Hungerspiele

 Es ist ungeheuerlich, was sich momentan vor aller Augen in Deutschland abspielt.

  • Bundeskanzler, Wirtschaftsminister und Bundespräsident schwören die Bevölkerung auf harte Zeiten ein.
  • Die Tafeln rufen vergebens um Hilfe, weil sie der schieren Masse der Neukunden nicht mehr Herr werden.
  • Die Differenz zwischen der veröffentlichten Inflation und der gefühlten Inflation war nie so groß wie heute.
  • Weite Teile der Wirtschaft warnen vor dem Zusammenbruch ihres Geschäftsmodells und kündigen Entlassungen, Produktionsverlagerungen und Betriebsschließungen an.
  • Die Regierung greift zur Gießkanne und versucht mit hastig zusammengeborgten 300-Euro-Scheinen den Brand zu löschen.
  • Die EZB erhöht die Leitzinsen, damit sich – obwohl der Zusammenhang so direkt nicht besteht – die Staatsverschuldung für die Gläubiger auch rentiert.  
  • Die Steuerschätzer gehen von mehr als 100 Milliarden zusätzlicher Steuereinnahmen aus, weil die Inflation gut ist, für die Mehrwertsteuer, und weil inflationsbedingte Lohnerhöhungen, obwohl sie die Inflation nicht einmal ausgleichen, über die kalte Progression unmittelbar zu steigenden Steueranteilen am Lohn führen.

Wäre es nicht höchste Zeit, jetzt, acht Wochen vor Weihnachten, die Frage zu stellen, wer den Nutzen davon hat?

Ja, schon. Aber das hilft jetzt auch nicht mehr weiter.

Die Nutznießer sind – zumindest als Kategorien – bekannt und auf Basis der bestehenden Rechts- und Wirtschaftsordnung nicht zu stoppen und schon gar nicht zu belangen. Sowohl das ausländische Kapital als auch die Wirtschaftsmigranten wurden ja faktisch eingeladen, mit Subventionen und  Sozialleistungen angelockt – und beide Kategorien tragen gleichermaßen dazu bei, die in Deutschland erlangten Gelder an ihre Familien im Ausland zu überweisen. Beim Kapital handelt es sich um wenige Empfänger großer Geldbeträge, bei den Wirtschaftsmigranten um viele Empfänger kleiner Geldbeträge.

Damit verschwindet Kaufkraft aus dem Wirtschaftskreislauf, aber nicht nur Kaufkraft, sondern auch Geld, das benötigt wird, Schulden zu bedienen. Dies war bisher einer der Faktoren dafür, dass es der EZB einfach nicht gelingen wollte, die Inflation nahe an die angestrebten zwei Prozent heranzuführen. Im Kreislauf der Realwirtschaft herrschte stets ein ausreichender Geldmangel, verstärkt noch durch die selbst auferlegten Schuldenbremsen, um den Geldwert stabiler zu halten als es angestrebt war.

Hinzu kam, dass die nur mäßig wachsende Wertschöpfung der deutschen Volkswirtschaft  mit der Zeit auf immer mehr Köpfe verteilt werden musste. Auch das reduzierte die verfügbare, durchschnittliche Pro-Kopf-Kaufkraft. Von 79,75 Millionen Einwohnern 1990 wuchs die deutsche Bevölkerung auf 83,24 Millionen 2021 – und mit den Ukraine Flüchtlingen im Jahr 2022 höchstwahrscheinlich auf deutlich über 84 Millionen, also um satte 5 Prozent.

Bis hierhin sieht immer noch alles nach Deflation aus, doch diese konnte sich nicht wirklich durchsetzen. Zu groß waren dafür die Verwerfungen auf den Teilmärkten, wovon beispielhaft, und wegen seiner Fernwirkungen, der Mietwohnungsmarkt genannt werden soll. Wo Wohnungen knapp sind und die Ausweitung des Angebots mit dem Wachstum der Nachfrage nicht Schritt halten kann, steigen die Mieten. Es wird genommen, was bezahlt wird. Dies hat einerseits zu einer auf den Mietmarkt begrenzten Inflation geführt, andererseits die Investition in Betongold für Anleger interessant gemacht, was einen Boom hervorbrachte und auch dort Inflation ausgelöst hat. Da jedoch – im Neubau- und Sanierungssektor – lediglich das Luxusangebot in den Metropolen vergrößert wurde, blieb die Entspannung auf dem Mietmarkt aus. Steigende Mieten können von den Mietern nicht ohne Weiteres kompensiert werden, zumal die Reallohnsteigerungen in Deutschland über lange Jahre ausgesprochen mickrig ausgefallen sind. Es ist also über die Jahre gesehen immer mehr Kaufkraft aus dem Waren- und Dienstleistungsbereich abgezogen worden und in Richtung der Immobilieneigentümer abgeflossen.

So hat die fraglos vorhandene Inflation auf dem Immobilien- und Mietmarkt zugleich Geldmangel und damit eine deflationäre Wirkung im Rest der Volkswirtschaft hervorgebracht. Der Geldüberschuss der Gewinner wiederum löste die Inflation bei den Geldanlagen aus, die sich sich durch steigende Börsenkurse, Rohstoffnotierungen und Immobilienpreise bemerkbar machte.

Die von den Statistikern gemessene Durchschnitts-Gesamtinflation lag dennoch immer noch unter zwei Prozent.

Was hat sich dann verändert?

Die deutsche Politik hat, aufgrund ideologischer Überzeugungen ohne Not die von der Wirtschaft und den privaten Haushalten benötigte Energie und damit auch den für die chemische Industrie und die Düngemittelindustrie unverzichtbaren Rohstoff Erdgas verteuert und verknappt.

Das war es, was das bis dahin einigermaßen stabile Gleichgewicht zum Kippen gebracht und die Verbraucherpreise inzwischen um 10,4 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat und die Erzeugerpreise, die erst noch bei den Kunden ankommen werden, um beinahe 50 Prozent erhöht hat.

Nun verhält es sich mit der Volkswirtschaft im Großen genauso, wie auf dem Mietmarkt im Kleinen.

  • Wer der Nachfrage, also den Mietern, Geld in die Hand drückt, um die gestiegenen Mieten bezahlen zu können, ändert damit am bestehenden Wohnungsmangel und an den hohen Mietpreisen nichts. Wer versucht, die Mieten per Gesetz zu deckeln, verschreckt die Investoren und sorgt damit für die Verschärfung des Mangels.
  • Wer der Nachfrage, also der Wirtschaft und den privaten Haushalten mit staatlichen Hilfen unter die Arme greift, ändert am Energiemangel und den hohen Preisen nichts. Wer versucht, einen Gaspreisdeckel zu organisieren wird auf Widerstand der Anbieter stoßen und somit für die Verschärfung des Mangels sorgen.

Diese klar auf der Hand liegenden Folgen konnten

  • zum Zeitpunkt der Entscheidung für eine rigorose Energiewende mit der bewussten Verteuerung fossiler Brennstoffe und
  • zum Zeitpunkt des freiwilligen Verzichts auf zuverlässig verfügbares, preiswertes russisches Öl und Erdgas

von einigermaßen vernunftbegabten Erwachsenen nicht unerkannt geblieben sein. Man hat sich dennoch dafür entschieden.

Lebten wir in einer so genannten Bananenrepublik, wo bei korrupten Politikern das Schicksal des Landes und seiner Einwohner stets weit hinter dem Interesse am persönlichen Vorteil steht, könnte man sagen:

„So ist das eben da, wo man Demokratie und Gewaltenteilung allenfalls vom Hörensagen kennt und die Machthaber sich ungehindert bereichern. Da kann man nichts machen. Das müssten die betroffenen Völker schon alleine in die Hand nehmen. Putsch, Aufstand, Revolution – der Krug geht eben so lange zum Brunnen bis er bricht. Ob es danach aber besser wird, steht in den Sternen.“

Was macht man nun aber mit einer Regierung, der man weiß Gott nicht nachsagen kann, denen ginge es um nichts anderes als um die eigene Bereicherung? Die kann man doch noch nicht einmal wegen Korruption aus dem Amt jagen.

Ja. Es ist schwierig.

Aber Honecker und seine Minister waren schließlich auch nicht der Korruption verdächtig. Das bisschen Biedermeier-Luxus in Wandlitz, das hat Annalena Baerbock doch schon in den ersten Monaten mit ihren Auslandsreiseflugmeilen überboten.

Unsere Brüder und Schwestern in der sowjetisch besetzten Zone, über deren Schicksal unsere Westpolitprofis so manche Krokodilsträne vergossen haben, auch noch als die SBZ längst DDR hieß, haben es nach fast vierzig Jahren doch mehrheitlich erkannt, dass die Verheißungen des Sozialismus einfach nicht eintreffen wollten, während sich die Nachteile hartnäckig  gehalten haben.

In der DDR war das ein langwieriger, schleichender Prozess, der sich von 1953, als die ersten wütenden Demonstrationen von sowjetischen Panzern – vier Jahre nach der Gründung der Republik – eingehegt wurden, bis 1989 hingezogen hat.

Ob 70 Jahre später noch einmal Panzer rollen werden,

  • wenn nach nur einem Jahr der grünen Ampel
  • statt den blühenden erneuerbaren Landschaften, statt kostenlosem Sonnenstrom in Hülle und Fülle,
  • die mit Durchhalteparolen angekündigten gesamtdeutschen Hungerspiele im Blackout-Winter inszeniert werden,
  • und wütende Demonstranten die Straßen überschwemmen, die ihre Freiheit und ihren Lebensstandard zurückerlangen wollen,

ist schwer zu sagen.

Es ist allerdings ziemlich sicher,  dass es, sollte es soweit kommen, nicht wieder russische Panzer sein werden.