
Am 1.457sten Tag meiner Aufzeichnungen,
vier Tage vor dem Ende des vierten Jahres,
ist die 2-Millionen-Marke überschritten worden.
Ich weiß, dass diese Statistik eine ganze Reihe von Mängeln hat, doch diese Mängel, die ich gleich noch erläutern werde, sind über die Zeit stabil, so dass Vergleiche über die Zeit durchaus eine Bewegung am deutschen Arbeitsmarkt erkennen lassen.
Jahr | Zeitraum | Arbeitsplatzverluste | Durchschnitt Kalendertag |
1 | 21.09.2019 – 19.09.2020 | 954.264 | 2.614 |
2 | 20.09.2020 – 18.09.2021 | 571.521 | 1.565 |
3 | 20.09.2021 – 19.09.2022 | 144.237 | 395 |
4 | 20.09.2022 – 13.09.2023 | 330.758 | 918 |
Summe aus vier Jahren | 2.000.780 | 1.373 |
Aus dieser Tabelle lässt sich ablesen, warum ich im September 2019 erneut damit begonnen habe, diese Statistik zu führen: Es krachte mächtig im Gebälk des deutschen Arbeitsmarktes, und das hatte ganz überwiegend noch nichts mit Corona zu tun. Der immer noch starke Arbeitsplatzabbau im zweiten Jahr, zugleich dem letzten Jahr der GroKo, zeigt, dass nun die Corona-Maßnahmen, die etliche Branchen schwer getroffen haben, sich in der Statistik niederschlagen, doch es sind auch bereits die Lieferketten-Probleme, die Schwierigkeiten verursachen. Danach folgte ein Jahr der Konsolidierung und der Hoffnung, die durch die Aussetzung der Insolvenzanzeigepflicht und versprochene Staats-Hilfen genährt wurde. Das vierte Jahr, das bereits voll im Zeichen der Ampel-Koalition steht, bringt die Folgen der Energieverknappung und Verteuerung, der allgemeinen Inflation und im Bereich von Automobilindustrie, Zulieferern und Maschinenbau die Folgen der Abkehr vom Verbrennungsmotor zum Ausdruck.
Ich wage zu prognostizieren, dass uns das fünfte Jahr noch einmal einen deutlichen Anstieg der Arbeitsplatzvernichtung bescheren wird.
Nun zur Methodik, die Sie kennen müssen, um diese Statistik richtig zu interpretieren:
1. Zeitpunkt der Aufnahme in die Statistik
Ich versuche jeweils, die allerfrühesten Meldungen über Stellenabbau zu erfassen. Das heißt, dass auch langfristig im Voraus angekündigte Maßnahmen, seien es Entlassungen, Betriebsschließungen, Produktionsverlagerungen oder Insolvenzanmeldungen bereits erfasst werden, bevor der Stellenabbau tatsächlich eingetreten ist.
Da ich zugleich alles daransetze, Doppelerfassungen zu vermeiden, ist einigermaßen sichergestellt, dass die „zu früh“ gemeldeten Zahlen im Laufe der Zeit realisiert und dann nicht noch einmal ausgewiesen werden.
2. Behandlung von Insolvenzen
Wenn nicht eindeutige Fakten dagegensprechen, setze ich bei allen Meldungen über Insolvenzen die Gesamtzahl der Mitarbeiter des insolventen Unternehmens ein. Auch dann, wenn über eine Insolvenz in Eigenverwaltung versucht wird das Unternehmen zu retten. Das kann zu überhöhten Zahlen führen, wenn die Rettung gelingt und das Unternehmen mit verringerter Belegschaft weitergeführt werden kann oder von einem Investor aufgekauft und saniert wird. Ich stelle allerdings fest, dass viele Rettungsversuche scheitern, so dass der Fehler nicht allzu groß ausfallen kann, wenn der Blick auf die Summen gerichtet wird.
3. Umfang der Erfassung
Mehrmals pro Woche, in „guten Zeiten“ auch täglich, durchsuche ich das Netz mit einer Reihe von bewährten Suchbegriffen. Hilfe erhalte ich von einem Leser meiner Seiten, der namentlich nicht genannt werden möchte, aber doch ganz erheblich zur Vollständigkeit der Statistik beiträgt. Aufgenommen werden kann aber nur, was den Sprung in jene Medien schafft, deren Internetangebot von Google gefunden wird. Da geht mir sehr viel durch die Lappen, vor allem das, was bei kleineren Unternehmen keiner Regionalzeitung einen Artikel wert ist, aber auch das, was bei Großunternehmen an laufenden kleineren Veränderungen, samt der natürlichen Fluktuation genutzt wird, um Arbeitsplätze still und leise verschwinden zu lassen. Daher nehme ich gelegentlich Informationen von den Statistik-Ämtern pauschal mit auf, wenn z.B. über das Schwinden von landwirtschaftlichen Betrieben oder den Rückgang von Handwerksunternehmen berichtet wird und ich weiß, dass meine Erfassung nur einen Bruchteil davon zeigt. Dennoch kann – über alles gesehen – von einer Untererfassung ausgegangen werden.
4. Zweck der Statistik
Die erste Erfassung, die ich 2002 begonnen hatte, war ganz klar als Gegenentwurf zu den Versprechungen des Peter Hartz gedacht. Ich wollte zeigen, dass nicht die Arbeitslosigkeit abgebaut wird, sondern dass massenhaft Arbeitsplätze verloren gehen und damit ein Gegengewicht zu den mit den Hartz-Gesetzen massiv veränderten Erfassungskriterien der Arbeitslosenstatistik setzen. Das ist mir, denke ich, gelungen.
Die im September 2019 neu aufgelegte Statistik, ist mehr als ein Barometer – und ein „Lesebuch“ gedacht, denn damit, dass ich zu jeder Meldung einen Link auf die Original-Information setze, lässt sich für den interessierten Betrachter ein recht tiefer Einblick gewinnen, und so, wie ein Barometer in der Seefahrt vor allem der Sturmwarnung diente, soll auch diese Statistik zeigen ob sich der deutsche Arbeitsmarkt in ruhigen Gewässern oder in stürmischer See befindet.
5. Und was ist mit den neu geschaffenen Arbeitsplätzen?
Die begegnen mir bei meinen Recherchen natürlich auch. Ich stelle allerdings fest – Bauchgefühl! – dass die meisten Meldungen über neue Arbeitsplätze sich darauf beziehen, dass entweder ein neues Gewerbegebiet ausgewiesen wird, das einmal Platz für ein paar Tausend Arbeitsplätze bieten soll, oder das neue Bürogebäude für X Arbeitsplätze errichtet werden, wohingegen Meldungen, dass ein bestehendes Unternehmen seine Produktion ausbaut und dafür neue Arbeitsplätze schafft, eher seltener zu finden sind. Wenn, dann heißt es, dass Amanzon oder ein klassisches Logistik-Unternehmen ein neues Logistikzentrum errichtet, oder dass bei einer Kommune, bei einem Bundesland oder beim Bund neue Stellen geschaffen werden, um frische Kräfte im Kampf mit dem Bürokratie-Verhau zur Verfügung zu stellen. Unter dem Strich: Die meisten Ankündigungen für neue Arbeitsplätze haben wenig Substanz oder bieten Billigjobs, oder gleich unproduktive Jobs, die nur dazu beitragen, das Staatsdefizit in die Höhe zu treiben. Diese den ganz überwiegend „guten“ Arbeitsplätzen gegenüberzustellen, die ich als Verluste anführe, würde m.E. das Bild verfälschen und uns in einer falschen Sicherheit wiegen.
Um die zweite Million gebührend zu würdigen, füge ich hier die Möglichkeit ein, meine Arbeit zur Erhellung der Arbeitsmarkt-Situation besonders zu würdigen, wie ich sie auch in großen Abständen in der Arbeitsplatzvernichtungsstatistik „Jobwunder Deutschland“ aufscheinen lassen.