Zwergenaufstand der Gewerkschaften

PaD 9 /2023 – Hier auch als PDF verfügbar: Pad 9 2023 Zwergenaufstand der Gewerkschaften

Kaum sind gender-pay-gap-day und Welt-Frauen-Tag pflichtgemäß mit Worthülsensalven abgearbeitet, stehen die Gewerkschaften in bekannter Uneinigkeit schon wieder auf und demonstrieren sowohl gegen die Deindustrialisierung (IG Metall, IG Bau und IG BCE), als auch für die Beschleunigung der Verkehrswende (Ver.di).

Gibt es denn keinen DGB mehr, der in der Lage wäre, diese Zersplitterung in widersprüchliche  Stoßrichtungen  zu erkennen und zu unterbinden?

Ich beklage ja schon lange den desolaten Zustand der Gewerkschaften, doch was heute als bundesweiter Aktionstag inszeniert wird, ist ein neuer Höhepunkt der Irrungen und Wirrungen im bunten gewerkschaftlichen Treiben.

Als ich am frühen Morgen die Überschrift der Meldung bei EPOCH TIMES gelesen habe:

„Strompreis untragbar:
Gewerkschaften starten Aktionstag gegen Deindustrialisierung“,

dachte ich mir: „Na  endlich! Jetzt ist auch den Gewerkschaften ein Licht aufgegangen.“

Ich hätte nicht weiterlesen dürfen, um mir meine Illusionen zu bewahren.

Die Gewerkschaften bieten eine Show, wie sie im psychiatrischen Lehrbuch unter dem Stichwort „Stockholm Syndrom“ nicht besser beschrieben werden könnte.

Der Erpresser, der nicht nur die Gewerkschaften, sondern die gesamte Volkswirtschaft in seiner Gewalt hat,

und zwar vom Flaschenpfand sammelnden Armutsrentner, der an der Inflation zerbricht, bis zum Privat-Jet fliegenden Milliardär, der seine Rendite in Gefahr sieht,

wird als Freund der Menschheit und als Helfer in der Not wahrgenommen.

So richten die drei Industriegewerkschaften eine einzige Bitte an den Nothelfer im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz: Die Politik möge doch bitte einen Industriestrompreis einführen, der dem europäischen Vergleich standhält, international wettbewerbsfähig ist und langfristige Planbarkeit gewährleistet. 

Kein Wort über die namentlich bekannten Verursacher der Preisexplosion aus den Reihen der deutschen Politiker. Kein Wort über die offen zu Tage liegenden Fehlentwicklungen in der Energiepolitik, von denen die Kostenexplosion ausgegangen ist.

Nein. Nichts davon.

Lediglich das, was Robert Habeck für das erste Halbjahr 2023 bereits selbst angekündigt hat, nämlich sein Konzept für einen staatlich subventionierten Industriestrompreis, wird nun – als sei es die ultima ratio – als gewerkschaftliche Forderung vorgetragen.

Habeck – hier stellvertretend  für alle Grünen und den Großteil der Sozialdemokraten angesprochen – will hohe, möglichst für breite Bevölkerungsschichten nahezu unbezahlbare Strompreise erreichen.

Habeck – hier stellvertretend  für alle Grünen und den Großteil der Sozialdemokraten angesprochen – sucht als Dekarbonisierungskrieger die Entscheidung in der Schlacht gegen den Energiehunger der Wohlstandsgesellschaft und tut alles, um die Bürger zu zwingen, sich bei jeder Kilowattstunde Strom, bei jedem Liter Benzin oder Heizöl schmerzhaft klar zu machen, welcher Verzicht dafür an anderer Stelle erforderlich sein wird.

Habeck – hier stellvertretend  für alle Grünen und den Großteil der Sozialdemokraten angesprochen – weiß, dass die deutschen Klimaziele nur erreicht werden können, wenn die energieintensive Industrie aus Deutschland verschwindet.

Habeck – hier stellvertretend  für alle Grünen und den Großteil der Sozialdemokraten angesprochen – hat wahrscheinlich längst begriffen, dass CO2-Neutralität mit Wind und Sonne nicht zu erreichen ist, doch wie ein Besessener will er – immun gegen die Realität – mit Gewalt erzwingen, was von Anfang an zum Scheitern verurteilt war. Koste es, was es wolle.

So kann sein angekündigtes Konzept für einen staatlich subventionierten Industriestrompreis letztlich nur auf zwei Stellschrauben basieren. Erstens die weitere Verteuerung des Haushaltsstromes zu Gunsten des Industriestroms, und zweitens direkte Subventionen aus dem großen Staatsschuldentopf.

Und das wollen die Gewerkschaften tatsächlich einfordern? Sollen die Arbeitnehmer und Rentnerhaushalte tatsächlich 70, 80, 90 oder 100 Cent für die Kilowattstunde Strom bezahlen, damit die Industrie mit 4 Cent/KWh wettbewerbsfähig bleibt?

Sollen die Staatsschulden alljährlich zur Stromsubventionierung für die Industrie um weitere Zig-Milliarden in die Höhe getrieben werden, obwohl das Menetekel steigender Zinslasten und der unweigerlich notwendig werdenden Anhebung der Steuerbelastung schon längst mit Flammenschrift an der Wand geschrieben steht?

Solar- und Windstrom waren – im Vergleich zu Strom aus fossilen Energieträgern – noch nie eine wirtschaftliche Alternative. Wären sie es, der Strompreis müsste mit jedem neu aufgestellten Windrad, mit jedem mit Solarmodulen bepflasterten Dach sinken. Kann irgendjemand bestätigen, dass dies der Fall wäre? Das Gegenteil ist zu beobachten. Mit jedem Windrad und jedem Solarpanel steigt der Strompreis.

Dass die Betreiber von Solaranlagen auf dem Dach des Eigenheims dabei unter günstigen Umständen einen Gewinn machen können, ist Teil eines Nullsummenspiels, einer Umverteilung der stetig steigenden Lasten von den Verursachern auf die Schultern der Stromkunden ohne eigene PV-Anlage. Dieses Spiel, das zugleich ein Schneeballsystem ist, kommt seinem Zusammenbruch mit jeder neu installierten Anlage zwangsläufig ein Stück näher.

Der freiwillige Verzicht der Bundesregierung auf den Einsatz russischen Erdgases hat diesen Prozess nicht ausgelöst, er hat ihn nur früher und deutlicher sichtbar werden lassen. Vorher konnte man noch davon ausgehen, dass die mit preiswerter Primärenergie zu betreibenden und schnell hochlaufenden Gaskraftwerke die witterungsabhängig auftretenden Stromlücken kompensieren könnten, so dass die permanente Versorgung mit den notwendigen Strommengen sichergestellt werden kann, während die zusätzlichen Kosten für die Errichtung, den Unterhalt und den Betrieb dieser redundanten Systeme nur einen geringen Einfluss auf den Strompreis haben würden.

Nun sind die Strompreise, die vorher schon durch die Decke gegangen waren, endgültig durch das Dach gebrochen, aber von einer jederzeit gewährleisteten Versorgungssicherheit kann trotzdem nicht mehr die Rede sein.

Die Pläne, Wärmepumpen und Ladestationen stundenweise vom Netz zu nehmen, wenn die Produktion der „Erneuerbaren“ schwächelt, werden mit großer Dringlichkeit vorangetrieben. Diesem Treiben wird dann das harmlos klingende Etikett von der „angebotsorientierten“ Stromversorgung umgehängt, die als letzter Notanker vorgesehen ist, um weiträumigen Stromausfällen vorzubeugen. Dennoch werden parallel Notfallpläne für den großen Blackout entwickelt, weil sein Eintreten längst nicht mehr ausgeschlossen werden kann.

… und da stellen sich die drei großen Industriegewerkschaften hin, veranstalten einen großen bundesweiten Aktionstag gegen die Deindustrialisierung und kommen dabei über die planwirtschaftliche Forderung nach einem staatlich subventionierten Industriestrompreis nicht hinaus.

Das ist doch keine Sache von einem Jahr, in dem da mal die Strompreise für die Industrie subventioniert werden müssten. Wenn der Irrweg der Energiewende nicht verlassen wird, sind das „Ewigkeitslasten“, die der Steuerzahler aufzubringen hat, damit die Konsumenten in den Abnehmerländern deutsche Produkte zu Dumpingpreisen erwerben können, während uns hierzulande die Inflation und steigende Steuerlasten Stück für Stück die Luft abdrehen.

Selbst wenn Robert Habeck beschließen würde, den Industriestrompreis bis 2045 auf maximal 4 Cent herunter zu subventionieren und Christian Lindner nach dem Motto: „Ist der Ruf erst mal ruiniert, lebt sich’s völlig ungeniert“, ein neues riesiges Schuldenfass aufmachen würde:

Welcher Investor würde denn auf solche Zusagen einer Regierung vertrauen,

die den Schlamassel erst angerichtet hat und dann, statt einen Kurswechsel zu vollziehen, erst recht noch einmal Gas gibt und meint, mit Schulden könne man den Schaden aus der Welt schaffen,

wenn im marktwirtschaftlich aufgestellten Ausland die Energiepreise ganz ohne Subventionen und Staatsverschuldung keinen Wettbewerbsnachteil darstellen?

Die Abwanderung der energieintensiven Industrie ist doch bereits im Gang.  Weniger energieintensive Unternehmen werden folgen, weil es auch in Industriegesellschaften „Artengemeinschaften“ von Unternehmen gibt, die gegenseitig ihre Nähe suchen. Der deutsche Zulieferer verliert doch Aufträge an US-Firmen wenn das nächste Automobilwerk der deutschen Marke in den USA errichtet wird, also muss er hinterher. Es bleibt ihm gar nichts anderes übrig, außer er stellt den Betrieb auf Kuckucksuhren und Konfetti-Kanonen um.

Wie um das Kraut erst recht noch fett zu machen, hat die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di eine noch kontraproduktivere Richtung eingeschlagen. 

Ver.di und Fridays for Future sind eine Zweckehe eingegangen und haben hüpfend streikend und trillerpfeifend warnstreikend am letzten Freitag insgesamt 240 gemeinsame Protestaktionen für das Klima und die Beschleunigung der Verkehrswende veranstaltet. Wobei Verdi den Intentionen der Klima- und Verkehrswendebefürworter noch den Wunsch nach besseren Arbeitsbedingungen der Beschäftigten in den Verkehrsbetrieben hinzufügte.

So breitet sich vor dem Auge des Beobachters die nächste Welle einer Massenpsychose aus, die sich in einem unerbittlichen Kampf gegen das Klima Ausdruck verschafft.

Ja. Es heißt zwar immer, es handle sich um einen Kampf für das Klima, doch wenn man zur Kenntnis nimmt, dass das Klima durchaus älter ist als die Menschheit, dass es seit die Erde eine feste Kruste hat ganz ohne menschengemachte Emissionen nicht nur Kalt- und Eiszeiten, sondern auch blühende Warmzeiten hervorgebracht hat, dann handelt es sich bei allem Bemühen, das Klima auf einem ganz bestimmten Zustand quasi einzufrieren, um einen Kampf gegen das Klima, der in Wahrheit aber gegen die Menschen und ihren Wohlstand geführt wird und bei dem mehr Ressourcen sinnlos verschwendet werden als erforderlich wären, sich den allmählichen Veränderungen des Klimas schrittweise anzupassen.

Ich sehe da übrigens eine deutliche Parallele zur Unterstützung der Ukraine durch immer mehr Waffenlieferungen an die Ukraine und immer mehr und umfangreichere Sanktionen gegen Russland. 

Während Russland den Waffen und den Sanktionen trotzt, wie das Klima von den deutschen Anstrengungen zur Dekarbonisierung vollkommen unbeeindruckt bleibt, werden bei fortschreitender Zerstörung der Ukraine und der Beziehungen zu Russland auch die Ressourcen Deutschlands, der EU und der weiteren Willigen in einem für die Ukraine nicht zu gewinnenden Krieg verpulvert.

Aber das nur am Rande.

Die Kurzsichtigkeit der Gewerkschaften, die als im DGB zusammengefasste Massenorganisation weit mehr politischen Einfluss wahrnehmen könnten als alle 60 Millionen deutschen Wahlberechtigten bei der alle vier Jahre fälligen Stimmabgabe zusammen, wagen es nicht, der alten Dame SPD kräftig ins Kreuz zu treten, wenn sie gemeinsam mit den Grünen massiv gegen die Interessen der Bevölkerung agiert. Statt einen Kurswechsel zu erzwingen, fordern sie lediglich, dass doch bitte ein Teil des angerichteten Schadens durch Subventionen kompensiert werden solle, während Ver.di mit der Kumpanei mit Fridays for Future die Regierung im Kampf gegen das Klima noch vor sich her zu treiben versucht.

Klima ist ein chaotisches System dessen Verhalten mit mathematischen Modellen selbst dann nicht vorhergesagt werden könnte, wenn ein Tausendfaches an Messwerten zur Verfügung stünde.

Warmzeiten haben die Erde nicht verdörren, sondern ergrünen lassen, haben die Nahrungsgrundlage für Mensch und Tier verbessert und den Menschen mit dem Wohlstand auch die notwendige Zeit für den Fortschritt der Wissenschaft und der Künste verschafft.

Die nachstehende Grafik, die ich aus diesem Wikipedia-Artikel über das CO2 in der Atmosphäre kopiert habe, zeigt Erstaunliches: Seit 250 Millionen Jahren war es auf der Erde nicht mehr so kalt wie in der Gegenwart.

Weil sich diese Darstellung stark von anderen, weniger komprimierten Daten zu den Temperaturverläufen unterscheidet, habe ich mir auch den Wikipedia-Artikel über die letzten 34 Millionen Jahre, das Känozoische Eiszeitalter, in dem wir uns immer noch befinden, angesehen. Die darin angeführten Begründungen für die vielfachen Wechsel von kälteren und wärmeren Abschnitten innerhalb des Eiszeitalters kommen übrigens ganz ohne menschengemachte CO2-Emissionen aus. Bis auf den letzten Zeitabschnitt – da konnten sich die Wikipedia-Autoren den Einbau einer spekulativen Aussage zur Wirkung der menschlichen CO2-Emissionen nicht verkneifen.

Zudem habe ich mich für den Urheber dieser Daten interessiert. Am unteren Rand der Grafik ist vermerkt: Nach Schätzungen von Christopher R. Scotese (2018)

Wer ist dieser Scotese? Ein Geologe mit dem Schwerpunkt auf der Erforschung der Plattentektonik. Beim Weitersuchen bin ich auf eine seiner Visualisierungen gestoßen, die mich begeistert hat. 550 Millionen Jahre Veränderung der Gestalt der Erdoberfläche in 6 Minuten 15 Sekunden Zeitraffer. Das muss ich auch verlinken.

Nachdem nun ausreichend Distanz zwischen den Gewerkschaften und der Erdgeschichte hergestellt ist, ein Effekt, der keineswegs beabsichtigt war, als ich mit dem Schreiben dieses Paukenschlags begonnen habe, mag ich auch nicht noch einmal zu den Gewerkschaften zurückkehren. Sie sind, in erdgeschichtlichen Zeitspannen betrachtet, bestenfalls Eintagsfliegen und ebenso irrelevant wie alles, was gegenwärtig auf der Erde lebt, mich und – sorry- meine Leser eingeschlossen. Nehmen wir uns also nicht so wichtig …