Neues von der Bundeswehr

Der Verteidigungsminister ist männlich.

Nein. Nicht bloß männlich. Pistorius ist ein Mann. Binär.

Das ist ein Unterschied wie zwischen Rot und rötlich, zwischen Christ und christlich oder lang und länglich.

Von daher ist er auch ein Verteidigungsminister, der nach langer Zeit wieder einmal weiß, was „Verteidigungsfähigkeit“ bedeutet und wie sie beschaffen sein muss, wenn es sich nicht um eine Spruchblase sondern sondern um materielle Realität  handeln soll.

Beim Blick auf die ihm anvertraute Bundeswehr hat er nun festgestellt, dass wir, also die Bundesrepublik Deutschland, keine Streitkräfte haben, die gegenüber einem brutal geführten, offenen Angriffskrieg verteidigungsfähig wären, woraus er schließt, dass die Bundeswehr auch für den Schutz Osteuropas ausgerüstet werden muss.

Ein Mann. Ein Held. Ein Schutzpatron für Esten, Letten und Litauer, Polen und Ukrainer?

Im Inneren des Grundgesetzes verenden nach langer schwerer Krankheit (Bazillus Bellizissimus Hindukuschiensis, ugs.: „offener Struck“) soeben wesentliche Bestimmungen des Artikels 87a.

Mit Verlaub, meine Damen und Herren aus den Kreisen von Sicherheitskonferenzen und Parlamentsausschüssen: Die Bundeswehr war – seit der erste Bundeswehrsoldat die erste Platzpatrone ins Magazin eines G3 geladen hat – noch nie verteidigungsfähig gegenüber einem brutal geführten Angriffskrieg.

Die Bundeswehr war von Anfang an als Teil der NATO konzipiert. Die Streitkräfte des Frontstaates Bundesrepublik Deutschland hatten, wie es ein Satiriker einst formulierte, „… die Aufgabe, den Feind durch die Vielfalt ihrer Uniformen so lange zu verwirren, bis richtige Soldaten kommen“.

Die Mitgliedschaft in der NATO, einer Organisation, deren Existenzberechtigung sich einzig aus ihrem auf Gegenseitigkeit beruhenden Beistandspakt herleiten lässt, wäre sinnlos und überflüssig, wäre die Bundeswehr in der Lage, sich – auf sich allein gestellt – eines brutalen Angriffskrieges zu erwehren.

(Scherzkeks! Sie fragen doch nicht im Ernst, warum dann die USA überhaupt Mitglied in der NATO sind? Die USA sind nicht Mitglied, sie sind der Inhaber.)

Der Bundeswehr sind innerhalb der NATO gewisse, eingeschränkte Fähigkeiten und Zuständigkeiten zugewiesen, die durch Fähigkeiten und Zuständigkeiten anderer Mitgliedsländer ergänzt und nur im Zusammenspiel effektiv wirksam werden können.

Wenn Herr Pistorius mit seiner Kritik an diesem Zustand nun eine Veränderung anstrebt, dann können dahinter zwei, sehr unterschiedliche, Überlegungen stehen.

A) Der Versuch, beim deutschen Volk noch mehr Akzeptanz für das von Olaf Scholz aus dem Boden gestampfte Aufrüstungs-Sonderschuld-Vermögen und die noch darüber hinausgehende Vergrößerung des Wehretats zu erreichen. Dies nicht zuletzt mit der ziemlich kühnen Begründung, für die Verteidigung der osteuropäischen „Frontstaaten“ die Verantwortung übernehmen zu wollen.

B) Der Versuch, den Austritt Deutschlands aus der NATO zu betreiben und sicherheitspolitisch auf eigenen Füßen zu stehen.

Sicherheitspolitische Autarkie ist in unserer Zeit allerdings nur dadurch zu erreichen, dass den Streitkräften eigene Atomwaffen und die geeigneten Trägersysteme dafür zur Verfügung gestellt werden. Das hat sich von Tel Aviv über Islamabad und Neu-Delhi bis nach Pjöngjang herumgesprochen.

In Büchel liegen zwar Atomwaffen herum, die von der Luftwaffe ins Ziel gebracht werden sollen, aber eben nur, wenn die USA das wollen und anordnen.

Für eigene Atomwaffen braucht es waffenfähiges Uran. Dafür ist der Betrieb von Atomkraftwerken zumindest ausgesprochen nützlich, wenn nicht gar unabdingbar.

Nun, die Zeiten, in denen in Deutschland Atomkraftwerke genutzt wurden, sind vorbei. Die letzten drei gehen am 15. April vom Netz.

Außerdem kann ich mir gut vorstellen, dass die USA gegen die Entwicklung und Herstellung deutscher Atombomben eher noch resoluter und robuster vorgehen würden als gegen die Gaspipelines in der Ostsee, schlicht um uns in der gewohnten, bequemen Abhängigkeit halten zu können.

Obwohl Unvernunft niemals ausgeschlossen werden kann, erscheint mir der Versuch, die Bevölkerung mit der – wie übrigens seit 68 Jahren – nicht existenten Verteidigungsfähigkeit der Bundeswehr zu ängstigen und sie so von der Notwendigkeit der Finanzspritze für die Waffenproduzenten in den USA (und in Deutschland! natürlich auch in Deutschland!) zu überzeugen, als der wahrscheinlichere Hintergrund, zumal die Kausalkette von der Angst zur Spritze ja schon einmal fantastisch funktioniert hat. 

Also: Entwarnung!

Die Bundesrepublik Deutschland ist genauso verteidigungsfähig wie eh und je.