Die den Krieg nach Deutschland holen

PaD 9 /2024 – Hier auch als PDF verfügbar: Pad 9 2024 Die den Krieg nach Deutschland holen

Die Anzeichen verdichten sich, dass die Koalition aus Grünen, FDP und SPD sich auf ihr Zerbrechen vorbereitet. 

Gute Gründe dafür gäbe es zu Hauf.

Die Entscheidungssituation

Die FDP, als Partei des Liberalismus und des Mittelstandes, hätte längst gegen die Angriffe auf die Freiheitsrechte auf die Barrikaden gehen müssen, ist doch kaum eine Woche vergangen, in denen nicht Nancy Faeser oder Lisa Paus einen hinreichenden Anlass gegeben hätten. Die FDP hätte ebenso gegen die Zerstörung der zuverlässigen Energieversorgung aufstehen müssen, sich mit der Drohung des Koalitionsbruchs gegen die Abschaltung der Kernkraftwerke stemmen müssen. Auch die fahrlässige Aufblähung der Staatsverschuldung, die noch dazu Christian Lindner als Finanzminister verantworten muss, wäre schon für sich alleine Grund genug gewesen, das Nichtregieren dem Schlechtregieren vorzuziehen.

Doch alles das hat die FDP mitgemacht. Aber die Weigerung des Bundeskanzlers, die Ukraine mit Taurus Marschflugkörpern auszurüsten, die soll nun der Anlass sein, die Koalition platzen zu lassen?

Die SPD, als die Partei der Arbeiter, des sozialen Friedens, der Gerechtigkeit und des Pazifismus, hätte längst gegen die Angriffe auf Massenkaufkraft und Wohlstand auf die Barrikaden gehen müssen, dem grünen Traum von Multikulti und ungebremster, unkontrollierter Zuwanderung mit Argumenten der Überforderung der Kommunen entgegetreten müssen, hätte sich gegen die wohlstands- und arbeitsplatzvernichtende Energieverknappung in Stellung bringen müssen und jeden Schritt der so genannten Energiewende unter den Vorbehalt der Unschädlichkeit stellen müssen.

Doch die SPD ist den ganzen grünen Weg in die Deindustrialisierung, die Überschuldung und die Zerstörnung der Inneren Sicherheit mitgegangen. Und jetzt will sie sich mit der Weigerung des Bundeskanzlers, die Ukraine mit Taurus Marschflugkörpern auszurüsten, den Weg aus dieser Koalition des Niedergangs öffnen.

Bündnis 90 – Die Grünen, die Partei des Bunten, Diversen, des Fortschritts und der Weltenrettung, der es gelungen ist, FDP und SPD auf ihren Kurs einzuschwören, sieht das Scheitern ihrer Visionen inzwischen überdeutlich schon alleine daran, dass der trotz bereits fortgeschrittener Deindustrialisierung weiterhin drohende Blackout nur noch mit dem vermehrten Hochfahren von Kohlekraftwerken verhindert werden kann. Doch unverdrossen fordern sie immer noch mehr vom Falschen und Schädlichen, weil sie sich mit der Besinnung auf die Weisheiten der alten weißen Männer schlagartig überflüssig machen würden.

Aus dieser Nummer herauszukommen, das geht nicht, ohne die ganz große und fremdverschuldete Katastrophe, weil alleine daraus ein unbefangener, alleine auf die Befriedigung von Notwendigkeiten ausgerichteter Neuanfang gelingen kann. Die Grünen, einst als Pazifisten angetreten, sehnen den Krieg, das „reinigende Stahlgewitter“ förmlich herbei, weil sie glauben, ihr Versagen nur so noch vertuschen zu können. Und so vereinen sich Anton Hofreiter und Marie-Agnes Strack-Zimmermann hinter Boris Pistorius, dem sie den transatlantischen Rücken stärken, damit das seit fast 80 Jahren so friedliebende deutsche Volk wieder kriegstüchtig  werden möge.

Dass Wolfgang Kubicki, der alte, gerissene Taktgeber aus dem kühlen Norden, sich nun auch für die Ukraine und  gegen Deutschland positioniert, und – wie es die BILD formuliert – eine „Taurus Revolte“ ankündigt, könnte tatsächlich das Ende der Ampel noch in diesem Monat mit sich bringen. Kubicki muss nur wahr machen, was er ausgesprochen hat: „Ich bin sicher, die Union wird nächste Woche wieder einen Antrag stellen und ich bin mir auch sicher, dass diesmal mehr Abgeordnete dafür stimmen werden, Taurus in die Ukraine zu liefern.“

Was aber geschieht, wenn es zu einer solchen  Abstimmung kommen sollte? Olaf Scholz wäre gezwungen, die Vertrauensfrage zu stellen. Seine Chancen, zu gewinnen, stünden dabei gar nicht so schlecht, denn niemand könnte die AfD, die sich klar gegen die Taurus-Lieferungen ausspricht, daran hindern, Olaf Scholz das Vertrauen auszusprechen. Das Problem dabei: Mit den Stimmen der AfD im Amt gehalten zu werden, wäre für die Bellizisten im Bundestag erst recht der Anlass, seinen Rücktritt zu fordern, und diesem Begehren könnte er sich kaum widersetzen. Die Folge wäre ein Wechsel im Kanzleramt. Der Bundespräsident müsste einen geschäftsführenden Bundeskanzler ernennen. Als Präzedenzfall gilt der Rücktritt des Bundeskanzlers Willy Brandt dem die Ernennung des bisherhigen Vizekanzlers, Walter Scheel, zum geschäftsführenden Bundeskanzler folgte. Theoretisch müsste der Bundespräsident dann Robert Habeck ernennen, ob er dies tun wird, oder dem zu erwartenden Ergebnis der Kanzlerwahl im Bundestag vorgreifen, und gleich Boris Pistorius zum geschäftsführenden Bundeskanzler ernennen wird, steht in den Sternen. Zweifellos würde letztlich aber doch Boris Pistorius Olaf Scholz ablösen. Die Haltung der Parteispitze, der sich Frank Walter Steinmeier immer noch verbunden fühlt, spricht dafür.

Saskia Esken, immerhin Vorsitzende der Kanzlerpartei hat sich inzwischen für die Lieferung des Taurus-Systems an die Ukraine offen gezeigt. „Solche roten Linien haben wir als SPD noch in keiner Debatte um Waffenlieferungen gehabt“, sagte sie der Rheinischen Post – und diese Aussage lässt keine Zweifel offen, dass sie bereit wäre, Scholz zu opfern. Auch Kevin Kühnert, ebenfalls Vorsitzender der Kanzlerpartei, hält sich alle Möglichkeiten offen, indem er die Entscheidung des Kanzlers für genau richtig hält, aber eben nur „zum jetzigen Zeitpunkt„. Anzunehmen, dass er als getreuer Knappe des Kanzlers mit ihm in die Verbannung gehen würde, erscheint mir doch recht naiv.

Das wäre also

Variante 1: Die Ampel, mit Boris Pistorius als Kanzler und ansonsten unverändert, bestimmt im Rahmen ihrer Entscheidungsmöglichkeiten weiterhin die Geschicke Deutschlands.

Variante 2: Ein Regierungs- und Koalitionswechsel, könnte allerdings auch zustande kommen, wenn Scholz die Vertrauensfrage stellt und verliert, der Bundespräsident den Bundestag daraufhin auflöst und in den anschließenden Neuwahlen das von den Demoskopen erwartete Ergebnis zustande kommt. Die dann – neben der rechnerisch möglichen – einzig  denkbare Koalition aus Union, Grünen und FDP könnte allerfrühestens Mitte Mai die Regierungsgeschäfte übernehmen, man muss aber damit rechnen, dass es bis dahin Ende Juni bzw. Anfang Juli werden wird, und wenn es dumm – und die die parlamentarische Sommerpause dazwischen – kommt, sogar September werden könnte, bis die Taurus-Lieferung an die Ukraine spruchreif wird.

In Anbetracht der vorgeblichen Dringlichkeit des Kriegseintritts Deutschlands dürfte den Bellizisten im Bundestag viel daran gelegen sein, diesen doch sehr zeitraubenden Weg unter allen Umständen zu verhindern. Da der Rücktritt des Kanzlers, wie in Variante 1 beschrieben, aber keinesfalls sicher ist und er es darauf ankommen lassen könnte, mit wechselnden Mehrheiten unter Duldung oder Zustimmung von LINKEn und/oder AfD sich weiter der Taurus-Lieferung zu verweigern, muss auch die dritte Möglichkeit ins Auge gefasst werden.

Variante 3: Friedrich Merz rafft sich auf und lässt sich auf dem Weg des konstruktiven Misstrauensvotum vom Bundestag zum neuen Kanzler wählen. Unter den dann unveränderten Mehrheitsverhältnissen wird die neue Koalition dann ebenfalls aus Union, Grünen und FDP bestehen und könnte im Zweifelsfall noch vor weiteren Koalitionsverhandlungen binnen Stunden grünes Licht für die Taurus-Lieferung geben.

Die Situation in Berlin ist so weit festgefahren, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass die Entscheidung nicht in den nächsten Tagen gesucht werden wird. Dass es plötzlich wieder ruhig um den Taurus werden und Olaf Scholz fröhlich weiterregieren können wird, halte ich für nahezu ausgeschlossen.

Ob es dabei zur schnellen Lösung ohne Neuwahlen oder zur langwierigen Variante mit Neuwahlen kommen wird, hängt ganz davon ab, wer den ersten Schritt unternimmt. Sicher scheint hingegen schon heute zu sein, dass Deutschland der Ukraine die Mittel an die Hand geben wird, Moskau mit deutschen Marschflugkörpern anzugreifen.

Ob die Ukraine dies versuchen wird oder nicht, spielt dabei keine Rolle mehr. Ausschlaggebend ist die damit geschaffene Bedrohung der russischen Hauptstadt, von der Russland zudem – alleine aufgrund des abgehörten Gesprächs der Luftwaffenoffiziere – davon ausgehen darf, dass dazu die Beteiligung von Angehörigen der Bundeswehr, die damit automatisch zu Kombattanten im Krieg gegen Russland werden, unerlässlich ist.

Die unvermeidlichen Folgen

Szenario 1

Unter der Voraussetzung, dass alles stimmt, was öffentlich erzählt wird,

dass weder die Berichte über den eklatanten Munitionsmangels der NATO und ihrer Bündnisstaaten noch die Inhalte des abgehörten Gesprächs nur eine Kriegslist, eine Finte darstellen, um Putin in Sicherheit zu wiegen, wenn der Westen nach zwei Jahren aufopferungsvollen Ukrainekrieges tatsächlich blank sein sollte, auch noch kein einziger Taurus in der Ukraine angekommen ist, kein ukrainischer Soldat am System geschult ist und auch die Frage, welcher Flugzeugtyp den Taurus tragen und wie dessen Umrüstung erfolgen soll noch ungeklärt ist,

bestünde für das russische Militär kein gravierender Hinderungsgrund, die Taurus-Produktionsstätte im Hagenauer Forst bei Schrobenhausen mit einem einzigen Schlag mit konventionell bestückten Hyperschallwaffen dem Erdboden gleich zu machen.

Damit wäre die Bedrohung, die vom Deutschen Bundestag erst noch geschaffen werden soll, aus der Welt, bevor sie überhaupt konkret geworden ist und weder die USA, noch ein anderes NATO-Mitglied sähe sich veranlasst und in der Lage, einen Vergeltungsschlag auszuführen. Die Zerstörung der MBDA-Fabrik in Schrobenhausen bliebe ebenso unbeantwortet, wie die Zerstörung der Nord Stream Pipelines in der Ostsee. Ein Verlust, der registriert wird, um dann für alle Zeiten in der Registratur zu verschwinden.

Olaf Scholz würde der ZEIT ein Interview geben, in dem er darauf hinweist, dass er Recht gehabt habe, und dass man froh sein dürfe, dass es zu keinen größeren Schäden gekommen sei. Von Seiten der Bellizisten wird es heißen, das hätte man nun davon, dass zu lange gezögert wurde, und Olaf Scholz sei schuld daran, dass die Ukraine nun für den Westen endgültig verloren sei.

Wladimir Putin wird dann von einer militärischen Spezialoperation sprechen, einem unvermeidlichen Akt der Selbstverteidigung, der – obwohl er bei Gefahr im Verzug jederzeit wiederholt werden könne – bei Wohlverhalten des Westens ein Einzelfall bleiben werde.

Szenario 2

Unter der Voraussetzung, dass der tatsächliche Ausrüstungsstand der NATO, selbstverständlich einschließlich der Bundeswehr, weitaus besser ist, als öffentlich erzählt wird, dass die Munitionsbunker voll sind und die Waffenarsenale trotz der Lieferungen an die Ukraine mit modernsten Systemen gefüllt sind, dass der Taurus, samt der Zielprogrammierung längst in der Ukraine angekommen und einsatzfähig unter den Flugzeugen montiert ist, und nur darauf wartet, dass die Bundesregierung grünes Licht für den Einsatz gibt,

dann darf davon ausgegangen werden, dass diese Situation der russischen Aufklärung nicht vollständig unbekannt sein dürfte.

Im Kreml wird man dann vor der Frage stehen, ob ein Präventivschlag, wie in Szenario 1 beschrieben, vom Westen nicht  geradezu herbeigesehnt wird, um endlich mit vereinten Kräften und aus den laufenden Großmanövern „Steadfast Defender„, „Nordic Response“ und „Quadriga 24“ heraus zum Generalangriff zu blasen.

Diese Frage wird schnell um den Aspekt erweitert werden, welches „Ereignis“ die USA vorbereitet haben könnten, um auch ohne einen russischen Präventivschlag ihre bereitstehenden Truppen eingreifen zu lassen, und die russischen Dienste werden zumindest Indizien für die Vorbereitung von False-Flag-Aktionen auf den Tisch legen können.

Russland wird über alle seine weitreichenden Waffensysteme die höchste Alarmstufe verhängen, denn die Situation, in der die Existenz Russland akut bedroht ist, wäre dann gegeben und damit müsste der nach der russischen Militärdoktrin zulässige Atomwaffeneinsatz innerhalb von Minuten nach dem Erkennen feindlicher Aktivitäten ausgelöst werden.

 

Was spricht wofür?

Dass Russland und China von den USA als potentielle Kriegsgegner angesehen werden, ist eine Binsenweisheit. Dass Donald Trump die kriegerische Auseinandersetzung nicht mit gleicher Intensität anstrebt, sondern lediglich bereit sein will, die USA verteidigen zu können, sollte sich inzwischen auch herumgesprochen haben. Dass Trump voraussichtlich der nächste Präsident der USA sein wird, sollte es nicht gelingen, ihn vorher irgendwie aus dem Rennen zu nehmen, spricht dafür, den Waffengang vor dem Wahltag zu beginnen. Sollte er dann Präsident werden, wird er als Präsident der USA im III. Weltkrieg nicht anders können, als den Krieg mit aller Härte zu führen.

Die russische Propaganda wird nicht müde, vom Aufblühen ihrer Rüstungsindustrie zu schwärmen, was nicht nur die Entwicklung neuer Waffensysteme betrifft, die nach russischer Darstellung den westlichen überlegen sind, sondern auch den ständigen Ausbau der Rüstungskapazitäten betrifft. Dem steht jedoch ein erheblicher Verschleiß von Waffen und Munition, sowie der Verlust vieler Soldaten in der Ukraine gegenüber. Außerem die einfache Tatsache, dass Russland mit seinen 144 Millionen Menschen nicht die gleichen militärischen Kapazitäten aufbauen und unterhalten kann, wie die USA mit 333 Millionen, bzw. die NATO mit insgesamt 930 Millionen Menschen. Dazu muss man nicht einmal auf die offiziellen Zahlen der militärischen Stärke zurückgreifen, wie sie hier dargestellt sind. Wenn also die Niederlage der Ukraine jetzt droht, wird damit der Verschleiß des russischen Militärs enden und Gelegenheit bestehen, die Arsenale und die Reihen der aktiven Soldaten wieder zu füllen. Den Augenblick der maximalen Schwäche des Gegners nicht ungenutzt verstreichen zu lassen, könnte ein Motiv sein, die große Auseinandersetzung bald zu suchen.

Ohne noch weiter auf andere Trends der Weltlage einzugehen, deren Wirkungen  die Notwendigkeit eines Krieges zur Erhaltung der Dominanz der USA verstärken, ist kein Argument zu finden, dass im Westen dafür spräche, es bei einer „Rangelei“ nach Szenario 1 zu belassen. Wenn dem so wäre, dann bräuchte es auch die massive Kriegspropaganda in Deutschland nicht, wo selbst schon Kinder davon schwärmen, wie sie mit Hilfe des ZDF gelernt haben, den Taurus zu lieben.

Scheiße! Es wird ernst!

Es gibt allerdings auch andere Nachrichten.

Nur 300 Kilometer Luftlinie vom Taurus-Ziel Kertsch-Brücke entfernt, in Sotschi am Schwarzen Meer, fand dieser Tage das „Weltjugendforum“ statt. Putin war dort und hat am Rande der Abschlusszeremonie geäußert, die Interessen Deutschlands würden früher oder später dazu führen, dass neue Politiker auftauchen, denen die aktuelle Russophobie fremd ist und die wieder einen Schulterschluss mit Russland anstreben werden.

Um das zu erfahren muss man allerdings wagen, den Feindsender RT zu empfangen. Für ARD und ZDF ist ein Weltjugendforum in Russland und was Putin dort sagt, weniger wichtig als zum Beispiel der gestern von der Tagesschau übertragene Satz Nancy Faesers, die sicherlich nicht zu jenen neuen Politikern zählt, deren Auftauchen Putin prognostiziert. Faeser:

„Mit insgesamt einer schwierigen weltpolitischen Lage ist es umso schöner, ein Sportgroßereignis in Deutschland zu haben, wo es um Gemeinschaft geht, wo es um den Zusammenhalt geht, und wo es darum geht, dass die Europameisterschaft zu einem friedlichen Event wird, was uns alle wieder ein Stück weit mehr zusammenführt.“

Früher dachte ich: „Durch Bier wird der Durst erst schön.“

Heute weiß ich also,

dass eine schwierige weltpolitische Lage
umso schöner wird,
je besser man sie
hinter einem Sportgroßereignis
zurücktreten lassen kann.

Bis zur EM dauert es noch drei Monate. Ob Olaf Scholz bis dahin und noch Kanzler sein wird und ob die Ukraine noch vor der EM den Taurus erhält, darüber gibt mein Terminkalender keine Auskunft.