Bei Volkswagen hat man frisch beschlossen, alle Pläne für den Neubau von Fabriken in Europa zur Produktion der elektrisch betriebenen Modelle aufzugeben.
Stattdessen sollen die bestehenden Werke – Fabrik für Fabrik – umgerüstet werden.
Die zentrale Erkenntnis, die dahinter steht, findet sich in dem simplen Satz:
Das Geschäft mit Verbrennern ist ein Auslaufmodell.
Die Umrüstung von Fabriken für neue Fahrzeugmodelle ist ein Prozess, den die Fahrzeughersteller beherrschen. Der eigentliche Aufwand für eine Produktionsumstellung steckt in der Planung der neuen Montagelinien, die mit langem zeitlichen Vorlauf vor der physischen Umrüstung beginnt.
Üblicherweise reichen die Werksferien dann aus, die Umbauten an den Bändern vorzunehmen.
Die Umrüstung von der Verbrennerfertigung auf die E-Mobil-Fertigung stellt dabei nach meiner Einschätzung keine Ausnahme dar. Es wird an den Bändern einige Montagestationen geben, die vollkommen neu eingerichtet werden müssen. Das kann man zu Testzwecken aber isoliert aufbauen, so dass bei Eingliederung in die Produktion keine Überraschungen mehr zu befürchten sind. Unter dem Strich werden aber viele Montagestationen vollständig entfallen, so dass nicht nur die Bänder insgesamt kürzer werden, sondern auch der Planungsaufwand auf Seiten der Fertigungstechnik sinken dürfte.
Dass diese Möglichkeit exisitiert und genutzt werden kann, erklärt aber noch nicht, warum die bestehende Pläne, zwei Milliarden Euro in die Hand zu nehmen und in Wolfsburg eine nagelneue Fabrik für E-Mobile (Trinity) zu errichten, kurz vor dem ersten Spatenstich ad acta gelegt werden.
Volkswagen erinnert hier ein bisschen an jenen bedauernswerten Mann, der im Frühjahr feststellt, dass seine alte Thermo-Jeans im Winter zwar sehr angenehm zu tragen war, mit steigenden Temperaturen aber immer unbequemer wird. Geplant hatte er wohl, sich im Frühjahr eine leichte Sommer-Jeans zu kaufen, doch weil das Geld knapp ist und die Aussichten unerfreulich sind, verzichtet er auf die Neuanschaffung und greift stattdessen zur Schere, um die Hosenbeine seiner Thermo-Jeans auf „Bermuda-Format“ zu kürzen.
Das könnte sicherlich auch als das Bemühen um Nachhaltigkeit und Ressourcen-Schonung interpretiert werden, entspricht aber nicht dem Handeln eines wachstums- und gewinnorientierten Unternehmens.
Es muss daher davon ausgegangen werden, dass die Investition in die Trinity-Fabrik gerade noch rechtzeitig als eine 2-Milliarden-Fehlinvestition erkannt wurde, weil die zusätzlichen Kapazitäten (in Europa) voraussichtlich nicht ausgelastet werden könnten.
Als Erklärungsmöglichkeiten bieten sich an:
- die rückläufigen Verkaufszahlen in Europa
- die wachsenden Probleme auf den Märkten der USA und Chinas
- die Kostennachteile bei einer Fertigung in Deutschland
- das gegenüber bisherigen Prognosen sehr viel schneller nahende Ende des Verbrennes,
aber auch - der gegenüber bisherigen Prognosen sehr viel langsamer erfolgende Umstieg der Kunden auf E-Mobile.
Nüchtern betrachtet hat die von externen – wenn auch selbst verschuldeten – Einflüssen getriebene Inflation nicht das Potential, der Teuerung mit adäquaten Lohnerhöhungen Paroli bilden zu können. Die Verteilmasse bleibt nicht im Binnenmarkt, sie fließt ins Ausland ab. Dem folgt eine dauerhafte Minderung der Konsumentenkaufkraft, die sich wiederum in einem Anstieg des Durchschnittsalters der Pkw-Flotte ausdrücken wird. Kurz: Das Neuwagengeschäft in D und der EU bricht ein.
Die von mir schon länger vorgetragene Tatsache, dass mit den E-Mobilen das Alleinstellungsmerkmal der deutschen Automobilindustrie, nämlich zuverlässige, leistungsstarke, langlebige verbrauchs- und schadstoffarme Motoren zu verbauen, verloren geht, weil die Kunst einen E-Motor zu konstruieren und zu bauen, überall auf der Welt beherrscht wird, trägt zweifellos zum Verlust von Marktanteilen im EU-Ausland ganz erheblich bei.
Bidens Projekt zur Inflationsreduzierung, das letztlich nichts anderes ist als eine verschärfte Neuauflage von Trumps „America first“ Strategie zieht massiv Kapital und Produktionskapazitäten in die USA, um von den dort gewährten direkten und indirekten Subventionen zu profitieren. Dies ist für die EU-Industrie ein erheblicher Standortnachteil, der durch Rationalisierung und Kostensenkung nicht ausgeglichen werden kann, zumal damit die Binnenkaufkraft der EU zusätzlich geschwächt würde.
In Bezug auf die ganz große Wette aber, ob es nämlich im Wirtschaftsraum der EU jemals gelingen kann, die für die E-Mobilität erforderlichen Strommengen überhaupt zu erzeugen und zu erträglichen Preisen unterbrechungsfrei anzubieten, scheint die von Herbert Diess noch verbreitete Euphorie allmählich jener Ernüchterung zu weichen, die Oliver Blume letztlich veranlasst haben dürfte, den Fabrikneubau in die Tonne zu treten.
Wenn ab 2025 die Euro-7-Abgas-Norm in Kraft treten wird/sollte, um die Zeit bis zum Verbrenner-Aus 2035 mit einer nochmaligen Absenkung der zulässigen Grenzwerte zu verbrämen, ist damit das Ende der Verbrenner-Entwicklung für den europäischen Markt eingeläutet. Danach kommt antriebsseitig nichts Neues mehr.
Dann wird es gehen wie mit der Atomkraft. SIEMENS mit der KWU war technisch der Spitzenreiter am Weltmarkt. Davon ist, außer verstaubten Dokumentationen heute nichts mehr übrig.
Es ist die Frage, was länger überlebt:
- Die EU, bzw. das Verbrennerverbot oder
- der uneingeschränkte Individualverkehr und eine wettbewerbsfähige Automobilindustrie in Europa.
beides gleichzeitig erscheint aus heutiger Sicht vollkommen ausgeschlossen.