PaD No. 36 /2019 – hier als PDF:PaD 36 Fluch des Fleißes
Zum 3. Oktober, hierzulande Feiertag
Vom Fluch des Fleißes
Was ist wohl besser,
schwitzende, schuftende Männer, Gesicht und Hände vom Kohlestaub zerfressen, die in Tag- und Nachtschichten unablässig dafür sorgen, dass der Erde unterirdisch gebundener Kohlenstoff entrissen und zu CO2 verbrannt werden kann, um Wasserdampf zu erzeugen, der Turbinen antreibt, die wiederum Generatoren antreiben, damit am Ende Strom aus der Steckdose kommt,
oder eine einmal aufs Dach gesetzte Solarzelle, die der Steckdose – nach Passieren des Wechselrichters – den gleichen Strom jahraus-jahrein zuliefert, ohne dass dafür weitere Anstrengungen, weiterer Schmutz und weitere CO2-Emissionen in Kauf genommen werden müssten?
Solarstrom ist der Erfolg des Fleißes, des unermüdlichen Strebens auf ein hoch gestecktes Ziel zu, das nur durch die durchaus harte Arbeit der Männer im Tagebau und in den Kohlekraftwerken niemals erreicht worden wäre.
„Fleiß“ ist eben etwas gänzlich anderes als nur „Arbeit“, Fleiß ist mehr als nur die Arbeit, die der Fleißige verrichtet.
Und wenn auch die Fähigkeit, Licht direkt in Strom umzuwandeln, die uns der Fleiß von Forschern und Entwicklern, Ingenieuren und Konstrukteuren beschert hat, noch lange nicht ausreicht, um den Energiehunger einer Industrienation zu befriedigen: Es ist bereits genug, um tausende Menschen von der mühseligen Arbeit im Tagebau und in den Kraftwerken zu befreien.
Segen oder Fluch?
Die gesamte Menschheitsgeschichte ist voll von wunderbaren Geschichten segensreicher Erfindungen, die mit der Zähmung des Feuers und der Erfindung des Rades ihren Anfang nahmen, während heute die ersten Prototypen von Quantencomputern ebenso erprobt werden, wie hyperschallschnelle, lenkbare Interkontinentalraketen. Mit Hilfe der Quantencomputer wird es eventuell einmal möglich sein, das Wetter für jeden Ort der Erde über mehr als hundert Jahre exakt vorherzusagen, mit Hilfe der Interkontinentalraketen scheint es schon heute möglich zu sein, das Leben an jedem Ort der Erde so radikal auszulöschen, dass niemand mehr da sein wird, der sich noch für die Wettervorhersage interessieren könnte.
Man kann die Menschheitsgeschichte daher auch als eine Geschichte des Fleißes erzählen, als die Geschichte des unermüdlichen Strebens auf hoch gesteckte Ziele zu, was daraus zwangsläufig die Geschichte der Spezialisierung und der Arbeitsteilung werden lässt, aus der sich wiederum die Geschichte der Macht und des Reichtums entwickeln lässt, je nachdem, an welchem Ende man die Decke anhebt, die als „Gegenwart“ schützend über der Vergangenheit ausgebreitet ist, um das Lernen aus der Erfahrung einseitig den Mächtigen zu ermöglichen.
Lassen Sie mich an dieser Stelle ein Märchen erzählen:
Es war einmal, vor langer, langer Zeit, als es gerade modern geworden war, die Nächte in immer der gleichen Höhle zu verbringen, statt sich jeden Abend hoch droben in den Wipfeln der Bäume eine bequeme Astgabel zu suchen, als vier Männer, sie hießen Pam, Pem, Pim und Pom, und vier Frauen, mit den Namen Mam, Mem, Mim und Mom sich die gleiche Höhle als Schlafquartier teilten. Ansonsten jedoch bildeten sie vier völlig unabhängige Bedarfsgemeinschaften. Die Männer brachen beim Morgengrauen auf zum zu jagen, und kamen gegen Mittag mit ihrer Beute zurück. Pam übergab Mam das Kaninchen, das er erlegt hatte, Mem bekam von Pem das Lämmlein, Pim gab Mim die fette Gans, der er den Hals umgedreht hatte und Mom schließlich erhielt von Pom das Wildschweinferkel, das er nach Hause gebracht hatte.
So ging das Tag für Tag, die Männer brachten ihre Beute, durchaus nicht jeden Tag das Gleiche, und legten sich dann auf die faule Haut, während die Frauen mit bloßen Händen die besten Stücke Fleisch aus den Kadavern herausrissen, sie auf Holzspieße steckten und über der Glut des Feuers rösteten.
Wenn das Fleisch außen ganz schwarz geworden war, weckte Mam den Pam und verzehrte mit ihm gemeinsam den Kaninchenbraten. Mem weckte den Pem, Mim den Pim und Mom den Pom, und alle aßen, was die Männer erlegt und die Frauen zubereitet hatten. Danach verkrochen sie sich, satt, wie sie waren, paarweise in ihre Schlafecken, um am nächsten Morgen wieder das gleiche Programm abzuspulen.
Doch, wie es immer so ist, irgendwann war der Fleiß über Mem gekommen, denn sie hatte einen sonderbaren Stein gefunden. Genauer gesagt hatte der Stein sie gefunden, denn Mem hätte ihn nie beachtet, hätte sie sich beim Laufen nicht an diesem Steine eine tiefe Schnittwunde zugezogen. Mem wollte den bösen Stein sofort bestrafen, doch als sie ihn aufheben wollte, steckte er noch fest im Boden und sie rutschte ab und hatte nun auch noch eine blutige Hand.
Schmerzempfindlich waren die Menschen damals kaum, und Wunden verschlossen sich auch viel schneller wieder als bei uns degenerierten Sesselpupsern, weshalb sich Mem nicht davon abbringen ließ, diesen Stein aus dem Boden zu lösen und als sie es geschafft hatte, ihn ganz genau zu betrachten.
Am hinteren Ende, da, wo er fest im Boden gesteckt hatte, war er ziemlich dick, doch am vorderen Ende, da wo er herausschaute und Mem verletzt hatte, war er ganz dünn, flach, glatt und, ja – scharf. Dass der Stein scharf war, konnte Mem allerdings nicht wissen, weil es das Wort dafür noch gar nicht gab.
Mem nahm den Zauberstein mit und probierte ihn an allem Möglichen aus. Bald hatte sie vor lauter fehlgeschlagenen Versuchen viele Schnitte und Narben an den Händen, aber sie lernte, mit dem scharfen Ende die Rinde von den Bäumen zu schaben und mit dem dicken Ende Nüsse aufzuschlagen, mit dem scharfen Ende die zum Braten benötigten Holzspieße anzuspitzen und mit dem dicken Ende das Weiße aus den gesammelten Grassamen herauszuquetschen.
Eines Tages, als ihr Pem mit einem großen Hirschen auf den Schultern von der Jagd zurückkam, nahm sie diesen Stein, den sie bisher vor den anderen gut versteckt hatte, schlitzte mit kräftigen Schnitten die Haut des Tieres auf, so dass sie sich leicht abziehen ließ und zerteilte das viele Fleisch geschickt und schnell in ordentliche Portionen.
Was hast du denn da? Was ist das für ein Zauber? Wie machst du das? Zeig her!
Weil Mem noch kein Wort für ihren Stein hatte, musste sie jetzt eines erfinden, und sie sagte, weil es ihr, Mems Stein war, das Wort also mit „Me“ beginnen musste, und weil er so zischend scharf war, also mit „s“ enden sollte: „Das ist Me_s“. Daraus wurden später zwei sehr unterschiedliche Worte, nämlich „meines“ und „Messer“, aber das gehört nicht hierher.
Von diesem Augenblick an, lohnt es sich allerdings nicht mehr, das Märchen weiter zu erzählen. Denn wie immer die Geschichte auch weitergesponnen wird, ob Mem von da an die Arbeit aller Frauen übernimmt, weil sie ihr mit dem Me_s so flink von der Hand geht, oder ob ihr das Me_s von einem der Männer oder einer der Frauen gewaltsam weggenommen wird, die Geschichte wird sich auf einen ganz speziellen Punkt zwangsläufig zubewegen, und hier kann ich weitererzählen:
Es war einmal die Steinzeit. Ungefähr gleichzeitig hatten die Menschen gelernt, sich – hauptsächlich aus Feuerstein und Muschelkalk – sehr nützliche Werkzeuge zu erschaffen. Jeder hatte seinen Faustkeil, jeder genug steinerne Pfeilspitzen, viele hatten auch Steinäxte, so dass die Jagderfolge der Männer ausreichten, um immer größere Scharen von Kindern großzuziehen.
Eines Tages aber ergab sich bei einem Stamm in Irland etwas Sonderbares: Wie immer hatte man abends die schwere Erde auf das Feuer geworfen, um es auszulöschen, doch als man sie am Morgen von der Feuerstelle wieder wegräumen wollte, fand man darin kleine, sehr schwere Klumpen, schwerer als alle Steine die man kannte, und wenn man mit dem Faustkeil daran kratzte, glänzten sie auf eine ganz ungewöhnliche Weise wie der Mondschein auf dem nächtlich stillen See.
Die Fleißigen und Neugierigen fanden bald heraus, dass die Klumpen aus der Erde stammten und durch die Hitze der Glut entstanden waren, sie suchten nach dieser Erde, nach anderen Erden, machten große Hitze an immer größeren Feuerstellen, die allmählich zu richtigen Öfen wurden, und irgendwann hatten sie Erden gefunden, aus denen ähnliche Klumpen entstanden, die jedoch, wenn man sie anritzte, glänzten wie die rote Abendsonne auf den Wellen des Sees.
Noch eine Weile, und sie hatten gelernt die Metalle in Formen zu gießen, sie mit den dicken Seiten der Faustkeile zu hämmern und dabei zu formen und – – noch eine Weile später, waren die ersten Werkzeuge und Waffen aus Bronze in der Welt.
Von diesem Augenblick an, lohnt es sich nicht mehr, die Geschichte weiter zu erzählen. Sie ist bekannt. Kriege zwischen den Stämmen brachen aus, mit Bronze gegen Stein, um die Bronze und ihr Geheimnis, um Zinn und Kupfer. Die Reviere der „wilden Steinzeitmenschen“ wurden von Heeren der Zivilisierten mit Bronzeschwertern erobert, bis die Bronze in den Grenzen der bekannten Welt zum Gemeingut geworden war und man sich darauf eingestellt hatte, sowohl im friedlichen Handel als auch in der kriegerischen Auseinandersetzung.
Wir sind damit so gut wie zurück am Ausgangspunkt, bei den Hyperschall-Waffen und beim Quantencomputer – und wir sind bei inzwischen fast 8 Milliarden Menschen, die unseren Planeten bevölkern und plündern.
Ohne den Fleiß wäre dies alles nicht möglich geworden. Weder mit Arbeit, noch mit Intelligenz alleine, auch nicht aus Zufällen und zufälligen Eingebungen heraus, denn ohne den Fleiß, der sich aus Neugier, Fantasie und starkem Willen speist, bleibt die Entwicklung stehen.
Das bisher Gesagte kann in Kurzform so festgehalten werden:
Das unermüdliche Streben auf ein hohes Ziel zu,
verschafft dem, der dabei Erfolg hat, so lange einen ganz erheblichen Vorteil, wie es ihm gelingt, die „Rechte“ daran zu verteidigen.
Über kurz oder lang wird der Vorteil jedoch Allgemeingut und quasi vergesellschaftet.
Das Patentrecht spiegelt dieses Prinzip wider und stellt den „Erfinder“ unter den befristeten Schutz der Staatsgewalt.
Feuer, Rad, Steinwerkzeuge, Bronze, Eisen, Dampfmaschine, Elektrizität, Computer …
Alle diese großen Entwicklungsschritte und Millionen kleinerer dazwischen haben das Leben der Menschheit in Richtung auf mehr Wohlstand verändert. Doch noch für sehr lange Zeit nahm die Arbeit für die Sicherstellung der Ernährung die meiste Zeit und Kraft in Anspruch und hatte höchste Priorität.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als die Dampfmaschinen schon überall ratterten und die Menschen von den Feldern in die Fabriken strömten, waren in Deutschland noch 38 Prozent der Beschäftigten in der Landwirtschaft tätig. Ein halbes Jahrhundert später war es noch jeder vierte Berufstätige (24%). Heute sind es nicht einmal mehr 2 Prozent!
(Nachzulesen beim Deutschen Bauernverband.)
Es ist müßig, darüber nachzudenken, wie viele Beschäftigte der Industrie der Landwirtschaft zugerechnet werden müssten, weil sie Landmaschinen produzieren, wie viele Beschäftigte der Energiewirtschaft der Landwirtschaft zuzurechnen wären, weil sie den Diesel für die Traktoren und den Strom für die Melkmaschinen bereitstellen, es ist müßig, die Frage zu stellen, wie sich die Einbeziehung der Futtermittelimporte auswirken würde, nur um statt der zwei Prozent wieder drei oder vier Prozent an die Tafel schreiben zu können.
Wenn wir alles betrachten, was wir über unsere Nahrungsmittel hinaus als Staat und als Einzelpersonen so alles besitzen und nutzen, erkennen wir aus diesem Blickwinkel heraus ebenfalls, wie stark der Anteil der Nahrungsmittelproduktion an der Gesamtproduktion zurückgegangen ist.
Da sind wir nun, unvermittelt und unvorbereitet beim Fluch des Fleißes angelangt, der zuletzt vom Sozialdemokraten Müntefering in die Gesellschaft geschleudert wurde:
Wer nicht arbeitet,
soll auch nicht essen!
Bevor die Mem aus dem Märchen vom Beginn dieses Aufsatzes ihr Me_s fand und lernte, damit umzugehen, war dies der göttliche Fluch, der die Vertreibung aus dem Paradies begleitete. Arbeit war Nahrungsbeschaffung und Nahrungsbeschaffung war Arbeit. Ohne Arbeit gab es nichts zu essen, wer nicht arbeitete, sollte nicht nur nichts essen, er hatte nichts zum Essen.
Natürlich gab es auch damals schon Säuglinge, die zwar saugen, aber nicht arbeiten konnten, doch die arbeitsfreie „Kindheit“ währte nicht lange, dann war auch der Nachwuchs gezwungen, sich im Rahmen der familiären Arbeitsteilung sein Essen zu erarbeiten.
Das ist alles ganz anders geworden. Es ist uns gelungen, einen Teil des Fortschritts zu nutzen, um die tägliche, wöchentliche und jährliche Arbeitszeit gering zu halten, den Eintritt ins Berufsleben weit nach hinten zu schieben und das Ausscheiden aus dem Berufsleben weit vor den Eintritt der Arbeitsunfähigkeit vorzuziehen.
So sind wir heute so weit, dass einerseits überhaupt nur noch jeder zweite Lebende überhaupt einer Arbeit nachgeht, und andererseits der 80-jährige Rentner, wenn er auf sein Leben zurückblickt, feststellen kann, dass er nicht einmal ein Fünftel seiner wachen Lebenszeit mit Arbeit verbringen musste, um essen zu können, und beileibe nicht nur das.
Dies ist möglich geworden, weil heute hundert Menschen von der Arbeit eines in der Landwirtschaft Beschäftigten satt werden können – vorausgesetzt, sie haben genug Geld, um Brot und Butter, Gemüse und Fleisch bezahlen zu können.
Um an Geld zu kommen, bleibt für die meisten nur die Möglichkeit, sich als abhängig Beschäftigte bei einem Arbeitgeber (außerhalb der Landwirtschaft) zu verdingen.
Doch „der Fleiß“ hat ja nicht nur die Effizienz der Landwirtschaft massiv gesteigert, sondern eben auch alle anderen Gewerke revolutioniert, so dass bei ständig wachsendem Output die Zahl der benötigten Beschäftigten immer weiter reduziert werden konnte.
Die Vision von der menschenleeren Fabrik voller Automaten und Roboter verwandelt sich Jahr um Jahr mehr in eine wunderbar-fürchterliche Realität.
Es reicht nicht mehr, weite Teile des Erzeugten zu exportieren, es muss auch dafür gesorgt werden, dass die frisch ausgelieferten Produkte möglichst schnell ersetzt werden müssen, weil sonst die Produktion ins Stocken geriete, Arbeitsplätze verloren gingen und den Konsumenten das Geld ausginge.
So hat der Fluch des Fleißes jenes Hamsterrad geschaffen, das gegen die Gesetze der Physik mit immer weniger Hamstern auskommt, je schneller es sich dreht.
Und das Geheimnis dahinter ist immer noch das patentierte Recht einiger Weniger. Der Nutzen ist längst noch nicht zum Allgemeingut geworden, und Versuche der Kompensation durch Transfersysteme geraten an ihre Grenzen.
Die Entwicklung der so genannten „Sozial-Systeme“ (Bismarck, Müller-Armack, Ludwig Erhard, Willy Brandt), die es ermöglichte die Zahl derjenigen, die im Hamsterrad keinen Platz mehr finden, dadurch zu verbergen, dass lange Schul- und Ausbildungszeiten, sowie kurze Wochen- und Lebensarbeitszeiten über Umlagesysteme auskömmlich finanziert werden konnten, hat ihren Höhepunkt inzwischen überschritten und ist seit Schröder und Hartz wieder rückläufig. Die beim einzelnen Bedürftigen noch ankommenden Transferleistungen sind rückläufig und führen – weil Teilhabe nicht mehr bezahlt werden kann – zu einer Ausgrenzung, die aus dem materiellen Mangel heraus jenen gesamtgesellschaftlichen Konsens, mit gleichen Pflichten und Rechten Angehöriger einer Nation zu sein, auflöst.
Wer sich überflüssig fühlen muss, weil er von der Gesellschaft aus dem Arbeitsleben aussortiert wurde, dem fehlen sowohl die individuellen, persönlichen Erfolgserlebnisse, als auch jene, die Gemeinschaft festigenden, die aus erfolgreicher Zusammenarbeit, bis hinauf auf die volkswirtschaftliche Ebene resultieren.
Nicht mehr stolz sein zu können, weder auf das Eigene, selbst Erarbeitete, weil das Geld nie dafür reichte, etwas Dauerhaftes vorweisen zu können, noch auf die Blüten des Wohlstands der Gesellschaft, weil man von dessen Herstellung ausgeschlossen wurde, ruft mächtige negative Emotionen hervor, zumal leicht zu erkennen ist, dass dieser Ausschluss eine willkürliche Auswahl aus ähnlich Befähigten und vergleichbar Motivierten darstellt, weil schlicht nicht genug sinnvolle Arbeit angeboten wird, um alle beschäftigen zu können.
So vermint das Gelände auch ist:
„Stolz“ ist eine wichtige, gemeinschaftsfördernde, Gruppen verbindende Emotion, die in einer bloßen „Bevölkerung“ weitaus schwächer ausgeprägt ist als in einem gewachsenen Volk und zum Beispiel auch einen wesentlichen Unterschied im Empfinden von „Stammbelegschaften“ und „Leiharbeitern“ für „ihr“ Unternehmen ausmacht.
Gerne und freudig einer Gemeinschaft zugehörig zu sein, ob das nun die Familie oder der Sportverein ist, das Unternehmen, in dem man arbeitet oder die Religionsgemeinschaft, der man angehört, diese Einstellung entsteht nur, wenn Geben und Nehmen sich die Waage halten, wobei sich die Gewichte im Laufe eines Lebens durchaus verschieben.
Gerne und freudig einer Gemeinschaft zugehörig zu sein, diese Einstellung entsteht aber auch nur da, wo sich alle Mitglieder der Gemeinschaft bei allen zwangsläufig auftretenden Unterschieden noch auf einem gemeinsamen Niveau des materiellen Wohlstands und der Bildung und Reife bewegen, so dass Begegnung und Austausch untereinander grundsätzlich möglich sind.
Gerne und freudig einer Gemeinschaft zugehörig zu sein, diese Einstellung kann nur da entstehen, wo alle Mitglieder im gleichen Wertekanon und in der gleichen, übergeordneten Zielsetzung verbunden sind.
Wo, bitte, sind diese Voraussetzungen noch gegeben?
Es mag zu allen Zeiten und in fast allen Formen menschlichen Zusammenlebens eine weit abgehobene, hauchdünne Oberschicht gegeben haben, deren Angehörige sich vom materiellen und intellektuellen Niveau her von allen anderen Personen unterschieden haben, eine Oberschicht, die es gewohnt war, mehr zu nehmen als zu geben und deren Werte und Ziele vorsichtshalber nicht offen kommuniziert wurden.
Nennen wir diese Schicht: „Das eine Prozent“ und betrachten sie als ein unvermeidliches und – auch wenn das schwer zu verstehen ist – für den gesellschaftlichen Zusammenhalt zwingend notwendiges Übel, das noch nach jeder noch so blutigen Revolution mit alten und neuen Köpfen schnell wieder den Platz an der Sonne eingenommen hat und folglich als „gesellschaftliche Konstante“ betrachtet werden muss, die dem Einfluss der großen Masse vollkommen entzogen ist.
Selten zuvor in der Menschheitsgeschichte mag es aber in den 99 Prozent, die mit weitem Abstand von diesem einen Prozent lebten und arbeiteten, so wenig Zusammenhalt und Gemeinsamkeiten gegeben haben, wie heute in den entwickelten Staaten und ganz speziell in Deutschland.
Nein, was wir heute begehen, hat mit einem „Nationalfeiertag“, wie ihn andere Nationen zelebrieren, nichts zu tun. Schamhaft meidet die Elite an diesem Tag die Hauptstadt und verkriecht sich mit allerhand absurden Begründungen in eines der Bundesländer, als wollte man gerade am Nationalfeiertag beweisen, dass die „Nation“ dem deutschen Denken fremd und geradezu ein Graus geworden sei.
Es gibt für den Zerfall der Gesellschaft viele Ursachen, die öffentlich diskutiert werden und sicherlich auch mit dazu beitragen. Es ist jedoch die Frage zu stellen, ob diese vielen öffentlich diskutierten Ursachen überhaupt ihre Wirkung entfalten könnten, wenn es diesen „Fluch des Fleißes“ nicht gäbe, der immer dann ganz besonders grausam wütet, wenn der Fortschritt noch nicht zum Allgemeingut geworden ist und sein Nutzen noch alleine den wenigen Fleißigen zufließt, bzw., noch schlimmer, jenen Gierigen, denen es gelungen ist sich die Fleißigen quasi als Leibeigene zu halten, weil sie über das gigantische Kapital verfügen, das für die Entwicklung und den Einsatz der modernen Techniken erforderlich ist.
Es ist unübersehbar, dass die (vor allem) technischen Möglichkeiten, die von den Fleißigen geschaffen wurden, derzeit noch mit der Überlegenheit von Bronzeschwertern gegen Steinäxte zum Einsatz kommen, doch die Adaption der Fähigkeit, Bronze herzustellen, um dann selbst ein Heer von einigen tausend Mann mit Bronzeschwertern auszustatten, war eine lächerlich einfache Aufgabe, mit der ein verloren gegangenes Gleichgewicht der Kräfte wieder hergestellt werden konnte. Betrachtet man alleine die gigantischen Rechenzentren weniger großer Internetkonzerne, die geschaffen sind, um die gesamte Menschheit auszuspähen und ihren „Eigentümern“ die Mittel zur Verfügung zu stellen, die Massen fast nach Belieben zu lenken, in die Irre zu führen und in Konflikte zu stürzen, stellt sich die Adaption dieser Fähigkeiten und die Installation vergleichbarer Hardware als nahezu unmöglich dar, zumal „der Feind“ nicht klar von außerhalb der eigenen Grenzen kommt, sondern die eigenen Gesellschaft längst wie ein Pilzmyzel durchsetzt und angezapft hat.
Algorithmen generieren pausenlos sprudelnde Gewinne im weltweiten Computerhandel an den Börsen, die Entschlüsselung des Genoms von Pflanzen, Tieren und Menschen ermöglicht nicht nur genetisch „optimierte“ Neuschöpfungen sondern auch die fortschreitende Patentierung des Lebens, das damit nicht länger „kostenloses Inventar“ des Planeten sein darf, sondern in geschütztes, persönliches Eigentum der von jeglicher Verantwortung für das Wirken ihrer Gesellschaften freigestellten Anteilseigner verwandelt wird.
Relativ neu, aber unübersehbar ist das Phänomen, dass mit jedem Pulsschlag des Fortschritts, den die Fleißigen in die Welt bringen, mit jeder Steigerung der Effizienz der Produktionsprozesse, mit jedem neuen „Ding“ das in die Welt gesetzt wird, um das Leben zu verbessern, auch die Zahl der für die Leistungserstellung benötigten Menschen sinkt, dass also, selbst wenn es keinen weiteren Bevölkerungszuwachs gäbe, die Zahl der Überflüssigen immer weiter wachsen würde, was die Gesellschaften überall auf der Welt zerreißen muss.
Es ist unübersehbar, dass dieser Prozess auf einen Punkt zuführt, an dem ein grundsätzlicher Wandel eintreten wird. Entweder, weil das gesamte System bis zum Zusammenbruch unverändert in ein Massensterben hinein getrieben wird, oder weil es gelungen sein wird, ein neues gesellschaftliches Bewusstsein zu schaffen, das wieder allen, die guten Willens sind, die Chance für beides gibt:
Sich sinnvoll und nützlich einzubringen
und am Erfolg teilzuhaben.
Die Vision eines Bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) ist aus dieser Not heraus entworfen worden, wird das Problem aber nicht lösen können, weil es nicht die Chance des sich Einbringens schaffen kann, sondern lediglich die Seite der Teilhabe befriedigen will und dies noch dazu über einen rein rechnerisch nicht darzustellenden Ansatz der Finanzierung, was den Kontrast zwischen jenen die überwiegend nur geben und jenen die überwiegend nur nehmen verstärkt und den Frust beider Seiten verschärft.
Der uralte Trick der Herrschenden, ihre Völker hinter sich zu einen und zugleich opferbereit zu machen, besteht darin, einen äußeren Feind zu schaffen, dessen Abwehr alle Kräfte erfordert. Ein Trick, in dem selbst den längst Abgehängten in all ihrer materiellen und geistigen Armseligkeit wieder ein Lebenssinn vermittelt werden kann, wenn man ihnen – z.B. als „Blockwart“ oder als „Hate-Speech-Melder“ eine wichtige Rolle und einen Hauch von Macht zuweist.
Wer die Augen offen hält und noch wahrnimmt, dass das Zertrümmern und Anzünden von unbesetzten Automobilen immer weiter um sich greift und dass der SUV-Fahrer von heute auf offener Straße bereits wüsten Schikanen eines ideologisch verblendeten Pöbels ausgesetzt ist, dem jedoch immer weitere Teile der sich schnell organisierenden Klimabewegung mit klammheimlicher Freude Lob spenden, muss zumindest ahnen, dass die Republik nicht auf einen neuen, die Gesellschaft einenden Pakt im Zeichen der Klimarettung zusteuert, sondern im Rückfall in den Totalitarismus begriffen ist.
Doch diese Ahnung enthält nur einen Teil der Wahrheit.
Was in Deutschland zu beobachten ist, nämlich der Aufstand der Klimahysteriker gegen die gewählte Regierung, der Nichtstun vorgehalten wird, als Rechtfertigung für einen so genannten „zivilen Ungehorsam“ der sich immer mehr in Gewalt gegen Sachen und Menschen austobt, ist ein Teil des weltweit zu beobachtenden Trends der gezielten Destabilisierung von Nationalstaaten.
Es braucht dazu nicht mehr als eine relativ kleine Zahl von Unzufriedenen, denen Geld und vor allem „Aufstands-Knowhow“ zur Verfügung gestellt wird, um eine bürgerkriegsnahe Situation herzustellen, die von den Medien im Sinne der Urheber sowohl im nationalen Umfeld als auch international als ein Kampf für „berechtigte Interessen“ dargestellt wird, der nur dazu dient, „die Stadt vom Tyrannen zu befreien“, also „korrupte und/oder unfähige Machthaber“ aus dem Amt zu entfernen.
Afrikanischer Frühling, Orangene Revolutionen, das sind Schlagworte aus jüngerer Zeit, die aber nur den Anfang markieren. Der Sturz Gaddafis, der für sein Volk ein Segen war, war eine der ersten Meisterleistungen. Die derzeit in Moskau auftretenden oppositionellen Demonstranten und die Regenschirmträger in Hongkong, die Gelbwesten in Frankreich, die „Remainer“ in Großbritannien, das alles sind doch nur perfektionierte Neuinszenierungen der in Süd- und Mittelamerika hinlänglich geübten Methoden, die vom Volk gewählten „Falschen“ hinweg zu putschen.
Ich sage das heute zum ersten Mal öffentlich, doch inzwischen bin ich davon überzeugt, dass die Gülen-Bewegung tatsächlich kurz davor stand, die Türkei in einen Bürgerkrieg zu reißen, und dass es Erdogan in letzter Minute gelungen ist, den gegen sich und seine Absichten, die Türkei wieder groß zu machen, gerichteten Putsch niederzuschlagen.
Das Perfide an dieser Strategie der Destabilisierung liegt nun darin, dass jeder, der mit der notwendigen Konsequenz und Härte zur Rettung der staatlichen Ordnung gegen die – von wem auch immer – infiltrierten und finanzierten Staatsfeinde vorgeht, mit diesem Vorgehen den angezettelten Aufstand nachträglich rechtfertigt, was grundsätzlich die Gefahr mit sich bringt, die Stimmung im Ausland nachteilig zu beeinflussen und sogar einen Grund für das militärische Eingreifen interessierter Mächte zu liefern.
Setzt sich eine Staatsführung nicht zur Wehr, wird sie von den „Aufständischen“ überrannt, wie es zweifellos auch in der Ukraine geschehen ist, als der EU-skeptische Janukowitsch flüchten musste, um dem EU-euphorischen Poroschenko Platz zu machen.
Die Gewinner dieser Aktion sind diejenigen, die in ihr Gelingen investiert haben. Aus den USA sollen für den Umsturz der Ukraine fünf Milliarden Dollar aufgewendet worden sein, was noch nicht einmal versucht wurde, geheim zu halten. Siehe hier in der ZEIT vom 17. Mai 2015.
Die Situation lässt sich am besten als ein „geostrategisches Mühlespiel“ beschreiben, bei dem der Spieler, der in die Zwickmühle geraten ist, sich entweder von einem Aufstand wegspülen zu lassen oder sich durch die Bekämpfung des Aufstands ins Unrecht zu setzen, so dass aus dem Aufstand ein Bürgerkrieg, ggfs. mit Einmischung ausländischer Streitkräfte wird, keine Chance mehr hat, seine Politik für sein Land fortzusetzen.
Es ist der Fluch des Fleißes, jenes: „Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen!“, das diejenigen, die arbeiten wollen, aber nicht dürfen, weil es die Arbeitsplätze nicht mehr gibt, zur leichten Beute für die Aufwiegler macht.
Wer weiß denn heute noch, dass es die russische Revolution nur deshalb gegeben hat, weil man in westeuropäischen Hinterzimmern beschlossen hat, Lenin zu fördern und ihn – im verplombten Eisenbahnwaggon – aus de Schweiz, quer durch Deutschland, nach Petrograd (heute St. Petersburg, zeitweise Leningrad) zu transportieren?
Wer will so naiv sein, zu glauben, so etwas sei ein Jahrhundert später, in so viel aufgeklärteren Gesellschaften gar nicht mehr möglich?
Erinnert sich noch jemand an Juan Guaido? Selbsternannter Interimspräsident von Venezuela, eine Art „Gegenpapst“, der versucht Maduro zu stürzen? Wo wurde er ausgebildet? Wer hat ihm geholfen? Wer hat ihn anerkannt? Hier nochmal zum Nachlesen, ist ja schon wieder ein paar Monate her …
Erinnert sich noch jemand daran, dass der amtierende französische Präsident, Emmanuel Macron, der vorher in der französischen Politik nicht in Erscheinung getreten war, aus einer „Bewegung“ heraus und aus dem Stand die Wahl gewonnen hat, was zweifellos die „Notbremse“ war, die gezogen wurde, um den Sieg Le Pens zu verhindern, während wenig später von der Gegenseite die Gelbwesten auf die Straße gebracht wurden, um die Republik zu destabilisieren.
Die Zwickmühle ist überall die gleiche. Es lassen sich von interessierter Seite mit dem Einsatz des notwendigen Kapitals überall da eskalierende Bürgerbewegungen aufbauen, wo einer ausreichend großen Zahl von Abgehängten der Stolz auf das gemeinsam Geschaffene abhanden gekommen ist und/oder ausreichend viele (noch) nicht integrierte Migranten ohne jeden verbindenden kulturellen und geschichtlichen Hintergrund leicht aufzustacheln sind, ihre Rechte einzufordern.
Fleißige Deutsche haben über Jahrzehnte mit immer geringer werdendem Lohnanteil in den Produkten soviel Exportüberschuss produziert, wie die Welt aufnehmen konnte. Doch weder das Gespenst der Altersarmut, noch die Millionen Bezieher von Hartz-IV-Leistungen haben dieses ruhige und geduldige Volk, dem der Exportüberschuss vorenthalten wurde, wie den Bienen des Imkers der für den Winter gesammelte Honig, auf die Barrikaden bringen können.
Wieder, wie schon am Ende des 19. Jahrhunderts, ist die in Deutschland geballte Wirtschaftskraft ein Dorn im Auge der Konkurrenz, heute weniger bei den Briten als bei den USA und China. Der Wunsch, diesen Staat soweit zu destabilisieren, dass er in der internationalen Konkurrenz ausfällt, ist nachvollziehbar, zumal ja der technische Fortschritt weltweit zu Überkapazitäten bei den Human Resources führt und sich sogar in China allmählich das Erscheinen der Zwickmühle andeutet, vor allem weil Trump diese in den USA mit seiner Wirtschaftspolitik gerade wieder aufzulösen versucht.
In Deutschland ist keine Strategie erkennbar, die dem Aufwachsen eines destabilisierenden Protestpotentials entgegenwirken könnte.
Im Gegenteil.
Die ungeregelte Hereinnahme von Migranten, ohne eine an vernünftigen Kriterien bemessene Obergrenze einzuziehen, belastet die Sozialsysteme und den Staatshaushalt. Die Energie- und Klimapolitik, in der sich die Regierung – aus Feigheit vor dem drohenden Aufstand – lieber mit den Aufständischen gegen die vitalen Interessen des Landes verbündet, wird die Destabilisierung des Staates massiv beschleunigen und zum Niedergang des Industriestandortes führen.
Dass die GfK gerade wieder, wie alle Jahre zur Ankurbelung des Weihnachtsgeschäftes, das Hohe Lied der Binnennachfrage singt, wird das Ausbluten der deutschen Automobilindustrie nicht aufhalten können.
Dass der DAX ausgerechnet zum Tag der Deutschen Einheit von den internationalen Investoren in den Keller geprügelt wurde, ist wahrscheinlich kein Zufall, sondern eher ein absichtlich gesetztes Zeichen der Überlegenheit.
Der Nationalstaat, der heute, am „Nationalfeiertag“ von den Festrednern wieder weniger gefeiert, sondern vielmehr als zu überwindendes Hindernis auf dem Weg zu Friede, Freude und Eierkuchen hingestellt wird, der seine Grenzen öffnen und sich mit Vielfalt schmücken muss, wäre jedoch auch für uns der einzige Schutz vor den weiteren Verheerungen durch die Globalisierung.
Xi Jinping, Donald Trump, Wladimir Putin, Recep Tayyip Erdogan, Boris Johnson, Victor Orban und etliche weitere verantwortungsbewusste Staatenlenker haben das erkannt.
Deutschland bekämpft mit selbstzerstörerischem Eifer jeden, der es auch nur wagt, an nationale Interessen zu erinnern.