Nachhilfe für die Bundesregierung

Die Sommerpause des Deutschen Bundestages nähert sich dem Ende, und, sollten die Ansagen des Wirtschaftsministers zu Beginn der Sommerpause noch gültig sein, soll dann das zuletzt nicht verabschiedete Gebäudeenergiegesetz in der zuletzt dem Bundestag vorgelegten Fassung unverändert von der Ampelmehrheit beschlossen werden.

Dass ein Gesetz, von dem mehr als zwei Drittel aller Wohnungen in Deutschland betroffen sein werden, einen Sinn haben sollte, ist – glaube ich – auch vom grünsten Grünen nicht zu bestreiten.

Da liegt auch gar nicht das Problem. Die Grünen sind schließlich überzeugt, dass aufgrund dieses Gesetzes die CO2-Emissionen Deutschlands sinken werden. Dies wiederum halten sie für positiv, weil sinkende CO2-Emissionen schließlich dazu beitragen würden, den Klimawandel auf das Maß zu begrenzen, das ohne menschliches Zutun sowieso eintreten würde.

Nimmt man das ernst, dann wäre es interessant zu wissen, in welchem Umfang dieses Gesetz zu einer Verringerung der CO2-Emissionen führen soll, damit man den dadurch erreichten Aufschub des Klimakollapses der Erde in Jahren, Monaten oder auch nur Tagen ermitteln und so die Kosten des Gebäudeenergiegesetzes pro Stunde Katastrophenaufschub errechnen könnte.

Die gemeinsame Fraktion von CDU und CSU im Deutschen Bundestag hat daher mit der gebotenen oppositionellen Demut bei der Regierung angefragt, welchen „Effekt“ das Gesetz wohl auf die CO2-Emissionen haben werde. Dies sicherlich um der eigenen Basis und  den potentiellen Wählern erklären zu können, warum man bei der Abstimmung mit der Regierung stimmen werde, es  ginge schließlich – nachweislich – um sehr viel CO2 und damit um eine lange, lange Verlängerung der Überlebenszeit der Menschheit.

Peinlich, dass die Bundesregierung diese einfache Frage, mit der doch die zentrale Begründung für das Gesetz hätte geliefert werden können, nicht beantworten konnte – oder wollte. Wirtschaftsstaatssekretär Udo Philipp antwortete – ausweichend und ohne zu erröten: „Hierzu liegen der Bundesregierung gegenwärtig noch keine abschließenden Abschätzungen vor.“

Dabei wäre das doch so einfach.

Das Bundesumweltamt weiß, dass die privaten Haushalte im Kalenderjahr 2021 einen Endenergieverbrauch von rund 670 Terrawattstunden verursachten. Das ist doch schon einmal eine Hausnummer. Die zweite Hausnummer: Zwei Drittel dieser  670 TWh gehen für die Raumheizung drauf, also rund 450 Terrawattstunden.

Statistikportal weiß, dass 52,1 Prozent aller bewohnten Wohnungen mit Gas, 23,5 Prozent mit Öl beheizt werden. Damit sind die von der Austauschpflicht betroffenen Wohnungen einigermaßen präzise bekannt. Auf diese dürften dann 340 Terrawattstunden aus der Verbrennung fossiler Energieträger entfallen.

Verbraucherzentrale weiß, dass pro kWh Erdgaswärme 202 Gramm CO2 emittiert werden, und pro kWh Erdölwärme 266 Gramm CO2.

235 TWh Erdgaswärme emittieren also    47 Millonen Tonnen CO2,
105 TWh Erdölwärme emittieren weitere 28 Millionen Tonnen CO2,

so dass am Ende der Umstellungsphase insgesamt 75 Millionen Tonnen CO2 jährlich eingespart werden.

BDEW weiß, dass damit die Hälfte der Emissionen für Heizen, Kühlen, Warmwasserbereitung, einschl. der Fernwärmeerzeugung und der schon bisher üblichen Nutzung von Strom für Heizzwecke eliminiert wären. Außerdem entspricht das immerhin 9 Prozent der Gesamt-CO2-Emissionen Deutschlands. Das ist doch eine fette Hausnummer!

Das Umweltbundesamt hat neuere Zahlen. 2022 betrug der CO2-Anteil an 746 Millionen Tonnen Klimagasen noch 89,4 Prozent. 75 Millionen Tonnen Einsparungen müssen also auf 667 Millionen Tonnen CO2 bezogen werden, womit die Einsparung bereits ohne weiteres Zutun von 9 Prozent auf 11,2 Prozent ansteigt.

Warum hat der Staatssekretär nicht einfach diese wirklich überzeugenden und gut belegten Zahlen auf den Tisch gelegt? Dann wüsste jetzt auch die Union, was hinten rauskommt, wenn man vorne schätzungsweise 1 Billion reinsteckt.

Fürchtete Udo Philipp, die Union könnte nun – gegen alle Absprachen – wieder diese unsägliche Rechnung aufmachen, bei der herauskommt, dass 75 Millionen letztlich nur 0,2 Prozent von jenen 38 Milliarden sind, die weltweit jährlich an menschengemachtem  CO2 in die Luft geblasen werden?

Oder stimmt noch etwas nicht an diesen Zahlen?

Wie war das denn? Wärmepumpen werden mit Strom betrieben. Strom kommt aus der Steckdose und hinter der Steckdose schicken Sonne und Wind keine Rechnung und verursachen auch keine Emissionen, oder?

Radio Eriwan weiß: Im Prinzip ja. Allerdings reicht der Strom aus Wind und Sonne schon ohne 30 Millionen Wärmepumpen nicht aus, um den Bedarf Deutschlands, trotz bereits gedrosselter Industrie, zu decken.

Mit fehlendem Strom lässt sich aber eine Wärmepumpe nicht betreiben. Also muss Strom geschaffen werden. Dem Klimaminister schweben derzeit rund 50 neue Gaskraftwerke vor, die jenen Bedarf decken sollen, der über die Stromernte aus Erneuerbaren und die möglichen Importe  von unseren Nachbarn hinaus zusätzlich benötigt wird.

Wieviel das wäre?

Das weiß man leider nicht so genau. Der Stromverbrauch der Wärmepumpen hängt nämlich von der Temperaturdifferenz ab, die zwischen dem Medium, dem die Wärme entzogen wird, und der Vorlauftemperatur des Wassers, das durch die Heizkörper fließen soll besteht. In den meisten Fällen wird es  sich beim Entnahmemedium um Luft handeln, die jahreszeitlich großen Temperaturschwankungen ausgesetzt ist. Konkret bedeutet das, dass diese Temperaturdifferenz im Sommer gering  ist, falls da überhaupt geheizt wird, während sie Winter hoch, im Zweifelsfall extrem hoch ausfallen kann, was wiederum bedeutet, dass die Heizung umso mehr Strom verbraucht, je kälter es ist – und dass es dazu kommen kann, dass die gesamte abgegebene Heizleistung mit Strom erzeugt wird.

Es gibt zwei Kennzahlen für dieses Effizienzverhalten. Die erste „COP“ gibt an, wieviel Kilowatt Wärme mit einem Kilowatt Strom erzeugt werden können. Diese Zahl ist abhängig von der Temperaturdifferenz und daher zwar für den Vergleich zwischen Wärmepumpen geeignet, aber kaum dafür, den Jahresstrombedarf zu ermitteln.

Die zweite Kennzahl ist die Jahresarbeitszahl. Sie gibt an, wieviel kWh Wärme im Jahresdurchschnitt pro kWh Strom bereitgestellt wird.

EnBw  hat ein Beispiel. Jahresarbeitszahl 2. Heißt 2 kWh Heizung für 1 kWh Strom. Steht zwar nicht dabei, soll uns aber wohl sagen: Damit solltet ihr rechnen. Rechnet man damit, ergibt sich, dass von den ersparten 75 Millionen Tonnen CO2 nur 37,5 Millionen Tonnen übrig bleiben, weil die Emissionen jetzt halt in Gaskraftwerken anfallen, statt in den heimischen Gas- und Ölheizungen.

Damit sind wir definitiv – und m.E. bestenfalls – bei 1 Promille von der Welt-Emissionsleistung angekommen. Bezogen auf das weltweite 1,5 Grad Ziel könnte der Effekt des deutschen Gebäudeenergiegesetzes glatt mit 0,0015 Grad Celsius angegeben werden.

Darauf könnte man immer noch stolz sein, gäbe es nicht noch eine  weitere Problematik, die darin besteht, dass der Strom aus dem derzeitigen Energiemix deutlich mehr CO2-Emissionen verursacht als die Gasheizung. 420 Gramm pro Kilowattstunde, sagt das Umweltbundesamt, hier zitiert von agrarheute.com.

Wenn also die noch aufzuwendende Hälfte des Energiebedarfs (Jahresarbeitszahl 2) mit dem doppelten CO2-Ausstoß pro kWh belastet ist, dann verschwindet auch noch das letzte Promille der Einsparung, gemessen an den Weltemissionen und wird zur Null. Wieviel CO2 alleine dadurch emittiert wird, dass  die Wärmepumpen produziert, transportiert und installiert werden müssen, spielt dann schon auch keine Rolle mehr.

Wenn das allerdings die Union wüsste – und gottseidank weiß sie es nicht, weil Herr Philipp dichtgehalten hat – könnte sie tatsächlich darauf verzichten, mit der Ampel für das GEG zu stimmen. Sie könnte sich aber (keine Zusammenarbeit mit der AfD!) nur der Stimme enthalten, keinesfalls dagegen stimmen.

Kommen wird das GEG trotzdem, denn die Ampel hat immer noch ihre Mehrheit aus der Bundestagswahl von vor zwei Jahren. Umfragen zählen da nicht. Die ziehen das durch.