Gedanken zum Jahreswechsel 2022 / 2023

PaD 50 /2022 – Hier auch als PDF verfügbar: Pad 50 2022 Gedanken zum Jahreswechsel

Erinnerungen können trügen.
Die Vergangenheit, nachdem sie die Filter des Vergessens durchlaufen hat, erscheint zumeist in einem rosigeren Licht als sie es war, doch auch bei intensivster Prüfung meiner Erinnerungen:

Es gab noch keinen Jahreswechsel, bei dem nicht wenigstens ein paar Funken der Hoffnung vorhanden waren, dass das kommende Jahr ein besseres werden würde.

Diesmal ist es anders. Das zurückliegende Jahr 2022 erscheint mir heute nur wie die Ouvertüre für ein durch und durch schreckliches Jahr 2023.

Die Hauptmotive sind schon angeklungen, die Solisten haben sich warmgespielt,  hinter dem Vorhang begibt sich das Gesangsensemble, untereinander noch scherzend, auf die Positionen.

Nein. Sie haben den Zettel falsch gelesen.

Das wird keine Operette, das nächste Jahr.

Das wird eine dramatische Oper, vergleichbar vielleicht der Elektra von Richard Strauß, nur noch härter, noch unzugänglicher, noch dissonanter, durchwebt von rachsüchtigen Gewaltfantasien, Mord und Totschlag. Und dann wieder ein massiver, undurchdringlicher Block aus bloßem Klang, der jeden Ausweg versperrt und jeden Gedanken an das Gute, Helle, Schöne zermalmt, bevor er noch entstehen kann.

Treten Sie dagegen an. Versuchen Sie es.

Kämpfen Sie gegen die dystopische Wetterfront, die im zu Ende gehenden Jahr dräuend aufgezogen ist um sich im nächsten Jahr mit aller Wucht zu entladen.

Ich will Ihnen die Schauplätze zeigen, die Schlachtfelder – und die Dämonen, die angetreten sind, dieses Land auf der seifenglatten schiefen Ebene in den Abgrund rutschen zu lassen.

Vielleicht sind gerade Sie dazu ausersehen, den Schwachpunkt des Gegners  zu erkennen. Vielleicht können gerade Sie jenen  Punkt finden, an dem die Spannungen kulminieren, so dass ein einziger kleiner Schlag mit dem spitzen Nothammer an der exakt richtigen Stelle genügt, um alles zum Zerplatzen zu bringen. Vielleicht.

Armes Deutschland

Selbst Fußball, die schönste Nebensache der Welt, ist in Deutschland zur Demonstration gegen Kulturen und Haltungen verkommen, die vom hierzulande waltenden undeutsch-deutschem Zeitgeist als verwerflich angesehen werden.

War es 1954, als die Nationalmannschaft keine zehn Jahre nach Kriegsende die Weltmeisterschaft gewann, noch ein Ereignis, das den Deutschen wieder das Gefühl gab, zur Weltgemeinschaft zu gehören und ihre Fähigkeiten auch im friedlichen Wettstreit beweisen zu dürfen, so war die WM 2022 in Katar für Deutschland nur die Bühne für den deutschen Respekt, für den deutschen Antirassismus, für das deutsche Bestmenschentum, was in der Geste des Mundzuhaltens der Nationalmannschaft und in der Oberarmbinde der Sportministerin ebenso seinen Niederschlag fand, wie in der Niedergeschlagenheit nach dem erneuten Aus in der Gruppenphase. Nicht zweitklassig, nicht drittklassig, sondern vollständig deklassiert – aber mit der richtigen, absolut unrechten Haltung.

Das wäre beileibe kein Beinbruch, könnten wir uns darauf berufen, dass Fußball eben nur eines der vielen Felder sei, auf dem Deutschland zur Weltspitze gehört. Doch  Superlative finden sich in Deutschland nur noch in den Negativkriterien. Höchste Strompreise und niedrigstes Rentenniveau der EU, stetes Absinken bei den Schulvergleichstests und seit Jahren nicht behobener Mangel an Lehrkräften, eine Armee, deren schwere Waffen über der Schwangerentauglichkeit ihre Gefechtstauglichkeit verloren haben, das sind nur wenige Tiefpunkte aus dem Gesamtszenario, die ich zur Einstimmung vorangestellt habe, bevor ich die bedrückendsten Miseren näher beleuchte.

 

Die deutsche Energiemisere

Die fachlichen Vorkenntnisse des Ministers für Wirtschaft und Klimaschutz, dem die beiden Hüte, die er zu tragen hat, viel zu groß sind, so dass sie ihm längst über die Ohren gerutscht sind und seinen Blick verdeckt haben,  legen die Vermutung nahe, dass die Unterversorgung Deutschlands mit Energie aus ideologischen Gründen beabsichtigt ist, und, dass der Krieg Russlands in der Ukraine ein willkommener Anlass war, die Belieferung Deutschlands mit Erdöl und Erdgas noch schneller und weitgehender zu beschneiden als bis dahin geplant.

Der saloppe Spruch: „Niemand soll hungern ohne zu frieren“, wird mit großem Eifer in eine für Millionen Deutsche am eigenen Leibe erlebbare Realität  überführt.

2022 war in dieser Beziehung noch erträglich. Dank der massiv gestiegenen Energiepreise führten Produktionseinschränkungen der deutschen Industrie, zusammen mit der Republikflucht etlicher Unternehmen dazu, dass die noch benötigten Mengen an Erdgas, wenn auch zu überirdischen Preisen, beschafft werden konnten. Der Streckbetrieb der letzten drei Atommeiler hat mitgeholfen, Stromabschaltungen zu vermeiden und fast bis zuletzt ist auch noch russisches Pipeline-Öl in Schwedt angekommen.

2023 sieht noch einmal ganz anders aus.

Die  Raffinerie in Schwedt, die bisher auf Basis russischen Pipeline-Öls die Versorgung der Hauptstadt und weiter Teile der „neuen Bundesländer“ mit Benzin, Diesel und Heizöl, aber auch mit Teer für den Straßenbau sicherstellte, wird mit den geplanten Lieferungen von Tankeröl via Rostock, und selbst dann, wenn auch Polen die technisch möglichen Mengen Öl nach Deutschland durchleiten sollte, ihre Kapazität nicht auslasten und damit den weiterhin bestehenden Bedarf nicht mehr decken können.

Die Erdgasspeicher werden im Februar oder März 2023 so weit geleert sein, dass nur noch das betriebsnotwendige Puffergas in den Speichern lagert. Die laufenden Zulieferungen an Erdgas aus Norwegen und den Niederlanden, sowie die Anlandungen  von LNG per Schiff, werden vielleicht ausreichen, den laufenden Bedarf der wärmeren Jahreszeit zu decken, sie werden aber nicht ausreichen, die Speicher wieder zu befüllen, so dass ab November 23 mit einer krisenhaften Lage, nicht nur im Bereich von Heizung und industrieller Prozesswärme, sondern auch im Bereich der Stromversorgung, gerechnet werden muss.

Schließlich wussten selbst die Grünen als sie ihr Wahlprogramm formulierten noch, dass hinter jedem Windpark und jeder Solarfarm ein Gaskraftwerk stehen muss, um auch dann ausreichend Strom im Netz zu haben, wenn die Sonne weniger scheint und der Wind weniger weht. Dass die Windkraftanlagen bei Stillstand nicht nur keinen Strom liefern, sondern sogar Netzstrom benötigen, um nicht zu „sterben“, sei nur am Rande  erwähnt, obwohl diese bei einer bundesweiten Flaute mit rund 3,5 Gigawatt so viel Strom benötigen dass alle drei noch in Betrieb befindlichen Kernkraftwerke gerade ausreichen würden, um die Windräder am Leben zu halten. Der forcierte Ausbau der Windkraft wird diesen Wert, Windrad für Windrad, unweigerlich weiter ansteigen lassen.

Die Kernkraftwerke sollen jedoch am 15. April 2023 endgültig vom Netz genommen werden. So ist es nicht verwunderlich, dass nach der Schweiz nun auch die Bundesregierung erwägt, die von eben dieser Regierung hochgelobten Wärmepumpen und die von eben dieser Regierung ebenfalls hochgelobten E-Mobile bei Gefahr des Strommangels bevorzugt vom Netz zu trennen, bzw. ihnen nur noch minimale Stromkontingente zur Verfügung zu stellen.

Momentan kann ungefähr ein Drittel unseres Strombedarfs noch aus der Verbrennung von Stein- und Braunkohle gedeckt werden, weil viele bereits stillgelegte Blöcke aus der Reserve geholt und reaktiviert wurden.  Aber die Grünen werden auch in Bezug auf den Kohleausstieg nicht rasten und ruhen. Das Ziel für den vorgezogenen Ausstieg bis 2030 ist wohl auch in der Ampel bereits abgesegnet.

Ob es allerdings bei den nächsten Bundestagswahlen noch einmal zu einer Regierungsbeteiligung der Grünen kommen wird, sehe ich als unsicher an. Viel wird davon abhängen, wie Deutschland die Winter 2022/23 und 2023/24 überstehen wird, und das hängt weitgehend davon ab, ob ihnen der vehement bekämpfte Klimawandel hilft, mit ausreichend warmer Witterung über die Runden zu kommen.

Welches „Konstrukt“ auch immer der Ampel nachfolgen wird: Die Fortführung der Energiewende wird dann nicht mehr mit hoher Priorität auf der Agenda stehen.

 

Die Misere des deutschen Gesundheitswesens

Alle Reparaturversuche der Vergangenheit haben nur dazu geführt, dass die Leistungsfähigkeit des Gesundheitswesens zurückgegangen ist, während die Kosten unvermindert gestiegen sind.

Zwischen überlasteten Allgemein- und Kinderärzten auf der einen Seite und überlasteten Krankenhäusern und Kliniken auf der anderen Seite, tummelt sich ein Heer von apparatemedizinisch hochgerüsteten Fachärzten, deren hohe Auslastung in den aberwitzigen Wartezeiten auf einen Termin zum Ausdruck kommt.

Inzwischen ist auch die Medikamentenversorgung zum Problem geworden. Rund 300 häufig verschriebene Medikamente sind derzeit nicht in ausreichenden Mengen verfügbar, was zu der unsäglichen Anregung des Präsidenten der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, führte, der doch tatsächlich dazu geraten hat, man möge Medikamente aus der Hausapotheke, auch schon abgelaufene, in Nachbarschafts-Flohmärkten zum Kauf oder Tausch anbieten. Unterstellt man, dass es sich bei Klaus Reinhardt nicht um eine totale Fehlbesetzung ohne auch nur einen Hauch von Fachwissen handelt, dann wird deutlich, wie groß das Problem der Medikamentenversorgung allen Beschwichtigungen zum Trotz tatsächlich sein muss.

Die Pharma-Branche produziert kaum mehr in Deutschland und ist sowohl auf den Import von Fertigprodukten als auch von Rohstoffen angewiesen. Die Kostendämpfungsmaßnahmen im Gesundheitswesen, die Preisvorgaben für Generika, haben Deutschland als Abnehmer pharmazeutischer Produkte für die Produzenten aber unattraktiv gemacht.

Es gibt inzwischen Interessenten auf dieser Welt, die bereit sind, mehr zu zahlen als Deutschland. Wieder – wie im Fußball: Deutschland fällt zurück, die Konkurrenz wächst und überholt mit spielerischer Leichtigkeit.

Trotz der mit Ach und Krach überstandenen Covid-Wellen und der von der Staatspropaganda aufgeblasenen kritischen Situation der Kliniken, vor allem im Bereich der Intensivstationen, werden beinahe im Wochentakt weiterhin Kapazitäten abgebaut. Sei es, dass nur bestimmte Fachbereiche geschlossen werden, sei es, dass ganze Kliniken aufgegeben werden: Das Netz der stationären Versorgung wird immer weiter ausgedünnt, ohne dass sich die Personalsituation, vor allem in der Pflege, dadurch entspannen würde.

Zum Gesundheitsthema gehört auch die Bevölkerungsentwicklung. Diese ist momentan gekennzeichnet durch einen signifikanten Geburtenrückgang bei gleichzeitig signifikanter Übersterblichkeit. Für beide Tendenzen kann eine deutliche Korrelation mit dem Beginn der Massenimpfungen mit mRNA-Impfstoffen festgestellt werden. Dass die Bevölkerungszahlen dennoch nicht schrumpfen, sondern wachsen, hält den Glauben daran aufrecht, dass uns ein Wunder – unser blaues Wunder – am Ende doch noch retten wird.

 

Die Misere der deutschen Wirtschaft

Vorrangiges Ziel jedes am Markt aktiven Unternehmens ist es, einen Gewinn zu erwirtschaften. Der kleine Gewerbetreibende setzt seinen Gewinn dem Unternehmerlohn gleich. Ist mit dem Betrieb kein Geld mehr zu verdienen, wird er – spätestens wenn die Ersparnisse aufgezehrt sind – sein Geschäft aufgeben und sich um ein Anstellungsverhältnis bemühen, um wenigstens seinen Lebensunterhalt zu sichern. Größere Unternehmen, insbesondere in Form von Kapitalgesellschaften aufgestellt, müssen deutlich früher reagieren, sich von unrentablen Geschäftsfeldern trennen und versuchen, mit anderen, neuen Produkten Erfolge zu erzielen. Wo allerdings die Ursache der fehlenden Rentabilität in den Standortfaktoren zu suchen ist, liegt es nahe, nach einem neuen Standort mit besseren Voraussetzungen Ausschau zu halten.

Deutschland, als Wirtschaftsstandort, weist gegenüber anderen Staaten eine ganze Reihe von Nachteilen auf, die inzwischen nicht mehr durch ein besonderes, speziell in Deutschland anzutreffendes Knowhow, kompensiert werden. Die einst hochgelobte, flächendeckend ausgebaute Versorgungs- und Verkehrsinfrastruktur bröckelt still vor sich hin, während der Zustand der Kommunikationsinfrastruktur im Bereich der Breitbandversorung und des Mobilfunks selbst von manchen Entwicklungsländern noch übertroffen wird. Das Schul- und Bildungswesen bringt längst nicht mehr jenen Wissens- und Kenntnisstand hervor, auf dem die Unternehmen bei Neueinstellungen lückenlos aufbauen könnten. Erfahrene Experten und Spezialisten finden in Deutschland nicht mehr die optimalen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Karriere vor und haben zu Hunderttausenden das Land verlassen. Die Fachkräfte unter den Zuwanderern sind sehr dünn gesät, so dass die erwartete Entlastung von dieser Seite nicht eingetreten ist und auch auf lange Sicht nicht eintreten wird. Wer also seinen Betrieb nicht auslasten kann oder Aufträge ablehnen muss, weil das erforderliche, qualifizierte Personal nicht zu beschaffen ist, sieht sich einem Problem gegenüber, das immer öfter durch die Schließung der deutschen Betriebsstätte gelöst wird.

Seit den ersten Lockdowns in China ist Materialmangel auch in deutschen Unternehmen kein Fremdwort mehr. Viele Manager erkannten zu spät die Risiken, die durch die mit der Globalisierung entstandenen Abhängigkeiten von weit entfernten Lieferanten eintreten können. Die vom Westen losgetretenen Handelskriege gegen China und Russland haben ein Übriges dazu beigetragen, dass nicht nur die Energierohstoffe knapp geworden sind. Stahl, Aluminium, Holz, Vorerzeugnisse aller Art, vor allem aber auch Elektronik-Chips haben auf dem Bau und in der verarbeitenden Industrie zu Verzögerungen, in der Automobilindustrie immer wieder zum Stillstand der Bänder geführt.

In der Landwirtschaft herrscht akuter Mangel an Kunstdünger, der trotz der vorgeschriebenen Reduzierung der Anbauflächen nicht ausreicht, um auf den verbleibenden Flächen die gewohnte Hektar-Erträge hervorzubringen.

Die aufgrund der Knappheit eingetretenen Preissteigerungen haben wiederum dazu geführt, dass die Konsumenten Kaufzurückhaltung übten und gerade die Häuslebauer in Scharen ihre Bauanträge wieder zurückgezogen haben.

Am schwerwiegendsten ist jedoch die Situation  der energieintensiven Unternehmen. Großverbraucher, wie die Chemieindustrie, die Stahlindustrie, die Aluminiumhütten und die Papier-, Glas- und Zementhersteller, sind durch die explodierenden Energiepreise nicht mehr in der Lage, kostendeckend zu produzieren. Wo eine permanent unterbrechungsfreie Stromversorgung erforderlich ist, kommt die Sorge um den Verlust von ganzen Fertigungslosen, bei bestimmten Produzenten auch die Sorge um den Verlust der Produktionseinrichtungen hinzu. Ein Glashersteller, zum Beispiel, dem der Ofen unvorbereitet abgeschaltet wird, kann diesen nie wieder in Gang bringen.

Die BASF als eines der weltgrößten Chemieunternehmen hat angekündigt, sich allmählich von den deutschen Produktionsstandorten zu verabschieden. Der Chef des vor allem durch seine Kettensägen bekannten Unternehmens Stihl sieht Deutschland auf einen Kipppunkt zusteuern. Die Gefahr der Deindustrialisierung Deutschlands sei nicht von der Hand zu weisen.

An jedem Großunternehmen, das seine Aktivitäten in Deutschland einschränkt oder ganz aufgibt, hängen aber Dutzende bis Hunderte von Zulieferern, Handwerkern und Dienstleistern – und dazu kommt noch die Infrastruktur für die Versorgung der Beschäftigten und ihrer Familien, denen voraussichtlich ebenfalls nichts anderes übrig bleibt, als abzuwandern oder sich mit dem neuen Bürgergeld auf niedrigstem Niveau irgendwie einzurichten.

Selbst ganz ohne Betriebsschließungen der Montagewerke sind schon jene Zulieferer der Automobilindustrie betroffen, die mechanische Teile für Motor, Getriebe und Abgasstrang produziert haben, denn das E-Automobil braucht dies alles nicht mehr. In Deutschland sollen bevorzugt E-Mobile gefertigt werden, während die Verbrenner-Fertigung dorthin verlagert wird, wo dafür (noch) ein Absatzmarkt vorhanden ist.

Zu all den genannten Schwierigkeiten der Wirtschaft gesellt sich ein weiteres Problem: Die Kaufkraft der Bevölkerung. Mit Inflationsraten um die 10 Prozent jeweils gegenüber dem (auch schon inflationär belasteten) Vorjahresmonat und einem gleichzeitigen Rückgang der Beschäftigung wurde die Kaufkraft der Konsumenten deutlich gesenkt.

Die Entwicklung der Herstellerpreise, die noch gar nicht an den Ladentheken angekommen ist, weist auf eine weitere Steigerung der Inflationsraten auf die 20-Prozent-Marke hin, zumindest aber darauf, dass uns Werte um die 10 Prozent noch lange erhalten bleiben werden. Die Aufnahmefähigkeit des Binnenmarktes für Konsumartikel schwindet also dahin, womit eine weitere Abwärtsspirale in Gang gesetzt wird, die sich auch durch noch so viele schuldenfinanzierte Hilfsprogramme nicht stoppen lässt.

Die Rettung hieße „deutliches Wirtschaftswachstum“, doch davon ist nichts zu erkennen. Die „Konjunkturprogramme“ der Ampel, wie die Förderung von Wärmepumpenheizungen, laufen ins Leere, weil schon die Fachkräfte, die sie montieren müssten, nicht vorhanden sind, und das Versprechen von 400.000 Wohnungsneubauten pro Jahr wird 2022 mit dem Erreichen von nur wenig mehr als der Hälfte gebrochen,und dieser Wert dürfte nach meiner Einschätzung 2023 nochmals unterboten werden, weil steigende Zinsen, steigende Baukosten, ausufernde Bauvorschriften und der Mietendeckel auch hier die Rendite der Investition infrage stellen.

 

Die Misere der Bürgerrechte

Deutschland ist für jeden, der gewohnt ist, seine Meinung offen zu äußern, ein problematisches Land geworden. Auf der einen Seite lauern die Diskriminierungsopfer, auf der anderen Seite argwöhnen die Kämpfer gegen rechts in jedem nicht von der Tagesschau wörtlich vorgegebenem Satz einen Abgrund von Rechtsextremismus. Regierungskritik wird vom Verfassungsschutz beobachtet, weil es sich dabei schnell um den Phantombereich der Delegitimierung der Regierung handeln kann, vor allem wenn sie mit der Verächtlichmachung von Repräsentanten des Staates einhergeht.

Die Spaltung der Gesellschaft entlang der Bruchlinien Alte und Junge, Migrationskritiker und Willkommenseiferer, Geimpfte und Ungeimpfte hat ein Ausmaß erreicht, das selbst innerhalb von Familien oder Freundeskreisen zu Zerwürfnissen geführt hat und weiter führt, so lange es nicht gelingt, tabuisierte Themen in den Gesprächen vollständig auszuklammern. Gleiches gilt für Befürworter und Kritiker von Energie- und Mobilitätswende, für Klimaretter und Klimaskeptiker. Dabei ist die Spaltung vollständiger und totaler als ich sie Zeit meines Lebens in Deutschland zwischen Katholiken und Evangelischen je erlebt habe.

Der jüngste Angriff auf die Freiheit ist ein Doppelwumms aus dem Hause Faeser. Es gibt da den

»Entwurf eines Gesetzes für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen sowie zur Umsetzung der Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden«,

der bereits im Bundestag durchgewunken wurde, und es gibt

die Forderung nach der Beweislastumkehr für Beamte, denen mangelnde Verfassungstreue vorgeworfen wird. 

In der Kombination dieser beiden „rechtsstaatlichen Instrumente“ werden künftig anonyme Hinweisgeber ohne Beweise vorlegen zu müssen, Zweifel an der Verfassungstreue anderer anmelden können, denen dann abverlangt werden wird, ihre Unschuld zu beweisen. Ersteres ist immer ganz einfach, Letzteres in aller Regel schwierig bis unmöglich. Bleibt noch nachzutragen, dass es einen anonymen Hinweisgeber gar nicht braucht, den kann man sich bei Bedarf jederzeit ausdenken. Es wird ja auch vermutet, dass sich das Verfassungsgericht hin und wieder passend (falsch) begründete Klagen bestellt, um dann das gewünschte Recht setzten zu können.

 

Nichts von dem, was ich vorstehend angesprochen habe, wird sich im kommenden Jahr wirklich zum Besseren wenden können.

Energiemangel und Inflation werden sich verschärfen. Es werden in der EU zwischen 30 und 60 Milliarden Kubikmeter Erdgas fehlen, für die bis heute noch kein Ersatz gefunden ist und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch nicht mehr gefunden werden kann.

Karl Lauterbach wird weiter dabei zusehen, wie Krankenhäuser in die Insolvenz rutschen oder, um dies zu vermeiden, vorsorglich dem Rat Robert Habecks folgen und einfach aufhören zu arbeiten.

Schulen und Universitäten werden ihren Output qualitativ nicht verbessern können.

Die Abwanderung von Teilen der Industrie wird sich noch beschleunigen, auch weil die USA mit ihrem Programm zur Reduzierung der Inflation mächtige Anreize setzen, bei preiswerter Energieversorgung künftig in den USA zu produzieren. Das heißt für Deutschland Arbeitsplatzverluste und damit verbunden Kaufkraft- und Wohlstandsverluste.

Die Inflation wird uns erhalten bleiben und sich meiner Ansicht nach noch verschärfen.

Wir werden erleben, dass der gewohnte Lebensstandard zum Luxus mutiert, und das betrifft längst nicht nur den Ersatz der Dusche durch den Waschlappen und die Absenkung der Wohnungstemperatur auf 19 Grad Celsius.

Wir werden Stromabschaltungen erleben, und ob wir um den großen Blackout herumkommen, das haben wir  nicht mehr in der Hand. Es sind die „Götter“, die uns gnädig sein müssen, wenn wir die Witterung bekommen wollen, die eine Rettung möglich erscheinen lässt.

Wer es besser haben und wohlversorgt in Sicherheit leben will, der kann seine Sympathie für die Reichsbürger bekunden oder einfach nur die Politik der Ampel in Bausch und Bogen verurteilen. Die Chance auf eine kostenlose, bescheidene Unterkunft und drei Mahlzeiten täglich, sowie betreuten Hofgang und Gemeinschaftsfernsehen ist dann relativ hoch.

 

Das waren die Gedanken zum Jahreswechsel.

Nichts wirklich Neues, ich weiß. Doch ich sehe auch nichts wirklich Neues kommen.

Mit etwas Glück werden die vereinigten Miseren einen Beitrag dazu leisten, dass sich die Menschen wieder etwas näher kommen, dass wieder so etwas entsteht, wie echte Nachbarschaftshilfe. Mit etwas Glück werden wir uns wieder klarer darüber werden, was wirklich wichtig ist im Leben. Mit etwas Glück wird der Staat dies sogar zulassen, aber sicher ist das nicht.

 

Ich wünsche Ihnen für dieses Jahr noch ein frohes Weihnachtsfest und allen Unkenrufen zum Trotz den Mut und die Lust, an Silvester auf das neue Jahr anzustoßen und sich am Feuerwerk zu erfreuen.

Für 2023 wünsche ich Ihnen die Kraft, in jeder Situation gegen den Strom kluge und weise Entscheidungen zu treffen. Ich wünsche Ihnen Durchhaltevermögen, auch wenn die Geduld schon am Ende ist.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie gesund bleiben und sich jeden Tag an dem erfreuen können, was Ihnen – materiell und ideell – noch  geblieben sein wird.

Für Ihre persönliche Strategie, die Misere zu überstehen, wünsche ich Ihnen gutes Gelingen – und in jeder Hinsicht immer die alles entscheidende Handbreit Wasser unter dem Kiel.

 

Machen Sie es gut!

Ihr Egon W. Kreutzer

 

 

Hier noch zwei Fundstücke, das erste tagesaktuell, das zweite aktueller denn je zuvor:

 

ZEIT ONLINE

– Zusammenfassung am Morgen des 22.12.2022 –

  • Wolodymyr Selenskyj hat Joe Biden getroffen und vor dem US-Kongress gesprochen,
  • Benjamin Netanjahu kann eine neue Regierung bilden,
  • der Gründer der Kryptobörse FTX ist ausgeliefert worden und
  • die Bundesregierung hat eine Strategie für besseres Essen in Kantinen vorgelegt.

 

 

Reinhard Mey, Das Narrenschiff, (1998)

Textauszug

Am Horizont wetterleuchten die Zeichen der Zeit
Niedertracht und Raffsucht und Eitelkeit.
Auf der Brücke tummeln sich Tölpel und Einfaltspinsel.
Im Trüben fischt der scharfgezahnte Hai,
Bringt seinen Fang ins Trockne, an der Steuer vorbei,
Auf die Sandbank, bei der wohlbekannten Schatzinsel.
Die andern Geldwäscher und Zuhälter, die warten schon,
Bordellkönig, Spielautomatenbaron,
Im hellen Licht, niemand muß sich im Dunkeln rumdrücken
In der Bananenrepublik, wo selbst der Präsident
Die Scham verloren hat und keine Skrupel kennt,
Sich mit dem Steuerdieb im Gefolge zu schmücken.

Der Steuermann lügt, der Kapitän ist betrunken
Und der Maschinist in dumpfe Lethargie versunken,
Die Mannschaft lauter meineidige Halunken,
Der Funker zu feig‘ um SOS zu funken.
Klabautermann führt das Narrenschiff
Volle Fahrt voraus und Kurs auf‘s Riff.

Vollständiger Text

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