Einzelhandel – es knirscht im Gebälk. Wie überall.

OTTO

In Hamburg, wo der Handelsriese OTTO vom dicken Katalog auf das weitgehend papierlose Online-Shopping umgestellt und dabei schon 400 Stellen eingespart hat (Jobwunder Deutschland, Archiv 5, 8.4.2021), will man den Empfehlungen Habecks folgen und nur noch wenige, ausgewählte Gebäude beheizen, wobei maximal 20 Grad Celsius erreicht werden sollen. Die übrigen Gebäudekomplexe werden stillgelegt und die Temperatur auf 6 Grad Celsius abgesenkt, was bedeutet, dass es sich die Mitarbeiter – bei ausreichender Bonität – im Homeoffice auf eigene Kosten kuschelig warm machen können. Sogar das hauseigene, gasbetriebene Blockheizkraftwerk, das bisher Strom und Wärme erzeugte, wird stillgelegt und stattdessen mit Fernwärme geheizt. So soll der Energieverbrauch um bis zu 20 Prozent gesenkt werden können.

Halleluja! So ein Vorbild im Frieren für den Frieden!

Nun ja, es gibt auch ganz andere Gründe für die Sparsamkeit. Die OTTO-Group siecht nämlich, was den Umsatz in  Deutschland betrifft, besorgniserregend vor sich hin. Ein Umsatzeinbruch um 13,5 Prozent im ersten Halbjahr 2022 in Deutschland. Da hilft auch das Umsatzplus von 8 Prozent im USA-Geschäft nicht viel weiter – gruppenweit fehlen im ersten Halbjahr 5,6 Prozent Umsatz, und das wiederum reicht – im Verein mit den erheblichen Kostensteigerungen – vollkommen aus, um die Gewinnmarge deutlich abzuschmelzen.

Optimismus? Fehlanzeige! Eine Trendwende sei nicht in Sicht, heißt es bei OTTO.
Von daher kann davon ausgegangen sein, dass man bei OTTO in nicht allzuferner Zukunft daran gehen wird, an der Personaldecke in Deutschland herumzuschnipseln.

Galeria Karstadt Kaufhof

Kaufhäuser, die vor 50, 60 Jahren noch weithin strahlenden Kathedralen des Wirtschaftswunders, mit ihren im Glanz tausender Glühbirnen erstrahlenden Rolltreppenkaskaden, mitten im Herzen der großen und größeren Städte angesiedelt, funktionieren nicht mehr. Auch wenn versucht wurde, das Geschäftsmodell zu verändern, weg vom preiswerten Mischmasch-Angebot für die Laufkundschaft in den Innenstädten, hin zu hochpreisigen, boutiquenartig inszenierten Shoppingtempeln – es hat nichts geholfen.

Bei Karstadt und Kaufhof hat das Ringen um die Immobilien, alles Filetstücke in den Innenstädten, früh begonnen. Der Wiener Immobilienspekulant Benko hat dabei, nach einer abenteuerlichen Vorgeschichte, die sowohl Karstadt als auch Kaufhof weitgehend ruinierte (hier noch einmal zum Nachlesen), gewonnen. Das operative Geschäft des Warenhauskonzerns sitzt nun in teuer angemieteten, ehedem eigenen Immobilien und zahlt stolze Mieten an Benko.

Die schwächelnde Kauflaune der Deutschen dürfte dem Warenhauskonzern noch weit mehr zusetzen als dem Versandhändler OTTO. Nun deutet das Handelsblatt die Kündigung des Tarifvertrags mit Verdi als das  Eingeständnis einer „existenzbedrohenden, wirtschaftlichen Notlage“ und munkelt, es hieße, Galeria Karstadt Kaufhof habe in Berlin bereits weitere Staatshilfen angefragt.

Auch hier ist kein Licht am Ende des Tunnels zu erkennen. Es werden wohl weitere Häuser geschlossen werden müssen. Dass die deutschen Innenstädte derzeit ein eher trostloses Bild bieten und die Immobilienpreise bereits bröckeln, wird Benko nicht weiter stören. Der hat, im Gegensatz zu den Beschäftigten in den Warenhäusern, einen langen Atem.

Media Markt Saturn

Auch bei Media Markt Saturn ist der Lack ab. Eigene Versäumnisse und die Wirkung einer erdrosselnden Politik, die erst mit Corona-Panik, Maskenpflicht und Lockdowns die Kunden in die Arme von Amazon getrieben hat, und nun mit einer katastrophalen Energiepolitik die Kosten des stationären Einzelhandels in schwindelnde Höhgen treibt, zeigen Wirkung. Der Wirtschaftswissenschaftler Gerrit Heinemann äußerte sich dazu in einem Interview mit „Business Insider“ so, dass er die ernstzunehmende Gefahr sieht, dass die beiden unter dem Dach von Ceconomy vereinten Handelsketten, vollständig vom Markt verschwinden könnten.

Hierzu hat der Merkur einen informativen Artikel veröffentlicht.

 

Drei Beispiele, ein Ursachenbündel

Ursache 1 – Das gewandelte Einkaufsverhalten

Dem habe ich in meinem Buch „Links abgebogen“ einen längeren Abschnitt gewidmet:

Das Entstehen mächtiger Internet-Versandhandels-Konzerne lässt sich ohne den gesellschaftlichen Wandel, dem die Massenkundschaft unterworfen ist, nicht schlüssig erklären.
Beginnen wir in einer Zeit, als die Familien durchgängig noch aus Mann und Frau sowie mindestens zwei Kindern bestanden, als Automobile Luxusartikel waren und die Beschaffung von Artikeln des täglichen Bedarfs in jeder Beziehung strikt von der Beschaffung von Kleidung, Möbeln oder Haushaltsgeräten unterschieden wurde.
Die Kinder wurden unter der Woche mit einem Einkaufszettel losgeschickt, um die Lebensmittel zu besorgen, und wenn es Zeit war für ein paar neue Schuhe, ein Sommerkleid oder eine Ausgehhose, dann betrachtete man am Sonntagnachmittag miteinander die Schaufenster der einschlägigen Geschäfte, traf eine gewisse Vorentscheidung, die man dann, wenn die Geschäfte wieder geöffnet hatten auch umsetzte.
Kunden und Verkäufer kannten sich meist über lange Zeit persönlich und hatten ein Vertrauensverhältnis entwickelt. In den Kleinstädten waren Konkurrenz und Auswahl klein, in den Innenstädten der größeren Städte drängten sich die Läden dicht an dicht und buhlten um die Kunden.
Einkaufen war eine „Tätigkeit, die sich kaum von den Gepflogenheiten der frühzeitlichen Jäger und Sammler unterschied. Eine gute „Einkaufsbeute“ zu machen, war ganz überwiegend noch mit – bisweilen anstrengender – körperlicher Aktivität in Form von Fußmärschen verbunden, heimwärts mit schwerem Gepäck beladen.Das System funktionierte im Kerngeschäft, also für den kleinen, spezialisierten Einzelhandel mit seiner Kundschaft aus der näheren Umgebung von wenigen Straßenzügen, sehr gut. Daran änderten zwei schon früh auftretende Sonderformen des Einzelhandels nichts. Diese Sonderformen hießen „Kaufhaus“ und „Katalog-Versand“.
Das Kaufhaus sprach zwei ganz und gar unterschiedliche Zielgruppen zugleich an.
Da waren einmal jene Menschen, die noch relativ viel freie Zeit und ein bisschen Geld übrig hatten: junge, alleinstehende berufstätige Frauen, verheiratete, kinderlose Frauen, sowie gut versorgte Rentnerinnen. Die konnten sich stundenlang, von Rolltreppen mühelos bis in die obersten Etagen befördert, in den Kaufhäusern aufhalten, fanden sich zum Kaffeetrinken im Kaufhaus-Restaurant ein, kauften einmal etwas, was ihnen ins Auge gestochen war, gingen ein anderes Mal auch ohne Einkauf wieder, und hatten so ein paar interessante Stunden in der Wunderwelt des Konsums zugebracht. Das „Einkaufserlebnis“ war geboren.Die andere Gruppen waren Menschen, die keine Zeit hatten, aber ebenfalls ein bisschen Geld ausgeben wollten oder mussten. In dieser Gruppe fanden sich endlich in größerer Zahl auch Männer wieder. Insgesamt handelte es sich um Menschen, die ganz genau wussten, was sie kaufen wollten, und froh waren, dies alles ohne weite Wege zurücklegen zu müssen, unter einem Dach vorzufinden.
Waren Kaufhäuser zu Beginn, also in den Fünfziger Jahren, noch bemüht, der Kundschaft nicht nur ein vielseitiges, sondern auch ein preiswertes Angebot zu präsentieren, fand über die Zeit ein allmählicher Wechsel zu den hochwertigen Warensegmenten statt. Doch dazu gleich mehr.
Der Versandhandel per Katalog zielte auf eine andere Zielgruppe ab. Menschen, die eben keine Zeit hatten, um stundenlang durch Kaufhäuser zu streifen, und die kein Geld übrig hatten, sondern sehr bewusst nach den Artikeln suchten, die ihre Bedürfnisse zum geringsten Preis befriedigen konnten, bestellten bei Quelle, Necker-mann oder Baur aus dem Katalog. Dabei ließ viele alleine die Möglichkeit, die große Bestellung über viele Monate in kleinen Raten abzuzahlen, zu Versandhandelskunden werden.
Diese Phase, als kleine Einzelhändler noch mit Kaufhauskonzernen wie Kaufhof, Karstadt, Woolworth, usw., und mit den Versandhändlern Quelle, Neckermann, Otto, Klingel, usw. in einigermaßen friedlicher Koexistenz den Markt bedienen konnten, überschritt ihren Höhepunkt als der private Pkw für eine Vielzahl der Haushalte vom Wunschtraum zur gelebten Realität geworden war. Gerade für die Bevölkerung auf dem flachen Land wurde die Fahrt zum Einkaufen in die nächst größere Stadt zum regelmäßigen Ritual.
Ein kaum wahrgenommener Nebeneffekt bestand darin, dass die persönlichen Bindungen zwischen Händler, bzw. Verkäufer, die über lange Jahre ein Vertrauensverhältnis begründet hatten, dabei unwiederbringlich zerstört wurden. Ein kräftiger Schritt hin zur Individualisierung der Gesellschaft, der auch das einst verin-nerlichte Prinzip von Geben und Nehmen beschädigte und damit dem Individualismus mit dem zunehmenden Egoismus die Krone aufsetzte.
Zunächst profitierten noch die Kaufhäuser und der exklusive Einzelhandel der größeren Städte, während der kleine Einzelhandel in der Provinz empfindliche Umsatzeinbußen hinnehmen musste. Hier war das Angebot zu schmal und erschien im Vergleich zu den Lockpreisen der großen Anbieter auch als zu teuer. Fachgeschäfte des Non-food-Bereichs verschwanden. Den Lebensmitteleinzelhandel übernahmen, die Discounter, die mit großen, kostenlosen Parkplätzen, bequemen Einkaufswagen und Dauer-Tiefpreis-Sonderangeboten die Marktanteile der Tante-Emma-Läden in Windeseile einsammeln konnten. Damit war aber auch der Weg des Handels aus den Innenstädten an die Peripherie bereits vorgezeichnet, wo der Grund für die be-nötigten, riesigen Verkaufsflächen billig zu haben war.
Weil nun große Möbelhäuser, große Modeketten, große Elektro- und Elektronik-Märkte ihre Zelte vor den Toren der Stadt aufschlugen und weite Teile der Kundschaft der Kaufhäuser mit sich zogen, und noch dazu Factory-Outlets benutzt wurden, um den eigenen Vertriebspartnern das Wasser abzugraben, begann die Krise der Kaufhäuser, die nach und nach von der Aufmachung her zu Luxustempeln umgestaltet wurden, während die attraktiven Zonen der Innenstädte schrumpften und alteingesessene Fachhandelsgeschäfte Platz machen mussten für exklusive Modelabel, Juweliere, und ähnliche Luxusgütergeschäfte. Otto Normalverbraucher war damit vom Einkauf in der Innenstadt weitgehend ausgeschlossen, und wer kein Auto hatte, der hatte ein Problem, denn auch das Angebot im Einzugsbereich der Wohnquartiere war deutlich ausgedünnt.
Gleichzeitig hatte auch der Versandhandel an Attraktivität verloren, weil ihm der Vorteil des extrem breiten Angebots verloren gegangen war. Alles was im Katalog zu finden war, gab es auf der grünen Wiese auch, und vor allem war das Angebot auf der grünen Wiese sehr viel aktueller als es ein zweimal jährlich erscheinender Katalog, für Frühjahr/Sommer und Herbst/ Winter jemals sein konnte, und es konnte jederzeit der Witterung, sowie neuen Trends und Moden angepasst und mit wechselnden Sonderangeboten unterlegt werden.
Der Versandhandel war zu langsam geworden, für eine schnelllebige, automobile Zeit und die großen Kaufhäuser konnten die, für eine ausreichende Rendite erforderlichen Umsätze, trotz des Wechsels ins Hochpreissegment nicht mehr generieren.
Das langsame Sterben der Innenstädte, in denen sich statt der Fachgeschäfte Fast-Food-Restaurants breitmachten, wo die guten Namen der alteingesessenen Buchhandlungen verschwanden und den Logos der Buchhandelsketten Platz machten, schien noch einmal aufgehalten, als die Telefon-Läden sich als einzige Neuansiedler die extremen Ladenmieten noch leisten konnten und ein neues Publikum in die Innenstädte zogen.
Doch mit dem Wandel vom reinen Mobiltelefon zum Smartphone, dem Internet in der Jacken- oder Hosentasche, vollzog sich der nächste Wandel. Alle Angebote aus aller Welt fanden sich, wo immer man sich aufhielt, in einem kleinen handlichen Gerät, das zudem viele Fachinformationen liefern konnte, die man einst nur in den bereits ausgestorbenen Fachgeschäften von der ebenfalls ausgestorbenen Gilde der Fachver-käufer erfahren konnte. Dazu die Bewertungen von Kunden, die bereits Erfahrungen mit dem gewünschten Produkt öffentlich gemacht hatten. Dass das Smartphone es zudem ermöglichte, auch die Bezahlung durchzuführen und man dann nur noch zu warten brauchte, bis der Lieferdienst das Gewünschte an die Haustüre brachte, war ein Shopping-Erlebnis wie im Zauberland. Der Wunsch wurde Wirklichkeit, ohne dass man die eigene Komfortzone verlassen musste. Die Betreiber der großen Internethändler bauten ihre Marktanteile kontinuierlich aus, um dann, während der strengen Lockdowns zur Bekämpfung der Corona-Pandemie, als einzige lieferfähige Anbieter am Markt überhaupt übrig zu bleiben.
Damit wurden auch noch weite Teile jener Kunden, die aus Prinzip lieber regional einkaufen, in die Onlineshops von Amazon & Co. getrieben.
Nüchtern betrachtet ist diese Entwicklung absolut positiv. Überall reduziert sich der Ressourcenverbrauch massiv. Die Anbieter können auf gigantische Ausstellungs- und Verkaufsflächen verzichten. Produktinformationen, oft inzwischen auch mit gut gemachten Videos verknüpft, ersetzen, einmal erstellt, eine Unzahl von Verkaufsgesprächen. Statt – grob geschätzt – fünfzig Fahrten mit privaten Pkws zu den Verkaufsflächen auf der grünen Wiese, mit durchschnittlich 30 km für die Hin- und Rückfahrt, liefert der Paketdienst mit einer „Rundfahrt“ die Waren an fünfzig Empfänger aus, was die Straßen entlastet und noch dazu ganz erheblich Sprit spart, selbst wenn die „kostenlosen Rücksendungen“ dabei mit berücksichtigt werden.
Dass viele Hersteller und auch Händler längst ihre eigenen Internetshops eröffnet haben, spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle. Die meisten Produkte finden sich auch im Angebot von Amazon, und sei es über den Weg des Amazon-Marketplace, und die meistgenutzte Suchmaschine findet grundsätzlich zuerst den Weg zu Amazon.


Ein Buch über die Folgen der Ampel für Deutschland.

Ursache 2 – Kostensteigerungen für Produktion und Handel

Vor allem aufgrund politischer Entscheidungen, mit dem Ziel den Energieverbrauch durch Kostensteigerungen zu reduzieren, als auch aufgrund politischer Entscheidungen im In- und Ausland, die Pandemie mit radikalen Lockdowns zu bekämpfen und dabei die Unterbrechung von Lieferketten und damit Knappheiten und Preissteigerungen in Kauf zu nehmen, sowie aufgrund politischer Entscheidungen der USA, der EU und Deutschlands, Deutschland vom Zugang zu preiswerten russischen Energierohstoffen abzuschneiden, sind sowohl die Herstellungskosten der Industrie als auch die Betriebskosten des Handels und die Warentransportkosten deutlich gestiegen, während die Löhne und Gehälter der Konsumenten nicht im gleichen Maße gestiegen sind. Das hat dazu geführt, dass der Handel die gestiegenen Kosten nicht an die Kundschaft weitergeben konnte, was letztlich zu Preiskämpfen zwischen Handel und Produzenten führte, die sich exemplarisch an den Auseinandersetzungen zwischen den Handelsketten EDEKA und REWE auf der einen, und CocaCola und Mars auf der anderen Seite ablesen lassen.

Ursache 3 – Kaufkraftverlust der Bevölkerung durch Energiepreisexplosion

Der „private Haushalt“ verfügt im Allgemeinen über ein relativ gleichbleibendes Einkommen, das nur deshalb zur Deckung der Ausgaben ausreicht, weil es in zwei große Blöcke zerfällt, von denen der erste Block zu 100 Prozent vordisponiert ist. Es handelt sich dabei um die Kosten für das Wohnen, die Ausgaben für Versicherungen und diverse Abonnements (Automobil-Leasing, Telefon und Internet Flatrate, Sky-Abo, Zeitung, Buchclub, etc.). Diese Ausgaben werden üblicherweise vom Girokonto abgebucht, kaum dass  das Gehalt gutgeschrieben wurde, stehen also für die freie Disposition nicht mehr zur Verfügung.

Der zweite Block wird verwendet, um die laufenden Lebenshaltungskosten zu decken und größere Anschaffungen (teils durch Ansparen, teils durch Ratenzahlung) zu finanzieren.

Es ist kein Geheimnis, dass dieser zweite Block kleiner werden muss, wenn der erste Block wächst. Genau dies ist aber momentan festzustellen. Die Kosten für das Wohnen, und da speziell die Kosten für Heizung, Warmwasser und Strom sind mit unbekanntem Ziel im Steigen begriffen. Je nach Haushaltsgröße handelt es sich dabei um Kostensteigerungen, die – aufs Jahr gesehen – die 1.000 Euro Grenze übersteigen können. Hinzu kommen bei vielen Berufstätigen, die aufs Auto angewiesen sind, die steigenden Kraftstoffpreise.

Rechnen wir ganz konservativ und gehen von nur 500 Euro Energiekostensteigerung pro Haushalt und Jahr aus, dann ergibt sich daraus ein bundesweiter Kaufkraftverlust, den der Einzelhandel als Umsatzeinbuße registrieren wird, von 20 Milliarden Euro. Selbst bei diesen vorsichtigen Ansätzen kommt ein zweiter Effekt dazu: In Anbetracht der drohenden, weiteren Kostensteigerungen, beschließen viele Konsumenten, lieber ihr Geld zusammenzuhalten, um zahlungsfähig zu bleiben, und schieben so manche Anschaffung auf die lange Bank. Das beginnt bei der Bekleidung, vielleicht schon beim neuen Wollschal für den Winter, weil es der alte ja auch noch tut.

Auf diese Weise werden aus dem Umsatzverlust von 20 Milliarden Euro schnell auch 30 oder 40 Milliarden. Dies wiederum bezieht sich auf den Umsatz in Euro. Betrachtet man die abgesetzten Mengen, dann sinken diese noch um den Prozentsatz der herrschenden Inflation, und das bedeutet zwangsläufig einen Beschäftigungsrückgang in der Größenordnung von 600.000 bis 800.000 Jobs in Deutschland, Auswirkungen auf Produktionen im Ausland noch gar nicht mitgerechnet.


Es sind nicht nur die Bäcker.

Obwohl es die kleinen Bäckereien aufgrund ihrer hohen Energiekosten und der – relativ zum Umsatz – hohen Personalkosten, als erste trifft.

Uns steht noch ein weiterer Sack von ungelösten Problemen bevor.

Das für den Betrieb moderner Diesel-LKWs inzwischen unverzichtbare Adblue ist bereits zur Mangelware geworden. Die Umrüstung auf einen Betrieb ohne Adblue wäre zwar möglich, ist aber grünengesetzlich verboten und die Werkstattkapazitäten zur schnellen Umrüstung der gesamten LKW-Flotte stehen nicht zur Verfügung.

Aus dem gleichen Grund, aus dem Adblue fehlt, fehlt es auch an Düngemitteln. Der Rohstoff, der zur Herstellung benötigt wird, nämlich Erdgas, ist so knapp, dass, wer noch duscht, statt sich mit dem Waschlappen notdürftig zu säubern (Gesicht, Achseln, Pofalte!) schon als Volksschädling angesehen wird. Düngemittelimporte aus Russland und Weißrussland stehen auf der Embargo-Liste, dürfen also ebenfalls nicht beschafft werden, und ob die von der EU verfügte Stilllegung landwirtschaftlicher Flächen dazu beiträgt, mit weniger Dünger auszukommen und trotzdem die gewohnten Erntemengen einzufahren, wage ich zu bezweifeln.

Noch etwas geht zur Neige: Die Kohlensäure, die Erfrischungsgetränke und Biere erst erfrischend macht, ebenfalls ein Abfallprodukt der Erdgasveredelung, hat schon dazu geführt, dass erste Getränkehersteller die Produktion einstellen mussten.

Und dann ist da noch die Chemie-Industrie. Bei der BASF in Ludwigshafen läuten die Alarmglocken Sturm. Die Verknappung und Verteuerung des Rohstoffes Erdgas könnte die Stilllegung ganzer Produktionsanlagen erzwingen. Vorläufig will man sich noch mit Kosteneinsparungen „außerhalb der Produktion“ behelfen, also in der Verwaltung, in Forschung und Entwicklung, im Vertrieb und im Kaufmännischen Bereich jährlich eine halbe Milliarde Euro einsparen. Das geht nicht ohne schmerzhafte Einschnitte beim Personal.

Jede dieser Entwicklungen zieht einen Rattenschwanz unangenehmer Folgewirkungen nach sich.

Für alle diese Entwicklungen lässt sich der Nachweis führen, dass sie nicht „so“ menschengemacht sind, wie es vom Klima behauptet wird, aber dass sie von wenigen Menschen in verantwortlichen Positionen durch bewusste Entscheidungen herbeigeführt wurden.

Dass gegen diese Fehlentscheidungen und ihre Folgen nicht mindestens mit gleicher Intensität angekämpft wird, wie gegen die CO2-Emissionen, obwohl ihre Schadwirkungen bereits manifest sind und sich noch massiv ausweiten werden, bleibt unverständlich.

Der Doppelwumms ist nicht das, was Abhilfe schafft.

Der Doppelwumms, das ist so, als würde der Arzt eine akute Blinddarmentzündung diagnostizieren, aber, weil er kein Blut sehen kann und den Patienten nicht beunruhigen  will, statt schleunigst einen OP-Termin anzuberaumen und zum Skalpell zu greifen, den Patienten mit einem Rezept für ein Schmerzmittel wieder nach Hause schickt, wo er im Kreise seiner Familie in aller Stille das Zeitliche segnen kann.