Die Delegitimierung des Staates

PaD 35 /2021 – Hier auch als PDF verfügbar: PaD 35 2021 Delegitimierung des Staates

 

Das Bundesamt für Verfassungsschutz gibt auf seiner Homepage – hier, im zweiten Absatz – die folgende Einschätzung zur Kenntnis:

Unsere demokratische Grundordnung
sowie staatliche Einrichtungen
wie Parlamente und Regierende
sehen sich seit Beginn der Maßnahmen
zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie
vielfältigen Angriffen ausgesetzt.

Diese Einschätzung mündet scheinbar folgerichtig in die Schaffung eines neuen Aufgabenbereiches des Verfassungsschutzes:

Das Bundesamt für Verfassungsschutz
hat daher einen neuen Phänomenbereich
„Verfassungsschutzrelevante
Delegitimierung des Staates“

eingerichtet.

Diese Aussagen haben den Charakter eines Mantras, mit dem eine Kraft beschworen wird, die sich durch häufige Wiederholung in der Realität manifestieren soll.


Lasst uns über dieses Mantra meditieren!

Versenken wir uns tief in das Paradoxon vom Anfang des ersten Satzes.

Om mani padme hum.

Unsere demokratische Grundordnung, früher stets „freiheitlich demokratische Grundordnung“ genannt, hat – scheinbar unabsichtlich – ihren freiheitlichen Aspekt eingebüßt. Dafür hat sie, die nie etwas anderes war und sein konnte als ein Abstraktum, etwas dazugewonnen. Die demokratische Grundordnung hat Augen bekommen, um zu sehen, und zweifellos auch das Vermögen, sich dem Verfassungsschutz mitzuteilen, denn sie sieht sich vielfältigen Angriffen ausgesetzt.

Ooooommmmmmhhh!

Wenn der Geist sich von den Konventionen der materiellen Realität befreit, ist alles möglich. Wir loben und preisen die sehend gemachte Grundordnung, die aus dem Grundgesetz hervorgegangen ist, das vom Verfassungsschutz geschützt wird, obwohl die Grundordnung des Grundgesetzes von ihrem ersten Tage an stets verleugnete, eine Verfassung zu sein.

Om mani padme hum.

Sprecht mir nach:

 

Dieses Grundgesetz,

Dieses Grundgesetz,

das nach der Vollendung

das nach der Vollendung

der Einheit und Freiheit Deutschlands

der Einheit und Freiheit Deutschlands

für das gesamte deutsche Volk gilt,

für das gesamte deutsche Volk gilt,

verliert seine Gültigkeit an dem Tage,

verliert seine Gültigkeit an dem Tage,

an dem eine Verfassung in Kraft tritt,

an dem eine Verfassung in Kraft tritt,

die von dem deutschen Volke

die von dem deutschen Volke

in freier Entscheidung

in freier Entscheidung

beschlossen worden ist.

beschlossen worden ist.

Lasst uns im Zustand der Versenkung verweilen.

Wenden wir unser geistiges Auge den staatlichen Einrichtungen, wie Parlamenten und Regierungen zu, die ebenfalls sehend geworden sind. Anders als die nur noch „demokratische“ Grundordnung führen Parlamente und Regierungen ein Zwitterdasein.

Einmal existieren sie als Abstraktum innerhalb des Abstraktums „Grundordnung“, wo ihnen nichts weiter vorgegeben ist, als der rechtliche Rahmen ihrer Aufgaben und Kompetenzen, gleichzeitig existieren sie als Ansammlungen von Personen aus Fleisch und Blut, mit allen Vorzügen und Mäkeln, mit denen Menschen behaftet sein können, oft im Streit untereinander um Kompetenzen und Pfründen, oft unterschiedlichen Zielsetzungen verpflichtet, wie sie sich aus Parteistatuten ergeben, nicht selten von dem Wunsch beseelt, dieses Grundgesetz, das erst nach der Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte Volk gelten soll, zur Durchsetzung der jeweils herrschenden Mehrheitsziele umzuschreiben.

Ooooommmmmmhhh!

Lasset uns singen:

Großer Staat, wir loben dich,
und wir preisen deine Stärke.
Vor dir neigt der Michel sich
und bewundert deine Werke.
Wie du warst vor aller Zeit,
so bleibst du in Ewigkeit.
.
War der Staat nicht immer sowohl Abstraktum als auch konkreter Menschen Denken und Tun?
Ist das Deutsche Reich nach dem Urteil eines früher von anderen Menschen gebildeten Verfassungsgerichts nicht auch immer noch als Abstraktum und Rechtsträger existent, nur mangels mit lebenden Menschen besetzter Organe nicht handlungsfähig?
.
Om mani padme hum.
.
So eröffnet sich uns in diesem weisen Urteil ein Teil der ewigen Wahrheit, die da lautet. Auch die schönste demokratische Grundordnung ist ohne das Sinnen und Trachten, das Planen und Handeln lebendiger Menschen, weder zur Wahrnehmungen, noch zu Handlungen fähig. An der nur noch demokratischen Grundordnung ist kein Wunder geschehen, sie kann weder sehen, noch hören, noch fühlen, riechen oder schmecken, sie kann auch nicht kommunizieren, sie ist handlungsunfähig wie das Deutsche Reich.
Und die Stimme der Weisheit spricht: Der Staat, als die Organisation der Staatsgewalt, sollte zwar die grundgesetzliche Ordnung widerspiegeln, doch weil die Organisation der Staatsgewalt nur durch Menschen manifestiert  werden kann, und Menschen fehlbar, eitel und irregeleitet sein können, wird es möglich, dass ihnen, obwohl legal im Amt befindlich, aus der Warte einer über dem Gesetz stehenden Ordnung die Legitimität des Handelns verloren gehen kann.
.
Nobody knows the trouble I’ve seen.
Nobody knows my sorrow.
Nobody knows the trouble I’ve seen.
Glory Hallelujah!
.

Weil die Auffassungen über die „über dem Gesetz stehende Ordnung“ im Staatsvolk auseinandergehen  und sich auch verändern können, hat unser Abstraktum dafür eine wahrhaft salomonische Lösung vorgesehen.

Sprecht mir nach:

Alle Staatsgewalt

Alle Staatsgewalt

geht vom Volke aus.

geht vom Volke aus.

Sie wird vom Volke

Sie wird vom Volke

in Wahlen und Abstimmungen

in Wahlen und Abstimmungen

und durch besondere Organe

und durch besondere Organe

der Gesetzgebung,

der Gesetzgebung,

der vollziehenden Gewalt

der vollziehenden Gewalt

und der Rechtssprechung

und der Rechtssprechung

ausgeübt.

ausgeübt.

So ist es letztlich einzig das Volk, das in der Lage ist, über die Legitimität des Handelns jener Personen zu befinden, welche die Organisation der Staatsgewalt in Vertretung des Volkes bilden und beauftragt sind, den in Wahlen  und Abstimmungen bekundeten Willen  des Volkes, gemäß ihrem Amtseid in die Tat umzusetzen.

Artikel 20,2, den wir eben miteinander gesprochen haben, besagt implizit doch, dass Wahlen und Abstimmungen ein Mittel seien, das Wirken von Regierungen und Parlamenten wirksam zu delegitimieren, indem Parlamentarier und damit Regierungsmehrheiten abgewählt und andere Volksvertreter und damit andere Regierungsmehrheiten eingesetzt werden.

Om mani padme hum.

Wenn Parlamente und Regierende sich seit Beginn der Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie vielfältigen Angriffen ausgesetzt sehen, wobei zu betonen ist, dass es sich bei diesen „Angriffen“ um verbale Unmutsäußerungen handelt, die insofern berechtigt sind, weil die ergriffenen Maßnahmen unbestreitbar höchst umstritten sind, die Regierenden sich jedoch, gestützt auf ihre in Nibelungentreue zu ihnen stehende Parlamentsmehrheit, von Fakten, Argumenten und Schlussfolgerungen in ihrem Handeln nicht beeindrucken lassen, dann könnte das als Musterbeispiel gelebter Demokratie angesehen werden, hielte die Regierung nicht beide Ohren fest verschlossen.

Massive Grundrechtseinschränkungen, massive Behinderungen weiter Teile der Wirtschaft, unbeirrbares Festhalten an der Massenimpfung mit experimentellen Impfstoffen, selbst für Kinder und Jugendliche, für die Covid-19 nur ein verschwindend geringes Risiko darstellt, sowie inzwischen auch für Schwangere, bei denen die Vaccine ein erhebliches Risiko für das ungeborene Leben darstellen, sowie der schon als „besinnungslos“ anmutende Einsatz von hunderten von Milliarden von Steuergeldern, um die Maßnahmen zu finanzieren und die von den Maßnahmen verursachten, vor allem wirtschaftlichen Schäden abzumildern, sind Gründe genug, um das Handeln dieser Regierung in Frage zu stellen, zumal der Nutzen der Maßnahmen mit fortschreitender Zeit immer weniger erkennbar wird. Ein Blick nach Israel, das als Impfweltmeister jetzt massenhafte, so genannte „Impf-Durchbrüche“ verzeichnet, oder nach Schweden, wo der Umgang mit der Pandemie weniger panisch, weniger einschränkend, weniger kostspielig war, aber die Ergebnisse der „Nicht-Maßnahmen“ sich von den Ergebnissen der hierzulande festgestellten Ergebnisse praktisch nicht unterscheiden, sollte genügen, um die Berechtigung der Kritik, die nur von „Mimosen“ als Angriff auf Grundordnung, Parlamente und Regierung wahrgenommen werden kann, festzustellen.

Om mani padme hum.

Der Verfassungsschutz, der sich scheinbar berufen fühlt, statt die Einhaltung der im Grundgesetz verankerten Rechte zu wahren, lieber die gerade amtierende Regierung vor Kritik zu schützen, ist ein Geheimdienst eben dieser Regierung. Wie er zu seinen Erkenntnissen kommt, ist geheim. Manchmal so geheim, dass Akten für hundert Jahre weggeschlossen werden müssen.

Der Verfassungsschutz ist also frei darin, Erkenntnisse in die Welt zu setzen, ohne die Quellen, auf die er sich bezieht, offenlegen zu müssen.

Dass Kritik an den Corona-Maßnahmen Legislative, Exekutive und Judikative in sicherheitsgefährdender Art delegitimieren und verächtlich machen, weil QAnon, antisemitische Ressentiments, Reichsbürger und Selbverwalter mit Verschwörungstheorien eine erhebliche katalysatorische Wirkung erzielen, ist eine hübsche Legende zur Einschüchterung einer breiten, kritischen Bewegung, die so vielfältig die Zusammensetzung der Bevölkerung widerspiegelt, dass sie in kein Schema des Verfassungsschutzes passt. Mit dem neuen Phänomenbereich, der den Titel „Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“ trägt, hat die Regierung ihren Verfassungsschützern einen Freibrief ausgestellt, letztlich jeden Kritiker des Regierungshandelns, ob nun in Bezug auf Corona, auf Kriegseinsätze der Bundeswehr, oder in Bezug auf die Förderung der Migration, der Abschaffung des Bargeldes, der Energiewende und so weiter, und so weiter, unter Beobachtung zu stellen.

Das passt gut zum Schwund der Corona-Gs: Erst drei, dann zwei, dann eins, dann keins …

Zu den legitimen Handlungsweisen des auf unserem Grundgesetz aufbauenden Rechtsstaates passt es eher nicht.

Lasst uns noch einmal singen,
diesmal mit Reinhard Mey:

Ich hab Sehnsucht nach Leuten, die mich nicht betrügen
Die mir nicht mit jeder Festrede die Hucke voll lügen
Und verschon‘ mich mit den falschen Ehrlichen
Die falschen Ehrlichen, die wahren Gefährlichen!
Ich hab‘ Sehnsucht nach einem Stück Wahrhaftigkeit
Nach ’nem bisschen Rückgrat in dieser verkrümmten Zeit
Doch sag die Wahrheit und du hast bald nichts mehr zu Lachen
Sie wer’n dich ruinier’n, exekutier’n und mundtot machen
Erpressen, bestechen, versuchen dich zu kaufen
Wenn du die Wahrheit sagst, lass draußen den Motor laufen
Dann sag‘ sie laut und schnell, denn das Sprichwort lehrt:
Wer die Wahrheit sagt braucht ein verdammt schnelles Pferd!
Sei wachsam
Präg‘ dir die Worte ein!
Sei wachsam
Und fall nicht auf sie rein!
Paß auf, dass du deine Freiheit nutzt
Die Freiheit nutzt sich ab, wenn du sie nicht nutzt!
Sei wachsam
Merk dir die Gesichter gut!
Sei wachsam
Bewahr dir deinen Mut
Sei wachsam
Und sei auf der Hut!
Om mani padme hum.
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Wähler, gelangst du zur Urne
ermögliche dorten,
eine andere Regierung zu legitimieren,
wie es das Grundgesetz vorsieht.