Der Diesel-Irrsinn

Oft und oft habe ich aus dem Mund von Politikern (_*Innen eingeschlossen)  gehört, man habe nun verstanden. Das Volk allerdings habe noch nichts verstanden, weshalb es ihm nun noch einmal erklärt werden müsse.

Leider sind die neuerlichen Erklärungen, so sie denn überhaupt erfolgen, noch unverständlicher, so dass das Volk die Ohren verschließt und in Jahrtausenden geübter Manier mit dem Kriegsschrei: „Augen zu und durch!“, zuverlässig ausbadet, was ihm zuvor nicht ohne Tücke eingebrockt wurde.

So hat gestern nicht nur die SPD beschlossen, Hartz IV abschaffen zu wollen (Wie ich die SPD einschätze, wird die Abschaffung wohl ersatzlos und ohne Übergangsfristen erfolgen sollen), nein, unter der Moderation des Bundesverkehrtminsisters Scheuer wurde obendrein nach intensiver Suche beim Gieseldipfel etwas gefunden, was zwar ein ausgemachter Schmarrn ist, aber angeblich einen Kompromiss darstellt.

Auch bei diesem Kompromiss stellt sich die Frage, wie wohl die von Herrn Scheuer vertretene Ausgangsposition des dieselfahrenden Volkes ausgesehen haben mag, wo der Kompromiss doch exakt der Idealvorstellung der Automobilindustrie entspricht.

VW und Mercedes haben im Kompromiss nämlich zugesagt, den Haltern einiger älterer Modelle,

die ihre Fahrzeuge in einer jener 15 deutschen Stickoxid-Hochburgen zugelassen haben, die von der sich so nennenden „Deutschen Umwelthilfe“ verklagt wurden (oder noch verklagt werden werden), um die Errichtung von Fahrverbotszonen zu erzwingen,

bis zu 3.000 Euro zu bezahlen, damit diese zur Vermeidung von Bußgeldern wegen Missachtung der Fahrverbote eine Hardware-Nachrüstung vornehmen lassen könnten.

Der Haken dabei: Es gibt die Hardware, die nachgerüstet werden könnte, schlicht nicht, bzw. das, was es gibt, müsste erst noch zugelassen werden, um es einbauen zu können, und was die Hardware samt Werkstattkosten kosten würde, kann derzeit daher wohl nur bei Noe  Astro oder einem anderen Sterndeuter erfragt werden.

Als Fahrer, Halter und Eigentümer eines Anfang 2012 als Jahreswagen gekauften VW Passat, der ich dieses Fahrzeug ein paar Kilometer zu weit von München entfernt zugelassen habe, erleide ich zwar den gleichen Schaden wie alle anderen Betroffenen auch, doch steht mir nicht einmal die vollkommen unsinnige Nachrüstprämie zu, die letztlich sowieso nur als Schmerzensgeld gedacht ist, weil sie ausgezahlt werden soll, ohne dass tatsächlich auch nachgerüstet werden muss, weil gar nicht nachgerüstet werden kann.

Ich werde also – siehe oben – nach der Devise „Augen zu und durch“ meinen durch eine – auch in dieser Causa – unfähige Bundesregierung stark entwerteten Diesel weiterfahren und mich einen Dreck um Fahrverbote scheren, bis er mir unter dem Hintern zusammenbricht.

Volkswagen hat mir nämlich mit Schreiben vom 18.08.2016 mitgeteilt, dass nach dem seinerzeit erfolgten Software-Update „hinsichtlich Kraftstoffverbrauch, CO2-Emissionen, Motorleistung und Drehmoment sowie Fahrzeugakustik keine Verschlechterungen verbunden sind und alle typgenehmigungsrelevanten Fahrzeugwerte unverändert Bestand haben.“

Das kann doch nur bedeuten, dass mein Passat seit zwei Jahren technisch exakt so ist, wie er genehmigt wurde und folglich auf allen deutschen Straßen fahren darf. Ich weiß nicht genau wie viele Fahrzeuge insgesamt inzwischen ein Software-Update erhalten haben, aber ZEIT ONLINE schrieb dazu im März 2018: „… in Europa und im Rest der Welt (ohne USA) wurde den betroffenen Motoren zumeist eine neue Software aufgespielt, teils auch Hardwareteile ergänzt oder ausgetauscht. Damit ist man zu rund 90 Prozent fertig, der Rest soll in diesem Jahr noch abgearbeitet sein.“

Weiter schreibt ZEIT ONLINE im gleichen Artikel: „So sehr sich VW jetzt um Wiedergutmachung bemüht und so gigantisch der Aufwand dafür auch ist: Offen bleibt die Frage, warum man nicht schon vorher die Software so programmiert hat, dass die Stickoxidemissionen stets unter dem Grenzwert blieben.“

 

Ich nehme an, genau hier rührt die ZEIT an des Pudels Kern:

Die NOx-Messwerte in einigen Städten und die so genannte „Schummel-Software“ der Automobilkonzerne haben im Grunde gar nichts miteinander zu tun.

Denn es stellt sich nun offenbar heraus, dass die Einführung der so genannten Euro-Normen und die Festlegung von NOx Grenzwerten nicht so aufeinander abgestimmt waren, dass Konflikte in dem Ausmaß, wie wir es heute erleben, ausgeschlossen werden konnten.

So etwas nennt man gemeinhin „grob fahrlässig“ – und grobe Fahrlässigkeit ist vom Vorsatz in der Regel nur mit Hilfe eines sehr guten Anwalts zu unterscheiden.

Wenn jetzt Fahrverbote für EURO 4 und 5 Diesel verhängt werden, und bald wohl auch für Fahrzeuge nach der EURO 6 Norm, obwohl fast alle inzwischen von der Schummelsoftware befreit sind und ihre NOx-Emissionen unter den Grenzwerten bleiben, dann ist nicht die Industrie dafür verantwortlich zu machen, dass die auch aus dem Abmahngeschäft wohlbekannte Umwelthilfe Fahrverbote erklagt, sondern ausschließlich die Unfähigkeit und/oder Fahrlässigkeit des Gesetzgebers.

An dieser Stelle weiterzudenken verpflichtet automatisch zum Tragen eines Aluhutes, damit unbescholtene Zeitgenossen gewarnt sind, den Verschwörungstheoretikern nicht auf den Leim zu gehen.

Der Denkaufwand, der benötigt wird, um festzustellen, dass der ganze Dieselskandal auf der deutschen Seite der Weltkugel nichts anderes ist als wieder einmal ein gigantisches Konjunkturprogramm, wie auch die so genannte „Energiewende“ nichts anderes war und ist als ein gigantisches Konjunkturprogramm, bleibt allerdings deutlich unter dem Schwellenwert für eine echte Verschwörungstheorie. Es liegt sozusagen klar auf der Hand.*)

Weshalb ich nicht nur meinen Diesel weiterfahren werde, so lange es geht, sondern mir  auch keinen Aluhut aufsetzen werde.

 

*) angeblich alter DDR-Witz, vorzutragen mit Ulbricht-Fistelstimme:

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