Diese beschissene Angst um das beschissene bisschen Leben

Es ist gut und richtig, wenn Menschen ihr Leben, ihre Gesundheit, ihren Besitz, ihr Einkommen, ihre Reputation vor negativen Einflüssen schützen wollen. Alles andere ist einfach nur krank, Zeichen einer psychischen Anomalie, in den meisten Fällen das Symptom einer depressiven Störung.

Es gibt auch jede Menge von realen Risiken und Gefahren für Leben, Gesundheit, Besitz Einkommen und Reputation. Den meisten davon kann der gereifte Mensch durch Vorsicht und Umsicht aus dem Wege gehen, zum Beispiel, indem er erst auf eine Leiter steigt, nachdem er sich von deren Stabilität und Standsicherheit überzeugt hat. 

Wo Säugetiere in Gruppen, Rudeln oder Herdenverbänden zusammenleben, entdecken wir Rituale, die dazu führen, dass ein Leittier installiert wird, dem sich die Übrigen unterordnen. Die Wahl dieses Leittiers orientiert sich daran, in welchem Maße die Kandidaten über die für das Überleben der Gruppe wichtigen Fähigkeiten verfügen. Das ist bei Elefanten so, bei den Löwen, bei den Wölfen, und selbst bei den Schafen findet sich der Leithammel, dem es obliegt, möglichst viele der Angehörigen seiner Sippe möglichst unbeschadet, vorsichtig und umsichtig reale Gefahren vermeidend, von gutem Weidegrund zu gutem Weidegrund zu führen. Es handelt sich um klassische Formen der Hierarchie, die sich dadurch auszeichnen, dass das für das Gesamtwohl der Gruppe geeignetste Exemplar die Führung und die Verantwortung übernimmt, und, dass dieses Führungstier abgelöst wird, sobald ein besser geeigneter Kandidat nachgewachsen ist und dies im Kräftemessen mit dem Vorgänger unter Beweis gestellt hat.

Als unsere Vor-Vorfahren von den Bäumen gestiegen sind und den aufrechten Gang entwickelten, hat sich dieses Verhalten noch für längere Zeit als vorteilhaft erwiesen. Doch irgendwann in der Geschichte der Menschheit, verbunden mit der Zunahme der kognitiven Fähigkeiten, kam es zu einer Perversion des hierarchischen Prinzips, indem die Anführer dazu neigten, einen dem Gruppeninteresse nicht mehr dienlichen Egoismus zu entwickeln, und ihr Verhalten nicht mehr primär von den Notwendigkeiten, die sich aus der Wahrnehmung von Risiken und Chancen für die Gruppe ergaben, bestimmt wurde, sondern in zunehmendem Maße der Aspekt persönlicher Willkür eine Rolle spielte.

Seither gibt es neben den „natürlichen“ Risiken und Gefahren für Leben, Gesundheit, Besitz, Einkommen und Reputation eine neue Klasse von Risiken, deren Eintreten nur durch das jeweils geforderte Maß an Gehorsam vermieden werden kann, wobei mit dem Gehorsam zumeist die Gefahr des Eintretens der „natürlichen“ Risiken zunimmt, weil es der Gehorsam befiehlt, sich diesen auszusetzen. Klassisches Beispiel  hier das Prinzip von Befehl und Gehorsam beim Militär: Wer beim Angriffsbefehl nicht mit Hurra! aus dem Graben springt, und sich so der „natürlichen“ Gefahr, vom Feind erschossen zu werden, entziehen will, muss damit rechnen, bestraft zu werden, und die Strafe kann dabei durchaus auch darin bestehen, dass der Drückeberger vom eigenen Vorgesetzten erschossen wird, was dessen Kameraden von der Nachahmung  ungehorsamen Verhaltens abschrecken soll.

Ein anderes Beispiel, in dem sich Willkür und Größenwahn vollendet widerspiegeln, findet sich in „Gesslers Hut“. Nicht nur die Schweizer sollten wissen, was damit gemeint ist.

Die  Forderung, eine vollkommen absurde Handlung auszuführen, nämlich einen an einer hohen Stange befestigten Hut ehrfurchtsvoll zu grüßen, als sei es der Besitzer des Hutes selbst, mit der Androhung peinlicher Strafe bei Ungehorsam zu verbinden, war und ist Tyrannei.

Mit dem Niedergang des Feudalismus und der Monarchie und der Umwandlung der Königreiche in Republiken fand die Ächtung hoheitlicher Willkür in der Proklamation von Menschen- und Freiheitsrechten ihren Niederschlag. Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit, Pressefreiheit, Freiheit von Forschung und Lehre, Religionsfreiheit, Gewissensfreiheit, das Recht auf körperliche Unversehrtheit, das Rechts auf Freizügigkeit, das Postgeheimnis, das Bankgeheimnis, die Unverletzlichkeit der Wohnung, die unabhängige Justiz, freie und geheime Wahlen, alles geschuldet dem übergeordneten Begriff der „Würde des Menschen“ und der „Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz“, wurden zu den höchsten, unveräußerlichen Rechtsgütern erhoben und in die Verfassungen geschrieben. Damit sollte der Willkür und dem Egoismus der Regierungen ein für alle Mal ein Ende gesetzt worden sein.

Doch das ist gründlich misslungen. Ob es da je eine Chance gegeben hat, diese hehren Prinzipien durchzusetzen, vermag ich nicht zu sagen. Ich fürchte, dass es sich um einen Wunschtraum gehandelt hat, der so schön gedacht war, dass es – ganz im Sinne dieses Wunschtraums – versäumt wurde, auch Regularien zu bestimmen, nach denen die Absetzung eines unfähigen, egoistischen und der eigenen Willkür verhafteten Leithammels mit einfachen Mitteln möglich geworden wäre. Denn:

  • Was helfen Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit, wenn sie nicht durchgesetzt werden können, weil sich der Herrscher das Gewaltmonopol gesichert hat?
  • Was helfen Pressefreiheit, Freiheit von Forschung und Lehre, und Gewissensfreiheit, wenn sie nicht durchgesetzt werden  können, weil der Herrscher davor eine ungeschriebene Verpflichtung zum Gehorsam gesetzt hat?
  • Wo ist die Unabhängigkeit der Justiz, wenn es die Herrschenden sind, die die Richter berufen und über deren Karrieren entscheiden, und sie noch dazu den Staatsanwälten gegenüber weisungsbefugt sind?
  • Wo bleibt die Würde des Menschen, wenn Freiwilligkeit mit eskalierenden Sanktionen gegen jene erzwungen wird, die noch an ihre Rechte glauben?

Wir haben hier in Deutschland, wie es unsere Art ist, alles sehr ernst genommen. Wir haben den Sinn hinter den Buchstaben zu erkennen geglaubt, und wir haben nicht bemerken wollen, dass der Sinn mit jeder Grundgesetzänderung und mit der Verabschiedung jedes Gesetzes zur Einschränkung von Grundrechten aus dem real existierenden Rechtsstaat entschwunden ist. Wir sind der Überzeugung geblieben, dass der Staat von uns auch da Gehorsam fordern darf, wo ihm unsere Grundrechte entgegen stehen, weil die Herrschenden Argumente gefunden haben, uns zu überzeugen, dies geschehe alles nur zu unserem Schutz und zu unserer Sicherheit.

Napoleon Bonaparte sagte über die Deutschen:

„Es gibt kein gutmütigeres, aber auch kein leichtgläubigeres Volk als das deutsche. Zwiespalt brauchte ich unter ihnen nie zu säen. Ich brauchte nur meine Netze auszuspannen, dann liefen sie wie ein scheues Wild hinein. Untereinander haben sie sich gewürgt, und sie meinten ihre Pflicht zu tun. Törichter ist kein anderes Volk auf Erden. Keine Lüge kann grob genug ersonnen werden: die Deutschen glauben sie. Um eine Parole, die man ihnen gab, verfolgten sie ihre Landsleute mit größerer Erbitterung als ihre wirklichen Feinde.“

Napoleon war das nur recht, doch seine Aussage war, so gelegen ihm dieses Verhalten kam, keinesfalls ein Lob, sondern drückte tiefe Verachtung aus.

Könnte er uns noch beobachten, wie wir dem Befehl, Masken zu tragen, von denen die Hersteller sagen, dass weder die OP-Masken, noch die FFP2-Masken einen Schutz vor der Infektion mit dem Virus bieten, getreulich Folge leisten, und wie jene, die die Parole verinnerlicht haben, ihre unmaskierten Landsleute mit großer Verbitterung verfolgen,  er würde sich lächelnd zurücklehnen und sagen: „Diese Deutschen, immer noch so blöde wie zu meiner Zeit!“

Könnte er uns noch beobachten, wie wir an den Lippen von Nachrichtenverkündern, Talkshow-Hünen und Faktencheckern hängen und das dort Gehörte für die reine Wahrheit nehmen, während wir uns nicht  empören, wenn andere Erkenntnisse unterdrückt, gelöscht, verboten und verfolgt werden, er würde sagen: „Wenn ich noch einmal die Chance hätte: Dieses Deutschland wäre mir eine leichte Beute, gar ohne einen einzigen Schuss abgeben zu müssen.“

Wir sind  wohlgenährt und bequem, wie der Hofhund in Aesops Fabel, und halten die Kette, an die wir angebunden sind, für den Ursprung unserer Annehmlichkeiten. Folgsamkeit verspricht Futter. Untertänigkeit verspricht Lockerungen.

Die wunderschöne Idee vom Volk als Souverän, repräsentiert durch das vom Volk gewählte Parlament, mit einer vom Parlament ermächtigten Regierung, die angetreten ist, dem Volke zu dienen und dies im Amtseid zu beschwören hatte, ist nichts als ein dichtgewebter Vorhang, hinter dem sich die Politik versteckt und ihr Spiel „divide et impera“ spielt.

Ist noch ein Unterschied zu erkennen, zwischen Ariern und Geimpften, zwischen Nichtariern und Ungeimpften?

Wie weit sind wir noch von der Mentalität jenes 15. September 1935 entfernt, als die Nürnberger Gesetze erlassen wurden, mit denen die Trennungslinie zwischen den wahren Reichsbürgern und den nur mit minderen Rechten ausgestatteten „Staatsbürgern“ gezogen wurde?

Der hohe Anspruch der Gleichheit vor dem Gesetz ist mit 3G und 2G-Regeln doch bereits zerstört und soll, wie es momentan überall vermeldet wird, noch bis auf die Reste der Grundmauern des Grundgesetzes geschleift werden, weil plötzlich ganz andere Grundrechte gelten.

Da steht nun überall vornedran:

Du musst doch nur, dann darfst du auch!

  • Du musst doch nur die richtige Meinung haben, dann darfst du sie auch sagen.
  • Du musst doch nur ein unkritisches Video hochladen, dann wird es auch nicht gelöscht.
  • Du musst doch nur für die Regierung demonstrieren, dann wird die Polizei dich auch nicht daran hindern.
  • Du musst doch nur die Lehre vertreten die uns in den Kram passt, dann wirst du deinen Lehrstuhl und die Fördermittel schon bekommen.
  • Du musst doch nur nichts zu verbergen haben, dann brauchst du auch nichts zu befürchten.
  • Du musst doch nur für den Great-Reset sein, dann werden wir unsere schützende Hand über dich halten.
  • Du musst doch nur „Refugees welcome“ rufen, dann wird die Antifa dir nichts anhaben können.
  • Du musst doch nur die Erderhitzung fürchten und unseren Plänen zustimmen, dann hast du deinen Platz in der Gemeinschaft.
  • Du musst doch nur reich sein, dann wirst du weniger Steuern zahlen müssen.
  • Du musst doch nur – dann darfst du auch!

Es ist diese beschissene Angst um das beschissene bisschen Leben, die uns an die Kette fesselt.

Es mag ja sein, dass das Verhältnis von Geben und Nehmen ganz früher, in den ersten Jahren dieser Republik, einmal ziemlich ausgewogen war.

Heute kann ich das nicht mehr so empfinden.

Ein Volk muss folgsam sein. Sonst könnte es sich die Sache mit dem Anführer ganz schenken, und gleich zerfallen.

Ein Volk muss aber nur so lange folgsam sein, wie die Anführer seinen Nutzen mehren und Schaden von ihm abwenden.

Wo aber die Anführer sich Rechte herausnehmen, die ihnen nach ihrem Arbeitsvertrag – und das ist in Deutschland das Grundgesetz – nicht zustehen,
wo dem Volk Rechte genommen werden, die nur durch äußerste Folgsamkeit, und dann auch nur in Teilen, gnädig zurückgewährt werden,
wo die Reichen immer reicher werden, während die Armen nicht aus der Armut herauskommen, sondern tiefer hineinfallen,
wo die Anführer, dem Souverän, ohne ihn zu fragen, Rechte wegnehmen, um sie an nicht demokratisch legitimierte Vereinigungen, wie die EU, zu übertragen,

wo soll da die Folgsamkeit noch einen Nutzen bringen?

Sollten wir uns nicht endlich diese Bahnsteigkarte kaufen? Oder scheint andere Abhilfe noch möglich?

 

Demokratie – Fiktion der Volksherrschaft