Deutschland ad infinitum – Die Grenzen der Unendlichkeit

Paukenschlag No. 23 /2019 – Hier auch als PDF verfügbar: PaD 23 2019 Deutschland ad infinitum

Geografieunterricht 1942 an einer Berliner Volksschule.

Der Lehrer zeigt auf dem Schulglobus die Kontinente. Afrika, Asien, Amerika, Europa, Australien …

„Und wo ist Deutschland?“, fragt der kleine Fritz. „Komm mal nach vorne zum Globus“, meint der Lehrer, damit du es besser sehen kannst.
„Wirklich? Das ist alles?“, fragt Fritzchen ungläubig, um dann nachzulegen: „Weiß der Führer das?“

Ein Witz, den man sich in Deutschland hinter vorgehaltener Hand erzählt hat, als deutlich wurde, dass der Krieg nicht mehr zu gewinnen war. Ein Witz, der weit außerhalb dessen lag, was der damaligen „politcal correctness“ noch entsprochen hätte, was es äußerst gefährlich machte, ihn zu erzählen, oder auch nur darüber zu lachen. Jeder Zweifel am Endsieg, und sei er noch so begründet, wurde mit allen Mitteln des Repressionsapparates unterdrückt. Letztlich war die Ursache dafür wohl die Unfähigkeit der Führung, Fehler und Fehleinschätzungen zuzugeben und zu korrigieren. Es war der mit allen Mitteln der Propaganda und Repression erzwungene Glaube an die Unendlichkeit von Ressourcen, an die geheimen Wunderwaffen und zuletzt an die unüberwindliche Kraft des Landsturms.

Ein ähnlicher Glaube hat sich inzwischen wieder etabliert. Ist Deutschland endlich so groß geworden, dass nichts mehr unmöglich erscheint?

Deutschland ist seitdem nicht größer geworden, sondern auf das Format der Bundesrepublik Deutschland geschrumpft.

Wo steht Deutschland in der weltweiten Rangreihe?

Kriterien  absolute Größe Rang
Landfläche 357.000 km² 63
Bevölkerung 80 bis 82 Millionen 19
BIP 3,7 Billionen $ 4
Export 1,75 Billionen $ 3
Handelsbilanzüberschuss 275 Milliarden $ 2
HB-Überschuss pro Ew. 1) 3.350 $ 1

1) Rangreihe Industriestaaten, ohne Öl- und Gaslieferanten

Für diese Wirtschaftsleistung verbraucht das Land alleine an elektrischer Energie jährlich 555 Terawattstunden. Der Gesamtprimärenergieverbrauch liegt bei 12.900 Petajoule, entsprechend knapp 3.600 Terawattstunden. Und damit liegen wir sicherlich im Verhältnis zu Bevölkerungszahl oder Landfläche auch auf einem der vorderen Plätze in der Weltrangliste.

Interessant ist in diesem Zusammenhang die „schöne“ Relation zwischen BIP und  Energieverbrauch, die nicht nur eine wichtige volkswirtschaftliche Kennzahl,  sondern überdies einfach zu merken ist:

1 Milliarde $ BIP  erfordert 1 Terawattstunde Energie
1 Million $ BIP erforderte 1 Gigawattstunde
1.000 $ BIP erfordert 1 Megawattstunde
1 $ BIP erfordert 1 Kilowattstunde.

Selbstverständlich darf die Kilowattstunde bei einer Kostenbetrachtung nicht mit dem Preis für Haushaltsstrom angesetzt werden. Erstens, weil der Großindustrie Strompreise von deutlich unter 10 Cent pro Kilowattstunde berechnet werden, und zweitens, weil es sich hier nicht nur um den hochveredelten Energieträger Strom handelt, sondern um den Primärenergieverbrauch, in dem eben auch die fossilen Energieträger (Uran, Kohle, Gas und Öl), auch wenn sie nicht in Strom umgewandelt, sondern in Heizungen oder Automotoren verbrannt werden, berücksichtigt sind.

Allerdings dürfte ich mit meiner Schätzung von derzeit etwa 5 Euro-Cent pro KWh Primärenergie-Einsatz nicht sehr weit daneben liegen. Hochgerechnet auf die gesamte Volkswirtschaft und ein Jahr bedeutet das, dass die Kosten für den Primär-Energie-Einsatz Deutschlands bei knapp 200 Milliarden Euro liegen und damit etwa 5 Prozent des BIP ausmachen.

Die Pläne der Bundesregierung, den Primär-Energie-Einsatz drastisch zu reduzieren:

um 20 Prozent bis 2020
(was wohl nicht gelingen wird)
um 50 Prozent bis 2050
(was weiterhin angestrebt wird)

sind, gelinde gesagt, verwegen, selbst dann, wenn kein Wirtschaftswachstum angestrebt würde.

Wirkungsgrade von Maschinen lassen sich zwar nahe an 100% heranbringen, den dafür erforderlichen, exponentiell steigenden Aufwand einmal ausgeklammert, aber sie lassen sich eben nicht über 100% steigern, denn dann hätten wir das Perpetuum mobile, das nach dem heutigen Stand der Ingenieurswissenschaften hinter der unüberwindlichen

Grenze zwischen der Endlichkeit des Möglichen und der Unendlichkeit des Unmöglichen

angesiedelt ist.

Aber es herrscht doch Klimanotstand.

Der Ausweg ist weder in der Heizungstechnik, noch in der Gebäudedämmung zu finden und auch nicht im Verkehr. Hier sind die Möglichkeiten weitgehend ausgereizt. Selbst ein Kaminofen mit Holzbefeuerung erreicht heute einen Wirkungsgrad von annähernd 90  Prozent und gibt nur 10 Prozent der im Holz gespeicherten Energie über den Schornstein nach außen ab. Ganz ohne Ab-(Zug) ist eine Verbrennung aber unmöglich, so dass die Grenze des Möglichen schon erreicht scheint.

Verbrennungsmotoren schneiden da deutlich schlechter ab. Rund 2/3 der Energie gehen durch den Auspuff und als Abwärme vom Motorblock verloren – die Elektromobilität scheint da mit besseren Ergebnissen aufzuwarten, doch vor dem Antrieb mit Strom steht die Erzeugung von Strom, und die kommt bei den modernsten Kraftwerken, die mit fossiler Energie arbeiten auf 50, bei modernen Gaskraftwerken vielleicht auf 60 Prozen, was ein bisschen auch von der Last abhängig ist. Am Motor des E-Autos kommen also schon nur noch 50% der ursprünglich eingesetzten Energie an. Mit einem Wirkungsgrad von annähernd 90 Prozent ist der Unterschied zum Diesel oder Benziner schon fast dahingeschmolzen – und wenn man die Fahrzeug-Heizung in die Rechnung einbezieht, die beim Verbrenner mit Abwärme „umsonst“  betrieben wird, beim E-Auto allerdings zusätzlichen Strom schluckt, ist faktisch Gleichstand hergestellt.

Dass Strom aus erneuerbaren Energiequellen aus dem Primärenergiebedarf herausgerechnet werden könne, weil die Sonne umsonst scheint und dieser Strom also preiswerter wäre, ist bis heute nicht nachgewiesen. Zwar sinken an den Strommärkten die Preise immer dann, wenn bei Sonnenschein ein frischer Wind weht, bis hin zu negativen Preisen, wenn also die Abnehmer noch Geld dafür bekommen, den Strom abzunehmen. Doch die Preisbildung ist eine Frage von Angebot und Nachfrage und lässt einen Rückschluss auf die Erzeugungskosten nicht zu. Die Kosten der Energie aus erneuerbaren Quellen sind eine Frage des Stromertrags während der Nutzungsdauer, im Verhältnis zum Investitionsaufwand, zu den Betriebskosten, sowie dem Aufwand für die Bereitstellung der zusätzlichen Netzinfrastruktur, die auch nicht kostenlos vom Himmel fällt. Dass die notwendigen Kapazitäten für die angestrebte, 100%ige E-Mobilität noch nicht existieren, noch nicht einmal auf dem Reißbrett, sei nur am Rande erwähnt.

Die Dämmung von Gebäuden ist weit fortgeschritten. Von den rund 16 Millionen Einfamilienhäusern in Deutschland wurden seit 2000 rund 5 Millionen energetisch saniert, Neubauten seit 2000 dürfte schon beim Bau gedämmt worden sein, viele ältere Häuser in Ziegel-Massivbauweise, aber auch Fertighäuser erfüllen auch ohne nachträgliche Dämmung die Wärmeschutzkriterien – und die großen Wohnungsbau-Unternehmen dämmen, wo immer es geht, weil dies  eine legale Form der Mieterhöhung ermöglicht, die auch nach der Amortisation der Maßnahme nicht wieder rückgängig gemacht wird – sprich: Die Mieter zahlen die Dämmung nicht einmal, sondern zwei, drei und viermal – zur Freude der Wohnungseigentümer.

Modernere Windräder sind auf eine Leistung von durchschnittlich 5 Megawatt ausgelegt – Offshore-Anlagen eher etwas mehr, im Binnenland eher etwas weniger. Die angesagte Dekarbonisierung müsste also, um die derzeit 3.600 Terrawattstunden durch Windräder hervorzubringen, grob gerechnet täglich 10 Terrawattstunden erzeugen und unter Berücksichtigung der wechselnden Lastverhältnisse und der wechselnden Windverhältnisse mindestens 1,2 Terrawatt Kapazität vorhalten, um bei mäßigem Wind und Spitzenlast im Netz ausreichend Strom produzieren zu können. Dafür wären rund 250.000 große Windräder erforderlich, also im Prinzip alle 1,5 Quadratkilometer ein großes Windrad – auch mitten in den Großstädten und Ballungsräumen, sonst wird es auf dem flachen Land noch enger.

Mit der 10-H-Regelung, die besagt, dass der Abstand von einem Windrad zur nächsten Siedlung mindestens die 10-fache Höhe betragen muss, ist das schon nicht mehr zu schaffen, denn so ein Windrad ragt schon (Turm + Rotorblatt) um die 200 Meter in die Höhe, 2 Kilometer Abstand ringsum ergeben schon gut 12 Quadratkilometer – und wo ist in Deutschland schon die eine Siedlung von der nächsten mehr als 4 Kilometer entfernt? Jede Wanderkarte liefert den schlagenden Beweis, dass dies eher eine sehr seltene Situation ist.

Wieder ein Punkt, an dem der Hinweis angebracht erscheint, dass der Holzweg der unendlichen erneuerbaren Energiegewinnung schnell und unbarmherzig hinter die

Grenze zwischen der Endlichkeit des Möglichen und der Unendlichkeit des Unmöglichen

führt.

Aber es herrscht doch Klimanotstand!

Die  hilfreiche Anmerkung, es gäbe ja neben der Windenergie auch noch die Photovoltaik-Anlagen hat gleich zwei markante Mängel, die auf den gleichen Holzweg zustreben. Der erste liegt darin, dass die Photovoltaik  nachts gar keinen Strom erzeugt, der zweite ergibt sich hier ebenfalls aus dem Flächenbedarf. 1 Quadratmeter Solarpanel liefert bei durchschnittlicher Besonnung übers Jahr gesehen etwa 20 Watt ab. 1 Quadratkilometer kommt auf 20 Megawatt. Ein Sechstel der Landesfläche, 60.000 Quadratkilometer,  würde so eben ausreichen, um bei durchschnittlichem Sonnenschein tagsüber, im Sommer zwischen etwa 7 und 19 Uhr, im Winter zwischen 10 und 15 Uhr, den Energiehunger Deutschlands zu decken. Allerdings müssten dafür Berlin, Hamburg, Bremen, das Saarland, Schleswig Holstein, Thüringen und Sachsen vollständig und lückenlos unter Solar-Paneln versteckt werden.

Kurz zusammengefasst:

Die Endlichkeit Deutschlands verhindert zuverlässig den für den jetzigen Energieverbrauch erforderlichen Ausbau der erneuerbaren Energien. Maßnahmen zur Effizienzsteigerung der Verbraucher sind bereits weitgehend ausgereizt. Die Absichten zur Senkung des Energiebedarfs können nicht durch Einsparungen aufgrund verbesserte Technik erreicht werden. Die einzige Chance dafür liegt im (erzwungenen) Verzicht auf die Nutzung von Energie.

Heute entfallen etwa je 30% des Endenergiebedarfs auf Industrie und Verkehr, etwa 25% auf die Haushalte und 15% auf Gewerbe, Handel und Dienstleistungen.

Um das Einsparziel für 2050 zu erreichen, dürften entweder die privaten Haushalte, sowie Gewerbe, Handel und Dienstleister überhaupt keinen Energie mehr verbrauchen, oder Deutschland müsste vollkommen deindustriealisiert werden was auch einen ausreichenden Wegfall an Verkehr nach sich ziehen würde.

Selbstverständlich kann man den Verzicht auch gleichmäßig auf alle Sektoren verteilen. Doch auch das funktioniert nicht. Alleine der Gedanke, die Leistung der Industrie durch Energieentzug um nur 40% zu drosseln, würde vollständig auf das BIP durchschlagen, weil davon eben auch das zuliefernde und dienstleistende Gewerbe betroffen wäre, weil Millionen zusätzlicher Arbeitsloser mit stark reduzierter Kaufkraft den Binnenmarkt so belasten würden, dass auch der Einzelhandel von einer Insolvenzwelle überrollt würde und natürlich auch der Verkehr stark abnehmen würde.

40 % weniger Energie für die Industrie würde automatisch dazu führen, dass insgesamt 40 % weniger Energie verbraucht würde. 50%-Ziel fast erreicht.

Das hieße allerdings auch: Rückgang der Steuereinnahmen um  40%, Rückgang der Beitragseinnahmen der Sozialkassen um 40% und dem folgend massive Rentenkürzungen, massive Einschnitte ins Gesundheitswesen, Rückbau aller staatlichen Leistungen, usw.

Auch die Möglichkeiten des Verzichts und des Rückbaus sind nicht unendlich,

sondern schlicht und einfach durch den Nullpunkt begrenzt, wobei schon weit oberhalb dieses Nullpunkts ganz erhebliche Probleme auftreten.

 

Aber es herrscht doch Klimanotstand. Panik!
Lieber zurück in die Steinzeit als gar keine Zukunft! Panik!

Ja, und weltweit sind 1.400 neue Kohlekraftwerke im Bau oder in Planung.
Die werden das bisschen CO2, das vom unendlich großen Deutschland emittiert wird, locker mehrfach überkompensieren.

 

Zurück zu den Werten der Tabelle ganz am Anfang:

Zwischen 80 und 82 Millionen Menschen leben dauerhaft in Deutschland auf diesen 357.000 Quadratkilometern Landfläche. Die reine Siedlungsfläche beträgt jedoch nur ca. 50.000 Quadratkilometer. 182.000 Quadratkilometer sind landwirtschaftlich genutzt. 110.000 Quadratkilometer werden wald- und forstwirtschaftlich genutzt. Der Rest ist von Wasser bedeckt, oder sonstwie schlecht nutzbar (Kies- und Braunkohlegruben, Felsen, Moore, Sümpfe oder aufgelassene, belastete Militärgelände.

Wir wissen, dass die Versiegelung des Bodens im Bereich der Siedlungsflächen, die industrielle Landwirtschaft und die vielfach noch als Monokulturen bestehenden Wälder, im Verbund mit der kleinteiligen Zersiedelung und Beschneidung der naturnahen Gebiete, allen Grund zur Sorge gibt, dass Deutschland seine Umwelt nachhaltig zerstört und das Artensterben vorantreibt.

Natur- und Umweltschützer kämpfen sprichwörtlich um jeden Baum, während die Landwirte aufgrund der miserablen Ertragslage  auf keinen Quadratmeter Ackerfläche verzichten wollen. In den Städten schwinden die noch bebaubaren Flächen dahin und auf dem flachen Land wird allmählich ebenfalls umgedacht und die für  eine Weile inflationär und im Wettstreit der Kommunen um Gewerbesteuereinnahmen betriebene Ausweisung immer neuer Gewerbeflächen verlangsamt sich  endlich.

Deutschland ist nicht unendlich groß.

Auch dadurch, dass die Landesgrenzen nicht mehr kontrolliert werden, ist Deutschland flächenmäßig nicht gewachsen. Obwohl es oft den Anschein erweckt, das genau das das Ziel der Politik war, durch Entgrenzung zu wachsen. Die übrigen EU-Mitgliedsstaaten haben sich von dieser Illusion, die in Berlin immer noch aufrechterhalten wird, aber nicht irritieren lassen.

Deutschland ist auch nicht unendlich reich.

In Deutschland herrscht Not.

15,8 % der Gesamtbevölkerung (12,8 Millionen) sind arm oder vom Armutsrisiko bedroht.
28,6 % der Deutschen mit Migrationshintergrund sind arm oder von Armut bedroht.
36,2 % der Bevölkerung ohne deutsche Staatsbürgerschaft sind arm oder von Armut bedroht.

In den 77 deutschen Großstädten fehlen rund 2 Millionen bezahlbare Wohnungen.

Rund 6 Millionen Menschen in Deutschland leben von Sozialtransfers.

2, 236 Millionen Arbeitslosen und 3,190 Millionen Unterbeschäftigten stehen (Stand Mai 2019) nur 792.000 offene Stellen gegenüber, davon ein Großteil für Leih-/Zeitarbeit.

Die Hälfte der Ein-Personen-Haushalte in Deutschland – und dies sind mit 41% die größte Gruppe von Haushalten in D – hat ein verfügbares monatliches Einkommen (einschließlich aller Transferleistungen wie Wohngeld, Kindergeld, Hartz IV) von weniger als 1.400 Euro. Die Hälfte aller Drei-Personen-Haushalte hat monatlich weniger als 3.400 Euro zur Verfügung. Und dieses „Weniger“ beginnt, das muss ausdrücklich erwähnt werden, durchaus schon bei „sehr viel weniger“. (hier)

Die Hälfte aller Haushalte in Deutschland ist also gezwungen, jeden Cent dreimal umzudrehen, wenn die Miete, die Stromrechnung, die Versicherungen und die Telekommunikationskosten bezahlt sind.

Deutschland ist nicht unendlich reich.

An dieser Stelle begegnen sich Mensch und Unmensch,
Gesinnungsethik und Verantwortungsethik,
und streiten erbittert darum
ob es eine Grenze der Unendlichkeit gäbe,
oder nicht.

Die einen sind überzeugt, dass kein Mensch illegal sei, dass daher jeder Mensch das Recht habe, nach Deutschland zu kommen und hier nach unseren Standards versorgt zu werden, weil ja schließlich jeder dafür einen guten Grund habe.  Alles andere sei einfach nur unmenschlich und fürchterlich schlimm und dagegen müsse, wo immer es geht, vorgegangen werden, und wer sich dieser Auffassung nicht anschließt, sei eben ein Unmensch. [Vergleiche: a) Menschen, b) Unmenschen]

Die anderen sind überzeugt, dass Menschen, die in ihrer Heimat politisch verfolgt werden oder dort in Krieg oder Bürgerkrieg Angst um ihr Leben haben müssen, selbstverständlich so lange aufgenommen werden und hier Schutz finden sollen, bis die Rückkehr in ihre Heimat wieder möglich ist.

Uneinigkeit besteht also nur da, wo es sich bei den Migranten nicht um Flüchtlinge handelt,
sondern um Menschen, die einfach die Chance für ein (materiell) besseres Leben ergreifen und die offenen Grenzen überschreiten wollen, solange dies noch möglich ist.

Diese Uneinigkeit beginnt beim „Hereinlassen“, was die einen vorbehaltslos fordern, während die anderen gerne die Kontrolle über die Grenzen und damit über den Staat wieder möglich machen würden, und sie endet bei der „Abschiebung“, die von den einen nach Kräften verhindert wird, während die anderen dafür plädieren, dass jeder, dem aufgrund geltender Gesetze kein Aufenthaltsstatus gewährt wird, zwingend abgeschoben werden muss, wenn er selbst der Aufforderung zur Ausreise in der gesetzten Frist nicht nachkommt.

Diese Uneinigkeit ist in dieser Schärfe relativ neu in Deutschland und fällt zeitlich mit dem Beginn der Grenzöffnung Anfang September 2015 zusammen. Die neue Schärfe und Unnachgiebigkeit konnte allerdings nur entstehen, weil mit dieser Grenzöffnung das bestehende Recht von der Bundesregierung für obsolet erklärt wurde, ohne mit einem neuen, gültigen Recht für einen Ersatz zu sorgen, der zumindest von den Regierungsfraktionen im Bundestag in Gesetzesform gegossen worden wäre. Ohne diese illegale Entscheidung der Regierung gäbe es  weder diesen Riss in der Gesellschaft, noch das Erstarken der  AfD, es gäbe nicht die krachenden Wahlniederlagen von SPD und CDU und es gäbe nicht den rastanten  Aufstieg der Grünen, denen wir, neben dem Glauben an die Unendlichkeit der Aufnahmekapazität Deutschlands für Migranten aus aller Welt, auch den Glauben an die Unendlichkeit der Energie aus Wind und Sonne verdanken.

Ein Landwirt, der erfolgreich Milchkühe halten will, folgt einer relativ einfachen Rechnung. Er weiß, dass sein Land endlich ist. Er weiß, dass er bei sehr guter Flächennutzung pro Hektar Weideland zwei Milchkühe halten kann. Sicherer ist es allerdings, pro Kuh einen Hektar vorzusehen, was zwar die Rendite schmälert aber auch den Aufwand senkt und ggfs. teuren Zukauf von Futtermitteln überflüssig macht. Die Wahrheit liegt, je nach Betrieb unterschiedlich, irgendwo in der Mitte. Selbst wenn diesem Bauern von irgendwoher eines Tages 20 Kühe zulaufen würden, müsste er alles tun, um sie entweder schnell wieder loszuwerden, oder, ebenso schnell, seinen Betrieb erweitern. Weideflächen dazupachten und eine Erweiterung an den Stall anbauen, ggfs. einen Knecht einstellen, der ihm hilft, die unvermeidliche Mehrarbeit zu schultern.

Aber es sind doch Menschen!
Die kann man doch nicht wegschicken. Um die muss man sich doch kümmern. Alles andere  ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Ein Bauer mag ein Stück Land dazu pachten können, wenn sein Viehbestand wächst. Die Bundesrepublik kann das nicht, egal wie viele Migranten sie aufnimmt.

Das Land des Bauern entspricht den deutschen Sozialsystemen. Die sind quasi die Ernährungsgrundlage für die Migranten, jedenfalls so lange, bis sie Arbeit finden und selbst für ihren Unterhalt sorgen können. Da sieht es allerdings relativ schlecht aus. Bei 5,4 Millionen Arbeitslosen und Unterbeschäftigten ist die Chance, im deutschen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, nicht besonders hoch, und wo es gelingt, ist die Einstellung des Migranten, der sich womöglich billiger verkauft als der arbeitslose Deutsche, unter  Umständen nur ein Drehtürgeschäft. Der eine entflieht der Arbeitslosigkeit, der  andere fällt hinein.

Aber mit dem „Land“, also den Sozialsystemen und dem Arbeitsmarkt, ist es ja nicht getan. Es müssen dringend  Wohnungen errichtet werden. Wo alleine in den 77 deutschen Großstädten rund 2 Millionen bezahlbare Wohnungen fehlen, sieht es auch in dieser Hinsicht nicht rosig aus. Ganz abgesehen davon, dass praktisch jede Art von Infrastruktur, von den Straßen über die Wasser- und Stromversorgung bis hin zu den Krankenhäusern, den Kindergärten und Schulen, erweitert und ausgebaut werden muss, wenn der „Standard“ erhalten bleiben soll.

Das bedeutet, dass für eine Million Zuwanderer auf mittlere Sicht 625 Quadratkilometer zusätzlicher Siedlungsflächen bereitgestellt werden müssen, die nur aus den land- und forstwirtschaftlichen Flächen entnommen werden können. Die sich aus der reinen Flächenbetrachtung ergebende Obergrenze liegt also bei etwa 470 Millionen Zuwanderen, die Deutschland theoretisch aufnehmen könnte, bis es zu einer einzigen Großstadt zusammengewachsen ist. Ade Feldhamster, ade Juchtenkäfer, ade deutscher Wald! Aber sei’s drum, es sind ja Menschen.

Bei den Arbeitsplätzen sieht es etwas schwieriger aus. Das BIP der Welt, also  alle erzeugten Güter und Dienstleistungen, beträgt ca. 80 Billionen $ pro Jahr. Deutschland trägt dazu bisher nur rund 4 Billionen bei. Wollte Deutschland (was auf der Fläche allerdings unmöglich ist) mit seiner Bevölkerung die Exportweltmeisterschaft auf die Spitze treiben und weltweit alleiniger Produzent von Waren und Dienstleistungen werden,  bräuchten wir rein rechnerisch und entsprechende Qualifaktion vorausgesetzt, die 20-fache Bevölkerung, also 19 mal 80 Millionen mehr, nämlich 1,5 Milliarden Menschen. Das geht von der Fläche her nicht, so  dass wir uns mit dem Ballungsraum Bundesrepublik und den 550 Millionen (80+470) Einwohnern zufriedengeben, die immerhin statt vier dann 28 Billionen zum Welt-BIP beisteuern könnten.

Unglücklicherweise wäre der daraus resultierende Exportüberschuss von knapp 25 Billionen von keinem ausländischen Kunden mehr bezahlbar, was erneut die Erkenntnis reifen lässt,

dass lange vor Erreichen der Unendlichkeit immer wieder unverhofft ein Ende auftaucht.

Es ist also nicht möglich, für 470 Millionen Zuwanderer eine sinnvolle Beschäftigung zu finden, obwohl sie theoretisch auf deutschem Staatsgebiet untergebracht werden könnten. Es ist ebenso unmöglich, 470 Millionen Zuwanderer aus dem Steueraufkommen der Bundesrepublik zu alimentieren, weil das allermindestens mit 12.000 Euro pro Person – und damit insgesamte mit über 5 Billionen Euro jährlich zu Buche schlagen würde. Das ist ein Stück mehr als das BIP, geht also nicht.

Wir müssen wohl ein bisschen bescheidener werden.

Von Seiten der Weltwirtschaft haben wir für die nächsten Jahre nicht mit einem nennenswerten Wachstumsschub zu rechnen, so dass die Wirtschaftleistung nur ganz gering steigen, wenn nicht gar sinken wird. Die abenteuerliche Energiepolitik, so sie denn tatsächlich realisiert und bis zum bitteren Ende durchgezogen werden sollte, lässt bis zum Jahr 2050 einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um bis zu 40 Prozent befürchten. Bis dahin dürften sich aufgrund der Alterspyramide und der niedrigen Geburtenzahlen die Zahl der Einwohner um rund 7,5 Prozent (6 Millionen) reduziert haben. Diese 74 Millionen sind aber im Verhältnis zur dann reduzierten Wirtschaftsleistung immer noch viel zu viel.

Bleibt die Wirtschaftsleistung gleich, und soll das Verhältnis zwischen Erwerbstätigen und nicht Erwerbstätigen ebenfalls gleich bleiben, könnte für die nächsten 30 Jahre eine anfängliche Zuwanderung von 200.000 Personen mit ausreichender Qualifikation und Integrationswilligkeit sinnvoll sein. Diese Zahl müsste mit der Zunahme der Geburtenzahlen bei den Zuwanderern regelmäßig nach unten korrigiert werden und auf null gesetzt werden, wenn sich der Sterbeüberschuss in einen Geburtenüberschuss gewandelt hat.

Wächst die deutsche Wirtschaft weiter und zieht die Beschäftigung im gleichen Maße an, wie die Wirtschaftsleistung, dann könnten pro 1/10 Prozent Wachstum weitere 80.000 Zuwanderer aufgenommen werden.

Die Tendenzen in der Weltwirtschaft, die zu erwartenden Folgen der weiteren Automatisierung und Digitalisierung auf dem Arbeitsmarkt und die beginnende Deindustriealisierung Deutschlands dürfen dabei jedoch nicht außer Acht gelassen werden.

Aus heutiger Sicht, Frühjahr 2019, mit stark eingetrübten Konjunktur-Aussichten, ist in Bezug auf die weitere Aufnahme von Migranten große Vorsicht geboten. Asylberechtigte und Schutzbedürftige: Ja. Um die müssen und wollen wir uns kümmern. Da gibt es tatsächlich keine Obergrenze.

Ansonsten nur klar definierte Fachkräfte, die in Deutschland nicht zu finden und auch nicht heranzubilden sind, zum Beispiel Pflegekräfte, wobei auch noch die Frage zu klären ist,  ob der hier erkannte Mangel (40.000 unbesetzte Stellen) nicht in erster Linie durch die Arbeitsbedingungen und die Entlohnung verursacht wurde.

Jedes mehr an Zuwanderung führt, wie der Versuch, den Primärenergieverbrauch rigoros zu begrenzen, zu der Notwendigkeit, Verzicht zu leisten.
Verzicht auf naturnahe Flächen in Wald und Wiese,  Verzicht auf Kaufkraft  wegen höherer Steuern und Abgaben, auf lange Sicht keine Entspannung bei den Mieten und auf dem Arbeitsmarkt.

Deutschland ist kein Video-Spiel, bei dem man immer wieder „neue Kräfte“, „neue Waffen“ und „neue Energiequellen“ erschließen, bzw. dazukaufen kann. Deutschland ist ein kleiner Fleck auf dem Globus, aber wieder einmal entsteht der Eindruck, die Meinungsführer wüssten das nicht.

Aber es sind doch Menschen.

Ja, und Woche für Woche werden in Afrika eine Million Menschen mehr geboren als sterben.
Die haben alle keine rosigen Aussichten und sehnen sich alle nach einem besseren Leben.
Das beste Leben, wird ihnen erzählt, könnten sie in Deutschland finden.

Es würde nur neun Jahre dauern, um Deutschland in einen einzigen, grenzenlosen Slum zu verwandeln,
wären alle Wege offen. Der völlig unverbindliche, aber politisch verpflichtende, maßgeblich von Deutschland initiierte und in Teilen in Geheimverhandlungen entstandene UN-Migrationspakt wurde geschaffen, um diese Wanderungsbewegungen zu erleichtern und zu beschleunigen.

Aber es sind doch trotzdem Menschen.

Und Deutschland ist trotz aller Argumente weiterhin weder unendlich groß, noch unendlich reich.