Die Epidemie des multiplen Unvermögens

PaD 27 /2021 – hier auch als PDF verfügbar: PaD 27 2021 multiples Unvermögen

Es ist nicht so, dass früher alles viel besser war.

Es gab von 1949 an in dieser Republik politische Fehlentscheidungen von historischer Tragweite, es gab Korruption und Vetternwirtschaft, es gab die Problematik des Stillstands und des Aussitzens, wie auch die Problematik der unbedachten Schnellschüsse. Daran hat sich nichts geändert.

Es gab früher aber auch Sachverstand, Verantwortungsbewusstsein, Weitsicht und die Geduld, bei allen Veränderungsprozessen mit Augenmaß vorzugehen und die Veränderungsgeschwindigkeit so zu bemessen, dass die Dinge über die Zeit in der Balance blieben.  Davon ist nichts mehr übrig, und das, was in den Ministerien auf der Arbeitsebene durchaus noch existieren mag, hat sich in die innere Emigration zurückgezogen.

Der Pfad des Abstiegs lässt sich von Helmut Kohl bis hin zu Annalena Baerbock mühelos nachzeichnen. Im Rahmen dieses Aufsatzes müssen allerdings Stichworte ausreichen, um die Erinnerung neu aufleben zu lassen.

Als Helmut Kohl die Regierungsgeschäfte vom „Macher“ Helmut Schmidt übernommen hatte, entpuppte sich die von ihm vorher propagierte, geistig-moralische Wende als eine Wende hin zum Treiben-Lassen.

Schmidt hatte sich den Problemen gestellt, versucht, sowohl im Bereich der Außen- und Verteidigungspolitik die Pflöcke einzuschlagen, innenpolitisch die Umsturzpläne  der RAF mit Härte zu stoppen, und in Bezug auf die Arbeits- und Sozialpolitik den inneren Frieden, trotz wachsender Arbeitslosigkeit und hoher Inflationsraten zu erhalten. 

Kohl verließ sich eher auf das gesunde Staatsfundament, das seine Vorgänger ihm hinterlassen hatten, und darauf, dass die Selbstheilungskräfte des Marktes ausreichen würden, neu auftauchende Probleme zu lösen. Außerdem vertraute er darauf, dass die „großen Fragen“ nur von der EU beantwortet werden könnten und hat nach und nach die Verantwortung nach Brüssel delegiert. Dann kam, wie aus dem Nichts, die Öffnung der innerdeutschen Grenze, auf die nicht nur Helmut Kohl nicht vorbereitet war.

Damit begann das Drama, das seither in immer neuen Akten, mit wechselnden Darstellern aber mit den gleichen Denk- und Handlungsmustern in ununterbrochener Folge vorgeführt worden ist.

Startpunkt: Das Ende der Ära Kohl

  • Unter vermeintlichem Zeitdruck und unter dem Einfluss eigennützig handelnder Berater wird aus der gegebenen Situation im Schnellschuss eine fixe Idee entwickelt, im Falle Kohl „die blühenden Landschaften“,
  • jegliche Kritik, vor allem aber konstruktive Vorschläge zur Vermeidung von nicht revidierbaren Fehlentscheidungen, wird brutal vom Tisch gefegt.
  • Die Folge: Die Wirtschaft der DDR wurde den Westkonzernen zum Fraß vorgeworfen, auch, indem sie viel zu früh und zu hastig durch die Einführung der D-Mark von ihren bisherigen Absatzmärkten im Osten abgetrennt wurde. Zugleich wurde den Briten und den Franzosen zugesagt, die DM zu Gunsten des Euro aufzugeben, wovon man sich bei den ehemaligen „Hilfssiegern“ des Zweiten Weltkriegs versprach, Deutschland über die Einbindung in diese Währungsgemeinschaft, wirtschaftlich unter Kontrolle halten zu können.
  • Die Langzeitfolgen: Massiver Anstieg der Arbeitslosigkeit im wiedervereinten Deutschland, Ausplünderung der Wessis durch den „Solidaritätszuschlag“, der auf wundersame Weise direkt in die Taschen westdeutscher Unternehmen geleitet wurde, die sich-  nicht nur, aber eben auch – mit dem Bau luxuriös gepflasterter Radwege quer durchs Nirwana ihre goldenen Nasen verdienten. Auch dreißig Jahre nach der Wiedervereinigung sind die neuen Bundesländer den alten Bundesländern in Bezug auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, das Lohn- und Rentenniveau unterlegen, während die anfänglich vermeintlich zu verspürende politische Einigkeit schnell wieder zerbrochen ist und der Riss zwischen der links-grünen Dominanz im Bereich der ehemaligen BRD und der nationalkonservativen Strebungen im Bereich der ehemaligen DDR immer noch zunehmen.

Der nächste Akt wurde von Gerhard Schröder inszeniert.

  • Unter vermeintlichem Zeitdruck und unter dem Einfluss eigennützig handelnder Berater wird nach vier Jahren des Nichtstuns  aus der gegebenen Situation des stark gewachsenen Sozialetats im Schnellschuss eine fixe Idee entwickelt, im Falle Schröder die Reform des Arbeitsmarktes.
  • Jegliche Kritik, vor allem aber konstruktive Vorschläge zur Vermeidung von nicht revidierbaren Fehlentscheidungen wird brutal vom Tisch gefegt.
  • Die Folge: Mit der Demontage der Sozialen Sicherungssysteme wurde nicht etwa die Arbeitslosigkeit besiegt, wie versprochen, sondern lediglich deren statistische Erfassung in weiten Bereichen unterlassen. Die Herausbildung eines um die 6 Millionen Menschen großen Prekariats in einem der „reichsten Staaten“ der Welt, ließ die Löhne von unten her, aufsteigend, erodieren. Die Öffnung Deutschlands für ausländisches Kapital, die Aufhebung der Versteuerung von Veräußerungsgewinnen führte – nach dem Vorbild der Übernahme der DDR durch westdeutsche Unternehmen – zu einem spektakulären Ausverkauf der Stützen der deutschen Volkswirtschaft an so genannte, ausländische „Investoren“. 
  • Die Langzeitfolgen: Unverändert hohe Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung, steigende Aufwendungen für die Alimentation der aus dem Wertschöpfungsprozess verdrängten Arbeitskräfte, gestiegene Armut, gestiegenes Armutsrisiko, bei gleichzeitigem Anwachsen der großen Vermögen – sowie ein mit dem Ausverkauf der Unternehmen billigend in Kauf genommener Know-how-Transfer in Richtung China und USA, und der ebenfalls billigend in Kauf genommene „Brain-Train“, also die Auswanderungswelle junger, gut gebildeter und qualifizierter Fachkräfte  dahin, wo sich Leistung noch lohnt und der Ertrag nicht durch ein dichtes Netz von jegliche Initiative erstickenden Regularien, durch hohe Steuer- und Abgabenbelastung wieder aufgefressen wird.

Dann kam Angela Merkel,

die in den 16 Jahren, die sie unangefochten die Richtlinien der Politik hätte bestimmen können, gleich mehrmals Neuinszenierungen des deutschen Dramas auf die Bühne brachte. Durchdrungen von dem unbändigen Willen, die Entscheidungen ihres Vorgängers zu revidieren und unter dem Einfluss eigennützig handelnder Berater entstanden, unterbrochen von langen Phasen des Nichtstuns, eine Reihe von fixen Ideen.

  • Die Verschärfung der sozialpolitischen Maßnahmen,
  • der Ausstieg aus dem von rot-grün beschlossenen, allmählichen Ausstieg aus der Kernenergie,
  • der Schnellschuss des Totalverzichts auf Atomkraftwerke,
  • die Zustimmung zur Vollendung der Währungsunion durch die europäische Schuldenunion nach milliardenschweren Ausgaben und Bürgschaften zur Euro-Rettung,
  • die Aufgabe der territorialen Souveränität durch die Akte der Grenzöffnung von 2015 und 2018 die Unterschrift unter den UN-Migrations-Pakt,
  • die Beschlüsse zur beschleunigten Energie- und Mobilitätswende mit dem Ausstieg aus der Kohleverstromung und der Zerstörung der Energiesicherheit bei explodierenden Energiekosten,
  • die vollständige Zerstörung des Vertrauens in die Meinungs- und Versammlungsfreiheit, die Unverletzlichkeit der Wohnung, des Post- und Fernmeldegeheimnisses und die Hetzjagd auf kritische konservative Stimmen und deren Verbannung in die rechte Schmuddelecke, u.a. durch die Verabschiedung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes und erweiterte Überwachungsmöglichkeiten von Polizeien und Diensten,
  • die weitgehende Außerkraftsetzung der Grundrechte durch diktatorische Bestimmungen zur Pandemie-Bekämpfung, bei nur fadenscheiniger Legalisierung durch die Erklärung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite. Das sind nur die wichtigsten der Merkel’schen Schnellschüsse auf nationaler Ebene. 

Die Folgen müssen hier nicht gesondert beschrieben werden. Außer jenen, die von Merkels Politik profitieren, und das ist ein bunter Bogen, der sich vom Mega-Subventionsempfänger Elon Musk über die Nutznießer der Asylindustrie bis zu den staatsfinanzierten  „Demokratie-Förderungs-Projekten“ der Antifa spannt, verspüren alle anderen braven Bürger die Folgen unmittelbar. Sowohl am Geldbeutel als auch an dem eng gewobenen Kokon der persönlichen Freiheiten, wird das Wirken des dem unvermeidlichen Hosenanzug innewohnenden Geistes spürbar.

Damit  ist allerdings noch eine ganz andere Entwicklung in die Wege geleitet worden, die, sollte sie nicht gestoppt werden, noch weit größere Verheerungen nach sich ziehen könnte.

Gemeint ist

die Epidemie des multiplen Unvermögens,

die sich wie konzentrierte Säure durch die Institutionen des Staates frisst und bereits weite Teile der bürgerlichen Gesellschaft verätzt und entstellt hat, während die Wirtschaft  versucht, sich bestmöglich durchzulavieren, indem sie die ihr nützlichen Aspekte des Unvermögens unterstützt und sich vor den ungünstigen Aspekten so lange es möglich ist, wegduckt, Schlupflöcher nutzt, oder sich ganz aus dem schädlichen Milieu zurückzieht.

Das Unvermögen, von dem hier die Rede ist, zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass sein Denken in monokausalen Strukturen gefangen ist und, wie ein Schach-Anfänger, wenn überhaupt, dann nur die Möglichkeiten für den ersten Gegenzug in Betracht zieht. Dem liegt stets ein Mangel an Erfahrung zugrunde.

Dieses Unvermögen zeichnet sich zudem dadurch aus, dass es sich selbst und seine Urteilskraft als überlegen einschätzt, seine Entscheidungen für alternativlos hält, und lieber, wie einst Hitler, der, als der Krieg schon verloren war, längst aufgeriebene Divisionen über die Generalstabskarte im Bunker ziehen ließ, sich von den nüchternen Fakten der Realität nicht im Glauben an den Endsieg erschüttern lässt.

Vor allem ist es diesem Unvermögen unmöglich, seine eigene Inkompetenz überhaupt zu erkennen. Bestenfalls geht das Unvermögen davon aus, für alle Aufgaben gleich gut geeignet zu sein, wie jeder andere. Es fehlt ein Empfindungsvermögen für Wissens- und Erfahrungsunterschiede, es fehlt ein Empfindungsvermögen für den Unterschied zwischen verantwortlichem und unverantwortlichem Handeln. In der Literatur haben sich dafür unterschiedliche, aber auf den gleichen Defekt hindeutende Beschreibungen gefunden. Eine davon ist das Peter Prinzip (Peters Principle) das besagt, dass jeder so lange befördert wird, bis er auf der Stufe seiner Inkompetenz angekommen ist. Eine ähnliche Aussage bildet der Dunning-Kruger-Effekt. Der besagt, dass weniger kompetente Personen dazu neigen, ihre eigenen Fähigkeiten zu überschätzen und überlegene Fähigkeiten bei anderen nicht zu erkennen, dass sie also nicht in der Lage sind, das Ausmaß ihrer Inkompetenz zu erkennen oder einzuschätzen.

Die epidemische Ausbreitung solchen Unvermögens, die Infektion immer weiterer Kreise mit der Unfähigkeit, sich auf die tatsächlich vorhandene, eigene Kompetenz zu beschränken, erfolgt durch „Anschauung“. Es ist ein „Lernen“, das mit dem bloßen Beobachten und Nachahmen des Sichtbaren beginnt und endet, ein Lernen, das nicht „klug“ werden kann, weil es den Begriff „Fehler“ nicht kennt, ja noch nicht einmal zu denken in der Lage ist.

Um hier Beispiele geben zu können, ist es sinnvoll, noch einmal an den Anfang  des vorangestellten historischen Rückblicks zu springen. Helmut Kohl war sicherlich ein guter Landesvater für die Pfalz. Er war auch ein zufriedenstellender Verwalter der Politik der BRD. Mit seiner Beförderung zum Manager der Wiedervereinigung, angewiesen auf die Zustimmung der fünf Partner mit abweichenden Interessen der 2+4 Verhandlungen war er jedoch überfordert. Doch er hat es sich zugetraut, weil er diese Überforderung nicht erkennen konnte, oder aus Eitelkeit nicht erkennen wollte.

Gerhard Schröder, der Rechtsanwalt aus Hannover, war der Vorläufer eines Martin Schulz, einer Andrea Nahles, einer Saskia Esken in der SPD. Als nach den ersten vier Jahren seiner Amtszeit nichts von selbst besser geworden war, ist ihm wohl eingefallen, dass er ja nicht nur Kanzler geworden war, weil er einst in Bonn am Tor des Kanzleramtes gerüttelt und gerufen hat: „Ich will hier rein!“, sondern weil die Republik von ihm Problemlösungen erwartete. Vermutlich hat er ein bisschen herumtelefoniert, mit der Frage, was man denn so machen könne, bis er bei der Bertelsmann-Stiftung gelandet ist, wo man ihm gesagt hat: „Lass mal, Gerd, wir machen das für dich!“ Also hat er sie machen lassen. Er hat zwar die eigene Inkompetenz in der praktischen Arbeit richtig eingeschätzt, aber seine Inkompetenz in der Erfüllung des Amtseids nicht erkannt. Indem er sich die Souveränität der Richtlinienkompetenz durch externe Berater hat nehmen lassen, und sich zugleich von BILD, BamS und Glotze zum Retter der Republik ausrufen lassen konnte, weil dies ganz im Sinne seiner eigennützigen Berater war, fiel er auch aus allen Wolken, als die von Müntefering ohne Not eingefädelten, vorgezogenen Neuwahlen zu seinen Ungunsten ausfielen.  

Sehen Sie sich dieses kurze Video aus der Elefantenrunde vom Wahlabend bitte an, und Sie werden verstehen, wie sich hier das Peter Prinzip und der Dunning-Kruger Effekt ergänzen.

Angela Merkel hatte durch „Beobachten des Sichtbaren“ von Gerhard Schröder gelernt, was in diesem Lande alles möglich ist, wenn man auf alle Konventionen pfeift und sie durch die selbstbeglaubigte Alternativlosigkeit ersetzt. Das ihr immer wieder nachgesagte „Wegtauchen“, das wochenlange öffentliche Schweigen, entspricht Schröders „Ruhezeit“ in seiner ersten Amtsperiode, alle ihre überraschenden Entscheidungen, entsprechen Schröders Entscheidung, den Bertelsmännern zu gestatten, den Sozialstaat zu demontieren. Nur weil es in der CDU/CSU keinen Müntefering gab, der eine Intrige, wie die Neuwahlen zum ungünstigsten Zeitpunkt hätte einfädeln wollen, hat sie den Ausstieg aus dem Ausstieg aus der Kernkraft und den Wiedereinstieg in den Ausstieg, ganz ohne Konzept, ohne Netz und doppelten Boden politisch überstehen können. 

Im Gegenteil, in der Union ist man davon ausgegangen, dass man mit dieser Frau noch ganz andere „Problemlösungen“ würde in die Welt setzen können. Eng vertraut mit BILD und BamS im Kaffeekränzchen bei Friede Springer und Liz Mohn, würde sie alles durchsetzen können und medial dafür gefeiert werden, was im Interesse der Shareholder, sowie im Interesse der Stichwortgeber des Deep State in den USA lag.

Sie wurde mächtiger dabei und versäumte keine Gelegenheit, die eigene Inkompetenz dadurch zu verbergen, dass sie alle innerparteilichen Kritiker mit mehr oder minder raffinierten Schachzügen von der Bildfläche verbannte, bis nur noch sie, als die letzte Kerze auf der Torte als die hellste erstrahlte. Die konnte man nun erst recht nicht mehr auspusten, wollte man in den Reihen der Union nicht ganz im Dustern sitzen.

Wir haben dann gesehen, wie der biedere Buchhändler aus Würselen, der eigentlich längst in das Parlament der Polit-Eunuchen nach Brüssel abgeschoben worden war, von den traurig zerstrittenen Gestalten der SPD, die nicht aufhören konnten, Lobeshymnen auf Schröder zu singen, auf das Schild gehoben wurde, auf welchem er auch bereitwillig Position bezog, weil er es sich einfach zutraute. Was sollte ihm, dem es gelungen war, die Geheimnisse der ISBN, der Bücherwagenlogistik und der BAG-Abrechnung erfolgreich zu entschlüsseln, ihm, der außerdem den Würselern als Bürgermeister ein Hallenbad hatte bauen lassen und dann unter den Kastraten im EU-Parlament als Altstimme unter den Sopranisten und Falsett-Sängern den Ton angab, was sollte ihm wohl fehlen, um das Amt des Bundeskanzlers auszufüllen? Merkel hat den alten Trick, der schon bei zu Guttenberg so gut funktionierte, noch einmal bei ihren Freundinnen von der Medienzunft bestellt. Also wurde er in schwindelnde Höhen hochgeschrieben, und als die erforderliche Fallhöhe für den Totalschaden erreicht war, hat man ihn wie ein heißes Eisen losgelassen. Weg war er.

Merkel durfte noch einmal weiterwursteln und uns zum Ende ihrer Amtszeit mit dem Trio „Lauterbach – Drosten – Wieler“ in den nicht enden wollenden Lockdown stürzen und hunderte Milliarden Euro aufwenden, um den damit angerichteten materiellen Schaden wenigstens da ein Stück weit abzumildern, wo er öffentlich sichtbar wurde.

Dass nach dieser Erfolgsstory des Unvermögens einfach wieder eine Normalität einkehren könnte, wie wir sie bis in die späten 70er Jahre des letzten Jahrhunderts noch kannten, keineswegs frei von politischen Fehlentscheidungen, von Korruption und Vetternwirtschaft, von unbedachten Schnellschüssen und schuldhaftem Zögern in wichtigen Angelegenheiten, aber eben auch noch geprägt von Sachverstand, Verantwortungsbewusstsein, Weitsicht und Geduld, sowie einer offenen Diskussion über die optimalen Maßnahmen, können nur Menschen mit einer zwanghaften Neigung zum Optimismus erwarten.

Angetreten ist bei der christlichen Union, nach langem Streit mit dem Charakterhelden aus Franken in Bayern, der biedere Armin Laschet, dessen hilfloses Mühen, sich gegen Angela Merkel zu profilieren  schon tragikomische Züge trägt. Das, was  er sich zutraut, ist nach meiner Einschätzung aber nicht, das Amt des Bundeskanzlers auszufüllen, sondern lediglich Angela Merkel zu ersetzen und einfach alles so weiter zu machen, wie er es durch Beobachten erkannt hat. Auch Laschet hat mit der Werte-Union nichts am Hut, er kann sich gerade noch dazu entscheiden, einem Parteiausschluss-Verfahren gegen Hans-Georg Maaßen nicht zuzustimmen, vermutlich aber nur deshalb, weil er weiß, dass er ohne die Stimmen aus den Reihen der Noch-Konservativen in der Union, sich in die Riege jener Parteien einreihen müsste, deren Wahlergebnisse kaum die 20-%-Marke überschreiten werden. Die 28 Prozent, die es jetzt noch sind, müssen gehalten werden, da darf Maaßen sogar in Thüringen für ein Direktmandat kandidieren.

Angetreten ist bei der SPD, nachdem ihm die Genossen und Genossinnen ihre Saskia Esken und ihren Norbert Walter-Borjans als Parteivorsitzenden-Doppelspitze mit Schmackes vor die Nase gesetzt haben, der amtierende Finanzminister der GroKo, der nicht minder biedere Olaf Scholz. Wo Laschet mit barock-katholischer Lebensfreude gesegnet ist, herrscht bei ihm jene reformatorische Nüchternheit vor, die es schwer macht, den Menschen hinter der Figur zu erahnen. Er traut es sich zu. Er wäre womöglich unter den Kandidatein sogar der Geeignetste, doch er kann es nicht werden. Es ist derzeit keine Koalition denkbar, in welcher die SPD den Kanzler stellen könnte. Seine einzige Funktion besteht darin, der SPD im Wahlkampf jene Stimmen zu retten, die zwangsläufig verloren gingen, wenn Saskia Esken sich auf überlebensgroßen Plakaten als die künftige Kanzlerin präsentieren würde.

Nun zu den Grünen.

Über Annalena Baerbock habe ich in diesem Text, ohne sie dabei – mit einer Ausnahme – jeweils namentlich zu benennen schon alles gesagt. Der Satz mit der Ausnahme war jener, an dem ich sie als die vorerst letzte Stufe der epidemischen Verbreitung des multiplen Unvermögens beschrieben habe.

Es sieht heute so aus, als kämen die Grünen nicht umhin, ihrer Frontfrau das Misstrauen auszusprechen und an ihrer Stelle eine andere Kandidaten oder einen anderen Kandidaten ins Rennen zu schicken. Die Veröffentlichungen der jüngsten Zeit über die Versuche der zweifachen Mutter und Trampolinspringerin, ihr Image hell erstrahlen zu lassen, obwohl alles auf sie zutrifft, was Laurence J. Peter, David Dunning und Justin Kruger über Inkompetenz geschrieben haben, lange bevor Frau Baerbock die öffentliche Bühne betreten hat, haben sie in der Öffentlichkeit unmöglich gemacht. Da hilft es auch nichts, dass entschuldigend angeführt wird, ihr „Ehrgeiz“ habe sie angetrieben. Ehrgeiz ist etwas anderes. Ehrgeiz hat mit Anstrengung, zu tun, mit Leistung, mit außergewöhnlicher Leistung. Sich mit fremden Federn zu schmücken, ist das Gegenteil von Ehrgeiz. Das ist Hochstapelei, Geltungssucht und die naive Zuversicht des kleinen Ganoven, er werde schon nicht erwischt werden.

Es wäre aber falsch, zu glauben, wenn die Kandidatin wegen charakterlicher und anderer Mängel von der Partei zurückgenommen würde, seien die Grünen doch weiterhin eine gute Wahl.

Es wäre ebenso falsch zu glauben, der „Mann“ Robert Habeck, sei als Bundeskanzler einer gründominierten Koalition eine gute Lösung.

Diese Partei ist in der Klimafrage insgesamt nicht über die infantile Panik einer von einer Persönlichkeitsstörung getriebenen Greta Thunberg hinausgewachsen, ja die Grünen bleiben in der Frage der Nutzung der Kernenergie sogar noch klar hinter ihr zurück.

Diese Partei ist in der Zuwanderungsfrage insgesamt nicht über die gesinnungsethische Haltung der seit 2015 von den Medien inszenierten Gutmenschlichkeit hinaus gekommen. Voll im Sinne des UN-Migrationspakts sollen weiter Menschen aus aller Herren Länder aufgenommen und von der deutschen Gesellschaft lebenslänglich alimentiert werden, und dies ohne einen Gedanken an so etwas Unmenschliches, wie eine Obergrenze.

Diese Partei ist in der Gender-Thematik die führende Kraft in Deutschland und wird nicht müde, mit immer neuen Diskriminierungs-Tatbeständen aufzuwarten, und jeden zum Rassisten zu erklären, der sich der schreienden Unvernunft der stetig wachsenden Zahl von Geschlechtern und deren Sonderrechte auch nur mit einer kritischen Frage in den Weg stellt.

Diese Partei hat ernsthaft darüber abgestimmt, ob das Wort Deutschland im Titel des Wahlprogramms vorkommen darf!

In dieser Partei herrscht die Meinung vor, es genüge, politische Forderungen zu stellen. Sie halten es für vollkommen gerechtfertigt, ihr Unvermögen als Begründung dafür einzusetzen, dass die Techniker und Ingenieure die Lösung der von ihnen produzierten Probleme zu finden hätten, und – und das erinnert schon an Nordkorea – sollte das nicht gelingen, dann müsse zunächst einmal von Sabotage ausgegangen werden, die eben nur hart genug bestraft werden müsse.

Eine Partei, für die selbst die Mindestabstände von Windrädern zu menschlichen Siedlungen nur als „exzessive Verhinderungsplanungen“ existieren, die der Vergangenheit angehören müssen (steht so im Grünen Wahlprogramm), weil sonst die kleine Bundesrepublik nicht mit jener Million zusätzlicher Windräder zugepflastert werden kann, welche die Grünen brauchen, um so viel Überschussstrom zu erzeugen, dass damit die nahezu wirkungsgradfreie  Wasserstoffwirtschaft doch irgendwie betrieben werden könnte, eine solche Partei ist vom Klimaschutzfanatismus so verblendet, dass sie dem alles, wirklich alles unterordnet.

Ich möchte es aber nicht versäumen, Sie am Ende dieses Paukenschlags noch einmal aufzurütteln. Sie wissen, dass ich mit dem Buch „Wollt ihr das totale Grün“ sehr früh nach der Verabschiedung des Entwurfs des grünen Wahlprogramms eine Analyse und sachliche Kritik an den Schwerpunkten dieses Programms veröffentlicht habe. Am Ende dieses Buches steht ein Kapitel, das ich mit „Der ganze restliche Sums“ überschrieben habe. Ich stelle dieses Kapitel gerne hier online. Es sind nur Stichworte, einiges davon erscheint trivial, vieles ist jedoch total grün. Sie werden verstehen, warum ich „verrückt“ und „grün“ neuerdings für Synonyme halte.


10 – Der ganze restliche Sums

Es gibt Vorstellungen für das gesellschaftliche Zusammenleben, die gemeinhin als „linksgrüne Ideologie“ bezeichnet werden.

Vieles davon ist so irrational und realitätsverweigernd, dass es gar nicht mehr möglich ist, mit biologischen Fakten, Rechtsgrundsätzen, Logik oder einfach nur mit dem Appell an den gesunden Menschenverstand die Mauer der Verblendung zu durchbrechen.

Der „ganze Sums“ beginnt mit der Ansage:

„Wir rücken Feminismus, Queerpolitik und Geschlechtergerechtigkeit in den Fokus.“

Stichworte dazu lauten:

  • Gender-Check für alle Gesetze
  • Bundesstiftung Gleichstellung
  • Unverzichtbarer Beitrag der Gender-Studies
  • Gleichberechtigungsstrategie für alle Lebenslagen
  • Es wird Zeit für eine feministische Regierung
  • Verbrechen aus Frauenhass in die Kriminalstatistik
  • Polizei und Justiz umfassend schulen für den Umgang mit Opfern sexualisierter Gewalt
  • Monitoringstellen zur Überprüfung der Maßnahmen
  • Rechtsanspruch auf Frauenhaus
  • Intersektionale Schutzkonzepte und Zufluchtsräume für queere, trans- und intergeschlechtliche Menschen entwickeln und bereitstellen
  • Strengere Kontrolle von Prostitutionsstätten
  • Aussagebereite Opfer von Menschenhandel erhalten dauerhaftes Bleiberecht
  • Gesichertere Zugang zum Schwangerschaftsabbruch für Mädchen und Frauen
  • Wer abtreiben lässt oder die Abtreibung vornimmt, muss durch „Schutzzonen“ vor Anfeindungen und Gehsteigbelästigungen geschützt werden
  • Zum Schutz von Lesben Schwulen, Bisexuellen, Trans*-, Inter*- und queeren Menschen wird der Begriff „sexuelle Identität“ in Art 3,3 GG aufgenommen.
  • Bundesweiter Aktionsplan „Vielfalt leben!“
  • Langfristige Strukturförderung der LSBTIQ*-Verbände
  • Aufklärungskampagne für junge Menschen über die Vielfalt sexueller Orientierungen

Der „ganze Sums“ setzt sich dann fort mit der Ansage:

„Wir stärken Sicherheit und Bürgerrechte“

Stichworte dazu:

  • Polizei in Stadt und Land, analog und digital stärken
  • Sichere, leistungsfähige und mobile Datenverarbeitung für die Polizei
  • Bürger müssen der Polizei vertrauen
  • Kennzeichnungspflichten für Polizisten
  • Verpflichtende Fortbildungsmaßnahmen besonders in Bezug auf Antidiskriminierung und Racial Profiling
  • Wissenschaftliche Studien zu Rechtsextremismus und Rassismus in der Polizei
  • Europäisches Kriminalamt schaffen
  • Verfassungsschutz braucht personellen Neuanfang und strukturellen Neustart
  • Unabhängiges Institut zum Schutz der Verfassung gründen
  • Die Bekämpfung der 32.000 Rechtsextremisten in Deutschland muss Priorität für alle Sicherheitsorgane haben
  • Demokratiefördergesetz für die Zivilgesellschaft
  • Analog zur Stasi-Unterlagenbehörde ein NSU-Archiv einrichten
  • Terrorismus gewaltbereiter Rechtsextremisten und Islamisten bedroht die innere Sicherheit: Prävention und Vernetzung der Sicherheitsdienste
  • Gefährder engmaschig überwachen
  • Privaten Waffenbesitz tödlicher Schusswaffen weitestgehend beenden
  • Hinweisgeberschutzgesetz für Whistle-
    Blower erlasen
  • Polizei soll technische Geräte mit Gesetz zur Quellen TKÜ zielgerichtet infiltrieren dürfen

 

Noch ist der „ganze Sums“ nicht abgehakt. Die Grünen erklären:

„Wir garantieren den Rechtsstaat und stärken den Verbraucherschutz“

Stichworte dazu:

  • Ein eigenständiges Gesetz gegen Wirtschaftskriminalität schaffen
  • Strafbares Organisationsverschulden einführen
  • Sanktionskataloge erweitern
  • Rechtsschutz für jeden per Sammelklage
  • Zugangsschranken senken, Verfahrensvereinfachung
  • Kinderschutz vor Gericht verbessern
  • Opferrechte von Kindern stärken
  • Ein-Klick-Kündigung für Online-Verträge
  • Nur noch kurze Mindestlaufzeiten
  • Recht auf Reparatur
  • Verbindliche Designvorgaben für elektronische Geräte
  • Vier Jahre gesetzliche Garantie
  • Pflicht zur Angabe der geplanten Lebensdauer durch die Hersteller
  • Berufsbild „Finanzberater“ schaffen und alle Berater und Vermittler von der BaFin kontrollieren lassen
  • Verbot „überhöhter“ Dispo-Zinsen und Gebühren für das Basiskonto
  • Krisenfeste Strukturen für die Kultur schaffen
  • Fonds zum Schutz von Kultureinrichtungen schaffen
  • Öffentliche Kulturförderung geschlechtergerecht gestalten
  • Künstlersozialkasse finanziell stärken
  • Angemessene Vergütung für Urheber
  • „Dritte Orte“ als Kulturknotenpunkte im ländlichen Raum
  • Geschlechtergerechtigkeit im Kulturbetrieb durch Quotenregelungen
  • Kulturbetrieb durch „Green Culture Fonds“ ökologischer machen
  • Deutsche Verbrechensgeschichte mit Erinnerungskultur weiter aufarbeiten
  • Forschung zur DDR-Diktatur fördern
  • Antirassistische Perspektive auf das koloniale Erbe eröffnen
  • Entwicklungsplan Sport ausarbeiten
  • Jedes Kind soll Schwimmen lernen
  • Spitzensport fördern, um Vorbilder für den Breitensport zu schaffen
  • Kampf gegen Rechtsextremismus und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit im Sport mit einem finanzstarken Bundesprogramm

 

Das war nun der ganze restliche Sums, zusammengekürzt auf rund 500 Wörter, was im grünen Wahlprogramm noch viel ermüdendere 3.800 Wörter in Anspruch nimmt.


Das alles steckt drin, in Grün. Das alles will ‚raus, wenn die Grünen am Kabinettstisch sitzen.

Nichts davon verschwindet, wenn Annalena abgelöst wird.