Gestern Abend habe ich eine Mail erhalten, die ich meinen Lesern nicht vorenthalten will.
Ein Landwirt,
der heute Morgen um halb sieben, als ich ihn fragen wollte, ob er der Veröffentlichung zustimmt, nicht ans Telefon kommen konnte, weil er – wie jeden Tag um diese Zeit – schon im Stall zugange war, hatte mir geschrieben. Beim Lesen habe ich mich erinnert. Ja. Das war so. Nur hatte ich das längst in den Tiefen meines Gedächtnisses vergraben. Gut, dass es auf diese Weise wieder zum Vorschein gekommen ist.
Kurz vor zwölf hatte ich ihn dann endlich selbst am Telefon. Dass ich seine Gedanken veröffentlichen will, freut ihn, dass er dabei lieber selbst anonym bleiben will, kann ich gut verstehen.
Aber, lesen Sie selbst. Eine Schilderung aus dem Wissen und aus der ganz und gar bewussten Sicht eines Landwirts:
Leider muß ich immer wieder feststellen, dass bei Berichten über die Landwirtschaft in allen Medien nur oberflächlich oder falsch berichtet wird.
Dies ist ein komplexes Thema, das über einen längeren Zeitraum betrachtet werden muss. Was jetzt seine Vollendung durchläuft, hat in den sechziger Jahren begonnen. Man muß sich bewusst sein, dass das Ziel der Agrarpolitik immer war, Dies ohne Widerstand seitens der sogenannten Verbraucher und Landwirte. Den sichtbaren Startschuss gab Mansholt, der in den Sechzigern das Mansholt-Dekret in der EU herausgab. Dies besagte kurzgesagt, dass nur Betriebe größer als 100 Hektar gefördert werden dürfen und überleben sollten. Es gab damals keine Hungersnot! Um dies zu beschleunigen, wurde Ende der Siebziger ein genialer Schachzug eingeführt. Die Erzeugerpreise wurden drastisch gesenkt, sodass die Herstellung nicht mehr kostendeckend war. Im Gegenzug führte man Flächenprämien ein. Das war der Anfang vom Ende der bäuerlichen Landwirtschaft. Hier hätte der Aufschrei hingehört. Aber die Funktionäre des DBV waren alles große Flächenbesitzer und hatten und haben ihre Posten in den Konzernen und Banken. Die einen wollten ihren Mist verkaufen, und die Banken wollten über Kredite an das Land. Der DBV hat damals wie heute seine Mitglieder auf die Schlachtbank geführt. Nun zu den Folgen.
Wenn man das eigentliche Ziel – wie oben erwähnt – immer vor Augen hat, ergibt sich aus dem ganzen Irrsinn ein Sinn. Das fruchtbare Ackerland wird inzwischen von Konzernen aufgekauft. Das Ziel ist ein Ernährungsmonopol. Eigentlich ist das Ziel bereits erreicht. Mehr als 95 Prozent der Betriebe sind überschuldet. Diese gehören schon den Konzernen. Siehe Bacon. Er sieht Hunger als die ultimative Unterdrückungswaffe. Nun noch einiges Wissenswertes:
Den momentanen Protest kann ich noch nicht einordnen. Warum der DBV die Landwirte auf die Straße getrieben hat, wird sich später herausstellen. Um die Situation der Landwirte geht es bestimmt nicht. Die meisten stehen mit dem Rücken an der Wand. Dies ist eher eine Verzweiflungstat. Ein System ändert man nicht. Die Würfel sind gefallen. Stirbt der Bauer, stirbt das Land. Ich bin selber Landwirt und beobachte die Entwicklung schon einige Zeit und erlebe den Irrsinn täglich selbst: Die Gängelungen durch Ämter und Kontrolleure, die niedrigen Erzeugerpreise. Trotzdem gibt es keinen erfüllenderen Beruf, als mit dem Lauf der Natur zu arbeiten. Menschen die diese Kraft und den Lebenswillen der Natur nie spüren werden, sind zu bemitleiden. Diese werden nie erfahren, was wichtig im Leben ist. |