H a s s u n d H e t z e
Gedanken zum Fest des Gedenkens
an die Geburt des Heilands.
(Hier auch als PDF verfügbar: Hass und Hetze)
Jeder kennt das. Jeder hat es schon einmal erlebt. Da sitzt man voller Wohlbehagen am Sonntagmorgen im Kreise der Familie am Frühstückstisch, hat den verführerischen Kaffeeduft in der Nase, beißt genießerisch ins frische Marmeladebrötchen, und darüber fällt einem ein:
„Heute werde ich mal meinen Frisör hassen! Abgrundtief!“
Nein? Das kennen Sie nicht? So einen spontanen, grundlosen Hass, den können Sie sich gar nicht vorstellen? So ein Mensch, der sich beim Frühstück ausdenkt, wen er denn heute hassen werde, der müsse doch krank sein?
Nun, beruhigen Sie sich. Sie haben ja recht.
Hass kommt nicht aus heiterem Himmel. Hass ist eine Reaktion. Hass braucht einen Anlass, um sich zu entwickeln, und fortgesetzte Anlässe, um wirklich groß zu werden. Hass sucht sich auch nicht einfach ein beliebiges Ziel. Hass richtet sich gegen den oder die (vermeintlichen) Urheber der fortgesetzten Anlässe.
Allerdings muss der Gedankengang schon gleich zu Beginn verkompliziert werden, um nicht zu weit einer einseitigen falschen Fährte zu folgen. Es gibt zwei Arten von Hass, die sich über zwei Spielarten des dabei vorkommenden Egoismus unterscheiden lassen.
Im ersten Fall quält der Egoist sein Opfer, um daraus materiellen oder ideellen Gewinn zu erzielen oder auch nur, um sich in seiner Machtfülle bestätigt zu sehen. Das Spektrum reicht dabei von der boshaften Beleidigung bis zum Mord. Dazwischen finden sich alle Arten von Gemeinheit, Betrug, Diebstahl, Raub, Erpressung, Körperverletzung und so weiter.
Sklaven, die gefangen, verkauft, geschunden und ausgebeutet werden, Mieter, die mit Schikanen aus ihrer Wohnung vertrieben werden, Soldaten, die von ihren Vorgesetzten verachtet und unmenschlichem Drill unterworfen werden, Menschen, die aus einer Gesellschaft ausgestoßen werden, weil sie abweichende Meinungen äußern, sie alle passen in
dieses Schema, in dem der Hass der Ohnmächtigen gegen übermächtige Gegner seinen Nährboden findet.
Im anderen Fall überkommt der Hass den Egoisten, wenn sich jemand erdreistet, sich seiner Machtfülle und seinem Gewinnstreben in den Weg zu stellen. Das Spektrum reicht dabei von der boshaften Beleidigung bis zum Mord. Dazwischen finden sich alle Spielarten von Gemeinheit, wie Lügen, Betrug, Rufschädigung, Erpressung, auch Körperverletzung und nicht zuletzt das Mittel der Hetze, um den Widerborstigen zu isolieren.
Sklaven, die ihre Ketten sprengen, Mieter, die sich weigern, auszuziehen, Soldaten, die unmenschliche Befehle verweigern, Dissidenten, die absolut nicht zum Schweigen zu bringen sind, Whistleblower, die es geschafft haben den Lack von der rostzerfressenen Fassade abzukratzen, sie alle passen in
dieses Schema, in dem der Hass der Mächtigen gegen die Ohnmächtigen seinen Nährboden findet.
Dass aus der Beziehung zwischen mächtigen Egoisten und ohnmächtigen Opfern schnell eine Spirale des Hasses wird, die sich bis zum Völkermord steigern kann, wohlgemerkt in beide Richtungen(!), ließe sich aus den Geschichtsbüchern ablesen, wären sie nicht allesamt von den Siegern geschrieben. So kostet es ein gewisses Maß an eigenständigem Denken, um die wahren Motive für das Auf und Ab der geschichtlichen Ereignisse zu erkennen.
Dies führt unmittelbar zum nächsten Grad der Komplexität der Thematik.
Hass und Hetze sind in aller Regel nicht Eigenschaften beziehungsweise Verhaltensweisen von Einzelpersonen! Hass ist eine gruppenspezifische Emotion, Hetze eine gruppenspezifische Kommunikationsform. Hass richtet sich gegen den eigentlichen oder vermeintlichen Gegner, Hetze richtet sich an Gleichgesinnte, um den eigenen Hass auf sie zu übertragen, oder an Unentschlossene, um das mögliche Aufkommen von Sympathien für den gehassten Gegner möglichst vollständig zu verhindern.
Damit eröffnet sich eine Unterscheidung in einen „primären Hass“, der als direkte Reaktion auf ein „Ereignis“ in den Betroffenen entsteht, und in einen „sekundären“ Hass, der über kommunikative Wege übertragen wird und sowohl Mitbetroffene, wie auch potentiell Gefährdete, aber auch reine Sympathisanten ohne eigenen Anlass, motivieren soll, die Aktivitäten des Gegners, bzw. der gegnerischen Gruppe zu stören, am besten gänzlich zu verhindern.
Der primäre, persönliche Hass verhält sich zum sekundären, kollektiven Hass wie ein Dachstuhlbrand zum Flammenmeer eines großen Stadtbrandes.
Der persönliche Hass bezieht sich auf ganz konkrete Personen und deren ganz konkrete Handlungen, der persönliche Hass ist ein Ergebnis einer höchst differenzierten Betrachtung, bei der am Ende ein Tropfen das Fass zum Überlaufen bringt.
Der kollektive Hass bezieht sich zumeist auf ein einziges Merkmal, welches, wo es bei Einzelpersonen oder Gruppen oder ganzen Gesellschaften angetroffen wird, den anlasslosen Hassreflex auslöst. Der kollektive Hass differenziert nicht zwischen dem Gegner, der mit der Waffe in der Hand bereit ist, zu morden, und dem leise mahnenden Kritiker, der dazu aufruft, die Situation differenzierter zu betrachten. Wer dem kollektiven Hass in seiner unbändigen Ausbreitung störend im Wege steht, muss ein Agent des Feindes sein und wie dieser bekämpft werden.
Kommen wir zum Hauptteil der Betrachtung.
Wer verbindet
mit dem Kampf gegen Hass und Hetze
welche Absicht?
Jesus Christus ermahnte seine Anhänger: „Liebet eure Feinde!“ Im Grunde handelt es sich dabei um eine vor 2.000 Jahren ausgesprochene Empfehlung, um die Spirale aus Hass und Gegenhass zu durchbrechen und ein friedliches Miteinander zu begründen.
Ein Aufruf zum „Kampf“ gegen Hass und Hetze war das nicht.
Insofern lassen sich jene, die zu diesem Kampf aufrufen, nicht mit jenen in einen Topf werfen, welche die linke Wange hinhalten, wenn sie einen Schlag auf die rechte erhalten haben. Sie lassen sich nicht mit jenen in einen Topf werfen, die in der Nachfolge Mahatma Ghandis im gewaltfreien Widerstand versuchen, ihre Situation zu verbessern. Sie lassen sich nicht mit jenen vergleichen, die – wie Martin Luther King – dem Heer der Gegner ihren Traum, ihre Vision von einem friedlichen Zusammenleben entgegenhalten.
Wer zum Kampf aufruft, ist nicht friedlich gesinnt, glaubt nicht an eine gewaltfreie Auseinandersetzung, will sich nicht mit dem Gegner verständigen, will ihn nicht anhören, will nicht versuchen, ihn zu verstehen, sondern bekundet mit dem Aufruf zum Kampf den Willen, den Gegner so weit vernichtend zu schlagen, bis von den Überlebenden für lange Zeit keine Gefahr mehr ausgeht.
Natürlich beinhaltet der Aufruf zum Kampf zugleich Elemente der Hetze. Denn erst wenn der Gegner in ausreichendem Maße verleumdet ist, kann jener sekundäre, kollektive Hass entfacht werden, der ausreicht, die uns Menschen anerzogenen Formen von Höflichkeit und Anstand, und zuletzt die uns Menschen angeborene Tötungshemmung zu überwinden.
Nur zur Erinnerung:
Hass entsteht nicht aus dem Nichts in entspannter Atmosphäre am Frühstückstisch. Hass ist in aller Regel keine willentlich anlasslos erzeugte Emotion. Hass ist, von seiner Natur her, grundsätzlich „Reaktion“.
Um die Ursachen der Reaktion mit einem Wort umfassend zu beschreiben, ist mir der Begriff „Missachtung“ eingefallen. Wer Zeit hat, sollte jetzt hier einen meditative Pause einlegen und sich mit diesem Begriff beschäftigen.
Für alle, die weniger Zeit haben: Hier die Zusammenfassung über alle unzählbaren Erscheinungsformen der Missachtung hinweg:
„Missachtung“ muss nicht zum Hass führen,
aber ohne vorausgegangene Missachtung entsteht kein Hass.
Dies gilt jedenfalls für die Entstehung des primären, persönlichen Hasses, der von der vorangegangenen, kränkenden Missachtung abhängig ist.
Beim sekundären, kollektiven Hass, kommt es darauf an, dass die vom Gegner ausgehende, kränkende Missachtung, auch wenn sie der einzelne nicht erfahren hat, als Tatsache, zumindest als jederzeit eintretende Gefahr suggeriert wird, was zweifellos als Hetze einzustufen ist, wenn der Gegner damit verleumdet wird, was aber auch als fürsorgliche Warnung angesehen werden kann, wenn die Absichten des Gegners dem Bild entsprechen, das von ihm gezeichnet wird.
Unversehens haben wir uns einem neuerlichen Knackpunkt angenähert.
Wie kann denn zuverlässig zwischen Hetze und Warnung, zwischen einem Kontrahenten und dem von ihm gezeichneten Feindbild unterschieden werden? Ist das überhaupt möglich?
Wer diese Unterscheidung treffen will – und Menschen, die sich bemühen, diese Unterscheidung möglichst neutral vorzunehmen, verdienen höchste Achtung – haben eine gute Chance, wenn sie mit der Fragestellung bei sich selbst beginnen.
Das heißt, den noch relativ einfachen Versuch zu unternehmen, festzustellen, ob sie aus ihrem persönlichen Wissen und Erleben heraus wenigstens einen Grund ermitteln könnten, der ausreicht, eine erlebte Missachtung in Hass umschlagen zu lassen.
Das ist die erste Stufe zur Erkenntnis, wie sie Martin Niemöller erlebt hat, als er zuletzt notierte:
Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Kommunist.
Als sie die Gewerkschaftler holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Gewerkschaftler.
Als sie die Juden holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Jude.
Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.
Selbst nicht betroffen zu sein, kann beruhigend wirken. Selbst nicht betroffen zu sein, kann darauf hindeuten, dass auch niemand sonst betroffen ist, doch eine Gewissheit ist daraus noch nicht abzuleiten.
Alleine zu erkennen, dass andere betroffen sind, reicht allerdings nicht aus, um eine Aktion, von der sich andere betroffen, ja missachtet fühlen, als richtig oder falsch, angemessen oder unangemessen, gerecht oder willkürlich einzuordnen. Ohne ein gewisses Maß an Empathie, ohne die Bereitschaft und den Willen sich in die Situation und Befindlichkeit anderer einzufühlen, wird immer das von Menschen gesetzte Recht die Entscheidung bestimmen. Zum Beispiel das Recht der Staatsmacht, Republikflucht gegebenenfalls mit tödlicher Waffengewalt zu unterbinden. Solcher Rechtspositivismus, der immer im Ruch des Untertanengeistes steht, ist ein mächtiges Instrument in der Hand der Regierenden, vor allem dann, wenn sie sich darauf berufen können, die geltenden Gesetze seien ja Volkes Wille, da sie von den vom Volk gewählten Repräsentanten in einem ordentlichen Verfahren der Volkskammer – oder wie das jeweilige Parlament sich auch immer nennen mag – beschlossen wurden.
Es ist deshalb ein mächtiges Instrument, weil die menschliche Intelligenz geschaffen ist, zuerst das eigene Überleben und Fortkommen zu sichern und alles, was die Obrigkeit reizen könnte, zu unterlassen. Wo also nur kalte Intelligenz herrscht, und sei sie noch so überragend, darf sich der Tyrann in Sicherheit wiegen.
Erst wenn zur Intelligenz etwas dazu kommt, was Weisheit genannt wird, was über das eigene Ich und den Augenblick weit hinaus denkt, kann die Empathie wirken und die Missachtung, die den Mitmenschen kränkt, erkannt und sein Hass verstanden werden. Für eine Emotion Verständnis aufzubringen, heißt aber nicht zwingend, sie auch zu billigen oder sich davon infizieren zu lassen.
Für Hass Verständnis aufzubringen ist eine Folge des Einfühlens in den Hassenden.
Wahre Weisheit muss einen Schritt weitergehen. Sie muss den Gehassten betrachten, wo es möglich ist, mit ihm sprechen, seine Motive ergründen, die ja durchaus von dem abweichen können, was der Hassende als Motive seiner Missachtung und Kränkung unterstellt. Danach allerdings wird sich die Weisheit ihr Urteil bilden und das ihr Mögliche unternehmen, um zur Auflösung des Konfliktes beizutragen.
Wer im Laufe dieses kleinen Exkurses durch die Untiefen von Hass und Hetze den Schluss akzeptiert, dass es sich bei Hass um eine Reaktion handelt, der ein Akt einer wie immer zum Ausdruck gebrachten Missachtung vorangegangen sein muss, wird auch weise genug sein, den Weg zur Lösung nicht bei der Wirkung, nicht bei den Symptomen zu suchen, sondern bei den auslösenden Ursachen anzusetzen.
Das ist, um dies vorwegzunehmen, das genaue Gegenteil dessen, was als „Kampf gegen Hass und Hetze“ propagiert wird.
Die Zahl der zu betrachtenden Fälle ist dabei sehr überschaubar.
Es gibt entweder die tatsächliche, bewusste Missachtung eines Menschen oder einer Gruppe von Menschen, was als Anschlag auf „die Würde des Menschen“ angesehen werden muss, oder,
im anderen Fall, die vermeintliche Missachtung eines Menschen oder einer Gruppe von Menschen, die auf mangelnder Einsicht in die Motive einer vermeintlich kränkenden Aktion beruht.
Die Möglichkeiten, diese Unterscheidung zu treffen, sind ein Tummelplatz jener Winkeladvokaten, deren Spezialität es ist, die Tatsachen so lange zu verdrehen, bis der gewünschte Sachverhalt konstruiert ist. Auch das gilt, wohlgemerkt, in beide Richtungen, obwohl in aller Regel jene die Oberhand behalten, deren Auslegung im Sinne der im Einzelfall stärkeren Partei ausfällt.
Juristische, auf Rechtspositivismus gegründete Urteile sind daher, in Bezug auf die „Verfolgung“ von Hass und Hetze, von vornherein als irrelevant anzusehen. Recht hat nicht zwangsläufig Gerechtigkeit zur Folge. Ein Netzwerkdurchsetzungsgesetz stärkt nicht zwangsläufig die Meinungsfreiheit.
Eine andere Herangehensweise – dem gesunden Menschenverstande angemessen – besteht darin, die den Konflikt auslösende Maßnahme oder Aktion genauer zu betrachten und dazu einige wenige Fragen stellen, die eine schrittweise Annäherung an die Wahrheit ermöglichen.
Erste Frage: War, beziehungsweise ist, die Maßnahmen notwendig?
Notwendig meint, die Maßnahme wurde ergriffen, um eine akute oder drohende Not abzuwenden. Im Amtseid heißt es: „ … Schaden vom deutschen Volke abzuwenden.“
Eine hohe Stange aufzustellen, und auf diese Stange einen Hut zu setzen, und zu gebieten, dass jedermann diesen Hut zu grüßen habe als sei es der Landvogt selbst: Das wird niemand als notwendig einstufen. Es ist Schikane und Schikane ist nichts als eine spezielle Art von Missachtung. Der Hass auf Gessler ist nicht nur eine verständliche Reaktion, es ist die absolut zu erwartende Reaktion.
Nach einem Krieg, in dem die Hälfte des Wohnungsbestandes in Schutt und Asche gelegt wurde, die Eigentümer bzw. Besitzer der noch verfügbaren Wohnungen zu zwingen, obdachlos Gewordene in diese Wohnungen aufzunehmen, ist eine sinnvolle Maßnahme um eine Not abzuwenden. Wenn diese Maßnahme beendet wird, sobald ausreichend neuer Wohnraum geschaffen wurde, ist nichts dagegen einzuwenden. Eigentümer oder Mieter, die daraus einen Hass auf den Verordnungsgeber entwickeln, gehören zu jener eingangs beschriebenen Kategorie der Egoisten, deren Hass sich entzündet, wenn sich jemand ihrem Eigennutz und Gewinnstreben in den Weg stellt.
Zweite Frage: War, beziehungsweise ist, die Maßnahme angemessen?
Angemessen meint, die Maßnahme ist geeignet den angestrebten Zweck zu erfüllen, bleibt nicht weit dahinter zurück und schießt auch nicht weit übers Ziel hinaus.
Wenn der Gesetzgeber den Haltern von Kraftfahrzeugen gebietet, eine Haftpflichtversicherung abzuschließen, um durch den Betrieb des Kfz möglicherweise Geschädigten, unabhängig von den Vermögens- und Einkommensverhältnissen des Kfz-Halters den Ersatz ihres Schadens möglichst zeitnah zu gewährleisten, dann ist diese Maßnahme angemessen, da sie geeignet ist, exakt diesen Zweck zu erfüllen. Käme eine Nachfolge-Regierung auf die Idee, diese Pflichtversicherung aufzuheben, wäre der Hass Geschädigter auf diese Politiker vollkommen verständlich, wenn sie deshalb auf dem ihnen zugefügten Schaden sitzen blieben.
Wenn die Staatsgewalt in Gestalt von Polizisten in Kampfmontur bei einer friedlichen Demonstration urplötzlich mit sechs, sieben Beamten eine Personen einkreist, zu Boden wirft, fesselt und dann zur Feststellung der Personalien abführt, erscheint dies sowohl dem nicht betroffenen Betrachter als auch der betroffenen Person als äußerst unangemessen. Dass dabei Hass auf die Polizisten, die Polizeiführung und die politisch Verantwortlichen aufkommt, ist mehr als nur verständlich. Wenn solches Vorgehen allerdings weniger dazu dienen soll, Personalien festzustellen, sondern vielmehr dazu, abschreckende Beispiele zu setzen, um andere Menschen davon abzuhalten, von ihrem Demonstrationsrecht Gebrauch zu machen, dann mag dieses Vorgehen „verprügle einen, erziehe hunderte“ zwar als angemessen erscheinen, dieses Ziel zu erreichen, schon bei der Frage nach der Notwendigkeit tun sich jedoch auch unter dieser Annahme große Fragezeichen auf. Welche Not, bitteschön, soll denn damit abgewendet werden? Die Rechtfertigungsnot der Verantwortlichen? Die Erklärungsnot der Experten? Dann wäre es die Durchsetzung egoistischer Interessen, und wenn es nur um den Verbleib im Amt geht. Dies jedoch ist ein Akt der Missachtung der Bürger, die als der Souverän ihre Regierung bestimmen sollen, was nicht ohne entsprechende Reaktion bleiben wird.
Dritte Frage: War, bzw. ist die Maßnahme unausweichlich?
Unausweichlich meint, es bestand/besteht keine Möglichkeit, auf eine andere, mildere, unschädlichere Methode auszuweichen oder ganz darauf zu verzichten. Hier tut sich ein weites Feld auf, gerade was aktuelle politische Entscheidungen betrifft, so dass ich lieber auf vollkommen unverfängliche Beispiele zurückgreife.
Es gibt diese sehr giftige Pflanze mit dem Namen „Riesenbärenklau“ die sich auch bei uns immer weiter ausbreitet. Für jemanden, der so eine Pflanze in seinem Garten entdeckt – und sie ist wirklich viel größer als jeder Virus – ist es angeraten, sich mit Schutzbekleidung und einem Spaten zu bewaffnen, das Ding mit der Wurzel auszugraben und möglichst vollständig zu verbrennen. So ist nicht nur die akute Gefahr durch diese eine Pflanze gebannt, sondern auch ihre Weiterverbreitung in der Umgebung zumindest gebremst. Sollte dieser Vorgang von einem militanten Naturschützer beobachtet werden, der überhaupt nur Kräuter, aber keine Unkräuter kennt, könnte der Hass auf den Gärtner auflodern. Dieser Hass hat seinen Ursprung in einer totalitären Ideologie, die alles verdammt, was sich ihr nicht unterordnet.
Unangemessen wäre es, bei der Entdeckung des Riesenbärenklaus ein Sprühflugzeug anzufordern, das im Umkreis von drei Kilometern um den Standort Agent Orange versprüht und damit zuverlässig jegliche Vegetation vernichtet. Wer solches anordnet oder beauftragt, wird sich den Hass der gesamten Nachbarschaft zuziehen, zumal Agent Orange ja nicht nur pflanzliches Leben killt, sondern auch für Menschen extrem giftig ist. Angeblich soll dies auch das US-Militär gewusst haben, als Agent Orange eingesetzt wurde, um den vietnamesischen Urwald zu entlauben, in dessen Deckung sich die Vietcong den Kameras der Aufklärungsflugzeuge entziehen konnten.
Die Zwangsimpfung der gesamten Menschheit, oder die totale Dekarbonisierung menschlicher Aktivitäten erscheinen im Lichte bestimmter Überzeugungen und Zielsetzungen als notwendig, sie können im Lichte der gleichen Überzeugungen und Zielsetzungen auch als angemessen angesehen werden. Unausweichlich erscheinen sie jedoch nur dem, der frei von Weisheit und Empathie die sich bietenden Alternativen nicht zu erkennen bereit ist.
Vernünftige Antworten auf diese drei Fragen bringen klar hervor, ob „Aktionen“ die Hass und Hetze hervorgerufen haben, dazu dienen sollten, eine Verbesserung herbeizuführen, etwas Gutes zu schaffen, womit die möglichen und unvermeidlichen Schäden bei weitem übertroffen werden, oder ob die „Aktionen“ nur dazu dienen, egoistische Interessen materieller und ideeller Art durchzusetzen oder zu verteidigen. Diese Erkenntnis stellt sich vollkommen unabhängig davon ein, was die Protagonisten der Aktionen dazu verlautbaren.
Zusammenfassend kann festgehalten werden:
- Hass und Hetze entstehen nicht aus dem Nichts, sie werden provoziert durch Missachtung von Besitz- und Eigentumsrechten, der körperlichen Unversehrtheit und der Würde des Menschen. Diese Erscheinungsform ist kennzeichnend für gedemütigte Schwache.
- Hass und Hetze entstehen zugleich aus der vermeintlichen Verletzung eines überzogenen, egoistischen Anspruchs an eigene, manchmal grenzenlose Freiheitsrechte. Diese Erscheinungsform ist kennzeichnend für sich beeinträchtigt fühlende Starke.
- In vielen Fällen schaukeln sich beide Erscheinungsformen in einem oder mehreren Konfliktfeldern gegenseitig hoch.
- Die friedliche Lösung solcher Konflikte ist in den meisten Fällen nur möglich, wenn die Stärkeren ihre Ansprüche an die Schwächeren auf ein erträgliches Maß reduzieren.
- Ein „Kampf“ gegen Hass und Hetze kann dagegen nur zur Verhärtung der Fronten und zur weiteren Eskalation des Konflikts beitragen, zumal dieser Kampf selbst keineswegs ohne die Waffen „Hass und Hetze“ auszukommen scheint.
Lukas 23,4-5
Darauf sagte Pilatus zu den führenden Priestern und der Volksmenge:
»Ich kann keine Schuld an diesem Menschen finden.« Aber sie beharrten auf ihren Anschuldigungen und erklärten:
»Mit seiner Lehre, die er im ganzen jüdischen Lande verbreitet, hetzt er das Volk auf. Angefangen hat er damit in Galiläa, und jetzt ist er bis hierher gekommen.«
Meine Empfehlung an alle, die diesen Text gelesen haben:
Sollten Sie sich von Hass und Hetze oder vom Kampf gegen Hass und Hetze bedroht, bedrängt, gedemütigt oder missachtet fühlen, so fragen Sie sich, inwieweit Sie sich davon wirklich betroffen fühlen sollten. Sagen Sie sich:
„Was kümmerts den Eichbaum, wenn sich die Wildsau an ihm scheuert!“
Danach werden Sie sich freier fühlen und in ein befreiendes Lachen ausbrechen können. Es ist das Gelächter, das selbst Tyrannen zu Fall bringt. Also stimmen Sie mit ein! Es wirkt!
Schöne Weihnachtstage und
einen guten Rutsch in ein fröhliches Jahr 2022
Ihr