und stellen sich hin und verlangen: „Hohe Baustandards“. Neubauten sollen nur noch dem Passivhausstandard entsprechen, Altbauten müssen bei Eigentümerwechsel einem Sanierungsplan unterworfen werden. Wer eine Heizung austauschen oder ein Gebäude in größerem Umfang sanieren will, ist auch gleich mit behördlich verordneten Zwangsmaßnahmen gesegnet. Die glücklichen Zeiten in denen es so etwas wie einen Bestandsschutz gab, sind längst vorbei. Zwei Millionen Wärmepumpen sollen unters Volk gebracht werden, Fern- und Nahwärme sollen dekarbonisiert werden, und wer heizt, soll sich auf verknüpfte Systeme stützen, die das Heizen ja so komfortabel machen, … solange nicht der Strom ausfällt. Gut 6 Megawattstunden Strom schluckt so eine Wärmepumpe im Jahr, um ein Einfamilienhaus zu beheizen. Bei rund 30 Cent pro KWh ist das Heizen mit Öl bedeutend billiger. Die zusätzliche Last – die noch dazu nur im Winter anfällt, bei wenig Sonne und Gefahr der Dunkelflaute – wird bundesweit etwa 12 bis 15 Terawattstunden betragen. Zwei bis drei Prozent des Gesamtstromverbrauchs der Republik einfach mal so obendrauf. So spart man Strom … Natürlich muss diese Wärmwende fair gestaltet werden, und wenn schon die Eigenheimbewohner zur Kasse gebeten werden, dann ist es nur recht und billig, dass auch die Mieter ihren Anteil an den staatlich verordneten Investitionskosten tragen sollen, zumal sie ja ebenfalls die notwendigerweise steigenden Heizkosten zu tragen haben. Und wo der letzte Groschen der Mieter schon abgesaugt ist, da wird der Grünstaat mit einem „Klimawohngeld“ dafür sorgen, dass der Vermieter die Amortisation seiner Investitionen trotzdem erleben kann, weil halt der Steuerzahler für das aufkommt, was der Mieter nicht aufzubringen vermag. |
Ich hege die Vermutung, dass man bei Viessmann scharf nachgerechnet hat und zu dem Schluss gekommen ist, dass es diesen Markt nicht geben, bzw. dass er als Strohfeuer rasch wieder erlöschen wird. Wobei es für dieses Scheitern gleich zwei Indikatoren gibt:
a) das insbesondere während der Heizperiode jetzt schon unzureichende Stromangebot,
b) die fehlende Kaufkraft in den Taschen der meisten deutschen Eigenheimbesitzer.
Zur Kaufkraft vielleicht noch die folgende Überlegung:
Gebaut wird, wenn die Karriere gut gelaufen ist, so ungefähr ab dem 40. Lebensjahr. Ziel: Mit Renteneintritt schuldenfrei zu sein. Jüngere Heizungen geben nach etwa 15 Jahren (+/- 3) den Geist auf.
Der Austausch mit Kosten von 10 – 15 TDM für den Heizkessel im Keller lässt sich sowohl von den meisten Rentnern als auch von den noch die Hypotheken abstotternden Eigentümern gerade noch bewältigen.
30 TDM für die Wärmepumpe, plus in vielen Fällen notwendige Veränderungen am Haus (Dämmung, ggfs. Fußbodenheizung) die weitere zigtausend Euro verschlingen, sind von den meisten nicht zu stemmen, zumal auch die Banken bei der Bonitätsprüfung ins Grübeln geraten.
Die Pläne der EU und der amtierenden Bundesregierung, 50.000 Euro Strafe zu verhängen und ggfs. ein Nutzungsverbot für nicht vorschriftsgemäß sanierte Gebäude zu erlassen, werden sich nicht durchsetzen lassen. Dazu ist schon alleine der Wohnraum zu knapp. Zudem: Der Preisverfall bei Millionen von Gebäuden, die auf den Markt kommen, weil die Eigentümer nicht sanieren können, das Haus nicht länger nutzen dürfen und hohe Strafen zahlen müssen, könnte erhebliche Auswirkungen auf die Baufinanzierer nach sich ziehen, die in großem Maßstab die Restschulden der Häuslebauer ausbuchen müssten.
Von daher ist durchaus vorstellbar, dass das GebäudeEnergieGesetz nur in einer weit abgeschwächten Form verabschiedet wird (inzwischen kommt Kritik ja nicht nur von der FDP – da in Form eines Parteitagsbeschlusses – sondern sogar von Kevin Kühnert), und, dass selbst die dann noch enthaltenen Verpflichtungen in der Breite nicht durchgesetzt werden können.
Das war es dann, mit dem Wärmepumpen-Boom. Und Viessmann hat den Sums, samt der begonnenen Erweiterungsinvestitionen rechtzeitig abgestoßen.
In welche Geschäftsfelder wird Viessman den Verkaufspreis aber investieren?
Darüber gibt die Website von Viessmann Auskunft. Viessmann will sich von der Ebene der Komponenten auf die System-Ebene begeben und das große Thema „Energie-Management“ bearbeiten. Auch das zeugt von einer klugen Analyse. Wie sich die Energiewende weiter entwickelt, das ist in den Einzelheiten unsicher. Sicher ist, dass mindestens über die nächsten zehn Jahre beim Strom in Deutschland Knappheit herrschen wird und dass diese Knappheit möglichst optimal bewirtschaftet werden muss. Dies betrifft alle Verbraucher und die meisten (privaten) Stromerzeuger, ob nun mit oder ohne Wärmepumpe. Wer dieses Geschäft beherrscht, dessen Produkte finden Eingang in jedes Haus.
Wie sagte Max Viessman:
„Neben Wärmepumpen haben wir Stromspeicher und ein komplettes Energielösungs-Angebot entwickelt. Darüber hinaus haben wir digitale Dienste und Dienstleistungen geschaffen. Das heißt: Heute schauen wir auf ein Unternehmen, das wichtige Produkte in Deutschland entwickelt und fertigt, aber auch wichtige Lösungen, insbesondere im digitalen Kontext.“