Ein Loch ist im Stromnetz, Karl Otto, Karl Otto …

Sie kennen dieses Blödel-Lied. Falls nicht, dann gibt das Medium-Terzett gerne Nachhilfe.

Von der Grundidee her wird damit das allzu menschliche Bestreben karikiert, ein Problem so lange mit untauglichen Mitteln zu therapieren, bis es  unweigerlich erneut als Hindernis der Problemlösung auftaucht.

Beim Vortrag des Blödelliedes auf der Bühne endet das Ringelreihenspiel des Unfugs mit dem tosenden Gelächter des Publikums, das genau diesen Moment, diese Pointe herbeigesehnt hat, weil nichts für die einfachen Gemüter schöner sein kann, als einem mit einem noch einfacheren Gemüt genüßlich dabei zuzusehen, wie er Schritt für Schritt auf die selbst gegrabene Grube zueilt und schließlich hineinfällt.

Haben Sie das oben verlinkte Video angesehen? Dann dürfte Ihnen aufgefallen sein, dass das Loch im Eimer keine natürliche Ursache hatte. Der Blecheimer ist nicht etwa durchgerostet. Da hat jemand mit einem geeigneten Werkzeug ein sauberes, kreisrundes Loch hergestellt, und zwar genau da, wo es die Funktionsfähigkeit des Eimers am meisten beeinträchtig, nämlich ganz unten. Da bleibt kein Schluck Wasser im Eimer. Eine perfide Missetat, wie man sie von Max und Moritz erwarten könnte.

Da ist also nichts dem Zufall überlassen worden. Alles ist inszeniert. Es soll gar kein Wasser geholt werden können, um den Schleifstein nass zu machen, damit die Axt geschärft werden kann, um das Stroh zu kürzen, mit dem das Loch im Eimer gestopft werden soll, damit Wasser geholt werden kann. Es ist, wie man heute sagt „ein Fake“, auch wenn die „Fakten-Checker“ noch so oft betonen, das Loch im Eimer könne nicht wegdiskutiert werden, es sei wissenschaftlich bestätigt, so wie sich auch die Methode, Löcher mit Stroh zu stopfen, bewährt hat, was insbesondere bei so genannten „Strohköpfen“ nachweislich gelungen sei.

Im bundesdeutschen Energie-Eimer finden sich zwei scheunentorgroße Löcher. Auch hier war es nicht der Zahn der Zeit, der diese Löcher verursacht hat, auch nicht Fahrlässigkeit, die sie entstehen ließ: Diese Löcher in der Struktur der preiswerten und zuverlässigen Stromversorgung wurden vorsätzlich geschaffen.

Atomstrom ist böse, Karl-Otto, Karl-Otto
Atomstrom ist böse, Karl-Otto, zu Hilf!

Nun, es war nicht Karl-Otto, sondern Angela, die dieses Loch in unseren Eimer geschossen hat und damit die Abhängigkeit von russischem Erdgas erst wirklich hergestellt hat. Eine Abhängigkeit, die allerdings erst dann zu einer „gefährlichen“ Abhängigkeit wurde, als die nächste Strophe gesungen wurde.

Der Gashahn ist böse, Karl-Otto, Karl-Otto.
Der Gashahn ist böse, Karl-Otto, dreh zu!

So wurde also das Kernenergie-Loch, das eigentlich mit Gaskraftwerken gestopft werden sollte, wieder aufgerissen und dabei das Gasheizungsloch gleich mit dazu. Dass das Russengasloch dann auch noch mit drei Unterwasserexplosionen von der revidierbaren Willensentscheidung in irreversible, physische Löcher verwandelt wurde, war da eigentlich schon egal und Henri stimmte ein neues Lied an.

Die Wirtschaft braucht Stro-hom, Karl-Otto, Karl-Otto.
Die Wirtschaft braucht Stro-hom, Karl-Otto, braucht Strom.

Dann mach ihn, oh Henri, oh Henri.
Dann mach ihn, oh Henri, oh Henri mach fix!

Womit denn, Karl-Otto?

Mit’m Windrad, oh Henri!

Der Wind weht nicht immer, Karl-Otto!

Du musst den Strom speichern, oh Henri, oh Henri!

Nun stand Henri da und  stellte fest, dass sich Strom mit den vorhandenen Technologien nur in ganz geringen Quantitäten speichern lässt, weshalb notgedrungen die schmutzigsten Kraftwerke wieder aus der Reserve geholt und ans Netz genommen wurden. Kohle fängt ja auch mit einem „K“ an, genau wie Kernkraft, damit ist das Loch gestopft. Was soll’s. Stroh war für den Wassereimer ja auch nur eine Notlösung.

Im Winter fehlt Ga-has, Karl-Otto, Karl-Otto.
Im Winter fehlt Ga-has, Karl-Otto – mich friert’s!

Kein Problem. Nehmen wir einfach die Wärmepumpen, die brauchen kein Gas, die brauchen nur Strom. Wir haben kein Stromproblem, wir haben ein Gasproblem (Karl-Otto im Juli 2022).

Nimm Stro_hom, oh Henri, oh Henri.
Nimm Stro_hom, oh Henri, nimm Strom.

Die Wirtschaft braucht den Stro_hom, Karl-Otto-Karl-Otto ….

Dann mach me_her, oh Henri, oh Henri …

Womit denn Karl Otto, Karl Otto?
Womit den Karl Otto, Karl-Otto womit?

Ja, womit denn? Die E-Mobilität braucht ja auch Strom, und das Loch im Eimer ist immer noch nicht geschlossen. Wind und Sonne reichen nicht aus, um den Strombedarf zu decken, selbst die zusätzliche Gasversorgung mit politisch korrektem Fracking-Gas bringt nicht die Lösung. Henri kommt nicht darum herum, Karl-Otto erneut um einen guten Rat zu bitten.

Gut, ich weiß, allmählich wird das Blödellied ermüdend. Irgendwann mag man dieses „Karl-Otto, Karl-Otto, oh Henri, oh Henri“ nicht mehr hören, vor allem, weil es gar nicht mehr lustig ist, weil selbst die einfachen Gemüter bemerken, dass das Bemühen der  vermeintlich noch einfacheren Gemüter nicht einfach nur Tolpatschigkeit sein kann, sondern da schon ein dicker Hauch von Vorsatz in der Luft liegt, aber noch sind wir ja noch gar nicht voll in der Gegenwart angekommen. Da müssen schon noch ein paar Strophen sein. Sie können sich ruhig die Ohren zuhalten. Das nützt gar nichts. Es ist kein Theater. Es ist die Realität.

Der Strom ist zu teuer, Karl-Otto, Karl-Otto.
Der Strom ist zu teuer, Karl-Otto, die Wirtschaft haut ab.

Dann lass sie doch ziehen, oh Henri, oh Henri.
Dann lass sie doch ziehen, das tut uns doch gut.
(Sinngemäß Patrick Graichen im Juni 2022)

Das war das „Einerseits“. Es gibt aber auch das „Andererseits“:

Subventioniere den Strompreis, oh Henri, oh Henri.
Subventioniere den Strompreis, oh Henri und zahl!
(Robert Habeck, dieser Tage)

Doch so sehr sich unser Henri auch müht, den weisen Ratschlägen der Wissenschaft zu folgen, das Loch wird eher größer als kleiner. Es heißt jetzt auch nicht mehr Loch, sondern Lücke, Stromlücke, die es zu überbrücken gilt, und während die Theorien zu neuen Brückentechnologien die eigentlichen Technologien bereits wie ein Urwald bis zur Unkenntlichkeit überwuchern, steigert sich das Blödellied zum Finale furioso.

Ein Loch ist im Stromnetz, Karl-Otto, Karl-Otto.
Ein Loch ist im Stromnetz, Karl-Otto – Black-Out.

Dann stopf es, oh Henri, oh Henri.
Dann stopf es, oh Henri, oh Henri – mach’s dicht!

Sie meinen, spätestens jetzt geht die Geschichte in die erste Wiederholungsschleife? Weit gefehlt. Jetzt geht es erst richtig los! Henri fragt also noch einmal: „Womit denn, Karl-Otto?“, und diesmal erhält er eine erstaunliche neue Anweisung:

Mit Wa-hassersto-hoff, oh Henri,  oh Henri!

Henri sucht, findet aber keinen Wasserstoff, und vermeldet dies betrübt an Karl-Otto. Der nie um eine Antwort verlegen, weist Henri an:

Dann mach ihn, oh Henri, oh Henri.
Dann mach ihn, oh Henri, oh Henri gib Gas!

Woraus denn, Karl-Otto?
Aus Wasser, oh Henri!
Und wie denn, Karl-Otto?

Mit Stro-hohm, oh Henri, oh Henri, oh Henri!
Mit Stro-hom, oh Henri, oh Henri, mit Strom!

Damit endet das Blödellied. Die Realität, die inzwischen alle ernsthaften Satiriker, Komiker und Kabarettisten arbeitslos gemacht hat, geht aber unerbittlich weiter ihren Gang. Tatsächlich soll Wasserstoff als Speichermedium eingesetzt werden. Gewinnen will man den Wasserstoff tatsächlich aus Wasser unter Zuhilfenahme jenes Überschussstromes, der erzeugt wird, wenn der Wind tagsüber im Sommer bei strahlendem Sonnenschein kräftig weht. Weil die Elektrolyse und die Rückumwandlung in Strom per Brennstoffzelle oder Gasturbine jedoch mit erheblichen Verlusten verbunden ist, werden die bestehenden Solaranlagen und Windparks aber nicht ausreichen, um so viel Wasserstoff zu speichern, wie bei einer mehrtägigen Dunkelflaute benötigt würde, um den Strombedarf zu decken. Also  muss die Zahl der Windräder mindestens verdreifacht werden, um an den wenigen günstigen Tagen im Jahr eine so große Überstromernte einfahren zu können, dass der daraus gewonnene Wasserstoff ausreicht, um eine Dunkelflaute zu überbrücken. Das alles kostet sehr viel Geld – und dabei bleibt eine Restunsicherheit mit Blackout-Gefahr bestehen, die größer ist als das Risiko, dass alle einstmals stromproduzierenden Kernkraftwerke gleichzeitig ausgefallen wären.

Karl Otto ist aber überzeugt, wenn dies alles erst einmal installiert sein wird, ereignet sich das große Wunder:

Der Strompreis wird sinken, oh Henri, oh Henri.
Der Strompreis wird sinken, oh Henri, er sinkt!

Wieso denn, Karl-Otto, Karl-Otto, Karl-Otto?
Wieso denn, Karl-Otto, Karl-Otto – warum?

Weil das stets das Ziel war, oh Henri, oh Henri.
Weil das unser Ziel war, oh Henri, das Ziel!

Wer’s glaubt der wird selig, Karl-Otto, Karl-Otto.
Wer’s glaubt der  wird selig, Karl-Otto – ich nicht!