Natürlich sind Bauern rechts, was denn sonst?

Es gibt wohl keinen anderen Berufsstand, dem man das Rechtssein an praktisch allen seinen Lebensäußerungen so direkt ansehen kann, wie den Bauern.

Das fängt damit an, dass sie ihre Felder zwar mit Mist und Gülle düngen, nachhaltig, sozusagen, aber dass die Bauern nie auf die Idee kämen, ihr Land deshalb, wie andere Nachhaltigkeitsapostel, als ein mieses Stück Scheiße zu bezeichnen.

Für den Bauern ist das Land alles. Er klebt an – und lebt von – der Scholle, und viele Bauern bewirtschaften das gleiche Stück Land schon seit Generationen, ackern und säen da, wo schon der Gr0ßvater und der Urgroßvater geackert und gesät haben und wo einst die Enkel und Urenkel noch ackern und säen sollen.

Der Bauer sieht den Hof auch weniger als sein Eigentum an als vielmehr als die Lebensgrundlage einer  endlosen Folge von Generationen.Ein alter Bauer aus dem Schwäbischen, am Rande des Lechfelds, hat mir einmal erzählt, dass jede Generation, neben der Landarbeit, dem Hof auch etwas Neues hinzufügen müsse. Ob eine neue Scheune oder einen neuen Stall, ob ein neues Wohnhaus oder eine Silo-Anlage, das kommt ganz auf die Zeit und die Notwendigkeiten an, aber einfach das Alte weiter nutzen, sozusagen auf Verschleiß fahren, wie die Bahn oder die Autobahnbrücken, das kommt für den Bauern nicht in Frage.

Es geht damit weiter, dass die Bauern sehr viel von Biologie verstehen. Sie wissen nicht nur, welcher Boden sich für Kartoffeln eignet und welcher  für Getreide, sie wissen, wo Gemüse gedeiht, wo man Wein anbauen kann und wo es sich lohnt, Hopfengärten anzulegen. Sie wissen auch, dass es auf die richtige Fruchtfolge ankommt, wenn man den Boden lebendig und fruchtbar halten will.

Die Biologiekenntnisse der Bauern gehen aber über die Pflanzenwelt weit hinaus. Bauern kennen den Unterschied zwischen Gänsen und Enten, ohne Ornithologie studiert zu haben. Sie können den Hammel in der Schafherde erkennen, und sie kennen seit ewigen Zeiten drei Geschlechter. Beim Rind zum Beispiel, unterscheiden sie treffsicher zwischen

  • der Kuh, weil das das Tier ist, das Kälber austrägt und Milch gibt,
  • dem Stier, weil das das Tier ist (und nicht der Tierarzt!), das die Kuh befruchtet, und auch gutes Fleisch liefert, und
  • dem Ochsen, der weder Milch noch Samen spendet, weil er eben ein Ochs ist.

Kein Bauer käme jemals auf die Idee, dass zwei Ochsen, oder zwei Kühe, oder zwei Stiere jemals ein Kälbchen zustande bringen könnten.

Das weiß der Bauer. Da lässt er sich auf gar keine Diskussionen ein.

Er lässt sich auch sonst nicht gerne auf Diskussionen ein, außer am Stammtisch, beim Dorfwirt, unter seinesgleichen.

Dafür hat er ja auch sonst gar keine Zeit. Sein Arbeitstag beginnt spätestens um sechs Uhr morgens, und wenn er zwölf Stunden später die Melkmaschine ausschaltet, muss er sich noch mit der Bürokratie herumschlagen und Rechnungen bezahlen, oder ellenlange Fördermittelanträge ausfüllen.

Der Bauer weiß auch, dass ihm niemand hilft, wenn die „Herrschaft“ ihm den Zehnten, oder den Fünften, oder jeden Zweiten abpresst. Er duldet lange, bis an den Punkt, an dem er erkennt: Jetzt geht es um meine Existenz. Wenn ich jetzt nicht aufstehe, bin ich verloren.

Zu Beginn der Bauernkriege, im Jahre 1525 haben deutsche Bauern etwas hervorgebracht, was als eine frühe Postulation von Menschenrechten angsehen wird.

 

Die Zwölf Artikel von Memmingen

Flugschrift der Zwölf Artikel von 1525

 

Wikipedia gibt folgende grobe Übertragung des Texts der Zwölf Artikel in heutiges Deutsch:[6]

  1. Jede Gemeinde soll das Recht haben, ihren Pfarrer zu wählen und ihn zu entsetzen (abzusetzen), wenn er sich ungebührlich verhält. Der Pfarrer soll das Evangelium lauter und klar ohne allen menschlichen Zusatz predigen, da in der Schrift steht, dass wir allein durch den wahren Glauben zu Gott kommen können.
  2. Von dem großen Zehnten sollen die Pfarrer besoldet werden. Ein etwaiger Überschuss soll für die Dorfarmut und die Entrichtung der Kriegssteuer verwandt werden. Der kleine Zehnt soll abgetan (aufgegeben) werden, da er von Menschen erdichtet ist, denn Gott der Herr hat das Vieh dem Menschen frei erschaffen.[7]
  3. Ist der Brauch bisher gewesen, dass man uns für Eigenleute (Leibeigene) gehalten hat, welches zu Erbarmen ist, angesehen, dass uns Christus alle mit seinen kostbarlichen Blutvergießen erlöst und erkauft hat, den Hirten gleich wie den Höchsten, keinen ausgenommen. Darum erfindet sich mit der Schrift, dass wir frei sind und sein wollen.
  4. Ist es unbrüderlich und dem Wort Gottes nicht gemäß, dass der arme Mann nicht Gewalt hat, Wildbret, Geflügel und Fische zu fangen. Denn als Gott der Herr den Menschen erschuf, hat er ihm Gewalt über alle Tiere, den Vogel in der Luft und den Fisch im Wasser gegeben.
  5. Haben sich die Herrschaften die Hölzer (Wälder) alleine angeeignet. Wenn der arme Mann etwas bedarf, muss er es um das doppelte Geld kaufen. Es sollen daher alle Hölzer, die nicht erkauft sind (gemeint sind ehemalige Gemeindewälder, die sich viele Herrscher angeeignet hatten), der Gemeinde wieder heimfallen (zurückgegeben werden), damit jeder seinen Bedarf an Bau- und Brennholz daraus decken kann.
  6. Soll man der Dienste (Frondienste) wegen, welche von Tag zu Tag gemehrt werden und täglich zunehmen, ein ziemliches Einsehen haben (sie ziemlich reduzieren), wie unsere Eltern gedient haben, allein nach Laut des Wortes Gottes.
  7. Soll die Herrschaft den Bauern die Dienste nicht über das bei der Verleihung festgesetzte Maß hinaus erhöhen. (Eine Anhebung der Fron ohne Vereinbarung war durchaus üblich.)
  8. Können viele Güter die Pachtabgabe nicht ertragen. Ehrbare Leute sollen diese Güter besichtigen und die Gült nach Billigkeit neu festsetzen, damit der Bauer seine Arbeit nicht umsonst tue, denn ein jeglicher Tagwerker ist seines Lohnes würdig.
  9. Werden der großen Frevel (Gerichtsbußen) wegen stets neue Satzungen gemacht. Man straft nicht nach Gestalt der Sache, sondern nach Belieben (Erhöhungen von Strafen und Willkür bei der Verurteilung waren üblich). Ist unsere Meinung, uns bei alter geschriebener Strafe zu strafen, darnach die Sache gehandelt ist, und nicht nach Gunst.
  10. Haben etliche sich Wiesen und Äcker, die einer Gemeinde zugehören (Gemeindeland, das ursprünglich allen Mitgliedern zur Verfügung stand), angeeignet. Die wollen wir wieder zu unseren gemeinen Händen nehmen.
  11. Soll der Todfall (eine Art Erbschaftssteuer) ganz und gar abgetan werden, und nimmermehr sollen Witwen und Waisen also schändlich wider Gott und Ehre beraubt werden.
  12. Ist unser Beschluss und endliche Meinung, wenn einer oder mehr der hier gestellten Artikel dem Worte Gottes nicht gemäß wären …, von denen wollen wir abstehen, wenn man es uns auf Grund der Schrift erklärt. Wenn man uns schon etliche Artikel jetzt zuließe und es befände sich hernach, dass sie Unrecht wären, so sollen sie von Stund an tot und ab sein. Desgleichen wollen wir uns aber auch vorbehalten haben, wenn man in der Schrift noch mehr Artikel fände, die wider Gott und eine Beschwernis des Nächsten wären.

Haben Sie die zwölf Artikel gelesen und die Parallelen zur heutigen Situation der Bauern erkannt? Haben Sie sich jemals  mit dem Gesetzeswust befasst, dem die Landwirte seitens der EU und des Bundes unterworfen sind? Wissen Sie, dass Bauern ihr Saatgut nicht mehr selbst aus der Ernte entnehmen dürfen, sondern  von den großen Saatgut- und Ackergiftkonzernen alljährlich neu kaufen müssen? Haben Sie vom neuen Waldgesetz gelesen, das auf den Weg gebracht wird, und Bauern, Forstwirte und Jäger gleichermaßen auf eine nie dagewesene Weise gängeln soll? Wissen Sie, dass Anbauflächen von der EU per Satellit sowohl vermessen als auch überwacht werden, und niemand und nirgends etwas anbauen darf, wasnicht ausdrücklich erlaubt ist?

Wenn die Herrschaft links ist, und den Bauern plündert, und der Bauer sich gegen die Herrschaft stellt – wo steht er dann automatisch?

Ja. Rechts.

Diese Unterscheidung war zwar zu Zeiten der Bauernkriege noch unbekannt, aber die Art und Weise, wie damals die Herrschaften über die Bauern hergezogen sind, wie sie beschimpft und verleumdet wurden, weil sie nichts anderes wollten, als ihr bäuerliches Leben leben und damit die Ernährung des ganzen Volkes sichern, diese Art und Weise ist gleich geblieben. Die Tagespresse ist gerade wieder voll davon.

Zwischen links und rechts gibt es doch längst keine Mitte mehr, so wie es zwischen Aristokratie und Bauern keine Mitte gab.

Zur Vorgeschichte der Bauernkriege ist bei Wikipedia zu lesen:

Der Hochadel war an einer Änderung der Lebensumstände der Bauern nicht interessiert, weil dadurch zwangsläufig eigene Privilegien und Vorteile eingeschränkt worden wären. Der niedere Adel ging dem Niedergang entgegen und hatte mit einem dramatischen Machtverlust zu kämpfen, was zu eigenen Aufständen führte (Pfälzischer Ritteraufstand). Der Versuch vieler niederer Adliger, sich durch Raubrittertum über Wasser zu halten, ging größtenteils wiederum zu Lasten der Bauern.

Der Klerus war genauso gegen jede Veränderung: Der Katholizismus in der damals bestehenden Form stellte die Kernsäule des Feudalismus dar; die kirchlichen Einrichtungen waren in der Regel selbst feudal organisiert – kaum ein Kloster existierte ohne zugehörige Dörfer. Die Kirche bezog ihre Einnahmen vorwiegend aus Spenden, Ablasshandel sowie dem Zehnten. Letzterer war auch für den Adel eine wichtige Finanzquelle.

Die einzigen Reformbestrebungen, die auf die Abschaffung der alten Feudalstrukturen innerhalb der Städte zielten, gingen vom erstarkenden Bürgertum der Städte aus, blieben aber schwach ausgeprägt, da auch dieses von Adel und Klerus abhängig war.

Wie es um die Landwirtschaft in Deutschland aussieht, darüber berichtet ausgerechnet die gar nicht rechte „Junge Welt„, indem sie nichts anderes tut, als aus dem »Agrarpolitische Bericht der Bundesregierung 2023«, zu zitieren und zu kommentieren. Klicken Sie den Link an. Sie werden erfahren, wie viele Höfe täglich aufgeben, wie viele es überhaupt noch gibt, wie sich die Pachtpreise entwickeln, und Sie werden diese Aussagen eines Ferkelzüchters lesen:

Für Ferkelerzeuger stehen in den nächsten Jahren verpflichtend große Umbaumaßnahmen an, die viele Kollegen nicht mehr umsetzen wollen und können. Zumal konventionelle Höfe bei etwaigen Fördermitteln außen vor bleiben. Barkmann: »Hohe administrative Anforderungen, politische Sonntagsreden und knallharter Markt, wir Schweinehalter werden zermürbt.«

Rund 4.000 Euro wollte die Ampel den landwirtschaftlichen Betrieben pro Jahr durchschnittlich wegnehmen. Was den Landwirten übrig bleibt, kann man aus den Veröffentlichungen des Ministeriums für Landwirtschaft und Ernährung auch ablesen.

Umgesetzt wurden 2022 rund 74,4 Milliarden Euro. Die Kosten für Vorleistungen (Dünge- und Bodenverbesserungsmittel, Energie und  Futtermittel) beliefen sich auf 43 Milliarden. Ohne dass davon schon die Pachtzinsen oder die Tilgungsraten für den Traktor gezahlt worden wären, verblieben den Betrieben im Durchschnitt 125.000 Euro. Bei durchschnittlich 3,5 Beschäftigten pro Betrieb ergibt sich pro Person ein durschnittliches Brutto-Monatseinkommen von knapp 3.000 Euro – netto bleiben davon rund 2.300 Euro übrig.

Im Ergebnis wären die Pläne der Bundesregierung, den Bauern zur Finanzierung von Migration, Ukraine-Krieg und Energiewende mal eben eine Milliarde Euro wegzunehmen, darauf hinausgelaufen, dass alle in der Landwirtschaft Beschäftigten statt 12 Monatsgehältern zu 2.300 Euro netto, nur noch 10,25 Gehälter, erhalten, also ab der zweiten Novemberwoche leer ausgehen.

In den 12 Artikeln von 1525 hieß es dazu:

  1. Können viele Güter die Pachtabgabe nicht ertragen. Ehrbare Leute sollen diese Güter besichtigen und die Gült nach Billigkeit neu festsetzen, damit der Bauer seine Arbeit nicht umsonst tue, denn ein jeglicher Tagwerker ist seines Lohnes würdig.

Wo Bürgergeldempfängern innerhalb eines Jahres die Bezüge um 25 Prozent erhöht wurden, sollte den Bauern durch einen Federstrich der Ampel 15 Prozent ihres Einkommens genommen werden?

Und weil sie sich dagegen wehren wollen, sind das jetzt alles Rechtsextremisten?

Natürlich sind Bauern rechts, was denn sonst.

Konservativ, landverbunden, patriotisch und mit gesundem Menschenverstand gesegnet,
alles was rechts ist.

Das ist gut so. Und wir könnten mehr von dieser Art gebrauchen.