Die Idioten-Rallye

Nach den verheerenden Informationen über Ausgabensperren und den schier endlosen, verzweifelten Haushaltsrangeleien zwischen den den Ministerien für Klima und Finanzen in Berlin, aus denen als jüngste Entwicklung die nachträgliche Ausrufung einer, die Schuldenbremse aushebelnden Notlage auf den Tisch gekommen ist, lässt sich erkennen, dass ein Land, dessen Wirtschaft in Teilen bereits planmäßig mit der Abrissbirne bearbeitet wurde, um Platz zu schaffen für einen schuldenfinanzierten, transformativen und klimaneutralen Popanz aus Windmühlen und grünem Wasserstoff, sich in einer katastrophalen Schieflage befindet, die auch nicht geheilt werden wird, wenn die vermeintlich dringend erforderlichen Kredite doch noch aufgenommen werden können.

Und, was macht der DAX? Allem Anschein nach steht er in den Startlöchern für die Jahresendrallye 2023 und könnte bei seinem aktuellem Stand an der 16.000er Linie sogar ein neues Allzeithoch anpeilen.

Es gab zwar schon immer unerklärliche Bewegungen an der Börse, doch solange die sich vor dem Hintergrund „normaler“ Konjunkturzyklen bewegten, dabei teils auch antizyklische Reaktionen zeigten, war doch die volkswirtschaftliche Basis, die produktive Kraft der Wirtschaft, nie so erkennbar im Niedergang befindlich wie heute.

Glauben die Börsianer wirklich, dass E.On und RWE, die Energieriesen im DAX, bei steil ansteigenden Energiepreisen Umsatz und Gewinne halten können? Ist damit zu rechnen, dass Adidas, Beiersdorf, Henkel und Zalando auch 2024 in Deutschland und in der EU noch auf die Kauflaune der Konsumenten hoffen können? Darf wirklich angenommen werden, dass die Chemie mit BASF, Bayer, dem Chemiegroßhändler Brenntag,  Covestro, auch Merck, ohne Strompreisdeckel in Deutschland noch eine Chance hat?

Wie geht es Heidelberg Materials, wenn die Bauwirtschaft aus dem letzten Loch pfeift? Wie wird es der Vonovia  ergehen, wenn die Mieter nicht mehr in der Lage sind, die Heizkostenabrechnungen zu bezahlen? Wie werden Commerzbank und Deutsche Bank aus der Pleitewelle hervorgehen, deren Ende noch nicht abzusehen ist?

Bei Volkswagen ist unübersehbar „Feuer am Dach“, BMW und Mercedes Benz stehen unter Druck, während die Chinesen Märkte erobern und den eigenen schützen? Der im DAX gelistete Zulieferer Continental baut rasant Kapazitäten ab, wie fast die gesamte Zuliefererbranche.

Nehmen wir noch die staatshilfebedürftige SIEMENS Energy in die Riege der klaren Wackelkandidaten auf, so steht damit bereits die Hälfte der im DAX gelisteten Unternehmen auf meiner persönlichen roten Liste.

Die andere Hälfte wartet mit zwei Stars auf, nämlich Rheinmetall und Porsche. Beide haben die Taschen voll. Selbst wenn der Bundeswehr-Wumms von den Haushältern inzwischen auch in Frage gestellt wird: Kriegs- und Protzgerät müssen sich noch nicht auf eine katastrophale Nachfrageschwäche einstellen.

Es folgen die Milchkühe Deutsche Telekom und DHL, beide Platzhirsche auf dem deutschen Markt und auch im Ausland aktiv. Mag sein, dass die Margen schrumpfen, doch die Umsätze sind prinzipiell gesichert.

Die Versicherer, Allianz, Hannover Rück und Münchner Rück, werden sich ebenso halten können wie Airbus, MTU und Siemens.

Wie sich Siemens Healthineers, Fresenius, Quiagen und Symrise schlagen werden, ist schwer zu sagen. Für das internationale Geschäft könnte ihnen die zu erwartende Euro-Schwäche Rückenwind verleihen. 

Infineon, SAP, Sartorius und Daimler Truck dürften mit nur einem blauen Auge davon kommen.

Wer fehlt noch? Ach ja, die Deutsche Börse. Glücksspiel funktioniert immer, auch in  schlechten Zeiten.

Ich kann nicht ausschließen, dass ich mich bei dieser Darstellung an der einen oder anderen Stelle geirrt, einen Sondereinfluss übersehen habe, weshalb sich ein vermeintlicher Wackelkandidat dennoch wacker schlagen oder eine vermeintlich feste Burg unerwartet ins Wanken geraten wird. Unter dem Strich meine ich jedoch, mit meiner Einschätzung richtig zu liegen.

Wenn der DAX dennoch Stärke zeigt, dann deute ich dies als ein Indiz dafür, dass das Karlsruher Urteil auch für die Anleger so überraschend kam, dass es über der Euphorie wegen der fest eingeplanten direkten und indirekten Subventionen versäumt wurde, einen Plan B für ein abruptes Versiegen der Staatsmilliarden aufzustellen. Der notwendigen Flucht aus diesen Assets muss also ein behutsames, unmerkliches Ausschleichen vorangehen, das bis zur letzten Minute von Erfolgsmeldungen überdeckt wird, soll nicht auf einen Schlag viel Geld verloren gehen. Irgendwie erinnert mich das – blöde Assoziation – sogar an den Rückzug der Bundeswehr aus Afghanistan …

Dass die Verabschiedung des Bundeshaushalts für 2024 auf unbestimmte Zeit verschoben wurde, hilft natürlich, weiterhin Zuversicht zu zeigen. Auch die Absichtserklärung, jetzt nachträglich rückwirkend im eigenen Versagen noch einen rettenden Notstand zu entdecken, mit dessen Hilfe die Schuldenbremse ihren Schrecken verlieren soll, hilft noch einmal ein bisschen Zeit zu gewinnen.

Doch irgendwann wird diese Büchse der Pandora definitiv geöffnet werden müssen, und dann wird der Erdrutsch meines Erachtens nicht mehr aufzuhalten sein. 

Die Realwirtschaft geht schließlich mit Riesenschritten voran. Hier der durchschnittliche, kalendertägliche Arbeitsplatzabbau 2023

I. Quartal II. Quartal III. Quartal IV. Quartal
bis 22.11.
793 1.308 848 1.705
100 136 107 215

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