Visagen und Visagisten

Es gilt unter seriösen Journalisten die ungeschriebene Regel, dass körperliche Eigenschaften oder äußerliche Eigenheiten von Politikern, Wirtschaftskapitänen, Kirchenfürsten, etc., nicht instrumentalisiert werden. Diese Regel wird bei der Flitter-Prominenz aus Film und Fernsehen und auf den Laufstegen nicht ganz so ernst genommen, zumal die Selbstvermarkter ihres Äußeren es immer wieder geradezu darauf anlegen, mit der überstandenen Schönheits-OP, dem sich aufblähenden Baby-Bauch oder dem inszenierten Busenblitzer in die Schlagzeilen zu gelangen.

Wer meine Aufsätze schon länger liest, weiß, dass ich mich in dieser Beziehung sehr bemühe, und dass es mir bis auf wenige Ausreißer auch gelungen ist, mich auf Worte und Taten zu konzentrieren und das Aussehen, auch wenn es manchmal heftig in den Fingern juckt, außen vor zu lassen. Das soll auch so bleiben, obwohl mich die Informationen über das teuer eingekaufte Aufhübschen der Gesichter so mancher Bundespolitiker, die Kosten für Farb- und Stilberatung und die ausufernde Beschäftigung von „Hoffotografen“ doch ziemlich in Rage versetzt haben.

Es war wohl zuerst die BILD, die darüber berichtet hat, was die Bundesregierung auf eine Anfrage der AfD preisgegeben hat. Hier die Bundestagsdrucksache mit der Antwort der Bundesregierung.

Inzwischen sind die Zahlen durch den Blätterwald rauf und runter gezogen worden, aber dass das eine nennenswerte Empörung in der Bevölkerung ausgelöst hätte, ist nicht zu erkennen.

Ich bin empört.

Ich bin ganz grundsätzlich empört, dass jene Frau, die – trotz ausgesprochen ungünstiger persönlicher Voraussetzungen – den Sprung vom Trampolin auf den Chefsessel des Auswärtigen Amtes geschafft hat, alleine im letzten Jahr 136.552,50 Euro für ihre persönliche Maskenbildnerin und weitere 178.764,66 Euro dafür ausgegeben hat, dass sie von professionellen Fotografen stets, mit der Schokoladenseite voran, ins rechte Licht gesetzt wurde.

Die Empörung bliebe mir selbst dann noch erhalten, wenn Frau Baerbock diesen Aufwand – und das sind 2022 kalendertäglich 863,88 Euro gewesen, 72 % mehr als das, was der Staat 2023 pro Monat für einen Bürgergeldempfänger übrig hat – aus ihrer eigenen Tasche bezahlen würde. Es ist ja nicht nur die Tatsache, dass dafür – ungefragt – der Steuerzahler in Anspruch genommen wird, es handelt sich doch dabei um so etwas, wie die Vorspiegelung falscher Tatsachen, um die professionelle Fahrzeugaufbereitung in der Werkstatt des Gebrauchtwagenhändlers, und ich stelle mir ernsthaft die Frage,  ob diese Frau ohne Maske und Starfotograf wohl wirklich einen so verheerenden optischen Eindruck beim nationalen und internationalen Publikum hinterlassen würde, dass diese täglichen 863 Euro dadurch gerechtfertigt werden könnten.

Ich verlinke unten auf einige Fotos, die als Hinweis dafür dienen können, dass der Unterschied so groß nun auch wieder nicht ist.

Ich frage mich andererseits, wann dieses Gehabe, sich auf Staatskosten aufhübschen zu lassen, begonnen haben mag. Ob Konrad Adenauer sich noch selbst mit dem eigenen Kamm die Frisur gerichtet hat, oder auch schon täglich mehrmals die Dienste eines Coiffeurs in Anspruch genommen haben mag, ob Helmut Schmidts Prinz Heinrich Mütze schon immer bei ihm zur Garderobe gehörte, oder ob sie dem mit 10.000 DM honorierten Rat eines Stilberaters entsprungen sein mag, ob Helmut Kohl mit einem privaten Maskenbildner durch die Lande zog, oder ob es ihm genügte, wenn ihm der Maskenbildner des Fernsehstudios vor dem Auftritt vor der  Kamera einmal mit der Puderquaste übers Gesicht gestrichen hat.

Die oben verlinkte Antwort der Bundesregierung weist nach, dass es diese Ausgabenposten quer durch alle Ministerien schon seit mindestens 10 Jahren gibt. Vorher wohl auch, doch die entsprechenden Belege unterliegen nicht mehr der Aufbewahrungsfrist und sind daher auch nicht mehr auffindbar.

Die Antwort der Bundesregierung lässt aber auch erkennen, dass die „Zukunftskoalition“ schon in ihrem ersten Jahr auch in dieser Disziplin alle vorherigen Regierungen deutlich übertroffen hat, auch wenn es ganz erhebliche Unterschiede zwischen den Ressorts gegeben hat (Baerbock:Lindner > 100:1).

Ich frage mich, ob es da nicht irgendwo eine Obergrenze geben sollte. Ich frage mich, wer diese Ausgaben genehmigt. Ich frage mich, ob diese kostenlos zur Verfügung gestellten Leistungen des Arbeitgebers nicht irgendwie auch als geldwerter Vorteil der Besteuerung unterworfen werden sollten, denn das könnte ein Stück der verlorenen Verhältnismäßigkeit zurückbringen.

Bildergalerie „Das Lächeln der Mona Lena“

Die roten Lippen       Vollformat       Haahaha

Grinsekatze       Viel Profil         ???