Von nun an geht’s bergab

PaD 25 /2020  – Von nun an geht’s bergab  – Hier auch als PDF verfügbar PaD 25 2020 Von nun an geht’s bergab

Man kann über den EU-Gipfel und seine segensreiche Wirkung denken, wie man will, eines steht fest:

Die EU hat damit ihr Pulver verschossen.

Der deutlich zutage getretene Argwohn der „Sparsamen Fünf“, Hilfsgelder – für die am Ende nur diejenigen zahlen werden, die noch liquide sind – könnten in den Empfängerstaaten in die falschen Kanäle gelangen, Zuschüsse könnten eher zu Leichtsinn und Verschwendung als zu Sparsamkeit und Konsolidierung führen, wird sich so bald nicht noch einmal entkräften lassen.

Auch wenn die Finanzmärkte im ersten Augenblick euphorisch reagierten, wird sich bald die Stimmung eintrüben. Die 750 Milliarden werden nicht von heute auf morgen in den Markt gelangen, sondern ihre belebende Wirkung in kleineren Jahrestranchen erst allmählich (bis 2023) entfalten. Zudem soll die Zuteilung davon abhängig gemacht werden, dass die Empfängerstaaten Projekte vorstellen, die von der Kommission erst gutgeheißen werden müssen, was erstens Zeit kosten und zweitens neuen Anlass für Zank und Streit hervorbringen wird. 

Stellt man die beschlossenen Hilfen ins Verhältnis zum Volumen der Anleiheaufkäufe der EZB, in deren Tresoren inzwischen die Belege für die indirekte Staatsfinanzierung in Höhe von 2,78 Billionen Euro lagern, wobei monatlich 20 Milliarden netto hinzukommen, Geld, das von den Finanzmärkten aufgesaugt wird wie Wasser von einem trockenen Schwamm, dann sind zusätzliche 750 Milliarden, aufgeteilt auf drei Jahre, zwar immer noch ein stolzer Brocken, aber eben keineswegs so gewaltig, wie es von den meisten Medien dargestellt wird. Alleine die Tatsache, dass der neue 7-Jahres-Plan der EU, mit seinen 1,1 Billionen, in der Berichterstattung oft genug dem Wiederaufbau-Fonds zugeschlagen, und von einem (1) 1, 8 Billionen-Paket gesprochen wurde und wird, deutet darauf hin, dass viel größere Erwartungen auf zusätzliche Liquidität geweckt werden sollen, als man auf den Tisch zu legen in der Lage sein wird.

Offiziell rechnet die Kommission (noch) damit, dass das BIP der EU bedingt durch Corona in 2020 gegenüber dem Vorjahr nur um 7,5 Prozent sinken wird. In großen Zahlen heißt das: Statt rund 14 Billionen werden in der EU nur noch 13 Billionen zu verteilen sein. Selbst wenn das frisch beschlossene Hilfsprogramm bei dieser Schätzung noch nicht berücksichtigt sein sollte, was ich fast ausschließen möchte, kann das, was in 2020 tatsächlich noch ausgezahlt werden wird, nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein sein. Dabei wird jeder Feuerwehrmann bestätigen, dass man zu Beginn der Brandbekämpfung klotzen muss. Erst wenn die Feuerwache nur noch ein paar letzte Glutnester findet, sind Feuerklatsche und Handspritze ausreichend, um einen erneuten Ausbruch zu verhindern.

Die Verwerfungen in der Wirtschaft, die fast flächendeckend die Gewinnerwartungen der Unternehmen, von Großkonzernen wie Airbus, Daimler, VW, Lufthansa, bis zum kleinen Café in der Fußgängerzone, auf null haben zusammenschrumpfen lassen, führen EU-weit zu einem Anstieg der Arbeitslosenzahlen, zu vermehrter Inanspruchnahme der sozialen Sicherungssysteme bei deutlich rückläufigen Steuereinnahmen.

Es ist eben nicht so, dass ein Unternehmen pro verkaufter Waschmaschine zum Preis von 500 Euro 50 Euro Gewinn macht, bei 10.000 verkauften Waschmaschinen also 500.000 und bei 8.000 verkauften Waschmaschinen immer noch 400.000 Euro. Es sieht ganz anders aus. So ein Unternehmen hat Kosten (Fixkosten), die unabhängig davon anfallen, wie viele Maschinen verkauft werden. Da ist eine Fabrik errichtet worden, es sind Maschinen und Montagebänder gekauft worden, Büroeinrichtungen, Computer, usw. , das alles muss über den Umsatz finanziert werden, und da stehen schnell jährlich 2 Millionen in den Büchern, die irgenwie bezahlt werden müssen. Dann kommen die Kosten dazu, die für Material, Energie und Löhne anfallen (Variable Kosten).  Nehmen wir an, das macht 250 Euro pro produzierter Waschmaschine. Dann ergibt sich folgendes Bild:

Umsatz Waschmaschinen Stückzahl Gesamtkosten (fix + variabel) Euro Gesamtumsatz Euro Gewinn bzw. Verlust Euro
1 2.000.250 500 -1.999.750
1.000 2.250.000 500.000 1.750.000
5.000 3.250.000 2.500.000 -750.000
8.000 4.000.000 4.000.000 0
10.000 4.500.000 5.000.000 500.000

 

Wer dieses Prinzip verinnerlicht, weiß, wie wichtig die Kapazitätsauslastung für einen Betrieb ist, und erkennt leichter, warum auch ein scheinbar geringer Umsatzrückgang die Rendite in den Keller rutschen lassen kann. Es wird sogar deutlich, dass selbst ein Stellenabbau, der dem Umsatzrückgang entspricht, das Problem nicht lösen kann, denn im Zahlenbeispiel wurden Material und Personalkosten ja bereits mit dem Umsatzrückgang reduziert.

Kapitalstarke Unternehmen können eine Durststrecke für eine gewisse Zeit überstehen. Die Kapitaldecke der deutschen Unternehmen steht allerdings nicht im Ruf, besonders lang und breit oder gar dick zu sein. Die nach wenigen Wochen des Lockdowns bereits drohende Insolvenz der Lufthansa, die nur durch massive staatliche Intervention bisher verhindert werden konnte, spricht dazu eine deutliche Sprache.

Doch die Lufthansa ist nur ein herausragendes Beispiel, das durchaus nicht von allen schon als ein Warnsignal für die gesamte Wirtschaft interpretiert wird. Dabei hilft es, dass die drohende Insolvenzwelle der deutschen Wirtschaft durch eine coronoabedingt eingeführte, „gesetzlich erlaubte Insolvenzverschleppung“, noch bis in den Herbst hinein zurückgehalten werden kann.  Wirtschaftsauskunfteien, Steuerberater und andere Auguren warnen allerdings längst davor, dass diese Insolvenzwelle nicht nur für viele Arbeitnehmer das endgültige Aus ihrer Beschäftigungsverhältnisse bedeuten, sondern mit der Ausbuchung geplatzter Kredite auch noch einmal eine Schneise der Verwüstung in den Bilanzen der Banken hinterlassen wird. 

Das von der EZB schon länger künstlich niedrig gehaltene, im Grunde schon unterirdische Negativ- Zins-Niveau bietet keine Möglichkeit mehr, durch Zinssenkungen stimulierende Impulse zu setzen. Für das Aufspannen neuer Rettungsschirme wird der EU die Kraft fehlen, während am Kapitalmarkt mit den Risikozuschlägen auch die Renditeerwartungen steigen werden. Die Folge ist leicht auszumalen: Die schwachen Mitgliedsstaaten werden darauf drängen, die Binnenfinanzierung per (Corona-) Euro-Bonds, aufgelegt von der Kommission, aufgekauft von der EZB, auszuweiten. Die Kommission wird dem wegen des damit verbundenen Machtzuwachses gerne nachgeben. Ob, und gegegebenenfalls inwieweit der Widerstand im Rat ausreichen wird, dies zu verhindern, bleibt vorläufig eine offene Frage, tendenziell aber ist mit wirksamem Widerstand eher nicht zu rechnen.

Im Zuge dieser Ereignisse wird sich eine schleichende Abwertung des Euro abzeichnen, die von der Exportindustrie begrüßt wird, weil sich ihre Wettbewerbsfähigkeit gegenüber dem Nicht-EU-Ausland damit verbessert. Es sollte jedoch bedacht werden, dass der längst begonnene, weltweite Handelskrieg sich weiter verschärfen wird. Der Aufruf des US-Außenministers, eine Koalition der Willigen gegen China zu bilden, zeitgleich ergangen mit dem Hinauswurf der chinesischen Botschaft in Houston, Texas, ist ein klarer Beleg dafür, dass die protektionistische Handelspolitik auf dem Vormarsch ist. Kommt es so, wovon ich ausgehe, wird der niedrige Euro-Kurs den Export nicht im erhofften Maße beleben können, während die wechselkursbedingte Verteuerung der Importe nicht kompensiert werden kann, was bedeutet, dass „irgenwer“ den Gürtel enger schnallen müssen wird.

Von diesem Punkt an eröffnen sich zwei grundsätzlich zu unterscheidende Wege für die Gestaltung der Zukunft: Ein schwierige Weg einer hoffnungsvollen, gemeinsamen Kraftanstrengung, den Karren wieder aus dem Dreck zu ziehen, und der bequeme Weg, wegbrechende Einkommen, sinkende Steuereinnahmen und Sozialbeiträge und ausbleibende Unternehmensgewinne durch Ausweitung der Verschuldung und Einsatz der Druckerpresse zu kompensieren.

Auf beiden Wegen spielen sowohl der Wert des Geldes als auch die Nutzung der Sachvermögen eine maßgebliche Rolle. Daher vorab eine kurze Erläuterung:

Der Wert des Geldes hängt absolut davon ab, in welcher Menge ein bedarfsgerechtes Angebot auf dem Markt vorzufinden ist. Eine Million Euro im Brustbeutel hilft dem in der Sahara mit leerem Tank gestrandeten Erlebnisurlauber nicht, seinen Bedarf nach auch nur einer Flasche – gerne auch brühwarmen – Mineralwassers zu befriedigen, wenn weit und breit niemand ist, der Wasser anbieten würde. Deutsche Supermärkte geben sich mitunter mit weniger als 40 Cent für eine Literflasche Mineralwasser zufrieden.

In unserem Wirtschafts- und Finanzsystem ist die Umwandlung von Liquidität, die den Bedarf zur Befriedigung des Konsums übersteigt, in Sachanlagen ein Zeichen sinnvollen Handelns und längerfristigen Denkens. Insbesondere Grund und Boden, bebauten und unbebauten Grundstücken kommt hier, betrachtet man die grundsätzliche Nutzungsalternative – Selbstnutzung oder Nutzungsgewährung gegen Entgelt – eine wichtige Bedeutung zu.

Der schwierige Weg

Der schwierige Weg ist vor allem deshalb so schwierig, weil er auf etwas aufbaut, was uns Europäern inzwischen weitgehend versagt ist, nämlich das Recht auf Selbstbestimmung. Versagt ist uns dieses Recht durch zwei Umstände. Da ist einmal die krakenhafte Ausdehnung staatlicher und überstaatlicher Regelungswut und Bevormundung, bis weit in die intimste Sphäre der Familien hinein, und zum anderen die Tatsache, dass der breiten Masse jede Möglichkeit verwehrt ist, außerhalb eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ein ausreichendes eigenes Einkommen zu generieren. Beides wirkt übrigens gegenseitig verstärkend, was es nicht leichter macht, den Ausweg zu finden.

Wo die Reste der Möglichkeiten zur freien Selbstbestimmung kaum mehr zu erkennen sind, bleiben negative Folgeeffekte nicht aus. Der Resignation, aus der Einsicht, dem „Käfig“ nicht entfliehen zu können, folgt das Nachlassen der Motivation und Leistungsbereitschaft, daraus wird entweder allmählich ein umfassendes Anspruchsdenken, gefolgt vom Anwachsen kriminelle Energie, die mit Leistungserschleichung beginnt, aber längst nicht aufhört. Oder es folgt Verbitterung, Hass und Zerstörungswut.

Basis für den möglichen Wohlstand eines Volkes, meinetwegen auch eines Wirtschaftsraumes, wie der EU, sind Anzahl und Qualifikation der leistungsfähigen Einwohner im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung. Diese Formel ist schon mit diesen drei Variablen komplexer als sie auf den ersten Blick aussieht. Entscheidend für den tatsächlichen Wohlstand ist jedoch, inwieweit das Leistungsvermögen der Leistungsfähigen abgerufen wird, und, last but not least, welchen Anteil des Ertrags Kapital und Eliten für sich in Anspruch nehmen. Damit wird es ziemlich unübersichtlich. Daher ein paar Zahlen:

Das BIP der EU-Mitglieder erreichte 2019 ein Volumen von rund 14 Billionen Euro. Knapp 8 Billionen davon wurden als Arbeitnehmerentgelte (einschl. AG-Anteil zu den Sozialleistungen) an die Beschäftigten ausgezahlt 513 Millionen Menschen (einschl. GB) bildeten die Gesamtbevölkerung. 78 Millionen waren zwischen 0 und 14 Jahre alt, 104 Millionen waren 65 Jahre und älter. Theoretisch standen also 331 Millionen Leistungsfähige zur Verfügung. Gegen Ende des Jahres 2019 wurden 241 Millionen Beschäftigte gezählt. 16 Millionen wurden als arbeitslos ausgewiesen.

Auch wenn diese Zahlen nicht alles wiedergeben, was beachtet werden müsste, genügt ein Blick auf diese hohe Aggregationsebene, um grobe Relationen zu erkennen.

Wäre es gelungen, die Leistung aller theoretisch Leistungsfähigen abzurufen, hätte das EU-BIP 19 statt 14 Billionen erreichen können. Das BIP pro Einwohner wäre von 27.000 Euro auf 37.000 Euro angestiegen, und hätte sich das Kapitals dann noch mit einem Viertel des BIP begnügt, statt drei Siebtel für sich zu beanspruchen, das Durchschnittseinkommen – und damit der Wohlstand in der gesamten EU hätte um 80 Prozent über dem tatsächlich erreichten Niveau gelegen.

Es sind diese Verhältnisse, die es auf dem schwierigen Weg zu ändern gilt. Schwierig, aber möglich, denn diese Verhältnisse sind von Menschen geschaffen, in erheblichem Umfang von so genannten Volksvertretern in den Parlamenten, und was von Menschen geschaffen ist, können Menchen verändern. Betrachten Sie es meinetwegen als einen emanzipatorischen Prozess, der seine Zeit braucht.

Selbst die offiziellen Medienspatzen pfeifen es längst von den Dächern: Die Schere zwischen arm und reich geht immer weiter auf. Kein Wunder, würde ich sagen, wenn von 7 Euro, die erwirtschaftet werden, 3 in Richtung reich wandern, wovon nur wenige Personen und Familien profitieren, während sich die Masse der Bevölkerung die übriggelassenen 4 Euro teilen muss. Unterstützt wird diese Dysbalance durch das Steuersystem. „Arm“ wird durch hohe Mehrwertsteuersätze und eine Unzahl weiterer Konsumsteuern, sowie früh einsetzende Steuern auf den Lohn weitaus stärker zur Staatsfinanzierung herangezogen als „reich“. 

Warum also nicht die Frage stellen, ob es nicht möglich wäre, hohe und höchste Einkommen, sowie höchste Vermögen deutlich stärker zu besteuern und dafür die Mehrwertsteuer deutlich zu reduzieren, am besten ganz abzuschaffen?

Ein weiterer Hinweis für eine Hürde auf dem schwierigen Weg:

Welches Gewerbe, außer Flaschensammeln, kann (in Deutschland) noch legal ausgeübt werden, ohne Gewerbeschein, Anmeldung beim Finanzamt, Mitgliedschaft bei der zuständigen Kammer und – ab der ersten eingestellten Teilzeitkraft – auch bei einer Berufsgenossenschaft? Mir fällt da nichts ein. Ich habe das früher schon einmal vorgeschlagen: Lasst einfach jeden machen, was er will und was er sich zutraut. Nennt nicht länger Schwarzarbeit, was nicht von großen Unternehmen, z.B. in der Baubranche, als organisierte Steuer- und Beitragshinterziehung veranstaltet wird. Lasst den Maler malen und die Putzfrau putzen, den Fliesenleger Fliesen legen, den Hardware-Spezialisten PCs konfigurieren bzw. reparieren und den Softwarespezialisten programmieren.

Die Schwelle zum Unternehmer, der verpflichtet ist, sich mit Haut und Haar der Bürokratie zu ergeben, sollte da liegen, wo der Betreffende beginnt, Rechnungen auszustellen, die von seinen Kunden als Kosten in die Gewinn- und Verlustrechnung eingestellt werden können. Dann hat sich erwiesen, dass das Geschäftsmodell trägt und Wachstumschancen hat. Verlangt also von niemandem, der keine anderen Einkünfte erwirtschaftet, eine Steuererklärung. Warum? Weil deren Leistung den Wohlstand mehrt. Alles was erzeugt wird und sinnvoll, nützlich oder auch nur schön ist, mehrt den Wohlstand.

Meines Erachtens würde ein Großteil der Hartz-IV Empfänger ganz automatisch aus dem Leistungsbezug fallen, wenn das Geschäft so gut läuft, dass es weniger kostet, einen Termin beim Fallmanager zu versäumen als einen Auftraggeber hängen zu lassen. Und wenn das dann nach einem Jahr mit dem Rauswurf aus dem Hartz-System enden sollte, dann ist das kein Problem sondern eine positive Entwicklung, die noch dazu den Sozialetat entlastet.

Natürlich wäre das eine Konkurrenz für etablierte Unternehmen. Aber sind Wettbewerb und Konkurrenz nicht gut? Hätte nicht so mancher satte Handwerker mit vollen Auftragsbüchern eventuell einen Anreiz, (Termin-) Zusagen einzuhalten, Kostenvoranschläge nicht zu überschreiten und sich überhaupt kundenfreundlicher zu verhalten?

Und was die Haftung des Ausführenden betrifft: Da muss der Auftraggeber wissen, worauf er sich einlässt, und der Auftragnehmer kann gegebenenfalls eine Haftpflichtversicherung abschließen. Warum denn nicht? Das ist heute schon so, wird nur eben als illegal angesehen, um den Menschen die Möglichkeit der Entfaltung ihrer Fähigkeiten zu nehmen und sie stattdessen in Lohnarbeitsverhältnisse zu zwingen.

Es würde den Rahmen dieses Aufsatzes sprengen, wollte ich noch alle weiteren Ideen aufführen, die mir dazu schon eingefallen sind. Zum Beispiel, wie segensreich es wäre, die Eigentumsrechte an Grund und Boden neu zu ordnen, bzw. nach der alten Methode des Lehens, das Eigentumsrecht alleine der Gesellschaft zuzuordnen und daraus für die einzelnen temporäre Nutzungsrechte gegen Gebühr zu gewähren.

Daher nur noch ein Gedanke zum Schluss:

Es ist soviel von Verantwortung, vor allem von Eigenverantwortung die Rede. Da, wo der größte Teil des BIP-Kuchens hinfließt, ist die Verantwortung für das, was den Geldsegen bringt, praktisch null. Ein Aktionär kann sein eingesetztes Kapital verlieren – aber er haftet für nichts, was die Aktiengesellschaft tut. Vom Umweltschaden bis zum illegalen Kriegswaffenexport, vom Bilanzbetrug bis zum Verstoß gegen Mindestlohn und Arbeitsschutzvorschriften. Die Verantwortung dafür liegt beim Vorstand. Nicht beim Aktionär. Man kann ihn auch dann nicht in Regress nehmen, den Aktionär, wenn der Schaden, den „seine“ Aktiengesellschaft angerichtet hat  das Privatvermögen des Vorstands weit übersteigt.

Warum also nicht alle Aktionäre, unabhängig vom Umfang ihrer Beteiligung gesamtschuldnersich haftbar zu machen für das Tun und Lassen ihres Unternehmens? Was hebt diese Menschen über den kleinen selbstständigen Gewerbetreibenden so hoch hinaus, dass sie weder privat- noch strafrechtlich belangt  werden? Dass sie keinen Einfluss auf die Aktivitäten des Unternehmens hätten ist gelogen. Die Kleinaktionäre machen sich halt nicht die Mühe, und wollen es gar nicht wissen, und die Großaktionäre stehen dem Vorstand mit ihren Vorstellungen permanent im Nacken – und wehe der spurt nicht …

Mögen die Aktionäre ihre Aktien gegen ein verzinsliches Darlehen eintauschen – und wirklich nichts mehr zu sagen haben, oder eben, mit ihrem gesamten Privatvermögen haften. Da käme ein Stück des inzwischen totgeglaubten „ehrbaren Kaufmanns“ wieder in die Welt.

Einen solchen schwierigen Weg kann allerdings nur gehen, wer sich als Volk einig ist, die eigene Gesellschaft in dieser Weise umzugestalten, und wer souverän genug ist, die notwendigen Entscheidungen zu treffen und umzusetzen. Die EU, in ihrem derzeitigen Zustand,  ist dafür der vollkommen ungeeignete Rahmen – und wird es wahrscheinlich auch bis zu ihrer endgültigen Auflösung bleiben.

 

Der bequeme Weg

Der bequeme Weg ist deshalb so bequem, weil er im großen Bogen um alle Konflikte herum führt. Es wurde beim EU-Gipfel zwar großer Wert darauf gelegt, Konflikte und Interessengegensätze in die Welt hinaus zu posaunen, doch steckt man die ganze EU in Gedanken in einen Schuhkarton, macht eine Schleife drum und schreibt EU drauf, dann wird deutlich, dass in Bezug auf die übrige Welt,

und da sind insgesamt viel mehr Menschen, da sind, mit den USA und China, mindestens zwei sehr viel größere und wichtigere Wirtschaftsmächte und da ist vor allem das lieber im Hintergrund bleibende, globale Kapital,

nichts Gravierendes aus dem Schuhkarton herausgedrungen ist. Der Gipfel war ein Schmoren im eigenen Saft. Mit einer kleinen Ausnahme allerdings. Man hat dem Kapital offeriert, bis ins Jahr 2058 Zinsen zu zahlen, für anfänglich 750 Milliarden Euro. Geld, was wir verwenden wollen, um das Weltklima zu retten, um jene geheimnisumwitterte Digitaliserung voranzubringen, mit der alles besser werden wird, das aber auch im Kampf gegen Ungleichheiten eingesetzt werden und irgendwie auch zur Reparatur der schlimmsten Corona-Schäden dienen soll.

Wie genau, das wissen wir natürlich noch nicht – aber unser Business-Plan ist doch schon mal ganz überzeugend, oder?

Klar ist der Plan überzeugend. Dieser Plan wird – vermutlich weit über das Jahr 2058 hinaus – leistungsfreie Einkommen aus Zinserträgen ermöglichen. Da spielen wir doch mit, ihr Lieben. Wieder einmal ist es euch gelungen, uns nicht in die Verantwortung zu nehmen.

Außerdem haltet ihr unbeirrbar an eurer Rolle als Klima-Musterschüler fest, was  unsere Entscheidung, noch mehr von unserem Kapital und unserer Wertschöpfung aus Europa abzuziehen, doch sehr erleichtert.

Konflikten auszuweichen kann ein Zeichen von Weisheit sein, aber ebensogut ein Zeichen von Bequemlichkeit, ein Zeichen von Laissez-faire, dies wiederum entweder aus Prinzip oder aus Wurstigkeit, oder ein Zeichen einer Appeasement-Politik.

Wenn das Ausweichen vor Konflikten ein Zeichen von Weisheit ist, erkennt man das daran, dass sich die Dinge ohne Einmischung mindestens so schnell von selbst bereinigen, wie mit, nur dass dabei eben kein Porzellan zerschlagen wird.

Davon kann hier allerdings nicht die Rede sein. Die Probleme verschärfen sich, die eigene Situation wird immer prekärer und die Gegenspieler werden mächtiger. Man kann einen Drachen mit Jungfrauen füttern, damit er das Dorf verschont. Wenn der Drache größer wird und vielleicht noch Junge bekommen hat, wird es nicht mehr genügend viele Jungfrauen geben, um ihn zu besänftigen. Der bequeme Weg endet im Desaster.

Der Weg der EU, die in mühsamem Einigungsprozess zusammengeborgten 750 Milliarden für Gaga-Themen zu verplempern, damit von Antifa bis Greta, von Genderfeme bis zu den professionellen Seenotrettern nur bloß niemand auf die Idee kommen könnte, sich als diffamierte und diskriminierte Minderheit mit lautem Kriegsgeschrei zu Wort zu melden, ist ein Weg ins Desaster.

Das Ausmaß des wirtschaftlichen Schadens, den schon die erste Corona-Welle in der EU angerichtet hat, ist maßgeblich darauf zurückzuführen, dass das Virus auf eine Gesellschaft traf, in der alle Systeme bereits absolut „auf Kante“ genäht waren. Das betrifft nicht nur das Gesundheitswesen, in dem das medizinische Personal wochenlang ohne die gebotene Schutzausrüstung arbeiten musste, das betrifft ebenso weite Teile der Industrie, die wegen des Ausbleibens der chinesischen Container-Schiffe die Bänder anhalten und auf Zulieferteile warten musste, und selbst die Grenzen der Fachkompetenz in der Kommission und den zuständigen nationalen Ministerien erwiesen sich schnell als viel zu eng gesteckt, um schnell, zielgerichtet und ohne Reibungsverluste reagieren zu können.

Dieses Personal, das Management der EU, ist heil durch die Krise gekommen, und erklärt den tatsächlich eingetretenen Schaden zu seinem Erfolg, denn schließlich hätte es noch viel schlimmer kommen können. Folglich konzentriert es  sich jetzt darauf, die aufgerissenen Löcher notdürftig mit Geld zu stopfen, was in etwa der Erstversorgung eines Unfallopfers entspricht, dessen Kreislauf – solange Blutkonserven nicht verfügbar sind – mit einer Kochsalzlösung aufrecht erhalten wird.

Eine Dauerlösung ist das nicht.

An der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der EU und den gravierenden Unterschieden zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten wird sich nach dem Strohfeuer – von dem noch nicht einmal sicher ist, dass es überhaupt zündet – nichts geändert haben. Doch mit dem Beschluss, gemeinsame Schulden aufzunehmen, ist auf dem Weg der Zerstörung der nationalen Identitäten der Mitgliedsstaaten durch weitere Entmündigung der nationalen Parlamente und die Aufhebung des gewachsenen nationalen Rechts ein großer Schritt gelungen.

Wer diese Werte nicht zu schätzen weiß, ist auf dem bequemen Weg gut aufgehoben.

Dass sich heute, am 23. Juli 2020, in Italien, einem der hauptbegünstigten Staaten aus dem „Wiederaufbau-Programm“ der EU, eine Partei gründet, deren Ziel der Austritt Italiens aus der EU ist, macht Hoffnung.

Jedenfalls für die Italiener.