Tausend Milliarden für das Grundeinkommen – gar kein Problem?

Der schöne Traum, im Geld zu baden …

 PaD 2 /2024 – Hier auch als PDF verfügbar: Pad 2 2024 1000 Milliarden fürs Grundeinkommen

Die ZEIT hat sich darin gefallen, den Öko-Nomen Marcel Fratzscher ein Märchen aus dem Zauberwald erzählen zu lassen. Am 5. Januar konnte man da die fette Überschrift lesen:

Das Grundeinkommen ist finanzierbar

Da fragt sich doch nicht nur ein Simplicius Simplicissimus, weshalb es für unsere ampelierende Regierung so ein harter Schlag ins Kontor gewesen sein soll, wenn das Verfassungsgericht ihr doch nur den Zugriff auf 60 Milliarden aus dem Coronafonds verboten hat, aber gleichzeitig die Beschaffung von alljährlich 1.100 Milliarden Euro – gemäß einer Studie des DIW, dessen Chef zufälligerweise auch Marcel Fratzscher heißt – ein durchaus lösbares Finanzierungsproblem darstellen soll.

Aber der Reihe nach: 

Bedingungsloses Grundeinkommen ist finanzierbar

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung, DIW, hat im Auftrag des Vereins „Mein Grundeinkommen e.V.“ ein Forschungsprojekt aufgesetzt, mit dem Titel:

„Situationsanalysen zur Finanzierbarkeit
des bedingungslosen Grundeinkommens“

Die Autoren der Studie, Stefan Bach und Mark Hamburg kommen zu dem Ergebnis, ein existenzsicherndes, bedingungsloses Grundeinkommen von 1.200 Euro für alle Erwachsene und 600 Euro für alle Kinder und Jugendlichen bis 18 Jahren sei finanzierbar.

Weil ich das seit etwa 15 Jahren immer wieder vehement bestreite, kann ich das nicht so stehen lassen. Also habe ich dieses „Konzept“ in seine Einzelteile zerlegt, um herauszufinden, worin diesmal der Zaubertrick besteht, mit dessen Hilfe man das staunende Publikum hinter die Fichte führt.

Um Sie nicht gleich zu Beginn mit den Details zu konfrontieren, gebe ich Ihnen vorab eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse.

 

Zusammenfassung

Das von Bach und Hamburg aufgezeigte Prinzip der Finanzierung des BGE ähnelt dem, was vor vielen Jahren von einer Arbeitsgruppe der Partei „Die LINKE“ vorgeschlagen wurde, aber nie ins offizielle Programm aufgenommen wurde, nämlich eine geradezu umstürzlerischen Reform der Besteuerung des Einkommens durchzuführen und von den dabei theoretisch zu erwartenden Mehreinnahmen das BGE zu finanzieren.

Dazu habe ich auch schon damals gesagt: So wäre ein BGE finanzierbar, vorausgesetzt, die gut verdienenden Leistungsträger und die Führungskräfte und Unternehmenseigner mit Spitzeneinkommen spielen mit.

Die wichtigsten materiellen Auswirkungen sehen so aus:

  • Bürgergeldempfänger gehen leer aus.

Für die Empfänger von Bürgergeld ohne eigenes Einkommen ändert sich am verfügbaren Einkommen nichts.

  • Bezieher geringfügiger Einkommen stellen sich besser.

Wer zum Grundeinkommen wenig hinzuverdient wird durch das BGE stark  begünstigt (bis zu 36 % mehr Netto). Der Zuwachs an Netto-Einkommen nimmt mit zunehmendem Brutto jedoch schnell ab und endet für den Alleinstehenden bei etwa 3.000 Euro brutto (entspricht rund 19 Euro pro Stunde).

  • Kinderlose Paare mit einem Einkommen sind die Gewinner

Die nicht berufstätige Frau im kinderlosen Haushalt ist der Joker im BGE-Umverteilungs-Poker. Diese Gemeinschaften profitieren bis zu einem  Haushaltseinkommen von 4.000 Euro noch vom Bürgergeld. Höhere Brutto-Einkommen Einkommen führen allerdings auch hier schnell zum Sinken des Netto-Einkommens.

  • Zwischen welchen Gruppen wird umverteilt?

Der Hauptteil der Umverteilung  von jährlich 1,1 Billionen Euro, findet im Bereich der lohnsteuerpflichtigen Konsumenten statt. Hier soll die Lohnsteuer rund 600 Milliarden zusätzlich abwerfen. Weitere 100 Milliarden sollen durch den Wegfall bisher steuerfinanzierter Transferleistungen kompensiert werden. Noch einmal 100 Milliarden werden aus der Ausweitung der Mehrwertsteuerpflicht und einer massiven Anhebung der CO2-Besteuerung eingefahren werden.

200 Milliarden erhofft man sich aus der Anhebung der MwSt.-Sätze auf 35 bzw. 23 (ermäßigter Satz) Prozent.

Dies alles trifft nahezu vollständig die lohnsteuerpflichtigen Konsumenten.

Nur die letzten 100 Milliarden werden aus der „echten“ Einkommensteuer und (vermutlich) der Körperschaftssteuer erwartet, sollen also von den wahrhaft Einkommensstarken übernommen werden.

 

Die Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft

Zu den Auswirkungen auf die Wirtschaft sagt die Studie ausdrücklich nichts aus.

Zu erwarten ist jedoch:

  • dass der Anreiz für bisherige Bürgergeldempfänger, eine (schlecht bezahlte) Arbeit aufzunehmen, wächst. Ob es die Jobs im Niedriglohnbereich aber überhaupt gibt, ist fraglich,
  • dass in Partnerschaften mit zwei Berufstätigen, der niedriger Bezahlte seinen Job aufgibt, weil davon zu wenig übrigbleibt,
  • dass Facharbeiter und hochqualifizierte Arbeitskräfte schon ab Brutto-Einkommen im Bereich ab 4.000 bis 5.000 Euro Auswanderungsgedanken entwickeln,
  • dass der unternehmerische Mittelstand nach Wegen suchen wird, sein Geld im Ausland zu verdienen und zu versteuern,
  • dass das mittlere und obere Management der Großunternehmen massive Gehaltserhöhungen fordern und erhalten wird,
  • dass insgesamt die Deindustrialisierung beschleunigt wird, gutbezahlte Arbeitsplätze durch Abwanderung verloren gehen und damit die Finanzierbarkeit des BGE nicht mehr gewährleistet ist.

 

Außerdem:

  • Sollten zur Deckung der letzten 200 Milliarden die Mehrwertsteuer-sätze um 16 Prozent erhöht werden, mindert das die Kaufkraft der bisherigen Bürgergeldempfänger massiv. Von den 563 Euro, die theoretisch neben Miete und Heizkosten im BGE enthalten sind, bleiben nur noch 473 Euro übrig.
  • Für die Beschäftigten im Niedriglohnbereich schrumpft der Vorteil durch das BGE und endet für den Single nicht mehr bei 3.000 Euro brutto, sondern schon bei 2.300 bis 2.500 Euro.

 

Im Detail:

Wie soll das BGE finanziert werden?

Der Aufwand

Als Aufwand geben die Autoren eine Summe von jährlich 1,1 Billionen Euro an. Bei ungefähr 84 Millionen „Bürgern“ ergibt das einen Zahlbetrag von durchschnittlich 1090 Euro, was mit den 1200, bzw. 600 Euro Anspruch für Erwachsene und Kinder einigermaßen zusammenpasst.

Die Finanzierung

Das BGE soll bestimmte bestehende Sozialleistungen ersetzen. Mit dem Wegfall von Bürgergeld, Kinderzuschlag, Sozialhilfe, Wohngeld, Unterhaltsvorschuss, Elterngeld und BAFöG sollen bisher steuerfinanzierte Leistungen in der Größenordnung von 100 Milliarden Euro entfallen, so dass die Finanzierungslücke auf glatt eine Billion Euro zusammenschrumpft.

Dies kann so akzeptiert werden, weil die Zahlbeträge des BGE die bisher gewährten Leistungen in den meisten Fällen ersetzen werden.

Zur Finanzierung der fehlenden Billion  wird ein bunter Strauß von Steuererhöhungen vorgeschlagen. Wesentliches Element soll dabei die Einkommensteuer sein, mit einem Satz von 50 Prozent ab dem ersten Cent selbst erworbenen Einkommens, egal aus welcher Quelle. Werbungskosten sollen nicht mehr steuerlich geltend gemacht werden können. Die CO2-Steuer soll auf 250 Euro pro Tonne angehoben werden. Der ermäßigte Satz der MwSt. soll nur noch für Nahrungsmittel und den ÖPNV in Ansatz gebracht werden.

Auf Basis der Daten des Sozio-oekonomischen Panels wurden die Auswirkungen dieser Maßnahmen für das Jahr 2022 ermittelt. Diese Zahlen will ich zunächst einmal glauben.

 

700 Milliarden Euro werden aus der neuen Einkommensteuer zusätzlich zum bisherigen Aufkommen erwartet
  63 Milliarden Euro sollen aus der massiven Erhöhung der CO2-Steuer und der Abschaffung von MwSt.-Vergünstigungen generiert werden.
  37 Milliarden Euro werden aus magischen Fernwirkungen auf das Aufkommen anderer indirekter Steuern erwartet
200 Milliarden Euro bleiben im ersten Anlauf ungedeckt.

 

Es lohnt sich, hier noch einmal genauer hinzusehen.

Einkommensteuer

Die Verteilung des Steueraufkommens 2022 nach Steuerarten habe ich noch nirgends aufgefunden. Der Gesamtsteuerertrag 2022 (Bund, Länder und Gemeinden) lag jedoch bei 896 Milliarden Euro und damit um 63 Milliarden, bzw. 7,56 % höher als im Vorjahr. Diesen Steigerungssatz habe ich auf die Steuererträge von 2021 angewendet, die ich nach Steuerarten aufgeschlüsselt gefunden habe.

Die Einkommensteuer – zusammengesetzt aus der Lohnsteuer mit 218 Milliarden Euro, der veranlagten Einkommensteuer mit 72 Milliarden, nicht veranlagten Steuern vom Ertrag mit 27 Milliarden und die Körperschaftssteuer mit 42 Milliarden Euro – erbrachte 2021 359 Milliarden Euro. 2022 dürften das dann (+7,56%) etwa 386 Milliarden Euro gewesen sein.

Wenn bei einem pauschalen Steuersatz von 50 Prozent 700 Milliarden mehr hereinkommen sollen, also in Summe 1.086 Milliarden, dann bedeutet das, dass die Besteuerung von Einkommen und Ertrag bisher nur 17,7 Prozent der Einkommen ausgemacht hat. Mit dem neuen Pauschal.-Satz von 50% verdreifacht sich die steuerliche Belastung der Einkommen.

Die 17,7 Prozent habe ich überprüft. Bezieht man die (hochgerechneten) 386 Milliarden Steueraufkommen aus Einkommen und Ertrag in 2022 auf das im gleichen Jahr verfügbare Einkommen der privaten Haushalte von 2,164 Billionen Euro, dann ergibt sich mit einer minimalen Abweichung eine durchschnittliche Steuerlast von 17,8 Prozent. Die Annahme ist also plausibel.

 

Am Rande bemerkt:

 

Betrachtet man nur die Lohnsteuer, steht den Bruttolöhnen- und Gehältern in Höhe von 1, 662 Billionen Euro ein Lohnsteueraufkommen von 218 Milliarden gegenüber. Hier liegt die Besteuerung des Einkommens nur bei 13,1 Prozent. Allerdings holt sich der Fiskus von diesem Personenkreis den Löwenanteil der Mehrwertsteuer und der übrigen Verbrauchssteuern, die 2022 insgesamt zu einem Steueraufkommen von rund 350 Milliarden Euro geführt haben dürften. Etwa 80 Prozent davon dürften nach meiner Schätzung auf den lohnsteuerpflichtigen Personenkreis entfallen sein, so dass hier bei den lohnsteuerpflichtigen Konsumenten eine effektive Steuerlast von glatt 30 Prozent erreicht worden sein dürfte.

 

 

Nach dieser Randbemerkung ist klar, dass die Lohnsteuer künftig ein Aufkommen von 830 Milliarden erbringen soll (50 Prozent, statt 13,1 Prozent), diese Mehreinnahmen von 610 Milliarden sichern bereits 61 Prozent der Finanzierung des BGE. Hinzu kommen 90 Milliarden aus der veranlagten Einkommens- und Körperschaftssteuer. Damit sind die 700 Milliarden der Studie belegt.

CO2-Steuer – MwSt. Vergünstigungen – Sonstige

Diese 100 Milliarden werden den Konsumenten als weitere Steuer aus der Tasche gezogen, bevor das BGE ausgeschüttet werden kann. Damit sind 800 Milliarden finanziert.

Die fehlenden 200 Milliarden

Immer noch fehlen 200 Milliarden Euro jährlich zur Finanzierung des Grundeinkommens. Hier soll dann entweder doch der Einkommensteuer-Satz auf 60,5 Prozent angehoben werden, was die Lücke schließen würde. Alternativ, heißt es, könnte auch die Mehrwertsteuer von 19 auf 35 Prozent (ermäßigter Satz dann 23 %) angehoben werden. Auch dies würde die Finanzierungslücke schließen.

Und jetzt kommt der Zaubertrick:

Es kämen alternativ natürlich auch weitere Steuererhöhungen und/oder Ausgabensenkungen in Betracht, die zwar angedeutet werden, auf deren Wirkungen jedoch nicht näher eingegangen wird, nur dass sie halt diese 200 Milliarden Lücke schließen müssten.

Mit diesem Zaubertrick soll aber – wie bei jedem Bühnenzauberer – nur vom Grundproblem abgelenkt werden. Indem der zahlende Zuschauer mit der Frage beschäftigt wird, wie denn die 200 Milliarden sonst noch beschafft werden könnten, kommt er gar nicht mehr dazu zu fragen, welchem Zweck das alles dienen soll.

Tatsächlich geht es  um 1,1 Billionen Euro jährlich, die in einer gigantischen Umverteilungsmaschine verschwinden und an anderer Stelle wieder zum Vorschein kommen sollen.

Die Frage, die sich an hier stellen müsste, lautet doch:

Warum?

Mit dem Bürgergeld, vordem Hartz IV, ist in Deutschland sichergestellt, dass jeder Bedürftige ein existenzsicherndes Grundeinkommen zur Verfügung hat. Dieses dürfte, unter Berücksichtigung der Kosten für Wohnen und Heizen und weiterer Vergünstigungen, im Mittel den Beträgen von 1.200 bzw. 600 Euro entsprechen, wie sie mit dem BGE quasi unverändert vorgesehen sind. Geringfügige Verschiebungen – im Sinne einer Gerechtigkeitslücke – dürften  sich hier zwischen jenen ergeben, deren Kosten für Wohnen und Heizen vergleichsweise niedrig sind, die mit der Pauschalisierung der Zahlungen etwas mehr Kaufkraft zur Verfügung haben würden, und jenen, die relativ hohe Kosten für Wohnen und Heizen zu tragen haben, deren Kaufkraft durch die Pauschalisierung geschmälert würde.  

 

Festgehalten werden muss:

Im Bereich der Transferleistungsempfänger ergeben sich durch das  Bürgergeld keine nennenswerten Veränderungen.

 

 

Für geringverdienende Alleinstehende mit Brutto-Einkommen bis 3.000 Euro ergeben sich Zuwächse im Netto-Einkommen.

 

Einkommen 800 1200 1500 1800
Steuer 0 0 -20 -70
Soz.Vers. -170 -250 -315 -380
netto 630 950 1165 1350
Aufstock. 570 250 35 0
Verfügbar 1200 1200 1200 1350
Mit BGE
Steuer -400 -600 -750 -900
Soz. Vers. -170 -250 -315 -380
BGE 1200 1200 1200 1200
Verfügbar 1430 1550 1635 1720
Veränderung + 19 % +29 % + 36 % + 27 %

 

Einkommen 2000 2250 2500 2750
Steuer -110 -160 -210 -260
Soz.Vers. -420 -470 -530 -580
netto 1470 1620 1760 1910
Aufstock. 0 0 0 0
Verfügbar 1470 1620 1760 1910
Mit BGE
Steuer -1000 -1125 -1250 -1375
Soz. Vers. -420 -470 -530 -580
BGE 1200 1200 1200 1200
Verfügbar 1780 1855 1920 1995
Veränderung + 21 % + 15 % + 9 % + 4 %

 

Einkommen 3000 3500 4000 4500
Steuer -320 -430 -560 -690
Soz.Vers. -630 -740 -840 -950
netto 2050 2330 2600 2860
Aufstock. 0 0 0 0
Verfügbar 2050 2330 2600 2860
Mit BGE
Steuer -1500 -1750 -2000 -2250
Soz. Vers. -630 -740 -840 -950
BGE 1200 1200 1200 1200
Verfügbar 2070 2210 2360 2500
Veränderung + 1 % – 5 % – 9 % – 13 %

 

Für Paare – welcher Art auch immer – sieht es besser aus. Selbst bei den Bürgergeldempfängern dürften sich hier schon Verbesserungen ergeben, wenn die angesetzten Einkommensbeträge als Haushaltseinkommen gesetzt werden.

 

Folgend die Auswirkungen ab Monatseinkommen 2.000 Euro, bezogen auf den Alleinverdiener mit Steuerklasse 3 im Haushalt.

Einkommen 2000 2250 2500 2750
Steuer -0 -0 -0 -25
Soz.Vers. -420 -470 -530 -580
netto 1580 1780 1970 2145
Aufstock. 0 0 0 0
Verfügbar 1580 1780 1970 2145
Mit BGE
Steuer -1000 -1125 -1250 -1375
Soz. Vers. -420 -470 -530 -580
BGE 2400 2400 2400 2400
Verfügbar 2980 3055 3120 3195
Veränderung + 89 % + 72 % + 58 % + 49 %
 

 

       
Einkommen 3000 3500 4000 4500
Steuer -60 -140 -240 -340
Soz.Vers. -630 -740 -840 -950
netto 2310 2620 2920 2210
Aufstock. 0 0 0 0
Verfügbar 2310 2620 2920 3210
Mit BGE
Steuer -1500 -1750 -2000 -2250
Soz. Vers. -630 -740 -840 -950
BGE 2400 2400 2400 2400
Verfügbar 3270 3410 3560 3700
Veränderung + 42 % + 30 % + 22 % + 15 %

Für Paare, die beide berufstätig sind, wird sich die Frage stellen, ob es nicht weitaus sinnvoller sei, auf das zweite Einkommen zu verzichten, weil dieses sowohl mit 50 Prozent Einkommensteuer als auch mit den Sozialabgaben belastet wird, so dass von 2000 Euro brutto nur 580 Euro übrigbleiben, was bei einer 40 Stunden-Woche einen  Nettoverdienst von weniger als 4 Euro bedeutet.

Erreicht das zweite Einkommen 4000 Euro brutto, so bleiben davon zwar noch 1.160 Euro übrig, also 7 Euro pro Stunde netto, aber wirklich Spaß macht das nicht mehr.

Allerdings geraten wir damit sowieso schon in den Bereich, in dem sich die Verhältnisse auch für Paare umkehren und das BGE zum Verlustgeschäft wird.

Die nachstehende Tabelle beginnt mit einem Haushaltseinkommen von 8.500 Euro (4500 + 4000)

 

Einkommen 8500
(4500+4000)
9000
(5000+4000)
10000
(6000+4000)
12000
(8000+4000)
Steuer -1410 -1580 -1940 -2720
Soz.Vers. -1790 -1890 -2020 -2180
netto 5300 5530 6040 7100
Aufstock. 0 0 0 0
Verfügbar 5300 5530 6040 7100
Mit BGE
Steuer -4250 -4500 -5000 -6000
Soz. Vers. -1790 -1890 -2020 -2180
BGE 2400 2400 2400 2400
Verfügbar 4860 5010 5380 6220
Veränderung       – 8 % – 9 % – 11 % – 12 %

 

Bei diesen Zahlen stellt sich die Frage nicht mehr, ob sich Arbeit neben dem Bürgergeld noch lohnt. Wenn bisher von 8.500 brutto 5.300 netto zur Verfügung standen, mit Bürgergeld aber nur noch 4.860 übrig bleiben, also gerade 1.160 Euro mehr als mit nur einem Einkommen von 4.500 Euro, ist der Anreiz zur Arbeitsaufnahme schon recht gering.

 

Die wirtschaftlichen Auswirkungen

Die DIW-Studie hat keine Aussagen zu den wirtschaftlichen Auswirkungen gemacht, wohl auch, weil entsprechender Auftrag nicht erteilt wurde. Es gibt also in dieser Beziehung keine Aussagen, denen widersprochen werden könnte.

 

Grundsätzlich

Kaufkraftumschichtungen, wie sie in diesem Modell zwischen Niedriglöhnern bis zu Brutto-Einkommen von 2.500 bis 3.000 Euro monatlich, und Besserverdienenden, ab ca. 3.000 bis 4.000 Euro monatlich, stattfinden sollen, werden im unteren Preissegment des Warenangebots einen Inflationsschub  auslösen, weil der steigenden Nachfrage – zumindest erst einmal – kein mengenmäßig ausreichendes Angebot gegenübersteht. Die m.E. alternativlose, gleichzeitige Anhebung der Mehrwertsteuer um 16 auf 35, bzw. 23 % wird diesen Inflationsschub noch verstärken.

Im höherpreisigen Segment wird sich hingegen eine Kaufkraftschwäche einstellen, die aufgrund der Kostensituation aber nicht auf breiter Front zu Preissenkungen führen kann, sondern sich in einer weiteren Beschleunigung des Insolvenzgeschehens, bzw. der Geschäftsaufgaben auswirken wird.

Für den – mit der Einführung eines BGE für Investoren noch weniger attraktiven – Standort Deutschland wird das zu einer Forcierung der Deindustrialisierung führen und insgesamt den Weg aus der Rezession zusätzlich erschweren.

Damit schwindet letztlich die Basis für die Erhebung der Einkommensteuer, so dass auch mit der pauschalen Belastung aller Einkünfte mit 50 Prozent Einkommensteuer die alleine daraus erhofften 700 Milliarden zur Finanzierung des BGE nicht mehr generiert werden können, obwohl die durch das BGE geförderte Inflation eine Erhöhung der BGE-Zahlungen erforderlich machen wird.

Spätestens an dieser Stelle der Überlegungen erweist sich das BGE als eine Sackgasse, aus der es – außer der Rückkehr zum bestehenden System – keinen Ausweg gibt.

Fazit

Das theoretisch finanzierbare BGE
entzieht sich mit seiner Realisierung
die vermeintliche Finanzierungbasis selbst.

 

Randbemerkung:

Vermutlich hat das DIW für die Erstellung dieser Studie einen niedrigen fünfstelligen Betrag in Rechnung gestellt. Der Versuch, auf der Webseite des Vereins Aussagen zu seinen Finanzierungsquellen zu finden, ist insofern fehlgeschlagen, als dort nur suggeriert wird, der Verein finanziere sich ausschließlich von Spenden natürlicher Personen.

Weiß jemand, ob – und in welchem Umfang – dem Verein „Mein Grundeinkommen“ öffentliche Fördermittel zufließen?

Es gibt nämlich aus dem Jahr 2021 eine Studie des wissenschaftlichen Beirats beim Finanzministerium, deren Lektüre die Beauftragung einer neuerlichen Studie des DIW meines Erachtens überflüssig gemacht hätte.