Moria

Moria – meine ganz persönliche Meinung

Innerhalb der EU können die Angehörigen der einzelnen Mitgliedsstaaten ihren Aufenthalt frei bestimmen. Dies ist so beschlossen und vertraglich besiegelt, also Recht. Das akzeptiere ich, auch wenn es mir nicht gefällt. Unter anderem gefällt es mir deshalb nicht, weil es alleine die in Deutschland seither legal arbeitenden Osteuropäer der Wirtschaft möglich gemacht haben, schätzungsweise eine Million Deutsche arbeitslos zu machen.

Im Verhältnis zwischen der EU und den übrigen Staaten dieser Welt gibt es keine entsprechende Vereinbarung. Wer in die EU einreisen oder sich in der EU niederlassen will, braucht, um die Außengrenzen der EU zu überschreiten,  eine Erlaubnis. Das ist völkerrechtlicher Standard und absolut nicht zu beanstanden.  

Allerdings hat sich die EU, wenn auch keinesfalls einstimmig, darum bemüht, Regelungen zu erlassen, mit denen das Verhalten gegenüber „Flüchtlingen“ in Bezug auf die Gewährung von Asyl, bzw. in Bezug auf die dauerhafte oder zeitlich begrenzte Gewährung von Schutz einheitlich festgelegt werden sollte. Diese innerhalb der EU umstrittenen Regelungen werden von einem Mitgliedsstaat, nämlich Deutschland, sehr ernst genommen, von wenigen weiteren Mitgliedsstaaten, vor allem Frankreich, mit hochgehalten, jedoch in einem weiten Bereich sehr dehnbar interpretiert. Andere Mitgliedsstaaten, insbesondere die osteuropäischen, lehnen diese Regelungen rundweg ab, boykottieren bestehende Regeln und blockieren die Verabschiedung der noch erforderlichen.

Doch selbst wenn über den Umgang mit Flüchtlingen Einigkeit herrschte, wäre dies für ein problemloses, reguläres Vorgehen so lange  vollkommen untauglich, wie die notwendige Voraussetzung, nämlich die Kontrolle der Außengrenzen, die durchaus möglich wäre, nicht gewährleistet wird.

 

Das ist die vollkommen unbefriedigende Faktenlage auf der Seite der EU, wie sie, vollkommen unabhängig davon, ob nun Flüchtlinge, Schutzsuchende und Asylbewerber an die Türen der EU klopfen oder nicht, zum weiteren Verständnis beschrieben werden muss.

 

Wie auch immer sich die Kenntnis dieser Faktenlage unter den Menschen außerhalb der EU verbreitet, ob es sich nur um Mund zu Mund Propaganda handelt, ob die Soros-NGOs das ihre dazu tun, ob Schlepper sie als nützliche Werbung für ihre Dienstleistungen verwenden: Als Botschaft in den Herkunftsländern, die von Pakistan bis in die Staaten der Subsahara reichen, kommt an:

Die EU ist das Schlaraffenland, und die Türen der EU sind weit genug offen, um hineinzukommen.

 

Die Situation ist vergleichbar mit der Situation an der Grenze zwischen Mexiko und den USA, mit dem nicht zu unterschätzenden Unterschied, dass Südamerikaner, die über Mexiko in die USA strömen, dort nicht mit offenen Armen empfangen und mit Wohnungen und Sozialleistungen versorgt werden, sondern als Illegale versuchen müssen, auf eigene Faust ihr Stück vom Kuchen abzubekommen. Obwohl an der Grenze jeden Monat Zehntausende gefasst und festgenommen werden (alleine im Juli 2020 wurden 40.746 illegale Einwanderer gefasst), reißt der Strom nicht ab – und niemand weiß, wie vielen es gelingt, unbehelligt von den Grenzschutztruppen ins gelobte Land zu gelangen.

Sowohl an der Grenze zwischen Mexiko und den USA als auch an den europäischen Außengrenzen ist das Motiv der Mehrzahl der Flüchtlinge die Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Situation. Politisch Verfolgte, im Sinne unseres im Grundgesetz verbrieften Asylrechtes, befinden sich – hier wie da – kaum darunter, während die Anzahl der Kriegsflüchtlinge an den EU-Grenzen etwas größer sein dürfte als an den Grenzen der USA.

Niemand, nicht einmal ein Ordensbruder, der ein Armutsgelübde abgelegt hat, kann in dem Wunsch anderer Menschen, ihre Lebenssituation zu verbessern, ernsthaft etwas Verwerfliches erkennen wollen. Auch darin, eine sich bietende Gelegenheit zu nutzen, die

– wie es die Berichte (und die Überweisungen) jener zeigen, die es schon gewagt haben –

letztlich zu einem glücklichen Ausgang führt, liegt, trotz der Illegalität des Handelns, die aber nicht sanktioniert, sondern großzügig toleriert wird, nichts Verwerfliches.

 

Was ist nun mit Moria?

Moria ist, beziehungsweise war, ein Flüchtlingscamp auf der griechischen Insel Lesbos, die nur 15 Kilometer von der türkischen Küste entfernt im Prinzip der perfekte Landepunkt für alle ist, die bei kürzester Seereise EU-Gebiet erreichen wollen. Geplant als Durchgangsstation für 2.800 Personen, die dort für die Dauer  der Prüfung ihrer Asylanträge untergebracht werden sollten, beherbergte Moria zuletzt über 12.000 Menschen. Ob von Anfang an die Kapazität der dort arbeitenden griechischen Behörden für einen Durchsatz von 2.800 Personen zu gering war, so dass mehr Flüchtlinge nachkamen als das Camp verlassen konnten, oder ob der Zustrom von Flüchtlingen die eigentlich richtig bemessene Kapazität überfordert hat, spielt für das Ergebnis keine Rolle. Mit der Zahl der dort lebenden Flüchtlinge verlängerte sich automatisch die Wartezeit auf die Bearbeitung der Anträge und damit die Verweilzeit in einem Lager, in dem, wegen der katastrophalen Überbelegung, kaum vorstellbare, unerträgliche Zustände herrschten.

Herr über den Zustrom ist allerdings die Türkei, mit der die EU auf Betreiben von Angela Merkel ein Abkommen geschlossen hat, das vorsah, illegale Flüchtlinge, die über die Türkei in die EU eingereist sind, wieder in die Türkei abzuschieben und stattdessen ganz offiziell und regulär von der Türkei andere Flüchtlinge aufzunehmen. Mit der Zahlung mehrerer Milliarden Euro an die Türkei sollte dabei sichergestellt werden, dass der türkische Grenzschutz illegale Ausreisen in Richtung EU unterbindet – und mit der Rücküberstellung der Illegalen an die Türkei sollte erreicht werden, dass der Versuch, illegal über die Türkei auf griechische Inseln zu gelangen, von den Flüchtlingen als wenig erfolgversprechend angesehen würde.  

Nun, Papier ist geduldig, und Verträge können unterschiedlich interpretiert werden, Fakt ist: Die Türkei setzt die Flüchtlinge nach Belieben ein, um Druck auf die EU auszuüben und immer wieder daran zu erinnern, dass man noch gut eine Million Menschen unter türkischer Obhut hat, die alles daran setzen würden, nach Europa zu gelangen, wenn es denn von den aufmerksamen türkischen Grenzschützern nicht verhindert würde. Dieses Spiel Erdogans zeigt durchaus eine Wirkung auf Lesbos, denn wenn Erdogan seine Zusagen einhalten würde, hätten sich im  Camp Moria allenfalls ein paar Hundert Flüchtlinge aufgehalten, aber niemals 13.000.

Auf der anderen Seite war natürlich, wenn das Bild erlaubt ist, nicht nur der Zulauf zu weit offen, sondern auch der Abfluss verstopft. Die Debatte darüber, wie die Flüchtlinge, die von Marokko aus in Spanien, von Libyen aus in Italien und von der Türkei aus in Griechenland anlanden, innerhalb der EU auf die einzelnen Staaten verteilt werden sollen, bleibt seit Jahren ebenso ergebnislos, wie unerbittlich daran festgehalten wird, es käme nur eine EU-Gesamtlösung überhaupt infrage, denn Alleingänge würden an der schon bestehenden, asymmetrischen Belastung der Mitgliedsstaaten nichts ändern.

So lange also die EU keinen Verteilungsschlüssel gefunden hat, hat Griechenland keinen Anlass, die in Lesbos untergebrachten Flüchtlinge aufs Festland zu verbringen, weil es dann nämlich so lange „griechische“ Flüchtlinge wären, bis Orban die Balkanroute wieder öffnet, so dass sie nach Norden weiterziehen könnten. Damit ist aber eher nicht zu rechnen, solange Ungarn nicht zugesichert wird, keine Flüchtlinge aufnehmen zu müssen, was aber auch nicht möglich ist, weil dann sofort mindestens fünf weitere Mitgliedsstaaten fordern würden, ebenfalls mit null Flüchtlingen im Verteilungsschlüssel zu stehen, was – so es denn sechs von 27 Staaten zugestanden würde, noch einmal zu einem Aufstand innerhalb der EU führen würde.

 

Nun haben die Flüchtlinge das Lager Moria in Brand gesteckt, die Feuerwehr am Löschen gehindert und den Versuch, ein neues Lager zu errichten, von Anfang an sabotiert. Die wollen da raus, und auch das ist absolut verständlich, denn Sie und ich würden ebenfalls nichts anderes wollen, als diese unwirtliche Stätte zu verlassen und endlich dem ersehnten Ziel näherzukommen, für das die meisten nicht nur große Strapazen auf sich genommen, sondern auch viel Geld an ihre Helfer bezahlt haben.

Weil die EU sich aber weiterhin nicht einigen kann, weil zudem „zu Recht!“ befürchtet wird, mit der unbürokratischen Aufnahme der Moria-Flüchtlinge das Signal zu setzen: „Brandstiftung lohnt sich!“, haben diese 12.400 jetzt nicht einmal mehr eine Zeltplane über dem Kopf und müssen froh sein, überhaupt noch an Trinkwasser und Essen zu kommen.

Die Frage zu stellen, ob es „Moria“ so überhaupt gegeben hätte, wenn Angela Merkel 2015 anders, besonnener, verantwortlicher gehandelt hätte, ist interessant, und ich würde sie mit nein beantworten, aber sie heute zu stellen ist müßig, weil jedes „Hätte, hätte, Fahrradkette“ nur helfen kann, zukünftiges Handeln zu optimieren, aber nichts dazu beiträgt, den im Dreck steckenden Karren wieder auf die Straße zu bringen.

Also betrachten wir die heute offen stehenden Handlungsoptionen:

A ) Weiter so!

„Weiter so“ würde dazu führen, dass wie 2015 die humanitäre Notlage ausgerufen wird und sich der Großteil der 12.400 über kurz oder lang in deutschen Erstaufnahmeeinrichtungen wiederfindet, während in Lesbos ein neues Camp für fünftausend Flüchtlinge errichtet wird, in dem sich dann schnell 25.000 Flüchtlinge drängen, bis die Lage wieder so explosiv ist, wie sie es gerade eben war.

„Weiter so“ würde dazu führen, dass die Verhandlungen der EU-Mitgliedsstaaten über weitere Jahre ergebnislos am Verteilungsschlüssel scheitern, während der Migrantenanteil an den Bevölkerungen stetig wächst, was nicht nur dem Familiennachzug und der Geburtenrate der Zuwanderer geschuldet ist, sondern auch der Tatsache, dass die Grenzen der EU auch weiterhin nicht ausreichend kontrolliert werden, weil eben nicht nur die so genannte „Flüchtlingsindustrie“ auf Nachschub angewiesen ist, sondern vor allem, weil der politische Wille, dem UN-Migrationspakt zu folgen, stark genug ist, um den glühenden Anhängern Kalergis, zu denen unter anderen auch Wolfgang Schäuble gehört, zu ermöglichen, ihren Traum von der leicht lenkbaren, hellbraunen europäischen Mischrasse weiter zu träumen. Jedenfalls solange, wie die heiß ersehnte Zuwanderung noch soweit in Grenzen gehalten wird, dass die autochthone Bevölkerung nicht auf die Barrikaden geht.

Es ist dies die schlechteste Lösung, aber in meinen Augen die wahrscheinlichste. Zu einem größeren Schritt fehlt dem politischen System in den führenden Nationen der EU, selbst wenn der Wille dazu vorhanden wäre, längst die Kraft.

 

B) Die Grenzen auf – sie sind sowieso nicht zu halten

Der Gedanke, Fluchtwillige in ihren Herkunftsländern abzuholen und kostenlos mit sicheren Verkehrsmitteln in die EU zu bringen, musste ja nicht von mir entwickelt werden. Weite Teile der linksorientierten Politiker, Meinungsmacher und Aktivisten träumen schon lange davon, das Elend auf der Welt auf diese Weise zu heilen.

Statt semipermeabler Grenzen, die durch osmotischen Druck nur allmählich überwunden werden können, hätten wir gar keine Grenzen mehr und einen sehr plötzlich einsetzenden, vollständigen Niveauausgleich, bis die EU in Bezug auf Wohlstand und Lebensstandard auf den Level des letzten, noch darunter liegenden Armutsstaates heruntergekommen wäre. Theoretisch.

Praktisch müsste die EU vermutlich innerhalb von maximal 24 Monaten wegen Überfüllung geschlossen werden, weil es sich gar nicht schnell genug herumsprechen könnte, dass die EU platt ist, als dass nicht noch immer „Goldgräber“ nachströmen würden. Sie kennen den Roman „El Dorado“? Dort ist alles beschrieben. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass sich bei offenen EU-Grenzen daran etwas grundlegend ändern würde.

Das ist die zweitbeste Lösung. Denn der damit verbundene, dramatische Lerneffekt bei der noch herrschenden Überzahl von Gesinnungsethikern würde den Übergang zur besten Lösung schon lange vor dem tatsächlichen Eintreten der Überfüllung erzwingen. Denn auch den Gesinnungsethikern ist das Hemd näher als die Hose, jedenfalls dann, wenn sie die Folgen ihrer Haltung selbst und direkt zu spüren bekommen, was zumindest deren prominente Vordenker bislang geschickt vermeiden können.

 

C) Grenzen zu – aber: Politisch Verfolgte genießen Asyl

Das ist die beste Lösung. Dass wir uns so weit davon entfernt haben, ist nur dann nachzuvollziehen, wenn man konzediert, dass nicht nur der Masse der Menschen die notwendige Schärfe des Denkens fehlt, sondern, dass dieses Merkmal auch unter der Mehrheit der politisch Verantwortlichen nicht mehr anzutreffen ist.

Denn Folgendes ist klar:

  • Es gibt eine Sogwirkung, die sich mit jedem, der sich glücklich preist, in der EU angekommen zu sein, verstärkt. Wer dies bestreitet, hat entweder keine Ahnung oder verborgene Absichten.
  • Kein einzelnes Land der EU (auch die EU insgesamt nicht) ist in der Lage, allen Menschen, denen es schlechter geht als den EU-Bürgern, eine neue Heimat zu bieten. Dazu fehlt es an Raum, ganz zu schweigen von Wohnraum, es fehlt an Arbeitsgelegenheiten, es fehlt an den Möglichkeiten der Energie-Erzeugung und es fehlt vor allem auch an Wasser.
  • Wenn Zuwanderung aus demografischen Gründen tatsächlich erforderlich sein sollte, was ich bestreite, gilt doch auch dann: Ohne die Definition einer Obergrenze kann eine kontrollierte Zuwanderung weder geplant, noch administriert werden.

 

Die Menschen in Moria tun mir leid. Natürlich haben sie sich selbst in diese Situation gebracht,  aber man darf davon ausgehen, dass sie mit diesem Empfang und dieser Behandlung weniger gerechnet haben als mit der Möglichkeit, im Mittelmeer zu ertrinken – auch wenn nur 15 Kilometer Wasser zwischen der Türkei und Lesbos liegen.

Also holt sie dort weg.

Bringt sie in Sicherheit, bringt sie meinetwegen alle nach Deutschland, da haben die gutmeinenden Bürgermeister schon recht, die 13.000 schaffen wir auch noch.

Aber wirklich gutheißen kann ich das nur unter einer Bedingung:

Gleich nächste Woche werden an allen deutschen Grenzen alle einreisenden Personen kontrolliert – und nur wer Deutscher oder Staatsbürger eines EU-Staates ist, oder als Ausländer ein Anrecht auf Asyl oder subsidiären Schutz hat, wird eingelassen.

Alles andere ist nicht mehr die beste Lösung „C“, sondern nur ein jämmerliches „Weiter so“ oder der Versuch, aus dem Chaos des Totalversagens die Kraft zu finden, wieder vernünftig zu werden.