Zukunftskoalition und Fortschrittsbündnis

Zukunft ist immer.

Was ist dagegen schon die kurzlebige Gegenwart?

In der Zukunft, so die Verheißung, wird der Strom billiger. Das klingelt so wohltuend in den Ohren, dass die Frage: „Billiger als was?“, gar nicht mehr aufkommt.

Billiger als bisher

Diejenigen, die das so interpretieren, dass der Strompreis wahrscheinlich unter das Niveau von 1989 fallen wird, glauben vermutlich, dass die Zukunft einen so genannten „Kipppunkt“ für den Strompreis bereithält, der von jenen begnadeten Menschen, die mit der Gabe der Präkognition gesegnet sind und alle Welt an ihrem Vorwissen teilhaben lassen, schon ganz deutlich wahrzunehmen ist.

Man darf eben die Entwicklung des Strompreises nicht einfach linear fortschreiben. Man muss die segensreichen Auswirkungen der Stromerzeugung mittels Windrädern und Fotovoltaik berücksichtigen. Mit deren Einführung sind die Strompreise zwar laufend gestiegen, doch sollte man sich hüten, hier schon eine Kausalität zu erkennen. Hätte es die preisdämpfende Wirkung von Solar- und Windstrom nicht gegeben, wer weiß denn, ob der Strompreis nicht längst die magische Grenze von 5 Euro/kWh nach oben durchstoßen hätte?

Billiger als andere Energieträger

Ja, natürlich! Seit mindestens 30 Jahren ist peak-oil überschritten. Die Fördermengen von Öl und Gas sind rapide zurückgegangen, was massiven Einfluss auf die Rohstoffpreise hatte. Russland, so hört man, fördert inzwischen überhaupt nichts mehr, außer für den eigenen Bedarf. Zudem werden nach den deutschen Steinkohlezechen nun auch die deutschen Braunkohlegruben zugeschüttet und wieder in Kohlenstoffsenken (Moore) umgewandelt.

Das ist halb Gegenwart, halb Zukunft. Deshalb sind auch die Preise für Öl, Gas und Kohle immer noch so niedrig, dass der Strom sich da, wo er statt Öl, Gas und Kohle eingesetzt werden kann, als die teurere Lösung erweist.

Wenn allerdings ganz Zukunft sein wird, dann wird der Strom weitaus billiger sein, ganz unabhängig von weltweiten Fördermengen und weltweiter Nachfrage, weil der Zukunftsgesetzgeber alle Möglichkeiten hat und auch davon Gebrauch machen wird, die fossilen Energieträger künstlich zu verteuern. Dann gibt es weiterhin teuren Strom, aber eben noch viel teureres Öl und Gas, von der Kohle ganz zu schweigen, während der Sieg über die wettbewerbsverzerrende Billig-Konkurrenz der Kernkraft schon  Vergangenheit ist.

Das schweizer Bundesamt für Energie hat 2019 die Stromgestehungskosten von Stromproduktionsanlagen gegenübergestellt. Es sind Bandbreiten angegeben. Ich habe die Werte der hier verlinkten Grafik in Faktoren umgerechnet. Dann sieht das so aus:

Art der Stromproduktionsanlage Vergleich
Mindestpreis/kWh
Vergleich
Höchstpreis/kWh
Kernenergie 1,0 1,0
Gas- und Dampfkraftwerk 2,2 1,0
Windenergie (Schweiz) 3,0 1,7
Photovoltaik 2,0 2,2
Kleinwasserkraft 2,4 2,3
Großwasserkraft 1,4 2,5
Biogas 3,6 4,2

Nur ein relativ teures Kernkraftwerk verursacht gleich hohe Kosten wie ein relativ teures Gas-/Dampfkraftwerk. Alle so genannten „Erneuerbaren“ sind schon bei den Gestehungskosten teurer, wobei die Notwendigkeit des Netzausbaus und der Schaffung von Speichern noch gar nicht berücksichtigt ist.

Die halbe Wahrheit

Es mag ja sein, dass die Zunkunftsfortschrittskoalition im Verein mit der EU tatsächlich dahin kommt, dass Strom eines Tages – trotz der Vollumstellung auf Erneuerbare – als der preisgünstigste Energieträger dastehen wird.

Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Überall da, wo mit Öl und Gas betriebene „Geräte“, von der Heizung bis zum Automobil, mit Strom betrieben werden sollen, sind die Anschaffungskosten dieser Geräte weitaus höher als deren mit fossilen Brennstoffen betriebenen Vorgänger.

Damit schwindet der künstlich geschaffene Vorteil des Strompreises schnell  dahin. Die momentan angebotenen E-Mobile kosten etwas das Doppelte von dem, was vergleichbare Verbrenner kosten. Wer statt 25.000 Euro für den Verbrenner 45.000 Euro für den Stromer auf den Tisch legen muss, nimmt zunächst einmal einen Verlust von 20.000 Euro in Kauf. Selbst wenn der Liter Diesel dann 2 Euro kosten sollte, sind das 10.000 Liter Diesel, bzw. eine Fahrstrecke von 150.000 Kilometern, bei einem Verbrauch von 6 – 7 Liter pro 100 Kilometer.

Bis diese 150.000 km mit dem E-Mobil zurückgelegt sind, dürfte in vielen Fällen die Batterie am Ende sein, was zugleich das Ende des Autolebens bedeutet, denn eine neue Batterie – das teuerste Teil im E-Mobil – lohnt sich nicht mehr, selbst wenn der Austausch technisch möglich sein sollte.

Über Reichweitenprobleme und die Lade-Infrastruktur der Verkehrswende soll hier gar nicht weiter gesprochen werden, denn die negativen wirtschaftlichen Folgen der Wärmewende übertreffen alles Vorstellbare.

2,5 Billionen Euro ( + X), hat die FDP ausgerechnet, wird das Gebäudenergiegesetz bis zur vollständigen Sanierung des Gebäudebestandes 2045 kosten. 200 Milliarden Euro – nach heutigem Geldwert – jährlich im Durchschnitt. Bei rund 40 Millionen Haushalten sind das 60.000 Euro pro Haushalt, aufs Jahr bezogen etwa 3.000 Euro. Für den Durchschnittsverdiener bedeutet das, dass mehr als ein ganzes Monats-Netto-Einkommen zusätzlich für Heizung ausgegeben werden muss.

Wobei nicht gesagt wird, dass die Qualität der Heizung dem bisher gewohnten Standard entsprechen wird. Wärmepumpen, vor allem Luft-Wärmepumpen, sind zwar gut, um im Sommer für Warmwasser zu sorgen, nicht aber wirklich geeignet, um bei strengem Frost stets angenehme Temperaturen in den Wohnräumen herzustellen, abgesehen davon, dass schon heute angekündigt wird, dass die Wärmepumpen zur Sicherung der Stromnetze zwangs-abgeschaltet werden dürfen.

Wer soll das bezahlen?

Frau Esken, von der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, verkündet schon einmal: „Wir werden nicht nur Eigentümer, sondern auch Mieter vor übermäßigen Belastungen schützen.“

Nun ist es nicht so, dass Frau Esken in der Regierung säße, sie sitzt nur einer der drei Regierungsparteien vor, und was sie da der „Stuttgarter Zeitung“ gesagt hat, ist näher an einer Privatmeinung als an einer Regierungserklärung.

Wenn sie also weiter ausführt, dass die Investitionen nicht so einfach auf die Mieter umgelegt werden dürften, dann kann das nicht überzeugen.

Wenn sie zudem erklärt, der Staat werde Hilfen geben, aber nur nach dem Bedarf der Empfänger: „Wir wollen und wir werden nicht Einkommensmillionäre schützen, die eine Wärmepumpe einbauen müssen“, dann kann auch das nicht überzeugen.

Fakt ist: Es wird ein volkswirtschaftlicher Schaden in Billionenhöhe angerichtet.

Auch wenn das BIP durch das Gebäudeenergiegesetz steigen wird, weil zumindest die Handwerkerleistungen als „Wertschöpfung“ in die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung eingehen, während die Investitionsgüter zu großen Teilen aus Importen stammen: Hier entsteht kein Mehrwert!

Es werden lediglich funktionsfähige Heizungen vorzeitig verschrottet und mit erheblichem Mehraufwand durch Wärmepumpen ersetzt, was in den meisten Fällen auch die Fußböden und den Estrich betrifft, weil Wärmepumpen nun einmal für Fußbodenheizungen konzipiert sind.

Das BIP steigt ja auch dann, wenn Sie Ihren Pkw in die Leitplanke setzen, und zwar um die Kosten für den Ersatz der Leitplanke und um die Reparaturkosten ihres Autos, ohne dass dadurch ein Mehrwert geschaffen worden wäre.

Weil aber kein Mehrwert geschaffen wird, stellt sich die Frage nach der Finanzierung umso dringlicher.

Es ist dabei vollkommen egal, ob der Staat die Wärmewende mit Zuschüssen für Eigentümer oder für Mieter finanziert, oder ob er es bleiben lässt.

Im volkswirtschaftlichen Rahmen gesehen könnten die 2,5 Billionen genausogut als Reparationsleistungen an Polen gezahlt werden. Auch da ist es egal, ob der Staat einen Kredit aufnimmt oder ob die Hauseigentümer mit Zwangshypotheken belegt werden oder ob einfach die Mehrwertsteuer auf 50 Prozent angehoben wird. Das Geld wird weg sein, ohne dass Deutschland einen Nutzen davon hätte.

Ausgedacht haben soll sich das alles jener Patrick Graichen, der von der „Agora Energiewende“ als Staatssekretär ins Wirtschaftsministerium wechselte und nun heute doch noch in den einstweiligen Ruhestand versetzt wurde.

Aber machen wir uns keine Hoffnung, dass Robert Habeck nun die Ideen für die Deindustrialisierung Deutschlands ausgehen werden. Patrick Graichen wird sich doch nicht zur Ruhe setzen. Er wird bei einem der vielen Institute des grünen Netzwerks eine führende Position einnehmen oder selbst ein Beratungsunternehmen gründen und dem Ministerium dann eben gegen Beraterhonorar statt gegen Beamtenbesoldung mit Rat und Rat zur Seite stehen.

An der Stoßrichtung der fortschrittlichen Zukunftskoalition wird sich nichts ändern. Erst wenn die Ampel zerbricht, wird es ein Fünkchen Hoffnung geben, wenn dann nicht schon alles zu spät ist.

Die „Letzte Generation“, das sei hier noch angeführt, wird tatsächlich eine letzte Generation sein. Die letzte Generation, die Deutschland noch als eine – wenn auch schon im Abstieg befindliche – führende Wirtschaftsnation erleben durfte. Wir alle sind diese letzte Generation, und die „Letzte Generation“, samt ihrer Förderer, sorgt dafür, dass es kein Zurück mehr gibt.