Führungsvarianten – Richtlinienkompetenz

Wo Menschen gemeinsam auf ein Ziel hinarbeiten sollen, wird der Weg dorthin, überlässt man ihn der Eigeninitiative der einzelnen Beteiligten, steil und dornig und erweist sich nicht selten als vollkommen ungangbar. Im Wirtschaftsunternehmen, dessen Erfolg durch die permanente Koordinierung und die Optimierung von Effektivität und Effizienz aller Funktionen gesichert werden muss, ist die Notwendigkeit von „Führung“ unbestritten. Lediglich die Wahl des optimalen Führungsstils bleibt weitgehend offen, weil unterschiedliche Aufgaben in unterschiedlichen Arbeitsgruppen auch unterschiedliche Formen der Führung erfordern und weil die jeweils eingesetzten Führungskräfte ihren eigenen „Stil“ mitbringen, der trotz aller Seminare und Trainings nur schwer zu verändern ist.

Eine gute Zusammenfassung und Gegenüberstellung von Führungsstilen habe ich hier gefunden.

Versagt die Führung, verändern sich die wirtschaftlichen Kennzahlen eines Unternehmens zum Negativen hin und die Fluktuation in der Belegschaft nimmt zu. „Best quit first – die Besten kündigen zuerst“, so lautet eine nachvollziehbare Erfahrungsweisheit, und wo die Besten freiwillig gehen, handelt es sich um ein Alarmsignal, das von den versagenden Führern jedoch nicht erkannt wird. Im Gegenteil: Man ist froh, sich wieder mit einem Störenfried weniger herumschlagen zu müssen und besetzt die frei gewordene Stelle neu. Auf diese Weise verschwinden nach und nach die wahren Verantwortungsträger aus der Organisation und machen „folgsamen“ Nachfolgern Platz. Damit steigt die Anforderung an die Führung, und wo eine versagende Führung diesen gestiegenen Anforderungen erst recht nicht gerecht werden kann, beschleunigt sich der Abstieg.  Wohl dem Unternehmen, das mit einem wachen Aufsichtsrat gesegnet ist, der sich nicht scheut, dem Übel abzuhelfen und Veränderungen an der Führungsspitze vorzunehmen.

Beim Profi-Fußball nennt man das „Trainerwechsel“.

… und in der Politik?

Wirft man einen Blick auf die Entwicklung der wichtigsten Kennzahlen der Bundesrepublik Deutschland, zeigt sich ein verheerendes Bild des Abstiegs und des Niedergangs. Das einstige Wirtschaftswunderland, ehedem der Motor der EU, ist zu einem bedauernswerten Gebilde verkommen, in dem die Mehrzahl der Bevölkerung von begründeten Existenzängsten geplagt wird. Wer sich nicht von dem Mantra „Deutschland ist ein reiches Land“ in den Dornröschenschlaf hat versetzen lassen, sieht nicht nur die wachsende Zahl der deutschstämmigen Auswanderer (Best quit first), sondern auch einen geradezu berserkerhaft geführten Kampf gegen jeden, der es noch wagt, die Zustände zu benennen und aus eigenständigem Denken heraus Maßnahmen zur Abhilfe dringend zu empfehlen. Denn solcherlei Kritik, und mag sie noch so konstruktiv sein, offenbart Führungsfehler. Die Größe, solche Fehler zu erkennen und zu korrigieren fehlt. Am Narzissmus, jegliche Kritik als persönliche Herabwürdigung wahrzunehmen und dagegen mit allen Mitteln vorzugehen, fehlt es jedoch nicht.  Der Gessler’sche Hut, „Delegitimierung des Staates durch Verächtlichmachtung seiner Repräsentanten“, als Phänomenbereich unter der Aufmerksamkeit des Verfassungsschutzes, legt davon ein beredtes Zeugnis ab.

Was wir erleben, ist ein extrem autoritäres Gebaren des Staates gegenüber seinen Bürgern. Eines Staates, der nur noch aus der amtierende Regierung und deren Exekutiv-Organen zu bestehen scheint, während das Parlament sich immer weiter selbst entmachtet und das Wirken der Judikative vermuten lässt, dass der Agenda der Regierung als einzigem und höchstem Rechtsgut – noch vor den Grundrechten – zur Durchsetzung verholfen werden soll. Dies noch als „Führung“ zu bezeichnen, fällt schwer, insbesondere deshalb, weil hinter dem massiv autoritären Verhalten kein angestrebtes Ziel zu erkennen ist, das der Eidesformel, Schaden vom deutschen Volke abzuwenden und seinen Nutzen zu mehren, noch gerecht werden könnte.

Nein. Es handelt sich nicht um Führung. Es handelt sich um eine Führungsvariante, die man im Deutschen als „Entführung“ bezeichnet. Das deutsche Volk ist quasi gekidnappt worden, wird in einem engen Verlies gefangen gehalten und mit dem Entzug lebensnotwendiger Ressourcen gefügig gemacht. Die Lösegeldforderung ist an die Geiseln selbst gerichtet und wird auf dem Wege der Inflation, der Steuerlast und der Leistungskürzungen konsequent eingezogen.

Statt „Entführung“ könnte man auch den Begriff „Über-Führung“ einsetzen, also eine übersteigerte, bis ins kleinste Detail agierende Führung, die jeden Spielraum der Geführten aufsaugt, so dass der deutsche Untertan wirkt, wie eine vakuumierte polnische Mastente aus der Tiefkühltruhe des Supermarktes. Da ist es gedanklich bis zur Überführung des Leichnams an den Begräbnisort nicht mehr weit. Vorschriften zur zulässigen maximalen Raumtemperatur, zur zulässigen maximalen Duschzeit bei maximaler Wassertemperatur ergänzen nur die Vorschriften zum Tragen von Masken, zum Nachweis des regelmäßigen Geimpft- und Getestetseins, bei jederzeitiger Möglichkeit der Verbannung in die häusliche Quarantäne, sowie die Vorschriften zur Anmeldung und Genehmigungen von Versammlungen Unbewaffneter unter freiem Himmel und all den Vorschriften, die sich aus dem Kampf gegen Rassismus, Homophobie und Genderverweigerer nicht mehr wegdenken lassen. Vorschriften, die in einem Dschungel aus Regierungswirken und Aktivistenaktivitäten sowie Zivilgesellschaftsfantasien wachsen und von staatlich gefördertem Blockwartsgeist, Denunziantentum und antifaschistischen Umtrieben durchgesetzt werden.

Ganz anders an der Spitze, dort wo der Führungszirkel zu vermuten ist.

Dort findet sich eine ausgedehnte, schlecht beleuchtete und verunreinigt wirkende „Unterführung“. Es ist – und hier kann mit Fug und Recht gesagt werden: „Omen est nomen“ – ein ampelig-hampeliges Verhalten. Rot, Grün und Gelb leuchten nie gemeinsam, sondern immer jede Wappenfarbe für sich, wobei die Schaltung ständig zwischen Gelb- und Grünphasen hin und her springt und nur selten einmal ein rotes Stoppsignal dazwischenkommt. Die Wurzel des Übels ist schon im Koalitionsvertrag zu finden, der als ein Dokument der Unterwerfung von SPD und FDP unter die grüne Generallinie angesehen werden kann und muss. (Siehe meine beiden Bücher zur Thematik: „Wollt ihr das totale Grün?“ und „Links abgebogen“).

Die Unterführung geht fraglos von Olaf Scholz aus. Er lässt seine Koalitionspartner Zielsetzungen verfolgen, von denen Helmut Schmidt – zu Recht! – noch gesagt hätte: „Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen.“

Die Reise nach Kanada, mit dem Ziel Gas und grünen Wasserstoff zu erbetteln, nachdem man in Katar und Norwegen bereits abgeblitzt ist, hat doch nichts mit Führung zu tun. Was sich da abspielt, ist ein verzweifeltes Suchen nach dem rettenden Strohhalm. Wobei es nicht darum geht, Deutschland, seine Industrie und seine Bürger zu retten, sondern nur um die Rettung der Vision von der Energiewende über die Zeit, bis zu jenem Tag, der so nahe ist, wie die Verfügbarkeit der Wunderwaffen Ende 1944 nahe war, an dem Wind und Sonne alleine den Energiebedarf einer Industrienation mit gehobenem Lebensstandard decken werden.

Alleine die Idee, in Kanada „grünen Wasserstoff“ nachzufragen, ist atemberaubend. Wasserstoff ist so ziemlich die unwirtschaftlichste und daher teuerste Methode, Energie zwischenzuspeichern, um sie bei Flaute wieder in Strom umzuwandeln. Sind denn die Strompreise in Deutschland immer noch nicht weltspitze genug?

Das Bild von dem Esel, der mit Eifer und Begeisterung einen schweren Wagen zieht, weil ihm der Kutscher auf dem Bock an einer langen Angel eine Karotte vor der Nase baumeln lässt, die trotz aller Anstrengung nicht zu erreichen ist, ist sinnbildlich für den Zustand Deutschlands. Es ist nicht Führung, sondern „Verführung“. Die Karotte, als Vision einer schönen neuen Welt, in der es keine Infektionskrankheiten mehr geben, in der kein CO2 mehr zur Erderhitzung führen, in der Russland bis zur Bedeutungslosigkeit auch von deutschen Waffen geschwächt sein wird, lässt den Esel zu den Impfzentren rennen, hilft ihm mental über den Energiemangel hinweg und soll den Karren mit dem gleichen Kutscher wieder als Sieger zu den Urnen ziehen, weil die unerreichbare Karotte so verlockend ist.

Schon die Pfaffen haben herausgefunden, dass die wirksamsten Versprechungen jene sind, die erst nach dem Tode, dafür aber für alle Ewigkeit, in Erfüllung gehen.

 

Offen bleibt die Frage, nach dem Ziel, nach Sinn und Zweck.

Wäre es so unwahrscheinlich, dass das „Ziel“ heute nur noch darin besteht, sich im Wust des selbst verursachten Chaos noch irgendwie durchzuwursteln? Ein „Ziel“, das nur erreicht werden kann, wenn – bei aller Wurstelei – mit äußerster Konseqenz jedes Kind verfolgt und mundtot gemacht wird, das auch nur den Anschein erweckt, es könnte die Nacktheit des Kaisers erkennen und – naiv und unbedacht, wie Kinder nun einmal sind – auch aussprechen.

Vergleiche hinken. Wenn ich allerdings die Flutkatastrophe von 1962 in Hamburg und die Flutkatastrophe von 2021 im Ahrtal vergleiche, wenn ich die Führung, die Helmut Schmidt seinerzeit als Innensenator Hamburgs übernommen hat, mit dem vergleiche was in der Katastrophennacht im Ahrtal an Führung stattgefunden hat, dann wird das Ausmaß dessen, was Deutschland seither an Kompetenz, Verantwortung, Mut und Führung verloren hat, deutlich sichtbar.

Ein Wunder, dass es immer noch gelingt, dem Esel die Karotte vor die Nase zu hängen.