Der inflationäre Ruf nach dem Deutschland-Pakt

Der Unterschied zwischen einem Vertrag oder einer Vereinbarung und einem Pakt, lässt sich daran festmachen, dass der Vertrag gewöhnlich ohne Emotionen auskommt, während ein „Pakt“ ohne emotionale Basis kaum zu haben ist. Der Vertrag begründet gewöhnlich ein kooperatives Verhalten eigenständiger Partner, während der Pakt einen Zusammenschluss beschreibt, ein gemeinsames Handeln, dem individuelle Interessen im Kampf gegen einen gemeinsamen Feind untergeordnet werden. Mir fällt da zum Beispiel der „Hitler-Stalin-Pakt“ ein, oder, in der extemsten Ausprägung, der „Pakt mit dem Teufel“. So weit wollte Scholz nun aber doch nicht gehen und hat vorsorglich die AfD von seinem Deutschland-Pakt ausgeschlossen.

Sein Ziel: Eine „nationale Kraftanstrengung“.

Deutschland-Pakt – Modernisierung des Landes
durch

  • Beschleunigung von Genehmigungsverfahren,
  • Digitalisierung der Verwaltung
  • Unterstützung für Unternehmen.
  • Einwanderung von Fachkräften aus dem Ausland

Friedrich Merz, bereit mit Scholz zu paktieren, erklärte sogleich: „Wir, die Opposition, sind selbstverständlich bereit, vernünftige Vorschläge mitzumachen.“

Jens Spahn hingegen wittert eine Finte. Seiner Meinung nach könnte die Ampel die Ziele auch ohne Pakt erreichen, wenn die parlamentarische Mehrheit der Koalition nur am gleichen Strang ziehen wollte.

Kein Wunder, dass Habeck dem Inhaber der Richtlinienkompetenz widerspricht. Es gäbe doch in NRW bereits die Praxischecks zur Entbürokratisierung bei Unternehmensgründungen und in Baden-Württemberg wird geprüft, wie der Ausbau der Erneuerbaren in der Praxis beschleunigt und entbürokratisiert werden könne. Auf dieser schmalbrüstigen Basis tönt er dann: „Das heißt doch, dass wir die Kraft zur Zusammenarbeit haben können.“

Ohne auf weiteren Widerspruch und defätistische Anmerkungen einzugehen, war dieser Pakt im Grunde schon nach wenigen Tagen wieder gestorben.

Aber die Idee ist geblieben und hat mit dem neuerlichen Ruf nach einem Deutschland Pakt, diesmal aus der  bayerischen Staatskanzlei zu München, wieder Gestalt angenommen. Eine schreckliche, unmenschliche Gestalt, von der Angela Merkel einst  sagte: „… dann ist das nicht mehr mein Deutschland!“

Söder fordert den

Deutschlandpakt gegen unkontrollierte Zuwanderung

Ohne eine Wende in der Migrationspolitik drohe die Destabilisierung der Demokratie, die sich angesichts des Höhenflugs der AfD ohnehin bereits auf dem Weg in die Destabilisierung befinde. Von daher sei es nun höchste Zeit (nicht für eine Obergrenze, bloß nicht „Obergrenze“ sagen) für eine „Integrationsgrenze“. Der Seitenhieb auf den vermutlich gewünschten Partner in seinem Deutschland-Pakt, kann bei Söder allerdings nicht ausbleiben. Es gehe vor allem um die  „von der Ampel bewusst initiierte zusätzliche Aufnahme zum Beispiel aus Afghanistan“. Lampedusa und die sich dorthin einschiffenden Zentralafrikaner scheint Söder nicht als so problematisch wahrzunehmen, auch die Ukrainer, die Selenski demnächst zur Randale in Deutschland aufrufen will, sollte er nicht endlich seinen Willen und die Taurus Marschflugkörper erhalten, kratzen offenbar auch nicht an Söders Integrationsgrenze, aber eben die Ampel-Schützlinge aus dem Volk der Ortskräfte, die bringen Söders Fass zum Überlaufen.

Sein Pakt fordert die Abschiebung ausländischer Straftäter, und unterscheidet sich damit deutlich von von jenen rechtsextremen Stimmen, die sogar auf der Abschiebung von Ausreisepflichtigen beharren. Außerdem will Söder Asylbewerber zu gemeinnütziger Arbeit verpflichten und abgelehnte, ausreisepflichtige Migranten, sollen zwar wie bisher bleiben dürfen, aber einfach kein Bargeld mehr erhalten, sondern eine Chipkarte. Ob Söder glaubt, die würden dann schon von alleine wieder gehen, ist nicht bekannt. Hauptsache er hat im Endspurt des Wahlkampfes zu erkennen gegeben, dass auch er was machen will, mit Integration und Grenze und so.

Die sprachliche Hinwendung zum Pakt lässt sich als „die Erkenntnis größter Not und Gefahr“ interpretieren, in der sich die Regierung alleine nicht mehr in dier Lage sieht, sie noch abwenden zu können. Die sprachliche Hinwendung zum Pakt erinnert an die Rede Kaiser Wilhelms II. am Vorabend des Ersten Weltkriegs, als er vor dem Reichstag erklärte: „Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche“.

Der Versuch, bestehende Differenzen nicht klären und eigene Fehler nicht eingestehen zu müssen, der sowohl beim Ampelchef, wie auch beim Bayern-Boss festzustellen ist, indem sie in einer Situation der selbst hervorgerufenen Gefahr für zweitrangig erklärt werden, ist von vornherein zum Scheitern verurteilt, weil die ursächlichen Probleme nicht gelöst, sondern lediglich ausgeblendet werden, während mit untauglichen Mitteln versucht wird, in gemeinsam geteilter Verantwortung (-slosigkeit) an den Symptomen herumzukurieren.

Weder die vier Punkte von Scholz, noch die bayersiche Integrationsgrenze für Afghanen sind taugliche Mittel um die wahren Probleme Deutschlands zu lösen. Der frisch verkündete 10-Punkte-Plan der EU-Kommissionspräsidentin zur Rettung der Insel Lampedusa ist übrigens, wenn auch noch nicht zum  Europa-Pakt erhoben, ebenfalls zum Scheitern verurteilt. Illegale Migration dadurch bekämpfen zu wollen, dass man noch mehr legale Migrationswege öffnet, löst keines der Migrationsprobleme der EU. Man kann Statistiken fälschen, indem man ihnen per Definition die Grundlagen entzieht, aber die Realität lässt sich mit statistischen Tricks eben nicht aus der Welt schaffen.